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2023 | Buch

Banking & Innovation 2022/2023

Ideen und Erfolgskonzepte für die Praxis

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Über dieses Buch

Die Banking- und Finance-Szene sieht sich national wie international unablässig neuen Herausforderungen gegenüber. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, zeigen Innovationsexpertinnen und -experten aus Wissenschaft und Praxis in der Buchreihe „Banking & Innovation“ neue strategische, organisatorische, kulturelle und methodische Problemlösungen für die Bankbranche auf. Diese Lösungen sind zum Teil bankenspezifisch, zum Teil wurden sie aus anderen Branchen auf den Bankenbereich übertragen. Führungskräfte sowie Entscheiderinnen und Entscheider in der Finanzbranche, die kreativ und vor allem langfristig denken und handeln, erhalten hier wertvolle Anregungen. Dieser Band enthält 34 Beiträge, die sich mit neuen Ideen einer strategischen Ausrichtung, mit kulturell-personalwirtschaftlich orientierten Themen, technischen und methodischen Vorgehensweisen sowie rechtlichen Herausforderungen im Banking beschäftigen.Der Fokus der Ausgabe 2022/2023 liegt auf aktuellen Erfolgsfaktoren im Banking. Neue inhaltliche Schwerpunkte sind rechtliche Herausforderungen, Risikosteuerung und Payment, Digitalisierung und Technik.Der Inhalt- Strategie, Geschäftsmodell und Kultur- Strukturen, Prozesse und Führung- Produkte und Dienstleistungen- Risikosteuerung und Aufsicht- Rechtliche Herausforderungen- Payment, Digitalisierung und Technik

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Strategie, Geschäftsmodell und Kultur

Frontmatter
Kapitel 1. Die Bank als digitales Ökosystem – Chancen und Risiken
Rechtliche und strategische Überlegungen einer Bank für den Aufbau und das Betreiben eines digitalen Ökosystems

In Zeiten sich ändernder Geschäftsmodelle und Strategien rücken auch digitale Ökosysteme in den Fokus klassischer Primärbanken. Der vorliegende Artikel definiert Ökosysteme und gibt strategische, rechtliche und praktische Hinweise, wie eine Bank sich diesem Thema widmen sollte. Letztlich kann ein digitales Ökosystem den Banken helfen, wegbrechende Erträge aus anderen Geschäftsfeldern zu kompensieren oder sogar zu stabilisieren, wenn ein digitales Ökosystem intelligent in die Wertschöpfungskette der Bankprodukte integriert werden kann. Ziel muss es jedoch sein, ein hybrides Ökosystem zu schaffen, welches die medienbruchfreie Welt des digitalen Ökosystems mit dem persönlichen Kontakt des klassischen Finanz-Ökosystems vereint.

Svend Reuse, Kerstin Rohwetter
Kapitel 2. Nachhaltige Geldanlagen und ihre Bewertung durch Siegel

Nachhaltigkeit, ausgedrückt durch ESG, CSR und CG wird immer mehr Teil von Geschäftsmodellen, häufig abgeleitet durch die SDGs (UN Sustainable Development Goals). Auch Banken werden in diesem Bereich aktiv, um dem steigenden Interesse ihrer Kundinnen und Kunden Rechnung zu tragen. Wo viele Jahre der Shareholder Value als Goldstandard galt, sind nunmehr Stakeholder Value oder auch Shared Value in den Fokus gerückt und begründen die Forderung, insbesondere jüngerer Investorinnen und Investoren, nach nachhaltigen Finanzprodukten. Um die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten besser beurteilen zu können, wird mit Siegeln für nachhaltige Geldanlage gearbeitet. Diese werden überblicksartig dargestellt und verglichen. Zu diesen zählen: FNG-Siegel (Forum Nachhaltige Geldanlagen/ fng-siegel.org ), ECOreporter-Siegel (INAF/ ecoreporter.de ), Climetrics Siegel ( climetrics-rating.org ), Fair Finance Guide Deutschland ( fairfinanceguide.de ), Dow Jones Sustainability Indices ( spglobal.com ), Global Challenges Index ( gcindex.boerseag.de ). Diese Siegel werden aufgrund ihrer Entwicklung, ihrer Kriterien sowie ihrer Nachfrage beurteilt. Ziel des Beitrags ist es, einen Überblick über den Faktor Nachhaltigkeit im Bankensektor zu präsentieren.

Ann-Katrin Voit
Kapitel 3. Wirksame Organisations-, Risiko- und Compliance-Kultur zur Haftungsvermeidung
Wirksamkeitsanalyse kultureller Aspekte als wesentliche Voraussetzung zur aktiven Steuerung risikominimierenden Verhaltens

In den letzten Jahren haben die öffentlichkeitswirksamen Compliance- und Insolvenz-Fälle von Unternehmen aus der Finanzdienstleistungsbranche einmal mehr deutlich gemacht, dass es keinesfalls ausreicht, ein Risiko- und Compliance-Management sowie ein internes Kontrollsystem „auf dem Papier“ beschrieben zu haben. Vielmehr ist es für den dauerhaften sowie nachhaltigen Bestand und Erfolg eines Unternehmens alternativlos, dass die Geschäftsorganisation, die Risikosysteme und das Verhalten aller Hierarchiestufen auch compliancekonform sowie wirksam sind und das Verhalten auf Nachhaltigkeit und tatsächlicher Integrität sowie Identifikation gegenüber dem Unternehmen beruht. Dabei stellt sich immer die Frage, wie wirksam alle Maßnahmen und Regelwerke letztlich in den Köpfen der Mitarbeitenden verankert sind und vor allem wie die Vorbildfunktion insbesondere der Geschäftsleitung sowie der nachgeordneten Führungsebenen als zentrales Element sowohl von den Mitarbeitenden als auch von der Öffentlichkeit (unter anderem Kundschaft und Geschäftspartner) „gelebt“ und wahrgenommen wird.

Peter Zawilla
Kapitel 4. Innovationskultur und Risikokultur – Gegenpole oder Partner in gemeinsamer Mission?

