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Erschienen in: Standort 2/2022

Open Access 07.02.2022 | Angewandte Geographie

Kleinräumige Verteilung von Gesundheitsbedingungen in Städten

Das Beispiel Erlangen

verfasst von: David Spenger, Klaus Geiselhart

Erschienen in: Standort | Ausgabe 2/2022

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Zusammenfassung

Debatten um Umweltgerechtigkeit gehen davon aus, dass ärmere Menschen von höheren gesundheitsrelevanten Umweltbelastungen betroffen sind, als wohlhabende. Untersuchungen in Erlangen zeigen jedoch, dass dies nicht zwangsläufig der Fall ist und nur einzelne sozioökonomisch benachteiligte Gebiete tatsächlich hohen Belastungen ausgeliefert sind. Andere hingegen verfügen durchaus über gute Umweltausstattungen. Zwar lassen sich einzelne besonders privilegierte Gebiete mit geringen Belastungen und guter sozioökonomischer Lage identifizieren aber andere eher wohlhabendere Gegenden zeigen sich als durchaus belastet. Im Zuge neuerer Innenentwicklung gibt es allerdings die Tendenz, dass Umweltressourcen und Umweltbelastungen zunehmend kleinräumiger nach Finanzkraft verteilt werden. Der Artikel entwirft eine leicht übertragbare Methode, die es ermöglicht, anhand der Kernindikatoren Lärmbelastung, Ausstattung mit öffentlichem/privatem Grün und Sozialdaten, Fragen der Umweltgerechtigkeit sehr kleinräumig zu betrachten und im Sinne eines „Frühwarnsystems“ Entwicklungen im Zeitverlauf zu beobachten. Zudem kann der praxisnahe Ansatz als ein Ausgangspunkt für integriertes Verwaltungshandeln gesehen werden, das insbesondere beim Zusammenhang Umwelt und Gesundheit häufig noch defizitär ist.

Einleitung

Der städtische Raum wird im Zuge von Prozessen wie Kommodifizierung, Flächenversiegelung oder Nachverdichtung immer knapper (Brake 2010). In der Konkurrenz um städtische Ressourcen setzen sich verstärkt finanzstarke Anwohner*innen zu Ungunsten finanzschwächerer durch, was zur Verdrängung von Geringverdienenden aus innerstädtischen Stadtteilen führen kann (u. a. Häußermann 2012). Der Untersuchungsort Erlangen (ca. 114.000 Einwohner*innen, Stand 2020) weist als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort in den letzten Dekaden einen bedeutenden Zuzugsüberschuss von Fachkräften auf, was die Schaffung von Wohnraum und Nachverdichtung zu einem Kernthema der Stadtentwicklung machte. Verschiedene Untersuchungen in Großstädten zeigen, dass sich sozioökonomische Unterschiede dabei nicht nur auf Stadtteilebene, sondern noch kleinräumiger darstellen (Geiselhart et al. 2020). Bei der Stadterneuerung ist soziale Mischung ein erklärtes Ziel und so muss bei größeren Bauprojekten immer ein bestimmter Anteil an Sozialwohnungen geschaffen werden. Diese liegen vorwiegend in Ungunstlagen oder werden gar genutzt, um im Quartier Gunstlagen zu schaffen. Diese kleinräumige Differenzierung geht nicht selten mit einem unterschiedlichen Zugang zu Umweltressourcen bzw. mit ungleichen Umweltbelastungen einher und lässt sich als „umweltbezogene Mikrosegregation“ (Geiselhart et al. 2020) beschreiben.
Ausgehend von Studien aus den Bereichen der Public Health und den sozialwissenschaftlichen Umweltwissenschaften wurden die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren, Gesundheit und Sozialraum in den vergangenen Jahren auch in Kommunalpolitik und Verwaltung getragen (Bolte et al. 2018). Allerdings sind in Deutschland und auch auf europäischer Ebene nur wenige Städte zu finden, die sich in systematischer und integrierter Art und Weise mit dem Thema Umweltgerechtigkeit beschäftigen. Diesbezüglich stellt die Umweltgerechtigkeitskonzeption des Landes Berlin ein richtungweisendes Modellvorhaben dar. Auf der Ebene der 447 Planungsräume (in Berlin „Lebensweltlich orientierte Räume“ genannt) wurde ein zweistufiges Monitoringverfahren angewendet, das mit 5 Kernindikatoren und mehreren Ergänzungsindikatoren zur fachlich-inhaltlichen Untersetzung arbeitete (Klimeczek 2019). Umweltgerechtigkeit lässt sich damit in ressortübergreifende städtische Planungsprozesse integrieren. Diesen Anspruch möchten wir im Folgenden aufnehmen und dabei insbesondere die sozioökonomischen Differenzierungsprozesse operationalisieren, die, wie schon angedeutet, unterhalb der Ebene derartiger Planungsräume ablaufen. Da diese Prozesse vor allem von zunehmender Kommodifizierung in der Wohnungsversorgung ausgehen, werden demografische, ethische und religiöse Segregationsprozesse an dieser Stelle nicht betrachtet.
Ziel dieser Studie war es, mithilfe einer einfachen Methodik die graduelle Verteilung von Umweltfaktoren innerhalb der Stadt Erlangen zu erfassen und Gebiete niedriger, mittlerer und hoher Belastung auszuweisen. Danach können diese auf ihre sozialen Charakteristiken untersucht werden. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass die verwendeten Daten für Kommunen leicht zugänglich und abrufbar sind. Mittel- und langfristig erlaubt dies die Einrichtung eines Monitoringverfahrens auf der Mikroebene, welches als „Frühwarnsystem“ umweltbezogener Mikrosegregation entgegenwirken kann.

