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2023 | Buch

Künstliche Intelligenz, Verkörperung und Autonomie

Theoretische Probleme – Grundlagen der Technikethik Band 4

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Über dieses Buch

Was wissen Maschinen? Können sie wirklich mit uns sprechen? Haben sie Bewusstsein? Was ist gemeint, wenn Roboter als „verkörperte KI“ oder als „autonom“ bezeichnet werden? Vorliegendes Buch stellt sich diesen und weiteren Fragen. Denn Technikethik ist eng mit theoretischen Herausforderungen verbunden. Vor diesem Hintergrund wird in die Erkenntnislehre, Sprachanalyse, Körper-Geist-Verhältnisse sowie die Philosophie des Geistes systematisch eingeführt. Manches, das wir Maschinen vorschnell zuschreiben, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als Schein. Warum ist das so? Mit Beispielen, Tabellen und Übersichten werden Antworten eingängig und strukturiert erarbeitet. Das Buch richtet sich an Ingenieurwissenschaftler*innen, Informatiker*innen und Geisteswissenschaftler*innen im Berufsalltag, aber auch an interessierte Lai*innen, die Möglichkeiten und Grenzen der KI kritisch hinterfragen wollen. Es bildet den vierten, in sich abgerundeten Teil der Buchreihe Grundlagen der Technikethik.
Haben Maschinen den Geist, den wir brauchen, und brauchen wir den Geist, in dem wir Maschinen designen?