Universalbanken befinden sich seit Jahren in einem Spannungsgeflecht aus schrumpfenden Margen, zunehmenden Regulierungsanforderungen und einem innovationsgetriebenen Wettbewerbsumfeld. Bislang wirkt der Anforderungsmix der Bankenregulierung, bestehend aus weichen Faktoren wie einer Risikokultur und quantitativen Kapitalkennzahlen, hemmend auf innovative Ansätze von Banken. Doch auch fernab von externen Einflüssen gibt es innerhalb der Banken Showstopper, die eine innovative Weiterentwicklung des Geschäftsmodells blockieren. Universalbanken sind daher in der Pflicht, ihren Umgang mit Risiken neu zu überdenken. Unterstützend wirken soll dabei eine Risikokultur, die wie ein Klebstoff das Verhalten aller Bankmitarbeitenden in Bezug auf Risiken vereint. Neben dieser internen Herausforderung muss sich die Kreditwirtschaft in einem umkämpften Markt behaupten. Die neuen Wettbewerber, in der Regel FinTechs, können häufig unberührt von aufsichtsrechtlichen Regelungen agieren und haben das Streben nach Innovation fest in ihrer Unternehmens-DNA verankert. Für Universalbanken ergibt sich daraus ein Spannungsgeflecht aus risikobewusstem Handeln und einem stetig größer werdenden Innovationsdruck. Da Innovationen zwangsläufig auch Risiken bedingen, führt dies unweigerlich zu der Frage, ob Risiko- und Innovationskultur einen Gegensatz bilden oder sich vielleicht sogar gegenseitig begünstigen. Zur Beantwortung dieser Frage werden zunächst die für den Bankensektor relevanten Dimensionen von Innovations- und Risikokultur dargestellt werden. Im Anschluss werden diese gegenübergestellt und ihre Ausprägungen miteinander verglichen. Die aufgedeckten Überschneidungen und Synergieeffekte können Universalbanken nutzen, um eine gemeinsame kulturelle Grundlage für die zukünftige Ausrichtung ihrer Geschäftsmodelle zu schaffen.

Arnd Wiedemann, Jan-Philipp Dielmann, Patrick Hertrampf
Kapitel 5. Risikokultur – Management von Verhaltensrisiken als Innovationstreiber?

Nach einer Untersuchung unter den weltweit 20 führenden Banken des Centre for Banking Research (CBR), entstanden den Kreditinstituten in einem Zeitraum von Januar 2008 bis Dezember 2018 durch Fehlverhalten Mehrbelastungen in Höhe von über 415 Mrd. EUR. Das Fehlverhalten resultierte unter anderem aus Geldstrafen, Urteilen und Vergleichen, die mit Fehlverhalten in Verbindung stehen (vgl. Centre for Banking Research, 2020, S. 5). Banken spielen eine wichtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Rolle. Der Einfluss der Fehlverhaltenskosten im Zusammenhang mit der Profitabilität der Banken sowie den Verhaltensrisiken beeinflusst ihre Reputation und damit den Zugang zu (Neu-)Kundinnen und Kunden und (neuen) Ertragsquellen (vgl. Centre for Banking Research, 2020, S. 3). Der vorliegende Beitrag greift zunächst die Ausprägungen des Verhaltensrisikos und deren Ursachen im Bankenbereich auf. In einem zweiten Schritt werden ausgewählte Key-Performance-Indikatoren dargestellt, um die Frage zu diskutieren, inwiefern Verhaltensrisiken als Innovationstreiber genutzt werden können und auch sollten.

Christoph Schmidt, Hartmut T. Renz

Strukturen, Prozesse und Führung

Frontmatter
Kapitel 6. Banking der Zukunft – Trendscouting als integraler Bestandteil des strategischen Innovationsmanagements von Kreditinstituten

Zunehmende Veränderungs- und Innovationsnotwendigkeiten zeichnen den Finanzdienstleistungssektor stärker denn je. Eine reaktive Unternehmens- und Strategieausrichtung ist somit längst nicht mehr State of the Art. Vielmehr bedarf es eines proaktiven Diskurses mit dem unternehmerischen Purpose sowie dessen wertschöpferischer Beitrag für Banken und deren Stakeholder. Das gezielte Aufspüren von zukünftigen Strömungen – das sogenannte Trendscouting – ist daher unabdingbar als integraler Bestandteil des strategischen Innovationsmanagements mit zu berücksichtigen, um einen holistischen Ansatz im Rahmen einer gesamtstrategischen Ausrichtung des Kreditinstitutes zu gewährleisten. Zielsetzung des Beitrages ist es somit, zunächst darzulegen, welche dringende Notwendigkeit einem ganzheitlichen und kollaborativen Trendscouting als integraler Bestandteil eines strategischen Innovationsmanagements zukommt und welchen Mehrwert es für Kreditinstitute und deren Stakeholder generiert. Hierbei sollen Impulse sowie Gestaltungs- und Handlungsoptionen diskutiert werden, die es dem Management, Unternehmensberaterinnen und -beratern sowie praktischen Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, langfristige Ertragspotenziale für die jeweiligen Institute zu identifizieren und nachhaltig auszuschöpfen.

Marcel Mock, Tobias Zehnter
Kapitel 7. Purpose und Digital Leadership in Finanzdienstleistungsinstituten – Schlüsselkonzepte der Führungsdiskussion im Realitätscheck

Die Schlagworte Digitale Transformation, Purpose-Orientierung, Agilität und Digital Leadership sind auf den Konferenzagenden in Wissenschaft und Führungspraxis der Finanzdienstleistungsbranche dominierend: Es erscheint längst Allgemeingut, dass die digitale Transformation von Organisationen nicht mehr Handlungsoption, sondern existenziell für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und Organisationen ist. Dabei befinden sich indes Führungskräfte in der Finanzdienstleistung in einem besonderen Dilemma zwischen Einhaltung komplexer regulatorischer Rahmenbedingungen, Ergebnisdruck und Restrukturierungsanforderungen. Es stellen sich zahlreiche Fragen: Inwieweit befinden sich die „neuen“ Führungskonzepte tatsächlich und in welcher Ausprägung auf den Agenden der Finanzdienstleister? Wie und in welcher Weise werden diese heute verankert und werden konsequent und glaubwürdig umgesetzt? Besteht hier tatsächlich die Überzeugung, dass diese Konzepte zur Wertschöpfung der jeweiligen Institute nachhaltig beitragen? Im Beitrag wird auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion zu den Führungskonzepten „Purpose-Orientierung“ und „digital leadership“ das Gespräch mit Praktikerinnen und Praktikern der Finanzdienstleistung gesucht und einem „Realitätscheck“ unterzogen.