Methodik: Operationalisierung von Umweltgerechtigkeit

In einem 3‑stufigen Verfahren (siehe Abb. 1) werden zunächst die Kernindikatoren „Lärmbelastung“ und „Stadtgrün“ mithilfe von geografischen Informationssystemen graduell über das Stadtgebiet dargestellt. Diese drücken jeweils einen zentralen gesundheitsfördernden (Environmental Good) und einen gesundheitsschädlichen (Environmental Bad) Faktor aus. Die Daten werden auf der kleinsten Gebietsgliederungsebene, die der Häuserblöcke, dargestellt. Zur fachlich-inhaltlichen Untersetzung werden sie in einem zweiten Schritt mittels der Ergänzungsindikatoren „thermische Belastung“ und „Nähe zu Wasserflächen“ evaluiert. Die Indikatoren wurden wegen ihrer Gesundheitsrelevanz und aus Gründen der Datenverfügbarkeit ausgewählt. Pro Kernindikator werden 3 Klassen gebildet, die im Anschluss die Grundlage für die Berechnung von Einfach- und Mehrfachbelastungen sind.
In einem dritten Schritt werden die Ergebnisse mit einem dritten Kernindikator „sozialstatistische Daten“ verschränkt, um Gebiete mit prioritärem Handlungsbedarf zu identifizieren. Hierbei ist die Auflösung der Sozialdaten maßgeblich. Leider konnte aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken keine Verrechnung auf Häuserblockebene geschehen und es war lediglich eine Diskussion der Ergebnisse aus den ersten beiden Schritten mit spärlich vorhandenen Daten auf Distriktebene möglich. Im Folgenden werden die Kernindikatoren kurz vorgestellt.

Kernindikator 1: Lärm

Lärm ist nach der Luftverschmutzung der zweitwichtigste Faktor für die umweltbedingte Gesundheitsbelastung in Europa (EEA 2020). Daten über Luftverschmutzung sind nicht flächendeckend verfügbar und die Hauptverursacher von Luftverschmutzung sind in der Regel lärmemittierende Quellen, wie Straßen- und Schienenverkehr. Lärmbelastung ist also ein geeigneter Kernindikator. Da Kommunen in regelmäßigen Zeitabständen Lärmaktionspläne aufstellen müssen, liegt eine gesicherte Datengrundlage vor.
Lärmexposition kann auditive (direkte Schädigungen des Hörorgans) und nicht-auditive (körperliche Stressreaktionen auf Lärm) gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen (vgl. EEA 2020). Letztere können von Schlafstörungen über kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen bis hin zu Beeinträchtigungen der psychosozialen Entwicklung von Kindern oder kognitiven Behinderungen bei Kindern führen (WHO Europe 2018). Zur Bestimmung der Lärmbelastung gibt es verschiedene gesetzliche Vorgaben und Methoden. Aus Gründen der Vergleichbarkeit orientieren wir uns an der Umgebungslärmrichtlinie der EU. Danach richten sich beispielsweise Ämter auf Europäischer‑, Bundes- und Landesebene. Datengrundlage war die Lärmkartierung aus dem Jahr 2017 des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Zur Weiterverarbeitung wurde der Index LDEN (Day-Evening-Night) verwendet und die entsprechenden Rasterdaten mit den Baublöcken in Erlangen verschnitten.

