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2022 | Buch

Der öffentliche Sektor

Einführung in die Finanzwissenschaft

verfasst von: Prof. Dr. Ewald Nowotny, Prof. Dr. Martin Zagler

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Die 6. Auflage wurde überarbeitet und erweitert und berücksichtigt die vielfachen Veränderungen, die sich in den vergangenen Jahren in Finanzwissenschaft und Finanzpolitik ergeben haben.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Finanzwissenschaft – Wirtschaftstheoretische und gesellschaftspolitische Grundlagen
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Ökonomische Analysen des öffentlichen Sektors einer Volkswirtschaft können unter unterschiedlichen wirtschaftstheoretischen Perspektiven erfolgen. Von Bedeutung sind hier insbesondere die Ansätze der neoklassischen Theorie, der (neo-)keynesianischen Theorie und die Ansätze der Institutionellen und der Verhaltensökonomie.
  • Die „Multiple Theorie des öffentlichen Haushaltes“ unterscheidet hinsichtlich des öffentlichen Sektors zwischen seiner Allokationsfunktion, seiner Distributionsfunktion und seiner Stabilisierungsfunktion.
  • In der gesellschaftspolitischen Diskussion in Bezug auf den öffentlichen Sektor sind von spezieller Bedeutung die Positionen des Wirtschaftsliberalismus und die Perspektiven des Interventionismus, speziell in den Formen des Wohlfahrtsstaates und der Konzeption der „Sozialen Marktwirtschaft“.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 2. Umfang und Entwicklung des öffentlichen Sektors
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Zum öffentlichen Sektor zählen einerseits Institutionen, die sich insbesondere durch Zwangsabgaben (Steuerhoheit des Staates) finanzieren, wie Gebietskörperschaften und Parafisci, andererseits juristische Personen, die unter der Kontrolle des Staates stehen, insbesondere öffentliche Unternehmen.
  • Eine keineswegs umfassende, aber dennoch Einblick gewährende Zusammenfassung öffentlicher Aktivitäten stellen Staatsquoten dar. Diese setzen sowohl an der Ausgabenseite des Budgets (Ausgabenquoten) als auch auf der Einnahmenseite (Abgabenquoten) an. Diese variieren sowohl zeitlich als auch geografisch zwischen einzelnen Ländern.
  • Gründe für den Anstieg der Staatsquoten nach dem zweiten Weltkrieg liegen in der Tatsache, dass öffentliche Güter superiore Güter sind (Wagner´sches Gesetz), dass öffentliche Güter hauptsächliche Dienstleistungen sind mit geringen Produktivitätszuwächsen (Baumol´sche Kostenkrankheit), sowie in demographischen Faktoren (Urbanisierung, Alterung).
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 3. Funktionen des öffentlichen Sektors – Analytische Grundlagen
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Güter, von deren Nutzung niemand ausgeschlossen werden kann (Nicht-Ausschließbarkeit) und/oder deren Nutzung niemanden anderen daran hindert, diese ebenfalls zu nutzen (Nicht-Rivalität), werden in der Regel nicht vom Markt bereitgestellt. Eine gemeinschaftliche Bereitstellung, etwa durch den öffentlichen Sektor ist daher erforderlich.
  • Auch das Bestehen von Marktmacht erfordert den Eingriff des öffentlichen Sektors. Während vielfach das Wettbewerbsrecht ausreichen sollte, um Monopole oder Oligopole zu zerschlagen, ist dies im Falle natürlicher Monopole, wie die meisten Netzwerkindustrien, oft nicht ausreichend.
  • Externe Effekte bestehen, wenn die Handlung eines Wirtschaftssubjekts einen direkten Einfluss auf den Nutzen oder die Produktionskosten eines anderen hat, ohne dass dies über den Markt abgegolten wird. In diesem Fall sind Marktpreise gesellschaftlich ineffizient, was zu einem notwendigen Eingriff des öffentlichen Sektors führen kann.
  • Informationsasymmetrien, wie adverse Selektion, moralischer Hazard, oder das Principal-Agent-Problem können ebenso staatliche Eingriffe nötig machen.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 4. Entscheidungstheoretische Grundlagen – Wohlfahrtsökonomie und Public Choice Theorie
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Der erste Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie besagt, dass unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere vollkommene Konkurrenz) der Markt zu einer effizienten (nicht aber notwendig gerechten) Allokation der Ressourcen führt.
