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Erschienen in: Forschung im Ingenieurwesen 2/2023

Open Access 09.05.2023 | Originalarbeiten/Originals

Feinstaubemissionen trockenlaufender Friktionssysteme in Fahrzeugen

verfasst von: Alexander Sutschet, Katharina Bause, Arne Bischofberger, Sascha Ott

Erschienen in: Forschung im Ingenieurwesen | Ausgabe 2/2023

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Zusammenfassung

Nicht nur der Verbrennungsmotor eines Fahrzeuges emittiert Feinstaub, auch durch das Bremsen und Abrollen des Reifens entstehen solche gesundheitsschädlichen Kleinstpartikel. Deshalb rücken wissenschaftliche Untersuchungen des Bremsenstaubes immer mehr in den Fokus. Im PMP (Particle Measurement Program) wird daher bereits an einer Regulierung der Bremsemissionen von PKW und leichten Fahrzeugen gearbeitet. Auch existieren bereits technische Lösungen wie bspw. Filter [1], Absauganlagen [2] oder auch andere Bremsenbauformen wie Trommelbremsen [3] oder nasslaufende Systemen [4] um Feinstaubemissionen von Bremsen zu minimieren oder gar zu eliminieren. Die bisherigen Lösungen sind jedoch entweder kostenintensiv, aufwendig oder befinden sich noch in der Konzeptphase. Auch die Verlagerung der Bremsfunktion in den Antriebsstrang, wie in [5] ist ein möglicher Ansatz, um der Feinstaubemission in die Umweltentgegenzuwirken. Dies bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass es bisher keine gesetzlichen Grundlagen für solche Ansätze gibt. Allein auf Deutschlands Straßen befinden sich derzeit knapp 60 Mio. Fahrzeuge [6] mit konventionellem Radbremssystemen. Daher ist es von essenzieller Bedeutung die Partikelentstehungsmechanismen bestehender Systeme zu verstehen. Dazu gehört die Betrachtung wann, wie, und unter welchen Bedingungen Feinstaub entsteht. Mit diesem Wissen kann dann ein Nutzen für die Entwicklung von Bremssystemen geschaffen werden und ggf. Anpassungen für Fahrzeuge im Feld ermöglicht werden. Durch die Analyse der Verschleißpartikel können auch Erkenntnisse über Reibvorgänge im Friktionssystem gewonnen werden. In diesem Beitrag wird eine Methode zur Messung und Beschreibung von Verschleißpartikel vorgestellt. Mit der Methode soll tiefergehendes Wissen über die Entstehungsmechanismen von Verschleißpartikeln im Friktionskontakt gewonnen werden. Des Weiteren soll zukünftig der Einsatz der Methode die Messung von Verschleißpartikeln als Informationsquelle für das vorliegende Reibverhalten im Friktionskontakt dienen. Dafür erweitern die Autoren den (Kupplungs- und) Bremsprüfstand des IPEK – Institut für Produktentwicklung um ein Probenahmesystem von Verschleißpartikel. Das zu untersuchende Friktionssystem wird in einer Blechkonstruktion umschlossen und so gegen die Umwelt abgeschirmt. Das Gehäuse wird über ein Rohrsystem zur Partikelführung an die Partikelmesseinheiten angebunden. Ein Gebläse erzeugt ein Volumenstrom in dem Rohrsystem, wodurch sich die entstehenden Partikel während einer Bremsung in dem Rohrsystem fortbewegen und dort gemessen werden können. Mit dieser Methode können Einflussparameter auf die Feinstaubentstehung ermittelt und gezielt Maßnahmen zur Reduktion dieser Emissionen abgeleitet werden: Denkbar sind betriebszustandsabhängige Anpassungen der Steuerung und Regelung des Betätigungsvorganges sowie konstruktive Maßnahmen inklusiver der Anpassung der Reibpartner.