Anja Marzuillo
Kapitel 8. Digitale Transformation innerhalb von Großbanken als notwendiger nächster Schritt der Digitalisierung und zur Realisierung von Kosteneinsparpotenzialen

Das sich aufgrund der Digitalisierung ständig ändernde Kundenverhalten sowie die sich immer weiter entwickelnden Digitalisierungsmöglichkeiten stellen auch den Bankensektor vor große Herausforderungen. Waren die von der Digitalisierung betroffenen Abteilungen innerhalb einer Bank in der Vergangenheit häufig jene mit Kundenkontakt, sind es mittlerweile fast alle Bereiche, welche durch die Digitalisierung einen notwendigen Veränderungsprozess erfahren. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Banken ihre gesamte Wertschöpfungskette und die damit verbundenen Funktionen in Bezug auf eine mögliche Digitalisierung überdenken. In diesem Zuge sind es unter anderem auch personelle Maßnahmen, die aufgrund der Digitalisierung rationalisiert werden. So wird aufgrund der digitalen Umgestaltung der Bankorganisation auch das Personalmanagement digitalisiert und stellt neue Anforderungen an die Banken und ihre Mitarbeitenden. Dabei entwickelt sich der Grad der Digitalisierung der jeweiligen Abteilung meistens in Anlehnung an den gesamten Digitalisierungsgrad der jeweiligen Bank. So werden es vor allem die Bereiche Prozessdigitalisierung innerhalb der Personaladministration und Digitalisierung der Personalentwicklung sein, welche sich innerhalb des Bereiches Human Resources einer Bank in Bezug auf den Digitalisierungsgrad verändern.

Jörg A. Macht, Janina Hausdorf
Kapitel 9. Organisationale Weiterentwicklung durch die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen in der Informationstechnologie

Der Beitrag befasst sich mit ausgewählten aktuellen Herausforderungen an Organisationen, der Identifikation und möglichen Umsetzung (aufsichts-)rechtlicher Anforderungen als auch den potenziellen Umsetzungsformen eben dieser Anforderungen. Aufgrund der Relevanz für die deutsche Wirtschaft findet eine Fokussierung auf klein- und mittelständische Unternehmen statt. Der Beitrag erarbeitet wesentliche Erfolgsfaktoren und Vorgehensweisen, wie (aufsichts-)rechtliche Anforderungen erfolgreich umgesetzt und auf individuelle Organisationsanforderungen angepasst werden können. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Art von Anforderungen kann dabei dazu führen, den Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, die organisationale Resilienz auszubauen und gleichzeitig Innovationspotenziale in den Organisationen zu heben.

Marcel Supernok-Kolbe
Kapitel 10. Gamification zur Steigerung der Motivation von Teilnehmenden mehrstufiger Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

Obgleich in deutschen Banken zunehmend die Entstehung qualitativer Personallücken zu beobachten ist, sind die Abbruchquoten von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bankwesen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Als wesentlicher Grund für den Abbruch lässt sich mangelnde Motivation der Aus- und Weiterbildungsteilnehmenden identifizieren. Der nachfolgende Artikel betrachtet mit Gamification eine neue Möglichkeit zur Motivationssteigerung. Die übergeordnete Zielsetzung der Arbeit besteht in der umfassenden Evaluierung relevanter Spielmechaniken. Zur Realisierung dieser Zielsetzung erfolgt, unter Einbezug der Selbstbestimmungstheorie in Kombination mit dem Octalysis-Framework und dem Bartle-Test of Gamer Psychology, die Konzeption eines theoriegeleiteten Prototyps einer App zum Einsatz im Rahmen der Aus- und Weiterbildung im Bankwesen. Diese Anwendung stellt wiederum die Grundlage für eine sich anschließende, qualitativ geprägte Studie dar. Die gewonnenen Erkenntnisse der Studie ermöglichen eine differenzierte Betrachtung einzelner Spielmechaniken hinsichtlich der Motivationswirkung, Motivationsform, Motivationsdauer, der Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse sowie der Relevanz persönlichkeitsbezogener Präferenzen. Den Abschluss der Arbeit bildet eine kompakte Handlungsempfehlung zur Gestaltung gamifizierter Anwendungen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung im Bankwesen.

Manuel Wingendorf, Adrian Bombelka
Kapitel 11. Kombination von Chatbots und Robot Process Automation – Disruption in Kundenservice-Centern?

Ein Chatbot ermöglicht es, über Textein- und -ausgabe mit einem IT-System zu kommunizieren. Diese technischen Dialogsysteme werden seit einigen Jahren unter anderem zur Unterstützung im Kundenservice eingesetzt. Hierdurch sollen die menschlichen Servicekräfte entlastet, Kosten gespart und die Kundenzufriedenheit erhöht werden. Die Leistungsfähigkeit der Chatbots stößt aber schnell an ihre Grenzen, weil die digitalen Assistenten in den meisten Fällen lediglich standardisierte Kundenanfragen beantworten können. Ganz neue Möglichkeiten im Kundenservice ergeben sich, wenn die Chatbots mit der Prozessautomatisierungstechnologie Robot Process Automation (RPA) gekoppelt werden. Dann kann digitale Servicekraft unternehmensinterne Prozesse starten und komplexere Serviceaufgaben übernehmen. In diesem Beitrag werden vier mögliche Einsatzszenarien vorgestellt, bei denen diese beiden Technologien kombiniert und gewinnbringend in Finanzinstituten eingesetzt werden.