  • Letzteres verlangt einen gesellschaftlichen Konsens, der aber nur bei Einstimmigkeit mit Sicherheit gegeben ist. Das Arrow´sche Unmöglichkeitstheorem zeigt, dass ein Mehrheitswahlrecht oft zu keiner eindeutigen Lösung gesellschaftlicher Präferenzen führt.
  • Neben dem Dilemma der Entscheidungsfindung kann es zu Staatsversagen kommen, weil der öffentliche Sektor oftmals als Monopolist agiert (agieren muss), und Akteure des öffentlichen Sektors (Politiker, Parteien, Beamte, Lobbyisten, …) eventuell nicht das gemeingesellschaftliche Interesse, sondern ihr eigenes Interesse verfolgen.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 5. Art und Ausmaß öffentlicher Ausgaben
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Öffentliche Ausgaben werden in gesetzliche Verpflichtungen und Ermessensausgaben; Personal-, Sach- und Transferausgaben; Ausgaben nach Ministerial- oder Resortprinzip sowie Ausgaben nach dem Funktionalprinzip gegliedert.
  • Sowohl Deutschland als auch Österreich geben fast die Hälfte des Budgets für Soziale Sicherheit und Gesundheit aus, für Bildung knapp über 10 %, und Wirtschaft und Verkehr knapp unter 10 %.
  • Infrastrukturausgaben stellen eine Kombination von Personal- und Sachausgaben dar, wobei die aus Infrastruktur resultierende Leistung für den Bürger über die folgenden Jahre oder Jahrzehnte entsteht.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 6. Föderale Systeme öffentlicher Finanzen
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Die ökonomische Theorie des Föderalismus beschäftigt sich mit den Begründungen föderaler Staatsformen und den Kriterien für die Aufgabenverteilung in einem föderativen Staatswesen. Die wichtigsten dieser Kriterien sind die Frage der Präferenzen gegenüber öffentlichen Leistungen, die Kostenverläufe ihrer Erstellung und das Ausmaß interregionaler externer Effekte. Jedes dieser Kriterien kann im Zeitablauf Veränderungen unterliegen, sodass sich auch die ökonomisch optimale Aufgabenverteilung in einem föderalen Staat verändern kann. Daraus können sich Spannungen mit verfassungsrechtlich festgelegten Aufgabenstrukturen ergeben.
  • Bei der konkreten Ausgestaltung eines föderalen Systems ist zwischen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Ertragshoheit zu unterscheiden. Dies ist speziell von Bedeutung für die Ausgestaltung des vertikalen, wie des horizontalen Finanzausgleiches.
  • Die Ausgestaltung der föderalen Finanzwirtschaft ist stets von großer politischer Bedeutung und daher mit erheblicher Komplexität verbunden. Dies wird für die Regelungen in Deutschland und in Österreich dargestellt.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 7. Die Finanzwirtschaft der Europäischen Union
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Die Europäische Union verfügt als supranationale Institution über Eigenmittel zur Finanzierung ihrer ausgabenseitigen Aktivitäten, vor allem der Strukturfonds und der gemeinsamen Agrarpolitik.
  • Die wichtigsten wirtschaftspolitischen Effekte gehen aber aus von den im Rahmen der EU geschaffenen rechtlichen und institutionellen Strukturen. Dazu zählen die Regelungen zur Funktion des Europäischen Binnenmarktes (die „Vier Freiheiten“) und von spezieller finanzwirtschaftlicher Bedeutung der Stabilitäts-und Wachstumspakt und der ihn ergänzende Fiskalpakt.
  • Mit dem Wirken der EU sind erhebliche Allokations- und Verteilungseffekte verbunden. In jüngster Zeit hat die EU mit dem Aufbaupaket „Next Generation EU“ ein starkes Instrument zur Behebung der negativen Folgen der COVID-19-Pandemie, sowie zur Umsetzung ihrer klimapolitischen Ziele geschaffen. Zur Finanzierung dieses Sonderprogrammes ist die EU auch erstmals ermächtigt, auf den Kapitalmärkten Anleihen aufzunehmen. Es werden die Möglichkeiten und die Grenzen dieser Aktivitäten dargestellt.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 8. Sozialversicherung
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Sozialversicherungen decken gesellschaftliche Risiken wie Gesundheit, Arbeitslosigkeit oder Alter ab.
  • Weil oftmals moralischer Hazard auftritt (man versichert sich nicht, in der Hoffnung, dass die Gesellschaft trotzdem die Kosten übernimmt) greift der öffentliche Sektor in die Organisation und Bereitstellung ein.
