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2022 | Buch

Internationale Organisationen

Konzepte, Theorien und Fallbeispiele

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Über dieses Buch

Internationale Organisationen sind zentraler Bestandteil internationalen Regierens. Dieses Buch führt in die theoriegeleitete Analyse der Entstehung, Struktur und Funktionsweise internationaler Organisationen ein. Studierende der Politikwissenschaft erhalten einen analytischen und theoretischen Handwerkskasten für Organisationsanalysen. Fallstudien aus den Politikfeldern Sicherheit, Wirtschaft, Handel, Finanzen und Umwelt veranschaulichen theoriegeleitete empirische Analyse in der Anwendung und vermitteln Studierenden Kompetenzen für die Durchführung eigener Studien.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung – Typen, Konzepte und historische Entwicklung internationaler Organisationen
Zusammenfassung
Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die Europäische Union, Amnesty International oder Microsoft übernehmen in der internationalen Politik wichtige Aufgaben. Sie formulieren und implementieren Regeln, vermitteln Interessen, erbringen Dienstleistungen und öffentliche Güter. Ziel des Lehrbuches ist es, Studierende der Politikwissenschaft in die theoriegeleitete Analyse internationaler Organisationen einzuführen. Anhand theoriegeleiteter Fallstudien aus den Politikfeldern Sicherheit, Wirtschaft, Handel, Finanzen und Umwelt erhalten Studierende einen Einblick in die Entstehung, Struktur und Funktionsweise unterschiedlicher Typen internationaler Organisationen. Das Einleitungskapitel vermittelt zunächst einen Überblick über die vier Typen internationaler Organisationen, die in den nachfolgenden Kapiteln theoretisch und empirisch behandelt werden: intergouvernementale Organisationen, supranationale Organisationen, internationale Nichtregierungsorganisationen sowie transnationale Unternehmen. Anschließend wird die historische Entwicklung intergouvernementaler und internationaler nichtstaatlicher Organisationen seit dem frühen 19. Jahrhundert rekonstruiert. Herausgearbeitet wird, dass die historische Entwicklung von internationalen Organisationen durch zahlreiche Determinanten bestimmt wurde. Dazu zählen nationalstaatliche Souveränität, welche den Abschluss völkerrechtlicher Verträge ermöglicht hat, US-amerikanische Hegemonie als militärischer, politischer und ideeller Stützpfeiler der internationalen Nachkriegsordnung, Multilateralismus und intergouvernementale Organisationen als Förderer der Organisation und Partizipation internationaler Nichtregierungsorganisationen sowie wirtschaftliche und politische Interdependenz, welche einen funktionalen Bedarf an grenzüberschreitender Standardisierung und Koordination erzeugt hat und transnationalen Unternehmen neue Geschäftsfelder eröffnete.
Susanne Lütz
Kapitel 2. Theorien internationaler Organisationen
Zusammenfassung
Für eine wissenschaftliche Analyse der Tätigkeiten internationaler Organisationen ist eine fundierte theoretische Argumentation unerlässlich. Das Kapitel vermittelt hierfür einen anwendungsorientierten theoretischen „Handwerkskasten“. Zunächst wird in die Grundannahmen der drei in den Internationalen Beziehungen vorherrschenden „Großtheorien“ der Internationalen Beziehungen, Neorealismus, Liberalismus und Konstruktivismus, aber auch der sogenannten Kritischen Theorien eingeführt. Anschließend werden die Theorien im Hinblick auf die Bedeutung diskutiert, die sie internationalen Organisationen zuschreiben. Aus der Perspektive des Neorealismus sind internationale Organisationen Instrumente mächtiger Staaten. Der Liberalismus versteht internationale Organisationen als Arenen für zwischenstaatliche Verhandlungen, während der Konstruktivismus diese als eigenständige Akteure der Weltpolitik begreift. Aus einer kritischen Perspektive sind internationale Organisationen schließlich ein Mittel zur Stabilisierung einer bestimmten Ordnung der Weltpolitik. Empirische Anwendungsbeispiele verdeutlichen, wie die verschiedenen Theorienperspektiven konkret für die Analyse von Entwicklung, Struktur und Funktionsweise internationaler Organisationen eingesetzt werden können.
