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2022 | Buch

Globalisierung

Voraussetzungen, Auswirkungen, Widerstände

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Über dieses Buch

Dieses Lehrbuch beschäftigt sich mit der fortschreitenden globalen Entgrenzung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte, die internationale Arbeitsteilung, die soziale Sicherung und auf die Einkommensverteilung hat. Politisch lässt sie die souveräne Gestaltungsfähigkeit von Nationalstaaten erodieren, gesellschaftlich beschwört sie das Gespenst einer zunehmenden globalen Einheitskultur herauf. Vor dem Hintergrund der empirischen Effekte von Globalisierungsvorgängen in einer Reihe von Bereichen stellt das Buch dar, inwieweit diese Befürchtungen berechtigt sind, sich nicht auch durch andere Entwicklungen erklären lassen und ob die Nutzen von Globalisierung die aus ihr resultierenden Kosten und Risiken rechtfertigen.

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Zur Einführung
Zusammenfassung
Ab Ende der 1980er Jahre verdichtete sich die akademische, politische und mediale Beschäftigung mit dem als neu empfundenen Phänomen der Globalisierung, der überdies eine alternativlose Ausbreitung vorhergesagt wurde. Neuerdings (etwa ab 2015) wurde dieser Optimismus abgelöst durch Prognosen einer Rückentwicklung oder zumindest Stagnation von Vorgängen steigender weltwirtschaftlicher Vernetzung und einer partiellen Deglobalisierung/Renationalisierung. Beide Vorhersagen bedürfen trennscharfer Begriffe bezüglich dessen, was unter Globalisierung zu verstehen ist und wie sie sich von früheren Vorgängen grenzüberschreitender Interaktionen unterscheidet, sollte das der Fall sein. Das erlaubt es überhaupt erst, Globalisierung zeitlich zu verorten, zu entscheiden, welche Regionen, Sektoren und Bevölkerungsgruppen in diese einbezogen wurden, weniger oder auch gar nicht und diesen Globalisierungsvorgängen positive/negative gesellschaftliche Effekte zuzurechnen.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 2. Globalisierung und technologische Entwicklung: Produktion, Transport und Kommunikation
Zusammenfassung
Gehen wir davon aus, dass Globalisierung (a) ein Mindestmaß (mit tendenziell steigendem Anteil) an internationalen Transaktionen, (b) wachsende Skalenerträge durch eine Konzentration spezifischer Produktionsprozesse auf die jeweils optimalen Standorte, (c) eine zunehmende, transnationale Vernetzung von Produktionsprozessen im Zusammenhang mit komplexen Wertschöpfungsketten und (d) ein entsprechend flexibles und verlässliches internationales Finanzsystem voraussetzt, dann wird deutlich, dass die technologische Entwicklung von Produktion, Transport und Kommunikation eine herausragende Rolle spielt.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 3. Politische Globalisierung: Demokratie, Internationale Organisationen und globale Zivilgesellschaft
Zusammenfassung
Globalisierung reduziert sich nicht nur auf den wirtschaftlichen Bereich, ist auch nicht eine vornehmlich oder nahezu ausschließlich von privaten Akteuren vorangetriebene Vernetzung der Welt. Sie bedarf vielmehr – wie bei der Liberalisierung des Außenhandels und des Kapitalverkehrs schon angesprochen – der politischen Ermöglichung durch Beseitigung oder Verminderung nationaler Hemmnisse der länderübergreifenden Interaktion. Im positiven Sinne bedarf die Teilnahme an der Globalisierung der politischen Schaffung von Voraussetzungen, damit sich Gesellschaften erfolgreich global vernetzen können, also etwa der Schaffung, Wartung und Administration der grenzüberschreitenden Infrastruktur, des Abschlusses zwischenstaatlicher, regionaler oder globaler Kooperationsvereinbarungen, der Vereinbarung bestimmter Produkt-, Verfahrens- und rechtlicher und finanzieller Standards im transnationalen Austausch, sicher auch der Ermächtigung nationaler Akteure um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können bzw. dessen Folgen abzufedern.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 4. Handel
Zusammenfassung
Der Außenhandel gilt nicht zu Unrecht als die früheste und wohl immer noch bedeutendste Facette einer stärker werdenden, internationalen wirtschaftlichen Vernetzung. Lange Zeit blieb er gemessen am globalen Sozialprodukt recht gering, konzentrierte sich – wegen der früher hohen Transportkosten – im Wesentlichen auf Luxuswaren mit geringem Gewicht im Verhältnis zum Marktpreis. Das hat sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich verändert; bis zum Ausbruch des 1. ???
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 5. Auslandsinvestitionen
Zusammenfassung