  • Arbeitslosenversicherungen verteilen von Beschäftigten (die Prämien zahlen) zu Arbeitslosen (die Arbeitslosenunterstützung erhalten) um. Effekte auf Arbeitsangebot und Lohnhöhe sind hier umstritten.
  • Die Pensionsversicherung – aber auch die Krankenversicherung – verteilt von jungen, gesunden Menschen zu kranken, älteren Menschen um, und hat somit neben der intragenerationalen auch eine intragenerationale Verteilungswirkung.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 9. Öffentliche Unternehmen und Regulierung
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Der öffentliche Sektor reguliert private Unternehmen über eine Vielzahl von rechtlichen Regelungen, insbesondere bei Auftreten von natürlichen Monopolen.
  • Natürliche Monopole können entweder im Besitz des Staates stehen (sogenannte öffentliche Unternehmen), oder sich in privater Hand befinden. Während im Falle von bestreitbaren Märkten kein staatlicher Eingriff notwendig ist, sind insbesondere bei Auftreten von irreversiblen Kosten staatliche Eingriffe nötig.
  • Die Gemeinwirtschaft schreibt öffentlichen Unternehmen eine weitere wichtige Rolle zu, nämlich als Leitfunktion für private Unternehmen.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 10. Öffentliche Einnahmen
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Steuern stellen die weitaus wichtigste Form der öffentlichen Finanzierung dar und dienen der Finanzierung öffentlicher Ausgaben. Die bedeutendsten Kategorien sind Steuern auf Einkommen (sowohl von juristischen als auch natürlichen Personen), Konsum, sowie Beiträge zur Sozialversicherung.
  • Nach dem Äquivalenzprinzip sollen Bürger für empfangene öffentliche Leistungen einen äquivalenten Beitrag in Form von Steuern leisten. Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip sollen Bürger nach ihren Möglichkeiten (Leistungsfähigkeit) einen Beitrag in Form von Steuern leisten, wobei Personen mit größeren Möglichkeiten (höherem Einkommen) mehr zahlen sollen.
  • Ein proportionaler Steuertarif liegt vor, wenn bei steigender Bemessungsgrundlage der Steuerbeitrag proportional steigt, ein progressiver (regressiver) Steuertarif hingegen, wenn bei steigender Bemessungsgrundlage der Steuerbetrag mehr (weniger) als proportional steigt.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 11. Wirkungsanalysen finanzpolitischer Instrumente – Inzidenztheorie
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Das Steuersubjekt (der Steuerpflichtige) ist nicht notwendigerweise der Steuerdestinatar, weil Steuern auf andere Wirtschaftssubjekte übergewälzt werden.
  • Die Inzidenzanalyse befasst sich mit der Frage, wer letztendlich die ökonomische Steuerlast trägt. Steuern führen in der Regel zu Veränderungen der Preise auf Märkten. Steigen Preise zur Gänze mit der Steuer, wird die Steuer komplett überwälzt, steigen Preise hingegen nur teilweise, dann wird die Steuer von beiden Marktteilnehmern gemeinsam getragen.
  • Preisänderungen aufgrund von Steuern führen aber auch zu einer Veränderung der getauschten Mengen, und damit zu allokativer Ineffizienz. Steuern führen in der Regel zu Verzerrungen auf Märkten.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 12. Steuersysteme: Probleme, Grenzen, Alternativen
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Wir unterscheiden zwischen einkommensorientierten Steuern, die auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip beruhen, und konsumorientierten.
  • Die Theorie der optimalen Besteuerung versucht die Zusatzlast der Besteuerung zu minimieren, indem Märkte mit geringen Verzerrungen stärker besteuert werden. Die inverse Elastizitätenregel besagt, dass Steuersätze auf elastische Güter niedrig, auf unelastische Güter hingegen hoch sein sollten.
  • Theoretisch kann ein Anstieg des Steuersatzes zu einem derart starken Rückgang des Tausches am Markt führen, dass die Steuereinnahmen absolut gemessen sinken. Dies definiert die absolute Grenze der Besteuerung, worauf die Laffer-Kurve begründet ist.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 13. Einkommensteuer
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Die Einkommenssteuer besteuert Personen (seltener Familien) die im Inland ansässig sind nach dem Personalitätsprinzip (im Ausland ansässigen Personen wird nur ihr im Inland erzieltes Einkommen besteuert – Territorialprinzip) welches innerhalb eines Kalenderjahres angefallen ist.
  • Als Einkommen gelten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger und unselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie Sonstigem (umfassender Einkommensbegriff).