Anja Menzel
Kapitel 3. Die Säulen internationaler (Un-)Ordnung – Kontinuität und Wandel intergouvernementaler Organisationen
Zusammenfassung
Intergouvernementale Organisationen dienen dazu, Außenpolitik so zu koordinieren, dass Staaten ihre gemeinsamen Ziele verwirklichen können und international geltende Regeln und Normen aufrechterhalten werden. Gerade im Bereich der Sicherheitspolitik gestaltet sich eine Delegation von Kompetenzen jedoch schwierig. Bedeutende Organisationen wie NATO und UN-Sicherheitsrat sind immer wieder Austragungsort zwischenstaatlicher Konflikte und ihre Entwicklung reflektiert Phasen von Konsens und Dissens. Dieser Beitrag analysiert Kontinuität und Wandel der beiden Sicherheitsorganisationen aus zwei theoretischen Perspektiven: dem rationalistischen Institutionalismus und dem Neogramscianismus. Dazu stellt er zunächst die historische Entwicklung der beiden Organisationen sowie prägende Ereignisse, Entscheidungen und Wendepunkte vor. Daraufhin werden zentrale Konzepte und Annahmen der beiden Theorie-Perspektiven erläutert und an Beispielen veranschaulicht. In der Analyse werden Erklärungsansätze für die historische Entwicklung von NATO und UN-Sicherheitsrat entwickelt. Aus rationalistischer Sicht stellen die Organisationen ein Instrument zur Wahrung gemeinsamer Sicherheitsinteressen dar. Das Ende des Kalten Krieges bedeutete demnach eine massive Veränderung des Sicherheitsumfelds, auf welche NATO und Sicherheitsrat mit institutionellen Anpassungsprozessen reagierten. Der Neogramscianismus verknüpft Institutionen mit Hegemonie. Organisationen dienen dazu, Regeln und Machtverhältnisse nach innen zu verankern und nach außen rivalisierende Ordnungsvorstellungen abzuwehren. Vor dem Hintergrund globaler Machtverschiebungen sind NATO und Sicherheitsrat in eine fundamentale Krise geraten. Abschließend diskutiert der Beitrag die (In)Kompatibilitäten beider Ansätze.
Joscha Abels, Andreas Hasenclever
Kapitel 4. Supranationale Organisationen
Zusammenfassung
Supranationale Organisationen bezeichnen einen besonderen Typ von internationalen Regierungsorganisationen, der supra- also überstaatliche Entscheidungskompetenzen aufweist, die durch die Delegation von Entscheidungsbefugnissen an unabhängige Organe oder durch Mehrheitsentscheidungen ihrer Mitgliedstaaten vollzogen werden. In diesem Beitrag wird für jede der beiden Varianten eine supranationale Organisation näher vorgestellt. Zuerst wird die Europäische Union (EU) behandelt, die über unabhängige Organe verfügt. Sie ist die Organisation mit den weltweit umfassendsten supranationalen Befugnissen, die sich in verschiedenen Institutionen der EU spiegeln und sich auf unterschiedliche Politikfelder erstrecken. Daraufhin steht der Internationale Währungsfonds (IWF) im Mittelpunkt, der vor allem durch die Vergabe von Krediten unter bestimmten Auflagen, Einfluss auf die Politik von kreditnehmenden Staaten nehmen kann. Dazu wird in beiden Fällen zunächst die Entstehung der Organisationen skizziert; daraufhin werden der Aufbau, die Struktur und die Funktion der Organisationen erläutert und schließlich vermessen, inwiefern die Organisationen über supranationale Kompetenzen verfügen. Im Anschluss daran erfolgt eine theoretische Reflexion anhand von zwei Theorien, um zu zeigen, dass und wie sich beide Organisationen analysieren lassen und welche unterschiedlichen Erklärungen durch die theoretischen Ansätze geliefert werden. Abschließend werden beide Organisationen im Fazit miteinander verglichen.
Martin Koch
Kapitel 5. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Zusammenfassung