Kernindikator 2: Ausstattung mit öffentlichem/privatem Grün

Während Lärm als Umweltstressor die menschliche Gesundheit beeinträchtigt, sind Stadtgrün und Stadtblau gesundheitsförderliche Ressourcen. Stadtgrün hat positive gesundheitliche Wirkungen sowohl auf psychisch-mentaler (z. B. Bringslimark et al. 2007) als auch auf physisch-körperlicher Ebene (z. B. WHO 2016). Dies ist insbesondere für Einkommensschwächere und Benachteiligte von großer Bedeutung (Ward Thompson et al. 2016). Stadtgrün und Stadtblau können auch Umweltstressoren abschwächen, etwa bezüglich Straßenverkehrslärm (de Coensel et al. 2011) oder bei klimatischen Extremen (Völker et al. 2013). Bedeutsam sind besonders dezentrale Begrünungsmaßnahmen in unmittelbarer Wohnortnähe. Angenommen wurde daher eine hohe Korrelation von Flächenversiegelung und damit verbundener Hitzebelastung, was sich durch die Hinzunahme des Ergänzungsindikators „thermische Belastung“ empirisch auch zeigte. Um zusätzlich die Wichtigkeit von Stadtblau zu berücksichtigen, wurden die Ergebnisse mit dem Ergänzungsindikator „Nähe zu Wasserflächen“ validiert.
Fernerkundung birgt ein großes Potenzial für die Umweltgerechtigkeitsforschung (Weigand et al. 2019). Zur Darstellung von Qualität und Verteilung von Stadtgrün innerhalb des Stadtgebietes wurde der Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) verwendet und ein Szenario aus der vegetationsreichen Jahreszeit gewählt (04.09.2019). Um den lokalen Bedingungen gerecht zu werden, wurde keine universelle, sondern eine ortsspezifische Klassifizierung vorgenommen (siehe Tab. 1). Die Klassengrenzen richteten sich nach bestimmten Ausstattungen mit Stadtgrün im Stadtgebiet und teilten die verschiedenen Freiflächen in 3 Kategorien ein: Hohe NDVI-Werte lassen sich in Parks und an Wegen mit hohem Baumbestand finden (siehe Abb. 2), charakteristisch für mittlere Werte sind Flächen mit geringerem Baumbestand, wie beispielsweise Innenhöfe, und auf Flächen mit geringen NDVI-Werten lassen sich eher vereinzelte Sträucher und/oder Bäume erkennen (siehe Abb. 3).
Tab. 1
Ortsspezifische Klassenbildung von Stadtgrün in Erlangen
Bewertung
Wertebereich
Anzahl Baublöcke (bewohnt)
Anzahl Bewohner*innen
(Haupt- und Nebenwohnsitz,
GESAMT: 127.801)
Qualität gering/sehr gering
(Fels, überbaute Flächen, vereinzelt Sträucher und/oder Bäume)
0,0–0,44
438
46.341
Qualität mittel
(Innenhöfe/Grasflächen mit geringerem Baumbestand)
0,45–0,59
524
65.764
Qualität hoch/sehr hoch
(Parks und Gärten mit hohem Baumbestand)
0,60–0,85
210
15.696

Zwischenergebnisse: Heterogene Gesundheitsbedingungen innerhalb des Stadtgebiets

Die beiden Kernindikatoren zeigen auf Baublockebene, dass die Gesundheitsbedingungen in Erlangen kleinräumlich sehr variieren (siehe Abb. 4). Innerhalb einiger Distrikte kommen alle Belastungsstufen vor, während manche Distrikte durchaus intern homogen sind. Es bietet sich daher an, die 115 bewohnten Distrikte hinsichtlich ihrer Belastungsunterschiede und internen Heterogenität zu differenzieren (siehe Tab. 2). So können von den 115 bewohnten Distrikten im Stadtgebiet 29 als wenig belastet charakterisiert werden. Darunter fallen 14 Distrikte, die eher homogen belastet sind, 8 weisen eine mittlere Heterogenität auf und 7 sind sehr heterogen.
Tab. 2
Strukturierung der bewohnten statistischen Distrikte in Erlangen nach Umweltbelastungen
  