  • Es gibt eine Vielzahl von Steuerfreibeträgen und Steuerabsetzbeträgen, insbesondere für Familien und Kinder, welche die Steuerlast reduzieren.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 14. Unternehmensbesteuerung (Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer)
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Neben natürlichen Personen werden juristische Personen (Körperschaften) eigens besteuert, obwohl Körperschaften letztendlich im Besitz von natürlichen Personen stehen, welche der Einkommenssteuer unterliegen.
  • Die Begründung liegt einerseits darin eine Ungleichbehandlung bei der Finanzierung von Investitionen zu vermeiden, und andererseits um ausländische Besitzer im Inland zu besteuern.
  • Körperschaftssteuern sollten in Abstimmung mit der Einkommenssteuer garantieren, das die Rechtsform keinen Einfluss auf die Steuerschuld hat (Rechtsformneutralität), dass die Besteuerung die Investitionstätigkeit nicht beeinflusst (Investitionsneutralität), und dass zwischen Eigenkapital und Fremdkapital kein Unterschied bei der Besteuerung besteht (Finanzierungsneutralität).
  • Neben der Körperschaftssteuer besteht in Deutschland nach wie vor die Gewerbesteuer, welche insbesondere der Finanzierung von Kommunen dient.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 15. Umsatzsteuer
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Steuern auf Konsum werden entweder als Einphasensteuern (etwa die Sales Tax in den USA) eingehoben, oder als Allphasensteuern auf die Wertschöpfung jedes einzelnen Unternehmens in der Wirtschaft.
  • Steuersubjekt sind Unternehmen, als Steuerdestinatar gilt der Konsument. Die Umsatzsteuer kann aber in der Regel nicht zur Gänze auf diesen umgewälzt werden.
  • Die Umsatzsteuer ist innerhalb der EU weitgehend harmonisiert. Allerdings können einzelne Mitgliedsstaaten individuell bis zu vier Steuersätze bestimmen. Der Normalsteuersatz beträgt in Deutschland 19 %, in Österreich 20 %.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 16. Vermögens-, Vermögenszuwachs- und Vermögensverkehrsteuern
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Vermögenssteuern besteuern akkumulierte vergangene Differenzen aus Einkommen und Konsum. Vermögenszuwachssteuern besteuern lediglich zusätzliche Vermögen, während Vermögensverkehrssteuern Vermögenstransaktionen, wie etwa den Verkauf von Wertpapieren oder Erbschaften besteuern.
  • Vermögenssteuern lassen sich teilweise mit allokativen Argumenten rechtfertigen, allerdings ist das Argument der Umverteilung deutlich relevanter.
  • Erbschaftssteuern (oftmals in Kombination mi Schenkungssteuern um eine Umgehung zu verhindern) besteuert je nach Höhe der Erbschaft und Verwandtschaftsgrad den Vermögenszuwachs der Erben, da dieser ja keinen Verdienst im eigentlichen Sinn darstellen.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 17. Internationale und supranationale Aspekte der Besteuerung
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Das Recht natürliche oder juristische Personen zu besteuern, kann entweder an den Wohnsitz geknüpft werden (Personalitätsprinzip), wobei hier das gesamte Welteinkommen besteuert werden kann, als auch daran, wo das Einkommen entstanden ist (Territorialprinzip).
  • Dadurch kann es prinzipiell zu Doppelbesteuerung (aber auch Doppel-nicht-Besteuerung) kommen, was in der Regel mit Doppelbesteuerungsabkommen verhindert werden kann.
  • Das Äquivalent bei indirekten Steuern sind das Bestimmungslandprinzip und das Ursprungslandprinzip.
  • In beiden Fällen kommt es in der Regel zu einer Ungleichbehandlung, etwa wenn ein ausländischer Investor im Inland investiert und beide Länder nach Personalitätsprinzip besteuern (keine Kapitalimportneutralität). Wenn beide Länder hingegen nach Territorialprinzip besteuern, verletzt dies in der Regel die Kapitalexportneutralität.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 18. Öffentliche Verschuldung
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Umfang und Wirkung von Budgetdefiziten und öffentlicher Verschuldung werden durch eine Vielzahl von Kriterien und Quoten erfasst, die in diesem Kapitel erläutert werden. Von spezieller ökonomischer Bedeutung sind die Zusammenhänge zwischen Zinssatz, Wachstum und öffentlicher Verschuldung, aus denen sich wesentliche Aussagen in Bezug auf die langfristige Stabilität der öffentlichen Finanzen ableiten lassen. Dies wird im vorliegenden Kapitel in theoretischer und empirischer Betrachtung dargestellt.
