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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. Industrielle Datenanalysen im Mittelstand

Hintergrund der Forschungsförderung und Nutzen der Forschungsergebnisse für mittelständische Unternehmen

verfasst von : Nikolai West, Thomas Huber, Jochen Deuse

Erschienen in: Industrielle Datenanalyse

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Seit über einem Jahrzehnt erfährt die Forschungslandschaft in Deutschland einen umfassenden Wandel unter dem Einwirken des als Industrie 4.0 bezeichneten Paradigmenwechsels. In diesem Kapitel wird der Hintergrund der Einflussfaktoren und Maßnahmen vorgestellt, die zur Entstehung des Forschungsvorhaben AKKORD beigetragen haben. Das Projekt geht auf eine Initiative der deutschen Bundesregierung vor dem Hintergrund der entwickelten Hightech-Strategie „Innovationen für Deutschland“ zurück. AKKORD beinhaltet acht praktische Anwendungsfälle, die in diesem Kapitel zusammenfassend vorgestellt werden. Ausgehend von den Ergebnissen einer Umfrage werden dann die identifizierten Handlungsbedarfe des produzierenden Gewerbes in Deutschland, und insbesondere des Mittelstandes, diskutiert. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Auflistung der konkreten Nutzenvorteile, die sich für Unternehmen durch die Anwendung des im Projekt AKKORD entwickelten Referenzbaukastens zur industriellen Datenanalyse in dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken eröffnen. Dieses Kapitel nimmt eine Schlüsselfunktion im zugehörigen Sammelband ein, da es die Ergebnisse aller verbleibenden Kapitel zusammenfassend behandelt und für weiterführende Details referenziert.