Interne Heterogenität b
Summe
Anteil (%)
  
Gering ausgeprägt
Mittel ausgeprägt
Stark ausgeprägt
  
Grad der Belastung a
Wenig belastet
14
8
7
29
25,2
Einfach belastet
18
16
17
51
44,4
Zweifach belastet
17
14
4
35
30,4
Summe
49
38
28
115
Anteil (%)
42,6
33,0
24,4
100
aEine Zuordnung wird dann vorgenommen, wenn die meisten Baublöcke innerhalb des Distrikts der jeweiligen Belastungsstufe entsprechen. Die Zuordnung spiegelt demnach eine Tendenz für eine Belastungsstufe wider
bEine geringe Ausprägung liegt vor, wenn innerhalb eines Distrikts nur vereinzelte Baublöcke eine andere als die dominante Belastungsstufe haben. Eine mittlere Ausprägung besteht dann, wenn viele Baublöcke eine andere Belastungsstufe aufweisen. Bei einer stark ausgeprägten Heterogenität sind alle Belastungsstufen vorhanden
Von den 115 bewohnten Distrikten können 35 als zweifach belastet angesehen werden. Davon weisen 17 eine geringe, 14 eine mittlere und 4 eine stark ausgeprägte interne Heterogenität auf. Diese 17 Distrikte mit einer nahezu flächendeckenden zweifachen Belastung haben entsprechend schlechte Gesundheitsbedingungen und können nach Umweltaspekten als Gebiete mit prioritärem Handlungsbedarf identifiziert werden (z. B. 030, 041, 250, 251, 420, 440, 442, 501, 503).

Soziale Lage und Umweltgerechtigkeit

Die bisherigen Ausführungen bezogen sich rein auf die Umweltbelastungen. Um Aussagen zu Umweltgerechtigkeit treffen zu können, müssen die Ergebnisse nun mit den zur Verfügung stehenden Sozialdaten verschränkt werden (siehe Abb. 5).

Soziale Lage als Indikator

Städte sind sozioökonomisch segregiert und Armut macht nachweislich krank (Tabert 1999). Letzteres ist keine Frage des individuellen Lebensstils. Das Fehlen finanzieller Mittel erlaubt nicht nur weniger Selbstfürsorge, sondern schwächt auch gesunderhaltende Widerstandsressourcen (Antonovsky 1996). Die sozialen Verhältnisse sind im Sinne des biopsychosozialen Krankheitsmodells (Egger 2005) als ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko zu betrachten. Soziale Benachteiligung wird demnach als dritter Belastungsfaktor gewertet.
Aus Gründen der Datenverfügbarkeit waren leider keine Analysen auf Baublockebene möglich. Dies hätte es erlaubt, kleinräumige Belastungsareale auszuweisen. An dieser Stelle möchten wir bemerken, dass sich die datenschutzrechtlichen Bedenken durchaus hätten ausräumen lassen, denn aufgrund der aggregierten Daten wären am Ende keine individuellen Bewohner*innen identifizierbar geworden. In diesem Zusammenhang sind in Zukunft gezielte Absprachen innerhalb der Stadtverwaltung und die Entwicklung geeigneter Datenschutzvereinbarungen essenziell. Alternativ lassen die vorhandenen Sozialdaten aber zumindest eine Diskussion von Umweltgerechtigkeit auf Distriktebene zu. Dabei sind insbesondere die Empfänger*innen von Sozialhilfe nach SGBII interessant, weil sie auch vorwiegend diejenigen sind, denen die durch Mikrosegregation geschaffenen Wohnungen in Ungunstlagen als geförderte Wohnungen zugeteilt werden.

