Der Begriff „Elektrifizierung in der Fahrzeugtechnik“ wird oft mit dem Elektroauto verbunden oder als Teil der Fahrzeugmechatronik im Sinne der Fahrzeugelektronik und -regelung verstanden. Die Elektrifizierung wirkt jedoch breiter auf die Strategiefelder in der Fahrzeugtechnik:
■ Effizienz (Energiebedarf, Emissionen)
■ Performanz (Längsdynamik, lokal emissionsfreies Fahren)
Die allgemeinen fahrzeugmechatronischen Grundlagen können prinzipiell mechanisch, elektrotechnisch oder auch informationstechnisch beginnend eingeführt werden. Die Elektrotechnik eignet sich allerdings besonders gut für die Einführung, da hier alle wesentlichen mathematischen Werkzeuge der Mechatronik (Gleichgewichtsbedingungen, Gleichungssysteme, komplexe Rechnung und Bildbereichsbetrachtungen) eingeführt werden müssen.
Da wir die Grundlagen mit der Einführung in die Elektrotechnik begonnen haben, wird es nun höchste Zeit, die weiteren Modellbildungs-Grundlagen des Fahrzeugtechnik-Ingenieurs zu behandeln, die für die Elektrifizierung von Fahrzeugen wichtig sind. Die hier dargestellten Zusammenhänge ersetzen nicht den Besuch der Lehrveranstaltungen und die dazugehörige Lehrbuchliteratur, geben aber eine Orientierung, welche Modelleigenschaften mechanischer, thermischer und elektrochemischer Elemente im Fahrzeug zu berücksichtigen sind. Bei den Anwendungen in Kapitel 5 bis 7 wird verschiedentlich auch auf diese kurz dargestellten Grundlagen Bezug genommen.
Die erste Anwendung der Grundlagen aus den vorangegangenen Kapiteln ist die Modellierung ganzer mechatronischer Systeme wie Servoantriebe und Fahrzeuge, um deren Verhalten simulativ voraussagen zu können. Dies ist eine der zentralen Ingenieurkompetenzen und kann auf absehbare Zeit nicht – oder nur teilweise – automatisiert werden.
Elektrische Antriebe wandeln elektrische in mechanische Leistung und sind damit die Kernkomponenten der Fahrzeugelektrifizierung. Hierzu werden in diesem Kapitel die für den Fahrzeugtechnik-Ingenieur wesentlichen Grundlagen elektrischer Maschinen behandelt. Die traditionell sehr umfangreiche und meist recht alte Standardliteratur zu elektrischen Antrieben behandelt Antriebstechnik von den Bauformen elektrischer Maschinen her. Durch die inzwischen übliche elektronische Ansteuerung haben sich wenige Bauformen durchgesetzt, die zudem noch ein weitgehend vergleichbares Betriebsverhalten aufweisen. Daher kann die Diskussion der Bauformen heute deutlich kürzer sein und sich auf das Verständnis von Prinzip und Modellbildung beschränken.
Elektrische Antriebe sollen einen gewünschten Arbeitspunkt (Moment, Drehzahl, Position) schnell erreichen und bei Schwankungen der Last möglichst gut halten können. Daher stehen in diesem Abschnitt Methoden zur Momenten- sowie Drehzahlsteuerung und -regelung im Vordergrund. Zudem wird die feldorientierte Regelung der permanentmagnetisch erregten Synchronmaschine (PMSM) als wichtigem Traktionsantrieb vertieft. Abschließend wird die Positionsregelung von Servoantrieben behandelt und anhand von Simulationsbeispielen in MATLAB/Simulink verdeutlicht.
Als „elektrifizierte“ oder auch „alternative Antriebe“ bezeichnet man Fahrzeugantriebe, die nicht ausschließlich auf der klassischen Antriebskette Verbrennungsmotor–Getriebe–Achsgetriebe und den üblichen Kraftstoffen Benzin/Diesel basieren. Dazu kommen elektrische Maschinen oder alternative Kraftstoffe zum Einsatz. Diese alternativen Antriebe können unsere Abhängigkeit von Erdöl mildern und zur Reduzierung der CO2Emissionen beitragen.
Oliver Zirn
Backmatter
Metadaten
Titel
Elektrifizierung in der Fahrzeugtechnik
verfasst von
Oliver Zirn
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Electronic ISBN
978-3-446-45364-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-446-45364-7
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