Peter Preuss, Malte Horstmann, Nils Kaper

Produkte und Dienstleistungen

Frontmatter
Kapitel 12. Einfluss der Inflationspolitik der Europäischen Zentralbank auf das Anlegerverhalten

Die Autoren analysieren den Einfluss der Inflationspolitik der EZB auf das Anlegerverhalten in Deutschland in Zeiten der Covid-19-Pandemie. Anfangs werden die geldpolitischen Maßnahmen der EZB und das Geldmengenwachstum als relevante Orientierungsgröße betrachtet, um dann die Entwicklung der Inflationsrate in der Eurozone zu schildern. Anhand der Analyse von Konsumausgaben und Ersparnissen sowie der Asset Price Inflation werden die Auswirkungen auf das Anlegerverhalten hergeleitet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Inflation im Jahr 2021 einen deutlich stärkeren Anstieg erfuhr als zuvor von führenden Ökonominnen und Ökonomen prognostiziert. Die Steigerung der Vermögenspreise in den Jahren 2020 und 2021 bildet den Einfluss der expansiven Geldpolitik auf die Anlegerinnen und Anleger ab. Um gegen einen Kaufkraftverlust bei hoher Inflation entgegenzuwirken, mussten Anleger auf Anlagealternativen zurückgreifen. Neben der Zunahme des Investitionsvolumens auf dem Aktienmarkt und gestiegener Attraktivität der Nutzung von Neobrokern bei jungen Anlegern erwiesen sich auch Kryptowährungen und Stablecoin-Verleihangebote als neue Möglichkeiten, eine reale Rendite zu erzielen.

Fabian Dückerhoff, Arthur Dill
Kapitel 13. Quo Vadis ESG – Eine kritische Analyse der Nachhaltigkeitspräferenzen von Privatanlegerinnen und -anlegern

Mit den avisierten Änderungen von MiFID II werden Abfragen zu den Nachhaltigkeitspräferenzen für Finanzberaterinnen und Finanzberater zur Pflicht. Mit Inkrafttreten der Verordnung müssen unter anderem Banken bei der Anlageberatung Kundinnen und Kunden aktiv auf das Thema Nachhaltigkeit ansprechen. Insbesondere unter verbindlichen und gleichen regulatorischen Voraussetzungen kann ein präzises Verständnis von Nachhaltigkeitspräferenzen der Kundschaft in einem kompetitiven Marktumfeld zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Obgleich eine automatische Pflicht zur Empfehlung nachhaltiger Produkte sich ausschließt, ist eine erhöhte Nachfrage erwartbar. Unter Berücksichtigung jüngster Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit & ESG wird in dieser Ausarbeitung nachhaltige Geldanlage unter Berücksichtigung von Anlegerpräferenzen kritisch beleuchtet. Hierbei soll insbesondere auch auf Unterschiede in den Bedürfnissen verschiedener Anlegergruppen eingegangen werden. Abgeleitete Handlungsimpulse sollen eine zielgerichtete Ansprache und eine praktikable Handhabung von Nachhaltigkeitspräferenzen unterstützen.

Eric Frère, Lars Klingenberger, Daniel Harder
Kapitel 14. Herausforderung Nachhaltigkeit – Konsortialkreditgeschäft mit ESG-Komponenten

Die Förderung von nachhaltigen Investitionen hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Die großen Investitionsvolumina erfordern auch die Beteiligung der Kreditwirtschaft. Vielfach übersteigen die benötigten Kreditmittel jedoch die Finanzierungsmöglichkeiten und/oder die Risikotragfähigkeit einzelner Kreditinstitute. Damit kommt dem Instrument der Konsortialfinanzierungen eine wesentliche Rolle zu. Allerdings muss für die Integration von sogenannten ESG (Enviromental, Social, Governance)-Komponenten in Konsortialkreditverträgen eine Reihe von Überlegungen im Hinblick auf die Ausgestaltung und die Dokumentation angestellt werden. Mittlerweile haben sich mit Green Loans und Sustainability linked Loans (SLL) zwei unterschiedliche Formen von ESG-Konsortialkrediten am Markt etabliert. Dieser Artikel gibt zunächst einen Überblick über die spezifischen Merkmale von Konsortialfinanzierungen sowie die Bestandteile einer Kreditvertragsdokumentation. Beides dient als Basis dafür, die Möglichkeiten zur Einbindung von ESG-Komponenten in die Struktur von Konsortialkrediten sowie die dabei bestehenden Schwierigkeiten zu erörtern. Eine Analyse der Markrelevanz rundet die Ausführungen ab.

Stephan Schöning, Michel Pille
Kapitel 15. Asset-Management in Zeiten der EU-Taxonomie

Die Sustainable Finance Initiative der EU und hier insbesondere die neu eingeführte EU-Taxonomie erfordert, dass Banken und Asset Manager ihre Strategien, ihre Geschäftsmodelle, ihre Produktentwicklung sowie ihr Risikomanagement im Licht dieser neuen, sehr detaillierten Regulierung anpassen. Herzstück ist ein einheitliches Klassifizierungssystem von ökonomischen Aktivitäten, Taxonomie genannt, das die Zersplitterung, Zerfaserung und Fragmentierung des Begriffes nachhaltige bzw. grüne Anlagen beenden soll. Zusätzlich geht es um die Einführung von Klima-Benchmarks, Regeln zur Rechnungslegung, neue Aufgaben für Rating-Agenturen und um die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in den Aufsichtsvorschriften für Banken und Versicherungen, wozu auch ein Green Supporting Factor gehört. Dieser Beitrag erklärt die wesentlichen Regularien, die Rechnungslegungsvorschriften und Screeningkriterien und erklärt, was diese für Asset Manager, Banken und die Finanzindustrie insgesamt bedeuten.

Karen Wendt
Kapitel 16. Umsetzung der EU-Taxonomie mit Künstlicher Intelligenz

Die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft wird innerhalb weniger Jahre drei epochale Aufgaben angehen müssen: die Wirtschaft nach der Corona-Krise revitalisieren, den digitalen Transformationsprozess bewältigen sowie den CO2-Ausstoß und Naturverlust auf Netto-Null reduzieren. Letzteres ist vermutlich die größte Herausforderung, es ist für Unternehmen das entscheidende Thema der nächsten Jahre (vgl. Göpel & Stuchtey, 2021, S. 4–5). Aber mehr noch: Die Finanzindustrie steht vor einem maximalen Transformationsprozess, der viel Geld kosten wird und das Personal, das Risikomanagement, die IT und gesamte Unternehmensorganisation massiv fordern wird. Eine besonders schwierige Aufgabe müssen die Institute bei der Umsetzung der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen bewerkstelligen.