1 Motivation

Die Abgasemissionen von Kraftfahrzeugen werden in der Europäischen Union durch die Euro-Norm reguliert. In dieser Norm sind Grenzwerte der Emissionen verbrennungsmotorischer Prozesse festgelegt. Es werden unter anderem Grenzwerte für Stickoxide (NOx), Partikelmasse (PM) und Partikelanzahl (PN) festgelegt. Erst im Jahr 2025 sollen die Emissionen nicht-verbrennungsmotorischer Prozesse im Rahmen der Euro 7 Norm reguliert werden. Allerdings ist bereits heute Reifenabrieb der größte Emittent von Mikroplastik in die Umwelt [7]. Auch zeigen erste Studien in Realversuchen, dass die Emissionen von Reifenabrieb um bis zu Faktor 1000 höher sind als die Grenzwerte der Verbrennungsemissionen [8]. Auch Bremsabrieb wurde bisher nicht reguliert. Medizinische Studien zeigen jedoch, dass Bremsstaub gesundheitsschädigend wirkt und das Risiko für Atemwegserkrankungen erheblich erhöht [9]. Bei Betrachtung der Entwicklung der PM10 Emissionen im baden-württembergischen Verkehr ist zu erkennen, dass die abgasbedingte Emissionen die letzten beiden Jahrzehnten stark rückläufig sind ([10]; Abb. 1).
Dies hängt unter anderem mit der weit fortgeschrittenen Entwicklung der Katalysatortechnologie zusammen. Beispielsweise konnte durch die Einführung des Otto-Partikelfilters in der Euro 6d-Temp Norm die Partikelemissionen von Millionen Fahrzeugen in Europa und China signifikant reduziert werden [11]. Es kann damit gerechnet werden, dass solche verbrennungsmotorischen Partikelemissionen zukünftig eine untergeordnete Rolle spielen. Anders verhält es sich mit nicht-verbrennungsmotorischen Feinstaubemissionen, welche durch Reifen- und Bremsabrieb emittiert werden. Diese Emissionen werden auch als non-exhaust emissions (NEE) bezeichnet und konsequenterweise auch von batterieelektrischen Fahrzeugen emittiert. Aufgrund des Trends zu größeren und schwereren Fahrzeugen (welche mehr NEE emittieren) [12], kann davon ausgegangen werden, dass diese Emissionen zukünftig die primäre Quelle von Partikelemissionen von Kraftfahrzeugen sein werden. Allerdings gibt es erst in den letzten Jahren vermehrt Forschungsaktivitäten zu Feinstaubemissionen von Reifen und Bremsen. Vor allem im Kontext der Elektromobilität ist der Themenkomplex kaum betrachtet. Beispielsweise wird, durch die Möglichkeit des elektrischen Bremsens in Elektrofahrzeugen, die mechanische Bremse seltener eingesetzt. Dadurch werden die reibaktiven Schichten auf dem Bremsbelag und der Bremsscheibe seltener konditioniert und korrodieren dadurch schneller [13]. Die mechanische Bremse wird somit hauptsächlich bei starken bis sehr starken (Sicherheitsbremsungen) Verzögerungen eingesetzt, gilt es jedoch trotz Veränderung der Reibschicht eine Mindestreibungszahl zu garantieren. Der Einfluss des Korrosionszustandes einer Bremse auf die Feinstaubemissionen ist bisher nicht bekannt.

2 Analyse des Stands der Technik und der Forschung

Derzeit werden die Grundlagen zur Homologation, der nicht verbrennungsmotorisch bedingten Feinstaubemissionen erarbeitet. Im Bereich des Reifenabriebs ist bisher nicht definiert, wie genau die Regulierung aussehen wird. Anders verhält es bei der Regulierung von Bremsenstaub. Unter der Schirmherrschaft der UNECE-Arbeitsgruppe für Umweltverschmutzung und Energie (GRPE) [14] wurde eine informelle Arbeitsgruppe zum Particle Measurement Program (PMP) eingerichtet. Diese setzt sich unter anderem aus OEM, Zulieferern und Hersteller von Bremsenprüfständen zusammen und legt die technischen Grundlagen zur Regulierung von Bremsenfeinstaub fest. Im Jahr 2025 soll die Umsetzung der Regulierung im Rahmen der Euro 7 Abgasnorm mit aufgenommen werden. In einem Proposal Draft der Arbeitsgruppe wird ein Vorschlag zur Messung der Feinstaubemissionen von Bremsen vorgestellt. In diesem Proposal Draft geht hervor, dass die Bremsen an einem Dynamometerprüfstand, wie in Abb. 2 zu sehen, untersucht werden sollen. Die Bremse wird in einer Edelstahlkonstruktion eingehaust und ein geschlossenes Rohrsystem installiert. Durch ein Gebläse wird ein konstanter Volumenstrom aufgebaut und so die Feinstaubpartikel aus der Bremse abgetragen. Diese werden an einem 90°-Bogen gemessen und gesammelt. Dabei werden als Bewertungs- und Regulierungsgröße die Partikelanzahl (Particle Number, PN) und die Partikelmasse (Particle Mass, PM) herangezogen. Dabei werden die Partikel grundsätzlich gravimetrisch gemessen. Für die Bewertung der Bremspartikelemissionen wurde ein Zertifizierungs-Zyklus, der sogenannte WLTP-Brake Test, entwickelt. Dieser wird mehrfach durchfahren und ist mit 192 km Länge deutlich umfangreicher als der WLTP-Zyklus (23 km).
Obwohl es noch keine gesetzlichen Vorgaben zur Einhaltung von Bremsenfeinstaubgrenzwerten existieren, bereiten sich Hersteller von Bremsenprüfständen auf die bevorstehende Regulierung vor. Vorgeschlagen wird ein Grenzwert von 7 mg/km ab 2025 und 3 mg/km ab 2035. Aus der Analyse des Standes der Technik und Forschung lassen sich zwei Ansätze ableiten, die derzeit zur Anwendung kommen:
i.
Veränderung der Feinstaubentstehung
 