Ergebnisse Umweltgerechtigkeit

Es fällt auf, dass die zuvor beschriebenen Distrikte mit prioritärem Handlungsbedarf sich nur bedingt mit der Verteilung der SGBII-Empfänger*innen decken. So sind in einigen eher umweltbelasteten Distrikten (z. B. 030, 031, 250, 251, 501, 503) eher wenig Sozialhilfeempfänger*innen wohnhaft. Entsprechend ist auf der Basis der Datenlage keine zusätzliche Konzentration sozioökonomisch benachteiligter Menschen zu vermuten. Anders stellt sich die Situation in den Distrikten im Zentrum und südlichen Zentrum dar (v. a. 401, 402, 421, 441). Dort ist teilweise sowohl eine hohe Umweltbelastungsstufe als auch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an SGBII-Empfänger*innen vorhanden. Bereiche im westlichen Stadtteil Büchenbach (761, 770, 771), die häufig als „soziale Brennpunkte“ beschrieben werden (Nordbayerische Nachrichten 2019), sind hingegen nur von geringer Umweltbelastung betroffen. Kleinräumige Umweltungerechtigkeiten lassen sich dort nicht oder nur sehr vereinzelt vermuten (770, 771). Es gibt Bereiche im Stadtgebiet, in denen wir weder soziale Problemlagen noch ungünstige Umweltbedingungen aufzeigen können (z. B. 200, 222, 711).

Diskussion der Ergebnisse

Sozioökonomisch schwächere Bevölkerungsgruppen leben in Erlangen häufig in alten Werkssiedlungen oder Trabantenstädten der Moderne. Gegenüber heutigen Planungen verfügen diese Siedlungen noch über verhältnismäßig weite Freiflächen, auf denen sich in einigen Fällen über die Jahre ein wertvoller Baumbestand entwickelt hat. Damit bieten sie verhältnismäßig grüne und gesunde Lebensverhältnisse. Sicherlich gibt es auch in diesen Gebieten benachteiligte Wohnlagen, etwa an Straßen. Solange die Wohnraumbewirtschaftung noch egalitären Ansprüchen genügt, können sich langjährige Bewohner*innen auf bessere Lagen bewerben. Wenn heute aber im Zuge des Stadtumbaus soziale Mischung angestrebt wird, dann bekommen Investor*innen die Auflage, einen bestimmten Anteil an Sozialwohnungen zu schaffen. Im Sinne der Profitmaximierung werden diese Wohnungen nicht selten in Baukörpern untergebracht, die der Abschirmung anderer, begünstigter Lagen gegenüber Umweltbelastungen dienen (Geiselhart et al. 2020). In begünstigten Lagen lassen sich dann auch hochpreisige Wohnungen verwirklichen. Der Zugang ärmerer Menschen zu weniger belasteten Lagen wird dadurch stark eingeschränkt. Um derartige Tendenzen darstellen zu können, wäre eine deutlich kleinräumigere Verfügbarkeit der Sozialdaten notwendig.

Fazit

Die entwickelte Methode zur Darstellung von Umweltgerechtigkeit ist technisch relativ einfach und auch auf andere Kontexte übertragbar. Die Auflösung, in der sozialstatistische Daten für das Verfahren verfügbar gemacht werden, bestimmt dabei die Genauigkeit, mit welcher Strukturen der Umweltungerechtigkeit identifiziert werden können. Aus Gründen der Datenbeschaffung und des Datenschutzes weist diese Untersuchung Lücken auf, die durch geeignete Datenschutzvereinbarungen ausgeräumt werden können. Dennoch erlaubt sie die rasche Erstellung eines räumlich differenzierten Lageberichts zur Verteilung von Umweltbedingungen. Zur Beurteilung der Entwicklung erscheint es darüber hinaus sinnvoll, Zeitreihen zu erstellen, wie auch in Einzelfällen die Aussagen mittels qualitativer Methoden vor Ort zu kontrollieren.

Danksagung

Unser Dank gilt allen Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung Erlangen, die stets konstruktive Hinweise lieferten und ihren Erfahrungsschatz in der praktischen Tätigkeit mit uns teilten. Außerdem sind wir für die Bereitstellung von Datengrundlangen dankbar. Danken möchten wir auch dem Bayerischen Landesamt für Umwelt, das uns die Datengrundlage für die Berechnung der Lärmbelastung zur Verfügung stellte.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Kleinräumige Verteilung von Gesundheitsbedingungen in Städten
Das Beispiel Erlangen
verfasst von
David Spenger
Klaus Geiselhart
Publikationsdatum
07.02.2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Standort / Ausgabe 2/2022
Print ISSN: 0174-3635
Elektronische ISSN: 1432-220X
DOI
https://doi.org/10.1007/s00548-022-00768-4

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