Stefan Hirschmann
Kapitel 17. Digital Banking – Kundenerwartungen und was Banken daraus lernen sollten

Die immer weiter fortschreitende Digitalisierung hat die Bankenbranche seit Jahren fest im Griff und bedingt regelmäßigen Handlungs- und Anpassungsbedarf hinsichtlich der technischen Systeme und Geschäftsmodelle der Banken. Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie und der hieraus resultierenden stärkeren Nutzung digitaler Angebote in allen Lebensbereichen ist die Digitalisierung auch für Personenkreise, die ursprünglich technologischen Neuerungen eher ablehnend gegenüberstanden und die digitale Angebote eher widerwillig und gezwungenermaßen in Anspruch genommen haben, zum Alltag geworden. Sei es beispielsweise im Rahmen des häufig den Gang zur Bankfiliale ersetzenden Online-Bankings oder durch die Kundenberatung über Video-Telefonie oder ähnliche Formate. Digital ist folglich das neue Normal – insbesondere auch für Banken. Vor diesem Hintergrund analysiert der vorliegende Beitrag die Kundenerwartungen im Kontext des Digital Banking auf Basis einer empirischen Studie und gibt hierauf aufbauende Handlungsempfehlungen dahingehend, wie Banken den Kundenerwartungen im digitalen Umfeld begegnen sollten.

Jessica Hastenteufel, Sabrina Kiszka, Hannes Schuster
Kapitel 18. Empirischer Kostenvergleich von Robo-Advice vs. traditionelles Portfoliomanagement

In den letzten Jahren haben durch FinTechs und Tech-Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook und Apple immer mehr digitale Finanzlösungen Einzug in den bisher von Banken geprägten Finanzdienstleistungssektor erhalten. Robo-Advisor (RA) versprechen eine individuelle und kostengünstige automatisierte Portfoliomanagementlösung. Das Ziel dieser Studie ist es, die Leistung von elf deutschen Robo-Advisors untereinander und mit traditionellen Anlagealternativen nach Kosten zu vergleichen. Somit kann der Beitrag sowohl einen praktischen als auch einen wissenschaftlichen Wert für das relativ neue Phänomen leisten. Als Anlagealternativen wurde ein klassischer aktiver Vermögensverwaltungsfonds, der üblicherweise im direkten Bankvertrieb empfohlen würde, angenommen. Eine individuell zusammengestellte Buy-and-Hold-ETF-Strategie ahmt RA nach und repräsentiert ein selbst erstelltes Portfolio einer finanziell gebildeten Anlegerin oder eines Anlegers. Als Benchmark dient ein aus zwei ETFs bestehendes Referenzportfolio. Alle Portfolien verfügen über ein moderates Risiko-Rendite-Profil. Das Buy and Hold und Benchmark-Portfolio schlagen alle Muster-RAs. Neun von elf RAs weisen eine bessere Rendite nach Kosten als der aktive Vermögensverwaltungsfonds auf.

Christian Komander, Philippe Krahnhof, Alexander Zureck
Kapitel 19. Neurofinance im Banking: Einflüsse hormonbasierter Stimuli auf Entscheidungen im Wertpapierhandel

Neurofinance ist ein verhältnismäßig junger Ansatz im Kontext der Neuroökonomie, der danach strebt, das Verhalten bei finanziellen Entscheidungen mithilfe von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden zu erfassen, zu analysieren und zu erklären, beispielsweise durch Messung der Gehirnaktivitäten mittels bildgebender Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomographie. Dieser Beitrag gibt einen einführenden Überblick über ausgewählte neuronale Effekte und deren potenzielle Auswirkungen auf finanzielle Entscheidungen, insbesondere im Wertpapierhandel. Der Fokus liegt dabei auf den Auswirkungen und Effekten hormonbasierter Stimuli; konkret werden hierfür fünf wichtige Hormone betrachtet: Testosteron, Dopamin, Serotonin, Cortisol und Oxytocin. Der Beitrag verdeutlicht, dass hormonbasierte Stimuli finanzielle Entscheidungen nachhaltig beeinflussen und so zu potenziell irrationalen Entscheidungen führen können.

Sebastian Serfas
Kapitel 20. Der Trade-Republic-Effekt: Anforderungen der Generation Z an volldigitales Brokerage

Kontinuierlich steigende Kundenzuwächse im Brokerage-Geschäft zu rein digitalen Playern, sogenannten Neobrokern, wie Trade Republic, lassen an der Umsetzungsfähigkeit der Kundenanforderungen einer neu heranwachsenden Generation hiesiger Finanzinstitute zweifeln. Es stellt sich somit die Frage, welche Kriterien von der Generation Z nachgefragt werden und wie es Neobrokerinnen und -broker erreichen, diese Nachfrage so effizient und kongruent in ihrem Serviceversprechen umzusetzen. Hierbei werden die Faktoren Cloud-Technologie & APIs, Kooperation mit externen Partnern, Customer Experience, ein kosteneffizientes Preis-Modell sowie ein übergreifender Plattformansatz diskutiert. Konkrete Handlungsanweisungen, die traditionelle Finanzinstitute aus der Anlageberatung, der Vermögensverwaltung und dem Brokerage-Geschäft haben, um den Anschluss an diese Generation nicht zu verpassen, vervollständigen die vorliegende Ausarbeitung.

Christan Terpe

Risikosteuerung und Aufsicht

Frontmatter
Kapitel 21. Kritische Analyse zur Berücksichtigung von Infrastruktur- und EEG-Investmentfonds in der Gesamtbank Asset Allocation

In Zeiten zunehmender aufsichtlicher Herausforderungen und steigender Volatilität an den Kapitalmärkten gewinnen innovative Assetklassen wie Infrastruktur hinsichtlich einer nachhaltig ertragreichen Asset Allocation verstärkt an Bedeutung. Die Banken sind auf der Suche nach Assetklassen, welche zum einen die Risiko-Rendite-Struktur des Gesamtbankportfolios erhöhen können und gleichzeitig mit dem Geschäftsmodell und der Strategie des Instituts vereinbar sind. Als Vorteile mit der Assetklasse Infrastruktur werden oftmals eine verbesserte Portfolio-Diversifikation, ein gutes Risiko-/Ertragsverhältnis, eine nachhaltige Ausschüttungsrendite sowie ein Inflationsschutz in Verbindung gebracht. Vor Investitionen in Infrastruktur über Fondsinvestments sollte sich das Institut jedoch ausgiebig mit den Besonderheiten der Assetklasse vertraut machen. Hier ist unter anderem die Cash-Flow-Struktur über den sogenannten „J-Kurven-Effekt“ und die Risikoquantifizierung über Infrastruktur-Indizes zu nennen. Basierend auf den vorliegenden Korrelationseffekten zu anderen Assetklassen und dem bestehenden Risiko-/Ertragsverhältnis lässt sich insgesamt festhalten, dass die Hinzunahme der Assetklasse Infrastruktur in das Portfolio eines klassischen Instituts als vorteilhaft zu bezeichnen ist.

