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2024 | Buch

Demokratie von unten?

Die globalisierungskritische Bewegung: Entwicklungslinien und politische Bildungspraxis

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Über dieses Buch

Die Forderung nach einer Demokratisierung internationaler Entscheidungsstrukturen sowie die grundsätzliche Kritik an der als undemokratisch empfundenen Gestalt der Globalisierung sind seit jeher Kernbestandteile der globalisierungskritischen Debatten. Unter dem Leitgedanken einer „Demokratie von unten“ werden seitens der globalisierungskritischen Bewegung sowohl alternative Organisationsmodelle erprobt als auch verschiedene Bildungsmaßnahmen der „ökonomischen Alphabetisierung“ umgesetzt. Letztere werden bewegungsintern als Voraussetzung dafür betrachtet, Gegenexpertisen einbringen und politische Gegenmacht aufbauen zu können. Die Angebotspalette reicht dabei von Vorlesungen, Workshops und abendlichen Diskussionsveranstaltungen bis hin zu mehrtägigen Tagungen, Fortbildungsreihen und umfangreichen Bildungsmaterialien.

Björn Allmendinger fokussiert sich in seiner Arbeit auf die Entwicklungslinien und politische Bildungspraxis der globalisierungskritischen Bewegung. In diesem Kontext untersucht er die wesentlichen Gründungsimpulse und Kristallisationsmomente der Bewegung und beleuchtet anhand unterschiedlicher Fallbeispiele deren Organisationsstrukturen und Bildungsformate.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die politischen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung scheinen heute allgegenwärtig: die ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, die unsicheren Arbeits- und Lebensverhältnisse, der asymmetrische Welthandel oder die vermeintliche Erosion nationalstaatlicher Kontroll- und Regulationsmöglichkeiten. Wohl kaum ein Aspekt unseres täglichen Lebens scheint nicht mit dem Oberbegriff „Globalisierung“ assoziiert zu werden – seien es Fragen des globalen Umweltschutzes, des internationalen Standortwettbewerbs, nach der Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards oder der Rolle von Steueroasen bzw. so genannter Offshore-Zentren. Die vielfältigen Diskurse zu diesem Themenfeld werden zumeist von politischen Auseinandersetzungen über die Bewertung und Einschätzung möglicher Auswirkungen der Globalisierung begleitet.
Björn Allmendinger
Kapitel 2. Globalisierung: Dimensionen – Facetten – Spannungsfelder
Zusammenfassung
Nach Ansicht des australischen Politikwissenschaftlers Malcolm Waters wurde der Begriff „global“ schon vor 400 Jahren geprägt, während „Globalisierung“ bzw. „globalisieren“ Begrifflichkeiten seien, die frühestens seit 1959 Verwendung fänden. Diesbezüglich verweist Waters in Bezugnahme auf die Ausführungen im „Oxford English Dictionary“ von 1989 auf entsprechende Zeitschriftenartikel in THE ECONOMIST (1959) und SPECTOR (1962) sowie auf Einträge im britischen Wirtschaftslexikon „Webster“ von 1961. Christine Unrau führt in diesem Kontext hingegen einen bereits 1951 im „Annals of the American Academy of Political and Social Science“ erschienenen Artikel zur Globalisierungsthematik an. In diesem sei zum einen auf den „einheitsstiftenden Charakter der mittelalterlichen Kirche als Vorläufer der aktuellen, von der Industrialisierung angetriebenen Globalisierung, zum anderen […] [auf] das später intensiv diskutierte Verhältnis zwischen dem Lokalen und der Globalisierung“ hingewiesen worden.
Björn Allmendinger
Kapitel 3. Entwicklungslinien der globalisierungskritischen Bewegung in Deutschland
Zusammenfassung