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Sprache und Wissen
Zusammenfassung
Sprache ist ein zentrales Thema der Robotik und der KI. In der theoretischen Informatik werden zum Beispiel Automatentheorien mittels formaler Sprachen auf mathematischen und logischen Grundlagen behandelt. Vorliegendes Kapitel bietet einen komplementären Blick aus der theoretischen Philosophie heraus. Dabei wird zuerst auf die Beziehungen zwischen Sprache, Wissen und Technik geschaut. Sie dienen als Grundlage für weitere Analysen zu verkörperter und autonomer KI, dem Körper-Geist-Verhältnis oder dem Maschinenbewusstsein. Zwei allgemeine Wissensformen lassen sich unterscheiden: explizites bzw. propositionales Wissen und implizites Wissen. Während sich erstes klar aussprechen und formalisieren lässt, umfasst implizites Wissen Fähigkeiten der Imagination, Intuition, sensomotorischer Bewegungen, Wahrnehmungen oder sozialer Emotionen, die sich nicht so einfach in Worten abbilden lassen. Implizites Wissen prägt wesentliche Bereiche alltäglichen Handelns und nicht zuletzt Problemlösungsprozesse in der Informatik – etwa beim imaginativen Entwickeln von Algorithmen, bevor diese in Programmiersprachen formalisiert werden. Auch wenn KI Resultate impliziten Wissens simulieren kann und Menschen mangels technischer Transparenz die Funktionsweise manches Künstlichen Neuronalen Netzwerkes nicht nachvollziehen, handelt es sich dabei doch um mathematisch-formale Informationsverarbeitung. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich, dass Computer im Gegensatz zu Menschen kein implizites Wissen haben.
Michael Funk
Kapitel 2. Sprachen und Techniken
Zusammenfassung
Sprachbots erobern unsere Smartphones, Autos und Wohnzimmer. Doch unterhalten wir uns tatsächlich mit den Maschinen? Können Computer reden? Aus Sicht der Sprachphilosophie werden Argumente präsentiert, die dagegensprechen. Auch Sprachbots sind Medien, durch die Menschen mit anderen Menschen kommunizieren. Um diesen Schluss vorzuführen, werden in vorliegendem Abschnitt wesentliche Grundlagen der Sprachanalyse vorgestellt und systematisch in Zusammenhang mit technischen Mitteln verortet. Neben einer Aufschlüsselung verschiedener Formen der Sprachtechnik stehen die Beziehungen zwischen Oberflächen- und Tiefenstrukturen im Umgang mit KI im Mittelpunkt. Unterschiede zwischen Tiefengrammatiken menschlicher Alltagspraxis und formalen Grammatiken der Informatik werden herausgestellt. Im Gegensatz zu natürlichen Sprachen bauen formale Sprachen auf einer Trennung von Objekt- und Metaebene auf. Es wird also formal über Sprache gesprochen anstatt über Umweltbeziehungen oder Handlungen. Dieser Umstand stellt eine starke Barriere für wirklich eigenständig sprechende Maschinen dar. Der Sinn informationstechnischer Signale ist von den phänomenalen Vollzugsperspektiven und sozialen Bezügen zwischenmenschlicher Kommunikation abhängig. Vor diesem Hintergrund werden ethische Grundfragen im Umgang mit „sprechender“ Technik aufgezeigt.
Michael Funk
Kapitel 3. Körper-Geist-Verhältnisse
Zusammenfassung
Das Körper-Geist-Verhältnis beschreibt ein zentrales Problemfeld der KI. Es findet eine starke Analogie in den Begriffen der Hardware und Software. Zunehmend wird von „embodied AI“ (verkörperte KI) gesprochen. Baute der klassische KI-Ansatz auf körperlosem, logischen Denken auf, so rücken neuerdings künstliche neuronale Netzwerke und Roboterkörper in den Mittelpunkt. Auch in der Erforschung menschlicher Kognition hat der „embodied approach“ (4E Cognition) zu einem Paradigmenwechsel geführt. Aber welcher „body“ ist denn mit „embodiment“ gemeint – der (bloß physische) „Körper“ oder der (belebte) „Leib“? Außerdem kann bildlich die Repräsentation von kulturellen Normen gemeint sein, so wie eine Hilfsorganisation als „Verkörperung“ des Guten gilt. Um Klarheit über die verschiedenen Konzepte der Verkörperung zu gewinnen, wird eine methodische Heuristik erarbeitet. Philosophische Hintergründe werden systematisch aufgeschlüsselt, ihre Bedeutung für KI und Robotik anschaulich dargestellt. Ziel ist ein gereiftes und differenziertes Verständnis der zugrunde liegenden Annahmen und Paradigmen. Beispiele aus der Science Fiction und Übersichten runden die Darstellung anschaulich ab.
Michael Funk
Kapitel 4. Haben Maschinen Bewusstsein?
Zusammenfassung
Maschinen haben kein Bewusstsein. Da Negativbeweise nicht zu führen sind und niemand in die Zukunft zu sehen vermag, kann Maschinenbewusstsein auch nicht völlig ausgeschlossen sein. Um mit dieser Restunsicherheit aufgeklärt umgehen zu können, ist eine rationale Aufarbeitung der aktuellen Gründe des Ausschlusses hilfreich. Hierzu werden verschiedene Zugänge, Grundbegriffe der Philosophie des Geistes sowie der Ansatz des Funktionalismus vorgestellt. Selbst wenn Geist auf mentale, neurologische Prozesse im Gehirn reduziert wird, verhalten sich die zugehörigen Forschungsfragen neutral zur KI. Es ist auch nicht zweckmäßig, Maschinen mit echtem Bewusstsein zu bauen. Hinzu tritt das Perspektivenproblem. Eine KI hat keinen phänomenalen Ich-Bezug. Umso wichtiger ist es, menschliche Freiheit und Verantwortung im Verbund mit menschlichem Bewusstsein, Emotionen und Moral aktiv zu gestalten. Aus Sicht der biologischen Verhaltensforschung lässt sich die naturhistorische Entstehung von Bewusstsein ohne Sozialverhalten – nur neuronal – nicht erklären. Das spricht gegen ein einfaches Nachbauen in Maschinen und für die menschliche Verantwortung, stattdessen gelingendes Sozialverhalten im Umgang mit KI kritisch zu gestalten.
Michael Funk
Kapitel 5. Autonomie
Zusammenfassung
Autonomie ist zu einem gängigen Begriff geworden, um KI-basierte Technologien zu bezeichnen. So ist die Rede von „smart autonomous robots“ oder „autonomem Fahren“. Besonders im Bereich „autonomer Waffensysteme“, der sozialen Robotik oder intelligenter Bots tauchen regelmäßig Spekulationen über weiterreichende Fähigkeiten auf. Wie „autonom“ kann Technik sein? In diesem Kapitel wird zuerst in die philosophischen Grundlagen des Konzepts der Autonomie sowie Determinismus und Freiheit eingeführt. Dabei erfolgt eine Abgrenzung zum technischen Gebrauch des Wortes, da Maschinen keine politische Autonomie oder Patientinnenautonomie haben. Darauf aufbauend folgt die Aufschlüsselung technischer Entwicklungsstufen in acht kulturhistorischen Kategorien. Autonome Technik wird systematisch anhand der Kriterien Energie, Bewegung/Prozess sowie Zielsetzung/Kontrolle graduell unterschieden und in Beziehung zu älteren Stufen wie Handwerkzeugen oder Kraftmaschinen eingeordnet. Anhand konkreter Techniken wird die vorgestellte Heuristik illustriert und auf logische Probleme vollautonomer Systeme eingegangen. Ziel ist es, eine praktische Orientierungshilfe zur Unterscheidung und ethischen Bewertung verschiedener technischer Entwicklungsstufen anzubieten.
Michael Funk
Backmatter
Metadaten
Titel
Künstliche Intelligenz, Verkörperung und Autonomie
verfasst von
Michael Funk
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-41106-0
Print ISBN
978-3-658-41105-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-41106-0

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