NGOs – Nichtregierungsorganisationen, engl.: Nongovernmental Organizations – sind bei den Weltkonferenzen der Vereinten Nationen (United Nations, UN) in den 1990er Jahren zum „shooting star“ der internationalen Politik aufgestiegen. In Zeiten von Re-Nationalisierung und neuer Geopolitik wird es für NGOs schwieriger, politisches Engagement zu zeigen. Ihre Handlungsräume werden zunehmend von Staaten eingeschränkt („shrinking spaces“). Der Beitrag nähert sich den NGOs, ihren transnationalen Netzwerken sowie sozialen Bewegungen in der Wirtschafts- und der Klimapolitik aus drei theoretischen Perspektiven: dem Liberalismus/Institutionalismus, dem Konstruktivismus und dem Neogramscianismus. Auf diese Weise werden Fragen nach Demokratie und Gerechtigkeit (Liberalismus), nach sozialen Deutungen und Interpretationen von Problemen und Problemlösungsansätzen (Konstruktivismus) sowie Fragen nach Macht und Herrschaft (Neogramscianismus) aufgeworfen. Im Schlussteil wird der Erklärungsgehalt der jeweiligen Theorie überprüft und die Rolle der NGOs im Schatten weitreichender Strukturveränderungen in der internationalen Politik diskutiert. Es wird gezeigt, dass NGOs in weltpolitische Widersprüche verwickelt und auf vielfältige Weise abhängig von Staaten und internationalen Organisationen sind. NGOs können aber auch das Potenzial der demokratischen zivilgesellschaftlichen Interessenvertretung in sich tragen, ein gesellschaftliches Korrektiv gegen Vermachtungsprozesse sein und Regierungen wie internationale Organisationen herausfordern. Sie machen deutlich, dass die Selbstregierung des Volkes über die engen Grenzen der Staatlichkeit hinausweist.
Achim Brunnengräber
Kapitel 6. Transnationale Unternehmen als internationale Organisationen: Theorieperspektiven und Fallbeispiele
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden transnationale Unternehmen als Internationale Organisationen vorgestellt. Auch wenn die Theorien des Realismus, Liberalismus, Konstruktivismus und der kritischen Theorie sich bislang selten mit Firmen befasst haben, so können die Grundannahmen dieser Ansätze auch auf Unternehmen übertragen und Firmen somit besser aus einer politikwissenschaftlichen Perspektive analysiert werden. Hierbei geht es nicht nur darum, Firmen als Akteure zu behandeln, sondern auch als eigenständige Organisationen, in denen politisch relevante Prozesse abgewickelt werden. Illustriert und plausibilisiert wird dies durch zwei Fallbeispiele: Daimler als klassisches Industrieunternehmen und Goldman Sachs als ein Großunternehmen der Finanzwirtschaft.
Christian May
Kapitel 7. Ausblick – Empirie und Theorie internationaler Organisationen in einer sich verändernden Weltordnung
Zusammenfassung
Im Schlusskapitel wird im Lichte der verschiedenen Buchbeiträge diskutiert, wie unterschiedliche Typen internationaler Organisationen das Spannungsfeld zwischen Autonomie ihrer Mitglieder oder Organisationseinheiten und Integration im Sinne der Ausrichtung auf den Organisationszweck ausbalancieren, welche Erkenntnisse die Anwendung unterschiedlicher Theorieperspektiven auf die Organisationsanalyse erbracht hat und welche Herausforderungen weltweite Umbrüche in Politik und Wirtschaft für internationale Organisationen mit sich bringen. Probleme interner Integration können bei intergouvernementalen Organisationen etwa durch einen Hegemonen bearbeitet werden, der die Kosten einer Einigung reduziert oder auch durch ein gemeinsames Feindbild. Transnationale Unternehmen hingegen können vergleichsweise flexibel auf Integrationsprobleme durch Abspaltung von Organisationsteilen reagieren oder umgekehrt auch die relative Autonomie verschiedener Standorte zum eigenen Vorteil nutzen. Der theoriegeleitete Blick auf internationale Organisationen zeigt, wie sich unterschiedliche Kausalmechanismen wie Staatseinfluss, Anreize für problemlösungsorientiertes Agieren, Autorität und Leitbilder, oder Macht- und Herrschaftsstrukturen für die Analyse ihrer Tätigkeit herausarbeiten und empirisch überprüfen lassen. Nationalismus, Populismus, Protektionismus, geopolitische und -ökonomische Rivalitäten sowie die Krise des Multilateralismus insgesamt konfrontieren internationale Organisationen mit einem krisenhaften, unsicheren Umfeld. Dieses macht es zunehmend schwieriger, das Spannungsfeld zwischen Autonomie und Integration auszubalancieren.
Susanne Lütz, Anja Menzel
Metadaten
Titel
Internationale Organisationen
herausgegeben von
Susanne Lütz
Anja Menzel
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-39371-7
Print ISBN
978-3-658-39370-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-39371-7

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