2.1 Rahmen der Forschungsförderung

Eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten zu Industrie 4.0 wurden seit dem Jahr 2011 in Deutschland durchgeführt. Die Forschungsarbeiten haben den Weg zu einer intelligenten Vernetzung der Produktion durch den Einsatz neuartiger cyberphysischer Produktionssysteme geebnet. Diese ermöglichen u. a. eine Vernetzung von Maschinen und Objekten sowie einen zentralen Zugriff auf Prozessdaten (BMWi, 2015, S. 8 f.). Darüber hinaus wurden Lösungen für unterschiedlichste Anwendungsfälle entwickelt und auf den betrieblichen Hallenboden gebracht. Auf Bundesebene werden eine Vielzahl von Aktivitäten auf der Plattform Industrie 4.0 zusammengeführt und koordiniert (BMWi, 2020, S. 2). Im Jahr 2014 benannte die Bundesregierung dann mit der neuen Hightech-Strategie „Innovationen für Deutschland“ zentrale Aktionsfelder der Zukunftsaufgabe „Digitale Wirtschaft und Gesellschaft“. Dazu zählen beispielsweise die Anwendung von Industrie 4.0, Smart Services, Smart Data und die digitale Vernetzung (BMBF, 2021, S. 3). In diese Strategie fällt auch das Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das auf eine Stärkung der Technologiekompetenz, eine Vertiefung von wissenschaftlichem Austausch sowie auf die Unterstützung von Forschung und Lehre ausgerichtet ist. Die Forschungsergebnisse, aus denen dieses Buch entstanden ist, sind ein Teil der vom BMBF geförderten Maßnahmen für „Industrie 4.0 – Kollaborationen in dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken“, kurz InKoWe (BMBF, 2017, S. 1 ff.).
Die Förderrichtlinie InKoWe zielte insbesondere auf die Entwicklung und Einführung innovativer Lösungen zu Industrie 4.0 ab. Im Fokus der Arbeiten stand neben einer Stärkung der Zusammenarbeit von Unternehmen mit ihren Kunden und Lieferanten außerdem die Betrachtung des Unternehmens als sozio-technisches System. Dafür sollten unternehmensinterne sowie -übergreifende Prozesse entwickelt werden, um eine Steigerung der Flexibilität in der Verbundproduktion zu erreichen. Darüber hinaus sollte der Einsatz geeigneter Methoden zum Schutz von Daten das unternehmensspezifische Fachwissen langfristig sichern. Da insbesondere Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) häufig in Wertschöpfungsnetzwerken angesiedelt sind, lag ein besonderer Fokus der Richtlinie auf der Nutzbarkeit der Ergebnisse für mittelständische Unternehmen. Die Aufbereitung von Ergebnissen, wie Methoden, Werkzeuge, Prozesse, Leitfäden oder Konzepte, sollte derart erfolgt sein, dass ein breiter und branchenübergreifender Erfahrungsaustausch und Wissenszuwachs angeregt wird (BMBF, 2017, S. 4). Allgemein stellt dieser gesamte Sammelband einen Teil der Maßnahmen zur Verbreitung der Forschungsergebnisse und zum Erfahrungs- und Wissensaustausch dar. Insbesondere in diesem Kapitel soll daher nochmals der Nutzen der Forschungsergebnisse für KMU zusammenfassend erklärt werden, bevor die nachfolgenden Beiträge spezifisch auf konkrete Arbeiten und Forschungsergebnisse eingehen.
Bereits im vorangegangenen Kapitel wurde das Verbundprojektziel des Forschungsvorhabens zur vernetzten und integrierten Anwendung industrieller Datenanalyse für die wertschaffende, kompetenzorientierte Kollaboration in dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken vorgestellt (siehe Kap. 1). Das im Weiteren stets als AKKORD bezeichnete Projekt ist Teil der Forschungsförderung durch InKoWe und behandelt die technischen, organisatorischen und menschlichen Aspekte zur Anwendung industrieller Datenanalysen in dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken. Ein wichtiger Forschungsansatz in InKoWe ist die Verallgemeinerung unterschiedlicher interdisziplinärer Anwendungsfälle, aus denen neue und datengetriebene Innovationen in der Produktion entstehen. AKKORD folgt dieser Abstraktion von konkreten Anwendungsfällen, die im Projektkontext als Erfolgsgeschichten bezeichnet werden und exemplarische Umsetzungen der industriellen Datenanalyse sowie ihrer Peripherieprozesse darstellen. Die praktischen Anwendungen teilen sich in die beiden Bereiche fachlich und strategisch auf. Unter den Unternehmen dieser Erfolgsgeschichten finden sich also sowohl Großunternehmen wie auch mittelständische und kleine Unternehmen. Nachfolgend werden die Erfolgsgeschichten aus den vier fachlichen Anwendungsbereichen aufgezählt:
  • Vernetztes Industrial Engineering (Volkswagen AG): Wissensbasierte Entscheidungsfindung zur Arbeitssystemgestaltung und Kollaboration im internen Unternehmensnetzwerk (Konzern/Marke/Werke; siehe Kap. 9)
  • Integriertes Qualitätsmanagement (Miele & Cie. KG): Übergreifendes und vernetztes Analysesystem zur Qualitätssteuerung und Kollaboration entlang des Produktlebenszyklus (Produzent/Servicepartner/Kunde, siehe Kap. 10)
  • Prospektive Ressourcenplanung (ERCO GmbH): Integrierte Auftragsprognose zur Kapazitätsplanung in der Produktion und Kollaboration im Wertschöpfungsnetzwerk (Produzent/Vertrieb/Lieferant, siehe Kap. 11)
  • Optimierung automatisierter Herstellungsprozesse zur Kunststoffverarbeitung (PolyMerge GmbH): Überwachung, Analyse und Vorhersage von datenbasierten Mustern am Beispiel des Kunststoffschweißens und der Anomalieerkennung (siehe Kap. 12)
Außerdem wurden im Forschungsprojekt vier weitere Erfolgsgeschichten zu strategischen Handlungsfeldern umgesetzt. Diese wurden federführend von Partnern aus der Hardware- und Softwareentwicklung, der Beratung oder Forschung umgesetzt.
  • KMU-gerechte Kompetenzentwicklung für industrielle Datenanalyse (NEOCOSMO GmbH): Kompetenzentwicklung im Industrial Engineering sowie werks- und funktionsübergreifende Kompetenzvernetzung (siehe Kap. 13)
  • Datenakquisition über I4.0-Technologien (Arendar IT-Security GmbH): Synthese von Potenzialen zur Funktionserweiterung von IoT-Technologien für Retrofitting und Maschinendatenerfassung in der Produktion (siehe Kap. 14)
  • Adaptive Geschäftsmodellentwicklung (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz): Prozessbasierte Geschäftsmodellempfehlungen im Produktlebenszyklus und Co-kreative Leistungserbringung zur Datenerfassung und -vernetzung (siehe Kap. 15)
  • Handlungsstrategien zur industriellen Datenanalyse (mosaiic GmbH): Einführungskonzept zur Kollaboration durch Datenanalyse und Vorgehen zur Adaptierung anwendungsspezifischer Analyseumgebungen (siehe Kap. 16)
Während die fachlichen Anwendungsbereiche konkrete Umsetzungen industrieller Datenanalysen bei produzierenden Unternehmen beschreiben, behandeln die strategischen Bereiche wichtige Funktionen und Prozesse, die für eine integrierte und vernetzte Anwendung erforderlich sind.
Neben der Umsetzung der Erfolgsgeschichten wurden im Projekt AKKORD auch Technologie-Demonstratoren erarbeitet, die (Teil-)Lösungen des Referenzbaukastens anschaulich darstellen. Die Demonstratoren wurden mit dem Ziel einer haptischen Veranschaulichung von hauptsächlich softwareseitigen Lösungen umgesetzt. Genutzt werden die Demonstratoren beispielsweise bei Messebesuchen oder sonstigen Praxisvorträgen, da sie es ermöglichen, die größtenteils softwarebasierten Entwicklungen mit einem physischen Ergebnis zu veranschaulichen Insbesondere die Forschungspartner waren federführend an der Umsetzung der nachfolgenden Demonstratoren beteiligt:
  • Autorennbahn mit durchgängigem Datenbackend (Lehrstuhl für virtuelle Produktentwicklung): Datenerfassung, -integration und -vernetzung mithilfe der modularen Lösungen des AKKORD-Referenzbaukastens (siehe Kap. 17)
  • Autorennbahn mit standardisierten Analysemodulen (Institut für Produktionssysteme): Echtzeitfähige Aufnahme und Auswertung von Daten einer Autorennbahn von zwei bis vier Personen mithilfe des AKKORD-Referenzbaukastens (siehe Kap. 18)
  • Mobile Lernstation mit Industrie 4.0-Hardware (Arendar IT-Security GmbH, Lehrstuhl Berufspädagogik in den technischen Fächern): Kompakte Station mit einem hybriden Lehrkonzept zur Veranschaulichung von industrieller Datenerfassung und den dazugehörigen Sicherheitskonzepten (siehe Kap. 19)
Weiterführende Informationen mit einer ausführlichen Darstellung der Arbeiten finden sich in den jeweils referenzierten Beiträgen aus diesem Sammelband.