  • Fragen der Grenzen der öffentlichen Verschuldung werden unter volkswirtschaftlichen, haushaltspolitischen und institutionellen Aspekten analysiert. In Hinblick auf „Zeitkonsistenz“ der Finanzpolitik spielen in Zeiten „normaler Wirtschaftsentwicklung“ Konzepte der „Schuldenbremse“, bzw. des „Stabilitätspaktes“ eine besondere Rolle – in Zeiten der COVID -19 Krise wurden diese Ansätze sistiert, Zeitpunkt und Form ihrer Weiterführung stehen in Diskussion.
  • Die Effekte von Budgetdefiziten sind sowohl hinsichtlich ihrer Stabilisierung-, wie ihrer Verteilungswirkungen sehr unterschiedlich, je nachdem, ob Vollauslastung des Produktionspotentials vorliegt oder nicht, wobei weiters zwischen externer und interner Verschuldung zu unterscheiden ist.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 19. Die Stabilisierungsfunktion des öffentlichen Sektors
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Der öffentliche Sektor kann die Wirtschaft stabilisieren (Schwankungen des BIP oder der Arbeitslosigkeit reduzieren), indem er aktiv Staatsausgaben (oder Steuereinnahmen) den konjunkturellen Notwendigkeiten anpasst.
  • Weil öffentliche Ausgaben und noch stärker Veränderungen der Steuersätze einen budgetären Prozess durchlaufen müssen, kommt es zu langen und variablen Verzögerungen, wodurch Konjunkturmaßnahmen zu spät einsetzen und manchmal sogar kontraproduktiv sein können.
  • Gesamtwirtschaftliche Finanzierungssalden entsprechen der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben der Unternehmen, der privaten Haushalte, des Staates und des Auslands. In der Regel erwirtschaften private Haushalte Überschüsse (Sparen), während Unternehmen Defizite aufweisen (Investitionen). Wenn Haushalte mehr sparen oder Unternehmen mehr investieren, kommt es bei einer ausgeglichenen Leistungsbilanz automatisch zu höheren Budgetdefiziten.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 20. Fiskalpolitik und Geldpolitik
Zusammenfassung
Lernziele:
  • In modernen Demokratien – und speziell in der EU – gibt es eine Unterscheidung zwischen der von demokratisch legitimierten Politkern bestimmten Fiskalpolitik und der von unabhängigen Notenbanken bestimmten Geldpolitik – wobei die Unabhängigkeit der Notenbanken selbst wieder selbstverständlich auf gesetzlicher Grundlage besteht. In ihren wirtschaftlichen Wirkungen sind die beiden Politikbereiche der Geld- und der Finanzpolitik freilich in vielen Bereichen verbunden. Daraus ergeben sich Koordinierungserfordernisse, es werden aber auch die beiden Extremfälle der „fiskalischen Dominanz“ und der „monetären Dominanz“ dargestellt.
  • Das spezielle Mandat der Notenbanken zur Sicherung der Preisstabilität wird unter dem Aspekt der Zusammenhänge von Geld- und Finanzpolitik in Hinblick auf historische Erfahrungen und auf analytische Perspektiven diskutiert. Hier zeigt sich ein breites Spektrum zwischen dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung im EU-Vertrag bis hin zu Ansätzen der „funktionalen Finanzwirtschaft“.
  • Von besonderer Bedeutung ist die Kooperation von Finanzpolitik und Notenbanken im Bereich der Sicherung der Finanzmarktstabilität, das heißt der Aufrechterhaltung eines gesamtwirtschaftlich effizienten und sicheren Bankensystems. Präventiv von Bedeutung ist hier der Bereich der staatlichen Bankenregulierung und der, zum Teil durch Notenbanken ausgeübten, Bankenaufsicht. Speziell eingegangen wird aber auch auf die Herausforderungen, die sich im Krisenfall ergeben. Zentral sind hier die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftskrise, Bankenkrise und Finanzkrise bis hin zum Extremfall des Staatskonkurses.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 21. Die Allokationsfunktion des öffentlichen Sektors
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Der öffentliche Sektor beeinflusst die Allokation in einer Wirtschaft in vielfältiger Weise. Durch die Förderung von Sparen kommt es zu einer Verschiebung des Konsums in die Zukunft, was sowohl aktuelle als auch zukünftige Generationen betrifft.
