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20.04.2023 | Brennstoffzelle | Schwerpunkt | Online-Artikel

Worauf es bei der Fertigung von Bipolarplatten ankommt

verfasst von: Thomas Siebel

5 Min. Lesedauer

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Die Kosten von Brennstoffzellen und Elektrolyseuren sind eng mit der Bipolarplatte verknüpft. Wissenschaft und Industrie wollen die Fertigung automatisieren – doch die Komponente ist anspruchsvoll.

Ob der Weg zur Wasserstoffwirtschaft gelingt, hängt auch von der Verfügbarkeit erschwinglicher Elektrolyseure und Brennstoffzellen ab. Fest steht: Die Herstellkapazitäten müssen erheblich steigen, die Kosten müssen sinken. Mit Hochdruck arbeiten deswegen Industrie und Wissenschaft an der automatisierten Fertigung von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen. Erstere werden bisweilen noch unter manufakturartigen Bedingungen hergestellt, bei Letzteren herrscht noch nicht einmal Einigkeit, wieviel sie in der Herstellung eigentlich kosten. Im Durchschnitt kommen Schätzungen zwar auf einen Wert von 629 Euro/kW für PEM-Brennstoffzellen, wie die RWTH Aachen in einer Umfrage unter 35 Industrieexperten herausgefunden hat – allerdings liegt der Median der Antworten bei 397 Euro/kW.

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01.04.2023 | Fertigung + Produktion

Effiziente Fertigungslinie für Bipolarplatten

Eine der Kernkomponenten von PEM-Elektrolyseuren und -Brennstoffzellen ist die Bipolarplatte, deren effiziente Fertigung ein Schlüssel zur erfolgreichen Industrialisierung ist. Die German Fuel Cell Cooperation (GFC) stellt dafür mit ihrer integrierten Fertigungslinie einen skalierbaren Ansatz vor.

In einer Studie haben die Forschenden um Achim Kampker untersucht, wie sich Skaleneffekte auf die Kosten von Brennstoffzellensystemen auswirken. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass Skaleneffekte insbesondere beim Produktionshochlauf auf 2.500 jährlich hergestellte Systeme zum Tragen kommen. In diesem Bereich sinken die Fertigungskosten deutlich, die circa ein Drittel der Herstellkosten ausmachen. Bei darüber hinaus gehenden Produktionsraten stagnieren die Fertigungskosten allerdings. Als Kostenhebel bleibt dann nur noch das eingesetzte Material, auf das circa zwei Drittel der Herstellkosten entfallen. Weitere fertigungsbedingte Skaleneffekte bei Stückzahlen von einigen zehn- oder hunderttausend Systemen pro Jahr dürften nach Darstellung der Forschenden nur mit der Entwicklung neuartiger Produktionstechnologien gelingen.

Kosten für Bipolarplatten im Markthochlauf entscheidend

Ein entscheidender Faktor für Kostensenkungen im niedrigen Stückzahlbereich ist dabei die Bipolarplatte, wie Ludwig Jörissen und Jürgen Garche im Kapitel Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzellen (PEFC) Stand und Perspektiven des Buchs Wasserstoff und Brennstoffzelle präzisieren: "Obwohl verschiedene Studien übereinstimmend zu dem Schluss kommen, dass bei großvolumiger Produktion die Membran-Elektroden-Einheit und dort besonders der Edelmetallgehalt den größten Einfluss auf die PEM-Brennstoffzellenkosten haben, tragen bei kleinen Stückzahlen die Bipolarplatten in ebenso großem Maßstab zu den Gesamtkosten bei."

Leistungsfähigkeit und Lebensdauer einer Brennstoffzelle hängen wesentlich von der Bipolarplatte ab. Zwar läuft die elektrochemische Reaktion in der Membran-Elektroden-Einheit (Membrane Electrode Assembly, MEA) ab, die Bipolarplatte verfügt jedoch beidseitig über Flussfelder, über die Wasserstoff und Sauerstoff gleichmäßig über die Aktivflächen der MEA verteilt werden. Diese sogenannten Flow-Fields entstehen durch Noppen oder Kanal- oder Stegstrukturen auf der Oberfläche der Bipolarplatte. Im Inneren der Bipolarplatte zirkuliert ein Kühlmittel, das die Abwärme der elektrochemischen Reaktion abführt.

Im Automobil vorwiegend metallische Bipolarplatten

Sowohl Konstruktion als auch Herstellung von Bipolarplatten sind herausfordernd. Neben den feinen Verteilstrukturen muss das eingesetzte Material hoch elektrisch und thermisch leitfähig sowie gasdicht sein. Zudem sollte die Bipolarplatte möglichst leicht und dünn sein. "Die Herstellung von Bipolarplatten erfordert die Einhaltung enger mechanischer Toleranzen im Hinblick auf Ebenheit und Planparallelität, da bereits kleine systematische Fehler in vielzelligen Stapeln zu großen Abweichungen von der gewünschten Geometrie führen", so Jörissen und Garche.