Ein Ansatz ist die Verhinderung der Entstehung von Feinstaubemissionen durch Bremsen. Dabei wird vor allem bei hybrid- und batterieelektrischen Fahrzeugen auf die Betriebsstrategie gesetzt. Durch Rekuperation oder auch kombiniertes Bremsen können die Emissionen bereits heute sehr stark gesenkt werden. Im WLTP-Brake Zyklus (s. Abb. 2 rechts) können Elektrofahrzeuge bis zu 90 % der Verzögerungen durch elektrisches Bremsen realisieren [16]. Auch setzen Bremsenhersteller auf neue Bremsmaterialien und Herstellungsverfahren. So können durch Beschichtungsverfahren von gängigen Gussbremsscheiben bis zu 90 % der Feinstaubemissionen reduziert werden [17]. Allerdings sind solche Verfahren aufwendig und erhöhen die Produktionskosten.
Auch werden bereits nasslaufende Bremssysteme zur Vermeidung der Entstehung der luftgetragenen Partikel wie in [4] eingesetzt. Der Verschleiß, welcher zwangsläufig im Friktionssystem entsteht, wird durch das Öl gebunden und nicht in die Umwelt emittiert.
Betrachtet man die Funktion Bremsen als gesamtsystemische Funktion des Antriebssystems inklusive der Steuerung und Regelung, ergeben sich weitere Möglichkeiten zur Realisierung dieser. So wurde in [5] gezeigt, dass es prinzipiell möglich ist, die Bremsfunktion in ein schaltbares Mehrganggetriebes eines elektrischen Antriebsstrangs zu verlagern, um eine erhöhte Gesamtsystemeffizienz zu erreichen. Es existieren bisher keine gesetzlichen Grundlagen für solche Ansätze im Fahrzeugbereich. Im Sonder- und Landmaschinenbau hingegen sind solche Antriebsstrangtopologien weit verbreitet. Oftmals sind die Bremsen von Traktoren als nasslaufende Lamellenbremsen an der Hinterachse ausgeführt [18]. Im nasslaufenden System kann durch das Öl in der Bremse die Wärme gut abgeführt werden und es entstehen keine Bremsemissionen. Nachteilig sind die geringen Reibungszahlen im Friktionssystem und die Schleppverluste im Betrieb.
ii.
Verhindern des Feinstaubaustritts in die Umwelt
 