  • Durch die Förderung von Investitionen kommt es zu einer Verschiebung von Konsumgütern zu Investitionsgütern, wodurch die Produktionskapazitäten steigen und in Zukunft mehr produziert werden kann.
  • Ein wesentlicher Beitrag besteht durch die Technologiepolitik. Weil Innovationen in der Regel auf bestehenden Ideen aufbauen, deren Entdecker aber nicht abgegolten wurden (negative Externalität) kommt es in der Regel zu zu geringer Innovationstätigkeit, welche durch öffentliche Förderungen (oder direkte staatliche Bereitstellung etwa im Rahmen der Grundlagenforschung an Universitäten) kompensiert werden können.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 22. Öffentlicher Sektor und Umweltpolitik
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Unter Aspekten der Wirtschaftswissenschaft sind die Herausforderungen im Bereich der Umweltpolitik vor allem als Formen des Marktversagens zu sehen, die einen korrigierenden Einsatz des öffentlichen Sektors erfordern. Für die wirtschaftspolitische Umsetzung sind gesamtwirtschaftliche Kosten – Nutzen Überlegungen erforderlich, die in diesem Kapitel detailliert dargestellt werden. Für die Durchführung von Maßnahmen der Umweltpolitik wird dabei zwischen Verursacherprinzip und Gemeinlastprinzip unterschieden.
  • Es wird ein Überblick über die Instrumente der Umweltpolitik gegeben mit besonderer Berücksichtigung von Umweltabgaben (Emissionssteuern) und der Festlegung handelbarer Emissionsmenge (Zertifikate). Dabei wird auch auf die Herausforderungen eingegangen, die sich aus dem EU-Programm „Fit for 55“, das eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 erreichen soll, eingegangen.
  • Die Wirkungen umweltpolitischer Instrumente werden analysiert in Hinblick auf ihre ökologische Wirksamkeit, wie auch auf die mit dem Einsatz einzelner Instrumente verbundenen Wohlfahrts-, Wachstums- und Beschäftigungseffekte. In Bezug auf fiskalische Ansätze der Umweltpolitik werden Fragen des Aufkommens, der Mittelverwendung und der Inzidenz- und Verteilungswirkungen diskutiert. Nur durch eine umfassende Betrachtung können die großen Herausforderungen, die sich bei Fragen der Umwelt- und speziell der Klimapolitik ergeben, adäquat erfasst werden.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 23. Die Distributionsfunktion des öffentlichen Sektors
Zusammenfassung
Lernziele:
  • Neben der Allokationsfunktion und der Stabilisierungsfunktion nimmt die Distributionsfunktion eine bedeutende Stellung bei der Erklärung öffentlicher Aktivitäten ein.
  • Insbesondere durch die (progressive) Einkommenssteuer und Transferleistungen (aber de facto durch jegliche staatliche Aktivität) greift der öffentliche Sektor in die Verteilung der Einkommen, Vermögen, und Chancen in einer Volkswirtschaft ein.
  • Eine wesentliche Rolle bei der Verteilung von Chancen und Einkommen spielt der Arbeitsmarkt. Der öffentliche Sektor greift sowohl auf der Nachfrageseite durch die Besteuerung von Löhnen (Stichwort Lohnebenkosten) als auch auf der Angebotsseite, etwa über Humankapitalbildung, Arbeitslosenunterstützung, oder negative Einkommenssteuern ein.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Kapitel 24. Zukunftsperspektiven des öffentlichen Sektors
Zusammenfassung
Wie Joseph Schumpeter in seiner Schrift „Krise des Steuerstaates“ (1918) betonte, sind Finanzkrisen vielfach als Krisen der Methodik zu interpretieren, d. h. dass neuen Anforderungen vielfach nicht mit den bisherigen Formen der öffentlichen Aufgabenerfüllung entsprochen werden kann. Diese neuen Anforderungen können als Ergebnis langfristig wirkender Strukturentwicklungen und/oder als Ergebnis rasch wirksam werdender externer oder politischer Herausforderungen resultieren. Beide Faktoren können – und werden – auf die Dynamik des öffentlichen Sektors einwirken und gerade in ihrer gemeinsamen Wirkung zu „Krisen des Steuerstaates“ im Sinne Schumpeters führen.
Ewald Nowotny, Martin Zagler
Metadaten
Titel
Der öffentliche Sektor
verfasst von
Prof. Dr. Ewald Nowotny
Prof. Dr. Martin Zagler
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-36042-9
Print ISBN
978-3-658-36041-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-36042-9