Tim-Oliver Engelke
Kapitel 22. Geschäftsfeld- und Segmentsteuerung in normativer und ökonomischer Perspektive

Im Kontext einer engpassorientierten Kapitalsteuerung zeigt die normative Perspektive zweierlei Handlungsimplikationen auf die Gesamtbanksteuerung. Während sich diese insbesondere in dem Engpassfaktor des regulatorischen Eigenkapitals zeigt, präferieren die Aufsichtsbehörden in der Institutsbegleitung ebenfalls den Fokus auf die normative Perspektive und die hiermit einhergehende Frage der Rentabilität. Die Rentabilität erwächst in Zeiten von geringen Margen, nachhaltigen Anlagen und einer hohen Informationseffizienz in den Zielsegmenten der Banken zu einem wesentlichen Steuerungsanspruch. Ausgehend von der sicherzustellenden Gesamtinstitutsrentabilität ist dies jedoch nur möglich, wenn zugleich die Segmente für sich ebenfalls rentabel sind. Der vorliegende Beitrag greift die betriebswirtschaftlich wie aufsichtsrechtlich notwendige Geschäftsfeld- und Segmentsteuerung auf und stellt normative wie ökonomische Kennzahlen zur individuellen Steuerung vor. Hierbei wird einerseits die Top-down-Perspektive, abgeleitet aus der Gesamtrentabilität, andererseits die Bottom-up-Perspektive aus den individuellen Geschäftsfeldern eingenommen.

Noel Opala, Annika Fischer
Kapitel 23. Zukunftsgerichtete Simulation variabel verzinslicher Passivprodukte in der normativen Perspektive des ICAAP
Eine empirische Erweiterung der Szenariobetrachtung

Innerhalb der normativen Perspektive der Risikotragfähigkeit muss im Rahmen der Kapitalplanung unter anderem auch das zinsvariable Geschäft berücksichtigt werden. Die Kalkulation zinsvariabler Geschäfte erfolgt in der Praxis auf Basis von gleitenden Durchschnitten, woraus auch die Mischungsverhältnisse abgeleitet werden. Nach den aufsichtsrechtlichen Vorgaben sind die wirtschaftlichen Indikatoren bei der Festlegung von Mischungsverhältnissen entsprechend zu berücksichtigen. Auch spielen diese eine bedeutende Rolle bei der Ableitung des adversen Szenarios innerhalb der normativen Perspektive des ICAAPs. Für eine zukunftsorientierte Planung des zinsvariablen Geschäfts unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Faktoren bedarf es einiger Zeitreihenmodelle, die die makroökonomischen und marktspezifischen Determinanten berücksichtigen und in einem standardisierten und innovativen Simulationstool implementiert werden können.

Gennadij Seel, Martin Svoboda
Kapitel 24. Kreditrisikomanagement, algorithmische Fairness und Datenschutzgesetze: ein Rahmen für die Modellierung

Neben traditionellen statistischen Modellen setzen moderne Banken im Kreditrisikomanagement zunehmend Methoden der Künstlichen Intelligenz ein. Dabei ist der Umgang mit sensiblen Daten eine besondere Herausforderung. Die Modelle und Algorithmen, die für das Kreditrisikomanagement entwickelt werden, dürfen natürliche Personen aufgrund sensibler Daten nicht diskriminieren. Während die algorithmische Voreingenommenheit und Fairness beim maschinellen Lernen im Allgemeinen bereits hinreichend untersucht wurden, besteht bei der Kreditrisikomodellierung Untersuchungsbedarf. Den Banken fehlen konkrete Anweisungen, wie die bestehenden Modellierungspraktiken angepasst werden können, um neuen Fairnessherausforderungen Rechnung zu tragen. Diese Arbeit adressiert diese Problematik, indem ein erster Schritt zu einem Zielbild aufgezeigt wird, wie eine faire Kreditrisikomodellierung in den Banken zukünftig aussehen kann.

Filip Moric
Kapitel 25. Die Volatilität von Beleihungswerten für Kreditsicherheiten

Sparkassen und Banken leisten einen großen Teil der Immobilienfinanzierung in Deutschland. Aufgrund der seit zehn Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase wurden von Investorinnen und Investoren sowie Privatpersonen zunehmend Immobilien gekauft. Die zu erwartende Zinswende führt zu steigenden Kreditzinsen und birgt für die finanzierenden Banken das Risiko, dass einerseits einige Kundinnen und Kunden ihre Kapitaldienste nicht mehr bedienen können und andererseits die Nachfrage nach Immobilien, aufgrund der steigenden Finanzierungskosten, sinken könnte. Weiterhin erfordern die veränderte Risikolage und die zusätzlichen Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung bei Realkrediten – infolge von Basel III und IV – eine Erhöhung des Eigenkapitals bei den finanzierenden Banken.

Christian Hose, Marcel Mock, Thomas Obermeier
Kapitel 26. ZORM – Ein zukunftsorientiertes Firmenkundenrating-Modell

Das bankinterne Rating stellt eine umfassende Bewertung eines Unternehmenskunden dar und verfolgt die Zielsetzung, eine Aussage über dessen zukünftige Fähigkeit zur vollständigen und termingerechten Tilgung der Kreditschulden zu treffen. Eine zusätzliche Aufgabe des Ratings sollte auch die Risikofrüherkennung sein, um Unternehmensinsolvenzen und Kreditausfälle zu vermeiden. Im Vordergrund stehen im klassischen Firmenkundenrating traditionelle, vergangenheitsorientierte Kennzahlen, die zudem durch Ansatz- und Bewertungswahlrechte einen verzerrten Einblick in die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens geben. Und erschweren damit ein sachgerechtes, zukunftsorientiertes Krediturteil. Die Einbindung eines zukunftsorientierten Konzepts mithilfe einer planzahlenbasierten Ermittlung des Unternehmenswerts in das traditionelle statische Firmenkundenrating kann die Bonitätseinstufung deutlich verbessern. In dem vorliegenden Beitrag wird daher folgende Forschungsfrage beantwortet: Wie können zukunftsorientierte Aspekte, wie die Betrachtung der Kapitalkosten und des Unternehmenswerts, die Aussagekraft der klassischen Ratingsysteme für mittelständische, nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen verstärken? Zielsetzung ist es, die zukunftsorientierte Komponente des ermittelten Unternehmenswerts als dynamischer Bestandteil innerhalb des Finanzratings zu implementieren. Im Ergebnis soll ein zukunftsorientiertes Firmenkundenrating-Modell (ZORM) entwickelt werden.