Ein anderer Ansatz der Feinstaubreduzierung kann durch zusätzliche technische Systeme realisiert werden. Diese Systeme verringern nicht grundsätzlich die Feinstaubemissionen der Bremse, verhindern jedoch, dass diese aus der Bremse austreten und in die Umwelt gelangen. So existieren bereits Lösungen wie beispielsweise passive Filter [1] oder aktive Absauganlagen [2]. Nachteilig an solchen Ansätzen ist der Nachrüstaufwand. Vor allem muss die Absauganlage als aktives technisches System mit in das Steuergerät des Fahrzeugs integriert werden.
Aber auch andere Bremsenbauformen wie Trommelbremsen werden vermehrt in Elektrofahrzeugen eingesetzt. Durch die gekapselte Bauart gelangt im Vergleich zu Scheibenbremsen deutlich weniger Feinstaub in die Umwelt [3]. (Abb. 3).
Die bisherigen Lösungen zur Feinstaubreduzierung sind entweder kostenintensiv, aufwendig oder befinden sich noch in der Konzeptphase. Da sich aber jedoch im Feld knapp 60 Mio. Fahrzeuge [6] mit konventionellen Bremssystemen befinden (und in den nächsten Jahren befinden werden), ist es von essenzieller Bedeutung die Partikelentstehungsmechanismen bestehender Systeme zu verstehen. Dazu gehört die Betrachtung wann, wie, und unter welchen Bedingungen Feinstaub entsteht. Mit diesem Wissen kann dann ein Nutzen für die Entwicklung von Bremssystemen geschaffen werden und ggf. Anpassungen für Fahrzeuge im Feld ermöglicht werden.

3 Fazit zur Analyse des Standes der Technik und Forschung

Scheibenbremsen sind die am meist eingesetzte Bremsbauart in Fahrzeugen und haben sich aufgrund ihrer Vorteile wie eine einfache Bauweise, eine gute Zugänglichkeit und Bremsdosierbarkeit am Markt durchgesetzt. Durch die offene Bauweise werden bei Bremsungen die Feinstaubpartikel in die Umwelt emittiert. Eine Abkapselung ist nicht ohne weiteres konstruktiv umsetzbar da dies weitere Auswirkungen wie bspw. erhöhte Temperaturen, notwendige Abdichtungen etc. nach sich ziehen würde. In der heutigen Betrachtungsweise werden Feinstaubemissionen von Bremsen als Auswirkungen und negative Folgen der Bremse gesehen. Zwar leisten Maßnahmen in Form technischer Nachrüstungen (Filter, Absauganlagen) Abhilfe, doch kompensieren diese lediglich die Nachteile.
Um durch gezieltes Auslegen die Emission bereits in deren Entstehung zu reduzieren, ist Wissen über die Entstehungsmechanismen und -bedingungen im Friktionskontakt notwendig, dies umfasst auch die Betrachtung der Aktuierung sowie der zugehörigen Ansteuerungs- und Regelungsalgorithmen. Die Modellvorstellungen hinter der Feinstaubentstehung sind bis heute nicht grundlegend erforscht. Im Rahmen dieses Beitrags wird eine Methode zur Ergründung und Aufbau von Wissen über die Entstehungsmechanismen und Einflussgrößen von Feinstaubemissionen in trockenlaufenden Friktionssysteme vorgestellt.

4 Forschungsmethode: Untersuchungsumgebung, Partikelmessung und -beschreibung

Ziel der Methode ist es, die Zusammenhänge zwischen Beanspruchung und Partikelemissionen in trockenlaufenden Friktionssystemen quantitativ beschreiben zu können. Zudem sollen über die Messung der Verschleißpartikel auf Vorgänge im Reibsystem gezogen werden. Grundlage der Methode bildet die Validierungsumgebung, welche durch die Modellbildung im Verständnis des IPEK-X-in-the-Loop Ansatzes erstellt wird [19], an dem Friktionssysteme und deren Feinstaubemissionen untersucht werden können. Der zweite Teil der Methode besteht aus der Untersuchung der Partikelemissionen einerseits während der Versuche und andererseits nach den Versuchen.

