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09.01.2024 | Energieeffizienz | Interview | Online-Artikel

"Druckluft setzen wir heute fast 20 % effizienter ein"

verfasst von: Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Die Druckluftversorgung macht in Fabriken einen großen Teil des Energieverbrauchs aus. Im Interview erläutert Virginie Rigaudeau von Schneider Electric, wie sich Verluste vermeiden und der Verbrauch optimieren lassen.

Industrieweit versuchen Unternehmen energieeffizienter zu produzieren. Warum sollte man sich hierbei insbesondere die Druckluftversorgung in den Fabriken genauer ansehen?

Die Untersuchung der Druckluftversorgung in Fabriken hat einen erheblichen Anteil am Gesamtenergieverbrauch, insbesondere in der Montageindustrie. Das macht die Druckluftversorgung so wichtig. In unserem Werk in Le Vaudreuil montieren wir Komponenten für die Herstellung von Schützen von elektrischen Motoren. Dort steht die Druckluftversorgung für einen Anteil von mehr als 20 % unseres Gesamtenergieverbrauchs. Um dies effektiv zu steuern, verfügen wir über vier Kompressoren. Damit gewinnen wir Wärme, die wir in anderen Teilen des Werks nutzen, zum Beispiel im Restaurant, im Lager und auch zur Warmwasserbereitung. Das Projekt hat große Bedeutung, um unseren Druckluftverbrauch zu optimieren und unsere Energieeffizienz zu verbessern.

Welches sind die typischen Verluste in Druckluftversorgungssystemen?

In erster Linie Luftlecks. Aber auch Überdruckeinstellungen, Verschiebungen in der Produktionsplanung und nicht-optimale Einstellungen der Blaspistolen können zu Verlusten führen. Es ist entscheidend, Druckluftlösungen kontinuierlich zu warten und zu optimieren, um diese Verluste zu minimieren und die Effizienz des Gesamtsystems zu maximieren. Dafür muss das System sorgfältig überwacht werden, um die Energieeffizienz hoch zu halten. Besonders im Blick muss man zudem ältere Maschinen haben.

Warum gerade ältere Maschinen?

Auch wenn Maschinen noch in gutem Zustand sind, also noch mit hohem Wirkungsgrad produzieren, verbrauchen sie viel mehr Druckluft als neue Maschinen, die mit den neuesten Technologien ausgestattet sind. Wenn Sie Ihre Maschinen behalten, muss dafür gesorgt werden, dass sie gewartet und so eingestellt werden, dass nur so viel Druckluft erzeugt wird, wie tatsächlich benötigt wird.

Wie lässt sich der Einsatz von Druckluft optimieren?

Mithilfe von unterschiedlichen Maßnahmen in Produktion, Verbrauch und Nutzung. In der Produktion gilt es die Effizienz der Kompressoren aufrecht zu halten. Außerdem sollte eine Steuerung Steuerung für die Blaspistolen eingeführt werden. Wenn nicht produziert wird, sollte man die Luftzufuhr abgestellen und so Energie sparen. Und in der Nutzung sollte der Luftverbrauch an den Bedarf in jedem Produktionszyklus angepasst werden. Parallel dazu sollten regelmäßige Luftlecks geprüft und die Mitarbeiter sensibilisiert werden.

Druckluft gilt als eine der teuersten Energieformen. Wo könnte man Druckluft in der Produktion durch andere Energieformen ersetzen?

Druckluft ist eine Sekundärenergie, die mit Elektrizität, also Primärenergie, erzeugt wird. Ihre Produktionskosten sind erheblich. Man kann Druckluft auch ersetzen, aber dann müssen auch die Maschinen ausgetauscht werden. Wir haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass mit der Entwicklung neuer Technologien noch mehr Präzision und weniger Druckluft benötigt wird. Da diese neuen Maschinen jedoch über technisch anspruchsvollere Motoren verfügen, fallen zusätzliche Kosten an, weshalb unser Werk erst begonnen hat, Maschinen damit auszurüsten. Die Umstellung wird noch komplizierter, wenn man bedenkt, dass die Kosten für eine einzige Maschine beträchtlich sind – sie betragen etwa eine Million Euro.

Welche Maßnahmen treffen Sie in Ihren eigenen Fabriken, um druckluftbedingte Energieverluste zu vermeiden?

Bei neuen Maschinen nutzen wir den technischen Fortschritt, zum Beispiel präzisionsbetriebene Motoren, um den Druckluftbedarf zu minimieren. Bei älteren Maschinen haben wir ein Projekt aufgesetzt, um Produktion, Nutzung und Verbrauch zu optimieren. Wir haben eine komplette Luftüberwachungsarchitektur mit IIoT-Sensoren und Datenmessung durch Analytik implementiert. Und wir setzen KI ein, die unseren Prozess erlernt und die Vorgaben für die Einstellung liefert, um den richtigen Druckluftbedarf kontinuierlich anzupassen.

Haben Sie schon Ergebnisse?

Ja, und die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Wir haben den Stromverbrauch in den Bereichen, in denen diese Maßnahmen umgesetzt wurden, um 3,5 % reduziert. Gleichzeitig legen wir weiterhin großen Wert auf die regelmäßige Wartung von Kompressoren, Blaspistolen und anderen relevanten Geräten, um optimale Leistung und Effizienz zu gewährleisten.

In welchem Verhältnis stehen hier Investition, Aufwand und Ertrag?

Wir haben positive Ergebnisse mit einer Amortisationszeit von weniger als zwei Jahren. Insgesamt messen wir in unserem Werk im bisherigen Jahresverlauf 19,5 % an Lufteinsparungen.

Welche Art von Unternehmen, Fabriken oder Branchen könnten eine solche Lösung ebenso erfolgreich zügig umsetzen? Wo gelingt das heute noch nicht ohne Weiteres?

Zumindest ist dies auf alle Montagebetriebe mit Automatisierung übertragbar. Durch den Einsatz innovativer Druckluftüberwachungsarchitektur können diese Fabriken nicht nur ihre betriebliche Effizienz steigern. Sie verlängern gleichzeitig die Lebensdauer ihrer Maschinen.

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