Joel Simon, Karl-Heinz Prieß
Kapitel 27. Steuerungsmöglichkeiten und Auswirkungen der Net Stable Funding Ratio

Die Net Stable Funding Ratio (NSFR) ist eine regulatorische Kennzahl, welche zu einer Sicherstellung der Stabilität der Refinanzierungsstruktur von Kreditinstituten beitragen soll. Durch die weltweite Finanzkrise wurde offensichtlich, dass eine solche Stabilität in einer Krisensituation bei vielen Instituten nicht gegeben war. Oftmals war dies das Ergebnis einer ausufernden Fristentransformation. Diese Fristentransformation wird durch die NSFR beschränkt. Dabei muss die NSFR durch die Finanzinstitute aktiv gesteuert werden. Einem Finanzinstitut stehen verschiedene Möglichkeiten zur Steuerung der NSFR zur Verfügung, die sich im Wesentlichen auf das Bilanzmanagement beziehen. Anders als die LCR ist die NSFR nur begrenzt kurzfristig steuerbar. Bei der Steuerung der NSFR kann es naturgemäß zu Konflikten mit anderen Kennzahlen und insbesondere mit der GuV kommen. Dabei ist die NSFR auch kritisch zu sehen. Unerwünschte Nebeneffekte, die sich durch die Methodik der NSFR ergeben, können langfristig auftreten.

Lukas Meinzer, Gerrit Brendler

Rechtliche Herausforderungen

Frontmatter
Kapitel 28. EuGH vs. BGH am Beispiel des Bankrechts

Dieser Beitrag zeigt den immer stärker und ausgeprägter werdenden Konkurrenzkampf zwischen europäischem (EuGH) und nationalem Recht (BGH) und dessen tiefgreifende Auswirkungen auf die Rechtspraxis auf. Insbesondere wird aufgezeigt, dass deutsche Rechtsanwenderinnen und -anwender wie die deutsche Kreditwirtschaft sich nicht mehr sicher sein können, dass ihr nach der deutschen Gesetzeslage ausgerichtete und daher rechtskonforme Verhalten nicht plötzlich durch eine völlig unerwartete Entscheidung des EuGH rechtswidrig wird mit entsprechenden Haftungsrisiken sowie sonstigen nachteiligen Konsequenzen. Selbst althergebrachte Grundsätze wie z. B. die dreijährige kenntnisabhängige Grundsatzverjährung könnten durch eine entsprechende EuGH-Entscheidung außer Kraft gesetzt werden mit ebenso weitreichenden Folgen.

Hervé Edelmann
Kapitel 29. Einsatz der Distributed Ledger Technology und Blockchain bei Wertpapieremission, -verwahrung und -handel

Die Autoren analysieren die rechtlichen und regulatorischen Herausforderungen, Geschäftsmodelle von Unternehmen der Finanz- und Dienstleistungsbranche mit MiFID-regulierten Finanzinstrumenten wie Wertpapiere und Fonds mit den technologischen Möglichkeiten von Distributed Ledger Technology (DLT) und Blockchain neu zu gestalten. Der Schwerpunkt liegt auf der Einführung elektronischer Inhaberschuldverschreibungen und Fondsanteile nach dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) und die daraus resultierenden dezentralen Lösungen wie dem Kryptowertpapierregister (eWpG) und den elektronischen DLT-Finanzinstrumenten (EU DLT Pilot Regime). Das Ziel ist, im Rahmen der sich konkretisierenden regulatorischen Rahmenbedingungen Potenziale und Herausforderungen für Marktteilnehmende anhand praxisnaher Anwendungsfälle zu erarbeiten. Die Ergebnisse zeigen, dass das eWpG mit den bisherigen Verordnungen noch nicht als erfolgreich abgeschlossen gewertet werden kann. Um mit dem Finanzsystem eine starke Infrastruktur mit einer akzeptablen Übergangszeit bereitstellen zu können, sollten alle Wertpapiere dematerialisiert und eine robuste Regulatorik und Aufsicht sichergestellt werden. Das DLT Pilot Regime bietet die Möglichkeit, die digitale Transformation rechtlich und regulatorisch holistisch abzuschließen.

Frank Thole, Arthur Dill, Amadeus Gryger
Kapitel 30. Verwahrung von Krypto-Assets und ihre Bilanzierung nach IFRS
Separierung von digitalen Vermögenswerten, die ein Finanzdienstleister im Auftrag seiner Kunden hält

Krypto-Assets im Auftrag von Kundinnen und Kunden zu verwahren, zählt zu den Finanzdienstleistungen im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG). Sie zu bilanzieren, gilt für Banken als Herausforderung, insbesondere dann, wenn internationale Rechnungslegungsstandards (IFRS) Anwendung finden. Derzeit existiert noch kein IFRS-Standard, der dies explizit regelt. Üblicherweise gelten Krypto-Assets als immaterielle Vermögenswerte oder Vorräte und fallen damit in den Anwendungsbereich von IAS 38 oder IAS 2. Ob Krypto-Assets allerdings in die Vermögensaufstellung der Verwahrerin oder des Verwahrers aufzunehmen sind, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Denn dazu müssen teils rechtlich-ökonomische, teils technisch-digitale Separierungskriterien entwickelt werden, die eine Abgrenzung von fremden und eigenen Vermögenswerten ermöglichen. Vorliegender Beitrag zielt an der Schnittstelle von Rechnungslegung und Digitalisierung darauf ab, zu erläutern, wie Krypto-Assets nach IFRS vermögenswirksam zu erfassen sind und dabei eine Separierung von fremden und eigenen Vermögenswerten sicherzustellen.