4.1 Modellbildung und Validierungsumgebung

Die Autoren setzen einen Kupplungs- und Bremsenprüfstand in einer Konfiguration mit einem Schwungmassenmodul für die Untersuchungen trockenlaufender Friktionssysteme ein. Diese ermöglicht es, die thermomechanischen Belastungen, die im Friktionskontakt auftreten, sowie die Wechselwirkungen mit dem Restsystem verschiedener Anwendungen abzubilden. Am Prüfstand können Friktionssysteme mit spezifischen Bremsarbeiten von 10 J/mm2 und spezifische Bremsleistungen von bis zu 9 W/mm2 beansprucht werden. Am Schwungmassenmodul sind stufenweise Trägheiten von bis zu 3 kgm2, Drehzahlen bis zu 6000 U/min und Kräfte bis 10 kN einstellbar. Dadurch können alle typischen Bremsungen von Mittelklassefahrzeugen abgebildet werden.
Durch das Schalten einer Elektromagnetkupplung wird die Verbindung der Schwungmasse zum Antrieb getrennt. Die Pressung im Friktionssystem wird über ein Axialkraftsteller eingeleitet. Der Prüfstand wird im Bremsbetrieb gefahren. Eine idealisierte Bremsschaltung ist in Abb. 4 zu sehen. Am TRP-Trockenreibprüfstand sind Feinstaubmessungen des eingesetzten Friktionssystem möglich. Dies ist in Abb. 5 gezeigt und wird im Folgenden näher vorgestellt.
Das Friktionssystem ist in einer Edelstahlkonstruktion eingehaust und ein geschlossenes Rohrsystem aufgebaut. Ein Gebläse erzeugt einen konstanten Volumenstrom in diesem Rohrsystem, sodass während der Bremsung entstandene Partikel durch das Rohrsystem bis zur Partikelmessung und sammlungsstelle getragen werden. In der Einhausung befinden sich Umlenkbleche, sodass die thermische Verfälschung durch den Volumenstrom des Gebläses minimiert wird. Die Partikelmess- und sammelstelle befindet sich an einem 90°-Bogen.

4.2 Partikelmessung und -sammlung

An dem 90°-Bogen des Rohrsystems misst ein Aerosolspektrometer dauerhaft isokinetisch die Partikelbelastung im Rohrsystem. Entstehen bei einer Bremsung Verschleißpartikel werden diese detektiert. In Abb. 6 ist eine Versuchsreihe zu sehen, in denen fünf Bremsungen mit geringen Beanspruchungen durchgeführt wurden. Die blaue Kurve zeigt das Drehzahlsignal der Schwungmasse. Die orangene Kurve zeigt den PM1-Wert. Es ist zu erkennen, dass es bei jeder Schaltung zu einem schlagartigen Anstieg der Partikelbelastung kommt und diese über einen Zeitraum von ca. 10 s abfällt.
Ebenso sammelt ein dreistufiger (PM10, PM2.5, PM1) Kaskadenimpaktor die Verschleißpartikel. Auch hier ist eine Messlanze in den 90°-Bogen eingeführt und nimmt eine isokinetische Stichprobe. Die Partikel werden in Petrischalen aufgefangen und nach den Versuchen digitalmikroskopisch untersucht. Dies bietet zusätzlich die Möglichkeit in zukünftigen Untersuchungen die chemische Zusammensetzung der Partikel untersuchen zu können.

4.3 Versuchsplanung

Im Folgenden wird die Vorgehensweise der Partikelmessung verschiedener Laststufen und Friktionssysteme vorgestellt. Durch das Variieren von Gleitgeschwindigkeiten, Pressungen und Massenträgheiten, lassen sich verschiedene Laststufen (spez. Reibarbeiten und -leistungen) einstellen. So können die Einflussfaktoren auf die Partikelentstehung systematisch untersucht werden. (Abb. 7).
Es wurde ein Ablaufplan erarbeitet, aus dem die Vorgehensweise bei der Durchführung der Laststufen hervorgeht. Der Ablaufplan ist in Abb. 8 zu sehen. Im ersten Schritt wird das Friktionssystem gewogen. Danach wird das Friktionssystem mit den jeweilig typischen Einlaufparameter eingelaufen um, reibaktiven Schichten aufzubauen. Diese Parameter werden aus Untersuchungen abgeschlossener Forschungsvorhaben abgeleitet. Die Impaktorfolien werden gewechselt und das Friktionssystem gewogen, um die Verschleißrate mithilfe der eingetragenen Energie zu berechnen. Die Durchführung der Laststufe wird mit bis zu 100 Schaltungen durchgeführt. Nach der Durchführung der Laststufen werden erneut die Impaktorfolien ausgebaut und die Verschleißrate gemessen. Für jede Laststufe wird ein neues Friktionssystem herangezogen und neu eingelaufen, um den Einfluss der vorangegangenen Laststufen zu eliminieren. Die Laststufen des Friktionssystems werden nach der in [20] gewählten Methode bestimmt. Es werden bewusst Laststufen mit für das Friktionssystem geringen Beanspruchungen gewählt und Laststufen aus dem sog. Misuse-Bereich, in welchem die Leistungsgrenze überschritten wird.