2.2 Ausgangssituation und Status Quo im Mittelstand

Seit Jahrzehnten gewinnt die Verwendung von industriellen Datenanalysen im Mittelstand an Bedeutung, da Unternehmen immer mehr Daten erheben und analysieren, um ihre Geschäftsprozesse zu optimieren. Grundsätzlich handelt es sich bei dieser trendartig wirkenden Entwicklung jedoch nicht um ein neues Phänomen. Bereits seit dem Aufkommen der industriellen Herstellung von Gütern Anfang des 20. Jahrhunderts stellen zahlen- und faktenbasierte Auswertungen die wichtigste Grundlage für betriebliche Entscheidungsprozesse dar (Deuse et al., 2022, S. 2 f.). Die nachfolgende Definition basiert auf den Arbeiten von West et al. (2021, S. 131) und dient als allgemeine Grundlage für das Begriffsverständnis der Arbeiten in allen nachfolgenden Kapiteln.
Industrielle Datenanalysen bezeichnen den Prozess von zahlen- und faktenbasierten Auswertungen in einem industriellen Anwendungsfall.
Die Mehrheit der Unternehmen im produzierenden Gewerbe kennt zumindest den Trend bzw. das Technologiefeld der industriellen Datenanalysen. Ihr Einsatz stellt für den deutschen Mittelstand jedoch eine Herausforderung dar. Eine wichtige Frage ist beispielsweise, wie die Vielzahl an Datenquellen und -formaten effektiv und effizient miteinander verknüpft werden kann. Zudem müssen mittelständige Unternehmen geeignete Fachkräfte finden, die über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um die Datenanalysen durchzuführen und zu interpretieren. Bei der flächendeckenden Nutzung innerhalb des eigenen Unternehmens sowie bei der Integration der Potenziale in ein neues, digitales Geschäftsmodell zögern bisher viele Akteur:innen.
Die im Nachfolgenden vorgestellten Umfrageergebnisse entstammen einer im Rahmen des Forschungsprojekts AKKORD durchgeführten Studie. Die Studienergebnisse sind bisher noch unveröffentlicht. An einer Publikation der Ergebnisse wird derzeit gearbeitet und die hier genannten Ergebnisse verstehen sich als Vorabinformationen. An der Studie nahmen 197 Personen teil, die in kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden (35,7 %), mittleren Unternehmen mit 50 bis 500 Mitarbeitenden (21,11 %) und großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden (42,21 %) tätig sind. Die Befragung wurde im Jahr 2022 online durchgeführt. Antworten erhielt die Studie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Zunächst wurde die grundsätzliche Haltung zur Verwendung von datenwissenschaftlichen Verfahren sowie zur Künstlichen Intelligenz erfragt. Die Ergebnisse dieser Frage sind in Abb. 2.1 zusammengefasst. Bei der Befragung wurde zum einen eine Unterscheidung anhand der Unternehmensgröße (klein, mittel oder groß) sowie zum anderen anhand der Perspektive im Unternehmen (allgemeine Einstellung im Unternehmen oder Einstellung der Geschäftsführung) vorgenommen. Die Aufteilung in Größen folgt den zuvor genannten Mitarbeiterzahlen der Unternehmen. Die Perspektive der beiden Rollen wurde durch Abfrage der generell vorherrschenden Einstellung im Unternehmen sowie der Einstellung der Geschäftsführung gewonnen. Zunächst fällt der überwiegende positive Anteil der Antworten auf. Die Mehrheit der Befragten bescheinigt beiden Perspektiven eine positive oder sehr positive Haltung. Auffällig ist außerdem, dass die Perspektive der Geschäftsführung stets einen höheren Anteil der sehr positiven Einstellungen aufweist, im Vergleich zur generellen Einstellung (zwischen 7,2 % und 14,1 %). Weiterhin bemerkenswert ist der erhöhte Anteil der negativen bzw. sehr negativen Antworten zur generellen Einstellung bei großen Unternehmen. Mit 21,4 % liegt der Wert erheblich höher, als dies sowohl für die eigene Geschäftsführung als auch für mittlere und kleine Unternehmen der Fall ist.
Neben der Einstellung zum Themenfeld wurden in der Mittelstandsstudie auch die Wünsche bzw. Bedarfe der Anwenderunternehmen erfragt. Abb. 2.2 zeigt die Ergebnisse der Befragung auf. Dort sind sieben vorgegebene Anwenderbedarfe und die absolute Anzahl der Stimmen der befragten Personen dargestellt. Um die Lesbarkeit zu gewährleisten, wurde in dieser Darstellung auf eine Unterscheidung anhand der Unternehmensgröße verzichtet. Für ein eindeutiges Stimmungsbild wurden hier Antworten in lediglich vier Ausprägungsformen zugelassen. Die zur Gesamtanzahl von 197 Personen fehlenden Stimmen sind entsprechende Enthaltungen. Augenscheinlich ist, dass alle aufgeführten Wünsche einen hohen Grad an Zustimmung erhalten haben. Eine pragmatische Übersicht funktionierender Anwendungsfälle, eine entschlossene Geschäftsführung sowie ein interner Wissensaufbau belegen die ersten drei Plätze der Befragung. Lediglich eine Vernetzungs- und Austauschplattform mit Gleichgesinnten sowie der Wunsch nach schnellerer und einfacherer Förderung erscheint weniger wünschenswert. Dennoch liegt auch hier die Anzahl der Zustimmungen („stimme zu“ und „stimme eher zu“) deutlich über den Ablehnungen („stimme nicht zu“ und „stimme eher nicht zu“).
Diese beiden Umfrageergebnisse sollen zunächst ein grundsätzliches Stimmungsbild aufzeigen. Sowohl die tendenziell positive bis sehr positive Grundhaltung als auch die deutlichen Wünsche und Bedarfe der Anwender zeigen, dass industrielle Datenanalysen ihren Weg in den Alltag produzierender Unternehmen gefunden haben. Im nachfolgenden Abschnitt werden wir die konkreten Potenziale für Unternehmen benennen, die sich durch die Nutzung des entwickelten Referenzbaukastens ergeben.