Schon im Zuge des aufkommenden modernen Industriekapitalismus, der, wie in Abschnitt 2.1.2 bereits dargelegt, von vielen Autor*innen auch als Motor der ersten Globalisierungsphase betrachtet wird, waren die Schattenseiten dieses sozialen und ökonomischen Wandels kaum zu übersehen: siehe etwa die Verbreitung von Kinderarbeit, die Zunahme der Armutsmigration oder die Verschärfung der Wohnungsnot in den städtischen Ballungszentren. Im Zentrum der politischen Auseinandersetzungen standen Fragen der sozialen Gerechtigkeit, der Eigentumsverteilung und der Verelendung breiter Bevölkerungsschichten. Doch war die so genannte „soziale Frage“ nicht immer das auslösende Element gesellschaftlichen Unmuts.
Björn Allmendinger
Kapitel 4. Fallbeispiel: Weltsozialforum
Zusammenfassung
Die eigentliche Gründungsidee des Weltsozialforums geht zurück auf die von den Zapatistas und ihrem weltweiten Unterstützernetzwerk initiierten „interkontinentalen“ bzw. „intergalaktischen“ Treffen in Chiapas (1996) und Spanien (1997). Dort hatte es bereits von einigen Aktivist*innen erste Überlegungen gegeben, einen offenen Raum des Austauschs und der Begegnung zu schaffen, der in regelmäßigen Abständen und für einen begrenzten zeitlichen Rahmen die unterschiedlichen Strömungen der globalisierungskritischen Bewegung vereinen sollte. „Historische Vorbilder für einen solchen demokratischen Konstituierungsprozess einer transnationalen sozialen Bewegung“, so jedenfalls Peter Wahl in Bezug auf die Entstehungszusammenhänge des Forums, existierten zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht.
Björn Allmendinger
Kapitel 5. Politische Bildungspraxis: das Beispiel Attac-Deutschland
Zusammenfassung
Die politische Bildungsarbeit ist von jeher ein wesentlicher Kernbestandteil der globalisierungskritischen Bewegung. Schon im Zuge der Anti-IWF-/Weltbank-Proteste 1988 in West-Berlin organisierten Gipfelgegner*innen bspw. so genannte „Antiimperialistische Stadtrundfahrten“ zu ausgewählten Orten im Stadtgebiet (Fabriken, Konzernfilialen etc.), um auf globale Zusammenhänge in Politik und Wirtschaft aufmerksam zu machen und die diagnostizierten weltweiten Ausbeutungsprozesse anhand der „Zentren der Herrschaft“ – gemeint waren hiermit der IWF und die Weltbank – in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Im Vordergrund standen hier vor allem die Wissensvermittlung und politische Aufklärungsarbeit. Der Begleitbroschüre zu den damaligen Stadtrundfahrten war ergo zu entnehmen: „Mit der antiimperialistischen Stadtrundfahrt und der vorliegenden Broschüre dazu wollen wir einen Mangel beseitigen, der seit langem besteht.
Björn Allmendinger
Kapitel 6. Eine Welt zu verändern: Schlussfolgerungen und weiterführende Gedanken
Zusammenfassung
Die Forderung nach einer grundlegenden Demokratisierung des weltweiten Handelssystems sowie die Kritik an der als undemokratisch empfundenen Gestalt zahlreicher internationaler Organisationen, wie z. B. der WTO, des IWF, der Weltbank oder der G7 bzw. G8, waren und sind ein wesentlicher Kernbestandteil des globalisierungskritischen Selbstverständnisses. Dies fand in der Vergangenheit auch in unterschiedlichen Aktionsformen oder Kampagnen der Bewegung seinen Ausdruck: Neben dem bekannten Transparent des RAN anlässlich der WTO-Konferenz in Seattle 1999, dass zwei entgegengesetzte Pfeile mit den Begriffen „WTO“ und „Democracy“ zeigte, sei an dieser Stelle ebenfalls auf den Slogan „Voi G8, Noi 6.000.000.000“, der letztlich maßgeblich das Bild der Proteste gegen den G8-Gipfel 2001 in Genua prägte, hingewiesen.
Björn Allmendinger
Backmatter
Metadaten
Titel
Demokratie von unten?
verfasst von
Björn Allmendinger
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-44296-5
Print ISBN
978-3-658-44295-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44296-5