4.4 Erste Ergebnisse

Es wurden erste Versuche mit der vorgestellten Prüfmethodik durchgeführt. Dafür wurden 150 Lastschaltung mit den Einlaufparametern des Friktionssystems durchgeführt. In Abb. 9 ist die gemessene Anzahlkonzentration und die mittlere Reibungszahl in jeder Laststufe zu sehen. Es ist zu erkennen, dass in den ersten 20 Schaltungen erhöhte mittlere Reibungszahlen und Partikelkonzentrationen gemessen werden. Beide Werte pendeln sich im Laufe der Schaltungen auf ein nahezu stabiles Niveau ein.
In Abb. 10 ist ein Vorgehen zur nachgelagerten Messung zu sehen. Links ist das Original digitalmikroskopische Aufnahme zu sehen. Das Bild wird in das LAB-Format transformiert und der L‑Kanal des Bildes dargestellt. Durch eine Nearest-Neighbor-Klassifikation wird jeder Pixel des Bildes entweder als Partikel oder als Hintergrund zugeordnet. Im nächsten Schritt werden die Partikel segmentiert und gelabelt. Dadurch können die Partikelgrößen und die Partikelanzahl ausgelesen und so die Partikelgrößenverteilung berechnet werden.

5 Fazit

In dieser Arbeit wird der aktuelle Stand der Gesetzgebung zur Messung von nicht-verbrennungsmotorischer Feinstaubemissionen aufgezeigt. Außerdem werden unterschiedliche Maßnahmen zur Verringerung dieser Emissionen analysiert und bewertet. Ebenso wird eine Methodik zur Messung Feinstabemissionen trockenlaufender Friktionssysteme vorgestellt. Die Grundlage dafür bildet ein Schwungmassenprüfstand, der um ein Partikelmesssystem erweitert wurde. Ebenso wird eine Vorgehensweise zur Durchführung der Laststufen vorgestellt, in der der Einfluss der Beanspruchung auf die Emissionswerte untersucht werden kann.
In zukünftigen Untersuchungen gilt es die Methode und die Auswertungen weiter zu schärfen und die Durchführung der Laststufen, um den Einfluss des Beanspruchungskollektivs auf die Feinstaubemissionen zu bestimmen. Dafür ist es vorgesehen Korrelationsanalysen zwischen Beanspruchungskollektiv und Partikelausstoß durchzuführen. Außerdem sind Untersuchungen mit weiteren üblicherweise eingesetzten Friktionsmaterialien aus dem PKW- und Industriebereich geplant, um den Einfluss des Materials auf die Feinstaubemissionen zu ermitteln. Langfristig werden die Betrachtungen um die Wechselwirkungen des Friktionssystems, der Bremspaarung, mit der Aktorik sowie der Ansteuerung- und Regelungsalgorithmen erweitert werden.
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Literatur
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Zurück zum Zitat Bertling J, Hamann L, Bertling R (2018) Kunststoffe in der Umwelt Bertling J, Hamann L, Bertling R (2018) Kunststoffe in der Umwelt
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Zurück zum Zitat Informal Working Group on non-exhaust for Particulate Measurement Programme (2022) Proposal for a new UN GTR on laboratory measurement of brake emissions for light-duty vehicles Informal Working Group on non-exhaust for Particulate Measurement Programme (2022) Proposal for a new UN GTR on laboratory measurement of brake emissions for light-duty vehicles
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Zurück zum Zitat Albers A, Ott S, Klotz T (2018) Abschlussbericht FVA Forschungsvorhaben Nr. 737 I: Anwendungsfallspezifische Leistungsgrenzen von Friktionspaarungen mit organischen, -sintermetallischen, -keramischen oder kombinierten Friktionswerkstoffen Albers A, Ott S, Klotz T (2018) Abschlussbericht FVA Forschungsvorhaben Nr. 737 I: Anwendungsfallspezifische Leistungsgrenzen von Friktionspaarungen mit organischen, -sintermetallischen, -keramischen oder kombinierten Friktionswerkstoffen
Metadaten
Titel
Feinstaubemissionen trockenlaufender Friktionssysteme in Fahrzeugen
verfasst von
Alexander Sutschet
Katharina Bause
Arne Bischofberger
Sascha Ott
Publikationsdatum
09.05.2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Forschung im Ingenieurwesen / Ausgabe 2/2023
Print ISSN: 0015-7899
Elektronische ISSN: 1434-0860
DOI
https://doi.org/10.1007/s10010-023-00664-9

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