Michael Torben Menk, Michael Mies, Paul Engel

Payment, Digitalisierung und Technik

Frontmatter
Kapitel 31. Digitalisierung der Kreditinstitute – Eine Trendanalyse des deutschen Drei-Säulen-Modells

Banken sehen sich seit der globalen Finanzkrise 2006 bis 2008 mit der nachfolgenden Eurokrise dem stetig steigenden Druck aus regulatorischen Anforderungen, dem Niedrigzinsumfeld sowie dem technologisch ausgelösten veränderten Kundenverhalten konfrontiert. Eine revolutionäre digitale Transformation, der über Jahrhunderte evolutiv gewachsenen Geschäftsmodelle der Kredit- und Finanzdienstleistungsindustrie, könnte einen Weg bereiten, zu alter Ertragskraft zurückzufinden. Digitale Ökosysteme zur Nutzung von Netzwerkeffekten stehen hier oftmals im Mittelpunkt. Ziel dieses Artikels ist, vergleichend die digitale Affinität vereinzelter ausgewählter Institute des Drei-Säulen-Modells des deutschen Bankwesens einmal anders, nämlich basierend auf der externen Berichterstattung, in einem Scoringmodell zusammenzutragen.

Alexander Rühl, Jeffrey Heidemann, Maria de la O Hervás Zurita
Kapitel 32. Smart Contracts und die Bedeutung von Blockchain-Oracles für das Vertragswesen der Zukunft

Diesere Artikel befasst sich mit der aktuellen Rolle und Bedeutung von sogenannten Blockchain-Oracles, die als Datengrundlage für die erfolgreiche Implementierung von Smart Contracts dienen. In diesem Zuge werden sowohl die Grundlagen als auch der aktuelle Status quo des neuartigen Forschungsfelds skizziert, um einen praxisorientierten Überblick über die Blockchain-Technologie zu geben. Die Thematik ist von hoher aktueller Relevanz, da sich das Ökosystem der sogenannten Oracles mitten im Aufbaustadium befindet. So werden die drei wichtigen Grundsätze von Daten-Oracles (Datenintegrität, Datenverfügbarkeit und Datenvertraulichkeit) in dem Artikel beschrieben und ausgewählte Datenanbieter vorgestellt, um die Theorie mit der momentanen Praxis zu veranschaulichen. Im Ergebnis wird konstatiert, dass der Einsatz von Oracles das Potenzial besitzt, bestehende Produkte sowie Services, die auf Basis von Smart Contracts vollautomatisiert ablaufen können, maßgeblich zu disruptieren. Daraus ergeben sich vielfältige wirtschaftliche Vorteile aus Sicht der Unternehmen sowie Kundinnen und Kunden. Allerdings zeigt die momentane Literaturdiskussion auch, dass die Realisierung dieses Potenzials noch in weiter Zukunft liegt, woraus sich weitere Diskussionsgrundlagen und Forschungsfragen ableiten lassen können. Der Artikel unterstreicht abschließend die Chancen, die sich für die klassische Banking- respektive Finanzindustrie ergeben, wenn Unternehmen sich rechtzeitig mit diesen neuen technologischen Innovationen und den Implikationen daraus befassen.

Cam-Duc Au, Dirk Stein
Kapitel 33. Der digitale Euro – das Geld der Zukunft?

Mit der Erfindung von Kryptowährungen haben sich neue Wege für die Schaffung privaten Geldes ergeben, das in Konkurrenz zum bisherigen öffentlichen Geld tritt. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich immer mehr Zentralbanken mit der Ausgabe einer eigenen digitalen Währung, so auch die Europäische Zentralbank. Die digitale Währung soll Eigenschaften des Bargelds wie Anonymität und Unabhängigkeit mit den Vorteilen des elektronischen Geldes, nämlich für Zahlungen in der digitalen Welt nutzbar zu sein, verbinden. Schweden und China testen bereits erste Prototypen mit unterschiedlicher Ausgestaltung. Die Europäische Zentralbank prüft im Projekt Digitaler Euro, wie das Design des digitalen Euros aussehen müsste, damit er einerseits Effizienz und Sicherheit im Zahlungsverkehr fördert, andererseits aber nicht die Finanzstabilität gefährdet, indem er in Konkurrenz zu Kundeneinlagen bei Banken tritt. Während der digitale Euro aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer gegenüber bereits bestehenden Zahlungsmöglichkeiten nur wenig zusätzlichen Nutzen bringt, kann er aber im Finanzsystem zu einem deutlichen Strukturwandel im Zahlungsverkehr beitragen.

Monika Wohlmann
Kapitel 34. Dezentrale Identitäten für Personen und Unternehmen in der Blockchain: Self-Sovereign Identity am Beispielprojekt „Lissi“

Zusammen mit der Blockchain-Technologie entwickelte sich in den vergangenen Jahren das Konzept der selbstbestimmten Identitätsverwaltung, das im englischen Fachjargon auch als „Self-Sovereign Identity“ (SSI) bezeichnet wird. Die Digitalisierung von analogen Identitäten und Identitätsnachweisen schafft nicht nur Erleichterungen im Sinne der Verwaltung für Bürgerinnen und Bürger, sondern ebnet vor allem auch den Weg für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Sektor vollends digitale Services anzubieten. Mit dem Innovationswettbewerb „Schaufenster Sichere Digitale Identitäten“, welcher durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) organisiert wird, werden ausgewählte Identitätsprojekte zur Datensicherheit und -souveränität gefördert. Aktuell werden insgesamt vier sogenannte Schaufensterprojekte mit insgesamt 50 Mio. £ gefördert, um bis 2024 Software zu entwickeln, praxisrelevante Anwendungsfälle zu erforschen und final umzusetzen. Das Projekt „Lissi“ von neosfer (ehemals: Main Incubator GmbH), die als F&E-Einheit der Commerzbank bekannt ist, gehört zu dem geförderten Schaufensterprojekt IDunion und wird in diesem Artikel als Study Case vorgestellt.

Cam-Duc Au, Helge Michael
Metadaten
Titel
Banking & Innovation 2022/2023
herausgegeben von
Marcel Seidel
Svend Reuse
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-39388-5
Print ISBN
978-3-658-39387-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-39388-5