2.3 Nutzenpotenziale für Kleine und Mittlere Unternehmen

Die im Forschungsprojekt AKKORD entwickelten Lösungen verfolgen sechs konkrete Projektziele, die bereits in Kap. 1 vorgestellt wurden. Durch die Umsetzung dieser Ziele ergeben sich wiederum sechs Nutzenpotenziale, die vor allem auf die Bedarfe von KMU zugeschnitten sind und eine Ausschöpfung der Möglichkeiten industrieller Datenanalysen umfassen.
1.
Umfangreicher Werkzeugkoffer mit Verfahren, Methoden und Vorgehensweisen als Referenzbaukasten
 
2.
Durchgängige Datenanbindung und -speicherung durch ein integriertes und vernetztes Datenbackend-System zur Erfassung, Verknüpfung und Speicherung entlang des Produktlebenszyklus
 
3.
Niederschwellige Datenanalyse und -anwendung durch ein System zur Vorkonfiguration und Wiederverwendung von umgesetzten Datenanalysen basierend auf einem Katalog aus modularen Bausteinen
 
4.
Langfristiger Kompetenzaufbau und -sicherung durch ein umfangreiches Schulungsangebot für selbstgesteuertes Lernen entlang vorgegebener Lernpfade und durch ein integriertes Wissensmanagement mithilfe der implementierten Kollaborationsplattform
 
5.
Neue Kollaborationsformen und Geschäftsmodelle durch den Zusammenschluss mehrerer Abteilungen oder Werke bzw. unterschiedlicher Unternehmen sowie durch die Nutzung der technologischen Potenziale industrieller Datenanalysen
 
6.
Anschauliche Beispiele und Vorlagen durch die Umsetzung der vier fachlichen Anwendungsbereiche und durch die drei Technologie-Demonstratoren
 