Gegenwärtig werden Bipolarplatten aus Grafit-Kunststoffverbunden oder aus Metall gefertigt. Mit Grafit-Compositen lassen sich höhere Stromdichten realisieren, während metallische Bipolarplatten leichter und dünner sowie, in großer Stückzahl hergestellt, günstiger sind, wie Jörissen und Garche schreiben. Insbesondere im Automobilbereich dürften deswegen vorwiegend metallische Bipolarplatten Verwendung finden.

Einbringen der Gasverteilstruktur kritisch

Metallische Bipolarplatten bestehen aus zwei Halbschalen, die mit hoher Präzision dicht mit miteinander gefügt werden müssen; in der Regel per Laserschweißen, doch auch Löten oder Klebtechniken kommen zum Einsatz. Die Halbschalen bestehen in der Regel aus Edelstählen, die beispielsweise mit Gold, Metallcarbiden oder diamantartigem Kohlenstoff beschichtet werden. Die 75 bis 150 µm dünnen Bleche werden durch Tiefziehen, Hydroformen, Prägen oder Ätzen in Form gebracht.

Ein limitierender Faktor hinsichtlich der Geometrie ist dabei die starke Blechdeformation, die mit dem Einbringen der Verteilstruktur einhergeht. Insbesondere wenn die Bleche per Tiefziehen geformt werden, sind Gas- und Kühlmittelverteilfelder nicht mehr unabhängig voneinander wählbar. Entsprechend sorgfältig muss bei der Auslegung sowie der Wahl von Werkzeug und Prozessparametern vorgegangen werden.

Teilprozesse bereits automatisiert

Diese Herausforderung angenommen hat die German Fuel Cell Cooperation (GFC), ein Zusammenschluss der Anlagenbauunternehmen Von Ardenne, Weil Technologie und Zeltwanger. Im Artikel Effiziente Fertigungslinie für Bipolarplatten in der maschinenbau 2/2023 beschreiben Alexander Wemme, Florian Weil und Patrick Reich eine von der GFC entwickelte integrierte Fertigungslinie für die Teilprozesse Laserschweißen, Dichtheitsprüfung und Beschichten. Mit ihr lassen sich jährlich vier Millionen Bipolarplatten von 450 mm × 150 mm Größe produzieren. Zur Einordnung: Etwa 400 Bipolarplatten werden in einer typischen Brennstoffzelle für mobile Anwendungen verbaut.

Eine optimal abgestimmte Schweißfolge soll dabei den thermischen Verzug reduzieren, während eine speziell entwickelte automatisierte Spanntechnik hohe Konturgenauigkeit und Reproduzierbarkeit sicherstellen sollen. Auf Dichtheit werden die Platten in Taktzeiten bis 6 s entweder im Helium-Vakuumverfahren oder per luftbasiertem Druckabfallverfahren geprüft. Beidseitig beschichtet werden die Bipolarplatten im Physical-Vapour-Deposition-Verfahren, wobei in Taktzeiten von bis zu 48 s gleichzeitig 40 Bipolarplatten behandelt werden können.

Vom Coil bis zum Fertigbauteil

Aktuell arbeiten die Unternehmen unter anderem an einer durchgehenden Überwachung der Prozessparameter. Damit müssten "nicht mehr 100 % der Bipolarplatten nach dem Schweißen auf Dichtheit geprüft werden", so die Autoren. Dadurch sänken Investitions- und Fertigungskosten sowie Taktzeiten noch weiter.

Unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU forscht zudem ein Konsortium von sieben Partnern im Konti-BIP-Projekt an der großserientauglichen Fertigung hochpräziser, metallischer Bipolarplatten, wie André Colditz, Markus Puschmann und Matthias Nagel in der maschinenbau 1/2023 schreiben. Ergebnis des mit 3,2 Millionen Euro seitens der Bundesministeriums für Digitales und Verkehr unterstützten Projekts soll eine komplette, kontinuierliche Fertigungskette für Bipolarplatten aus Edelstahlblech sein ­– vom Coil bis zum Fertigbauteil.

Unter anderem entwickelt das Konsortium das Umformverfahren für das Hohlprägen von Bandmaterial so weiter, dass sich damit feine Flussfeldkonturen hochdynamisch erzeugen lassen. Auch neue Schneid-, spezielle Laserremoteschweiß- und Spanntechniken sowie prozesskettenintegrierte Mess- und Prüfsysteme stehen im Fokus. Bis zum Projektabschluss im Jahr 2025 soll die Anlage stehen.

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