Integrierter, modularer Referenzbaukasten.
Um die volle Leistungsfähigkeit und breitenwirksame Übertragbarkeit der aus den Teilzielen hervorgehenden Lösungen gewährleisten zu können, sind diese in einem ganzheitlichen, vernetzten Ansatz vereint und anforderungsgerecht bereitgestellt. Vor diesem Hintergrund wurde im Forschungsvorhaben AKKORD ein modularer und datengetriebener Referenzbaukasten entwickelt, der Unternehmen bei der Ausgestaltung und Integration dynamischer Kollaborationen zur industriellen Datenanalyse unterstützen soll. Eine Vorstellung des Referenzbaukastens befindet sich weiterführend in Kap. 4. Prinzipiell erleichtert das Zusammenwirken der entwickelten Lösungen die notwendigen Maßnahmen zur Vorbereitung, Durchführung und Nutzung von industriellen Datenanalysen. Alle Ergebnisse basieren auf Anwenderanforderungen, die zu Beginn des Forschungsvorhabens erfasst wurden und sich in den in Abschn. 2.2 dargestellten Studienergebnissen widerspiegeln. Der Referenzbaukasten wurde als kollaborative Service-Plattform umgesetzt, wodurch eine breitenwirksame Nutzung und Erweiterung des Baukastens gefördert werden sollen.
Schaffung einer übergreifenden und vernetzten Datenbasis.
Die Grundlage der Datenanalyse ist die Vernetzung von Daten eines dynamischen Wertschöpfungsnetzwerks durch Erfassung, Integration und Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen entlang des Produktlebenszyklus. Zur Sammlung, Integration, Vernetzung und Speicherung von Daten, Strukturen, Semantik und Referenzen zu Daten in Quellsystemen wurden daher im Rahmen des Vorhabens innovative Datenakquisitionslösungen, Datenformate, Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle sowie anwendungsspezifische Integrations- und Vernetzungsmodule festgelegt und entwickelt. Diese ermöglichen den Aufbau eines leistungsfähigen PLM–basierten Daten-Backend-Systems (inkl. Rechtemanagement, siehe Kap. 5).
Integrierte und vernetzte Analyse industrieller Daten.
Um in Wertschöpfungsnetzwerken auch KMU den Einsatz von Datenanalyse mit vertretbarem Aufwand zu ermöglichen, gilt es Lösungen bereitzustellen, welche eine automatische, individualisierte Analyseprozesserstellung realisieren. Ein wesentliches Ziel des Vorhabens war daher die Entwicklung eines benutzerorientierten Konfigurationsassistenten zur anwendungsspezifischen Datenanalyse. Hierzu wurden Bausteine wie einheitliche Analysemodule und -Dashboards erarbeitet, die je nach Anwendungsfall vorkonfiguriert zusammengestellt werden können. Neben der Gestaltung der Analysemodule und -Dashboards wurden die Schnittstellen und Regeln definiert und mit der sogenannten AI-Toolbox in einem anwendungsgerechten Werkzeug zur teilautomatisierten Konfiguration umgesetzt (siehe Kap. 6).
Kompetenzentwicklung und -sicherung in Wertschöpfungsnetzwerken.
Mit den tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitsprozesse durch Industrie 4.0 wird eine Weiterentwicklung der Kompetenzprofile von Mitarbeitern auf unterschiedlichen Ebenen erforderlich. Auch der effiziente und effektive Einsatz von Datenanalysetechnologien stellt besondere Anforderung an sowohl personenbezogene Kompetenzen als auch Fachkompetenzen. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens einerseits situierte Lernmodule zur anwendungsbezogenen Kompetenzentwicklung erarbeitet. Andererseits wurden Strukturen und praxistaugliche Handlungsempfehlungen entwickelt, die es ermöglichen, Kompetenzen zu erfassen, übergreifend zu vernetzten und nachhaltig zu sichern. Hierzu wurde mit der sogenannten Work&Learn-Plattform ein digitaler Wissensdienst für die KMU-gerechte Kompetenzentwicklung und -vernetzung im Themenfeld „Industrielle Datenanalyse“ umgesetzt (siehe Kap. 7).
Neue Kollaborationsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle.
Datenanalysen ermöglichen den Zusammenschluss mehrerer Abteilungen bzw. Werke im Unternehmen sowie die Kooperation unterschiedlicher Akteure im Wertschöpfungsnetz zur Schaffung neuer, gemeinsamer Geschäftsmodelle. Daher wurde ein Empfehlungsassistent entwickelt, der ausgehend von den Ergebnissen einer vernetzten und integrierten Datenanalyse Vorschläge und Handlungsempfehlungen für innovative und wirtschaftliche Geschäftsmodelle zur kollaborativen Wertschöpfung erzeugt (siehe Kap. 8).
Umsetzung von Anwendungen und Aufbau von Demonstratoren.
Um den Referenzbaukasten und die entwickelten Lösungen zugänglich für produzierende Unternehmen zu machen, wurden drei Demonstratoren entwickelt. Sie sollen unterschiedliche Aspekte der Ergebnisse anhand von konkreten Umsetzungen aufzeigen. Die Demonstratoren wurden bereits in Kapitel 2.1 aufgelistet und werden weiterführend in den jeweiligen Beiträgen erläutert. An dieser Stelle sei erneut auf Abb. 2.2 verwiesen: Eine pragmatische Übersicht von funktionierenden Anwendungsfälle wurde in der Umfrage als wichtigste Forderung genannt. Die realisierten Demonstratoren (siehe Kap. 17, 18 und 19), ebenso wie die entwickelten Anwendungsfälle in Form von AKKORD-Erfolgsgeschichten, verstehen sich als konkrete Umsetzungen der erarbeiten Konzepte. Mit ihrer Hilfe sollen die Forschungsergebnisse verständlich und zugänglich gemacht werden.

2.4 Ausblick

In diesem Kapitel wurde ein Einblick in die Entstehung des Forschungsprojekts AKKORD gegeben. Anhand von vorläufigen Studienergebnissen wurde ein Stimmungsbild im produzierenden Gewerbe zur Nutzung industrieller Datenanalysen aufgezeigt. Stichpunktartig wurden die konkreten Potenziale des Projekts benannt und mit den durchgeführten Arbeiten verknüpft. Das nächste Kapitel behandelt weiterführend die technischen Grundlagen und den Status Quo des Vorhabens (siehe Kap. 3). Darüber hinaus stell das Kap. 20 einen umfassenden Ausblick auf die künftige Anwendung Industrieller Datenanalysen im Dreiklang aus Mensch, Technik und Organisation vor.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Industrielle Datenanalysen im Mittelstand
verfasst von
Nikolai West
Thomas Huber
Jochen Deuse
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-42779-5_2

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