Die markantesten Anzeichen der Globalisierung stellen zweifelsohne ausländische Kapitalinvestitionen dar, schwergewichtig getätigt von Transnationalen bzw. Multinationalen Konzernen (TNCs bzw. MNCs), also Unternehmen, die in mindestens einem weiterem als dem Land ihrer Herkunft eine Zweigniederlassung haben, an der sie mindestens 10 % der Kapitalanteile halten. Diese Definition der UNCTAD ist vergleichsweise weich, weshalb ausländische Investitionen und die durch TNCs getätigten nahezu identisch sind und die solcherart bestimmte Zahl der TNCs hoch und stark ansteigender Natur ist. Aber auch wenn man sich auf die umsatzstärksten 100 TNCs beschränkt, ist deren Anteil an der weltweiten Produktion, der Beschäftigung, den Investitionen von Privatunternehmen, dem Außenhandel und dem globalen Technologietransfer sehr beachtlich (siehe unten).
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 6. Weltweiter Finanzverkehr
Zusammenfassung
Eine besonders negativ wahrgenommene Seite der Globalisierung ist verbunden mit der Vorstellung von Finanzjongleuren an der Wall Street und andernorts, die auf Knopfdruck und im Sekundentakt riesige Finanzströme quer über den Erdball bewegen, dabei sich selbst unmäßig bereichern, Firmen und Länder potenziell destabilisieren und allerorts Menschen ins Elend stürzen. Tatsächlich werden täglich unvorstellbar große Werte an Aktien, Anleihen, Kreditverträgen und -verbriefungen sowie Währungen auf den globalen Finanzmärkten gehandelt, welche alle anderen globalen wirtschaftlichen Transfers dem Wert nach weit in den Schatten stellen. Zu dieser Entwicklung haben die weltweite Liberalisierung des Kapitalverkehrs beigetragen, das Wachstum international operierender Banken und anderer Finanzinstitute, die Entwicklung neuer, höchst komplexer Finanzinstrumente und natürlich auch die weltweite Vernetzung der Finanzakteure mit stets rascher arbeitender IT-Infrastruktur.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 7. Migration und Globalisierung
Zusammenfassung
Eine stärker vernetzte Weltwirtschaft ist – wie gesehen – geprägt durch die Zunahme des länderübergreifenden Handels und die Freizügigkeit des internationalen Kapitalverkehrs. Sie wäre theoretisch auch geprägt durch freien Personenverkehr – vor allem durch die Niederlassungsfreiheit von Arbeitskräften – über die Landesgrenzen hinweg, zumal die Globalisierung diese Freiheit begünstigen und für (fast) alle Beteiligten lohnend machen würde (siehe unten). Von freier Wahl der Arbeitsstätte im globalen oder auch nur regionalen Rahmen kann freilich – sieht man einmal von der Sondersituation innerhalb der Europäischen Union ab – nicht wirklich die Rede sein.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 8. Globalisierung und Beschäftigung
Zusammenfassung
Es galt in klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Abhandlungen für ausgemacht, dass durch die Intensivierung des internationalen Handels und den technologischen Fortschritt die meisten Arbeitskräfte weltweit profitieren. Erstens durch den Import billigerer Konsumgüter, zweitens durch die Einfuhr von Vorprodukten, die im Ausland günstiger hergestellt werden können und dadurch die heimische internationale Konkurrenzfähigkeit bei der Endfertigung steigern, drittens durch die Erweiterung der Absatzmärkte bei Wegfall von Handelsbeschränkungen. Die Globalisierung hat dazu geführt, dass moderne Technologien schneller übernommen werden, wodurch sich die Produktivität in den betreffenden Betrieben/Sektoren und auch in benachbarten Bereichen gesteigert hat.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 9. Globalisierung und Einkommensverteilung
Zusammenfassung
Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum Ungleichverteilung innerhalb von Staaten (und auch global) ab einem gewissen Grad ungünstig für die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung ist. Ein wichtiger funktionaler Grund ist, dass die Minderung von Armut und sozialer Benachteiligung desto schwerer ist und desto langsamer von Statten geht, je ungleicher Einkommenszuwächse verteilt werden. Ohne Wachstum ist die Behebung dieser Probleme zwar theoretisch möglich, aber politisch doch recht unwahrscheinlich, weil dies eine Um- und Neuverteilung des Volkseinkommens bzw. -vermögens erzwingen würde.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 10. Staatlichkeit
Zusammenfassung
Es war und ist für zahlreiche Kritiker der Globalisierungsdynamik eine ausgemachte Sache, dass diese Staatlichkeit herkömmlicher Prägung erodieren lässt, der Staat zwar nicht unbedingt absterben, Staatlichkeit aber doch ausfransen würde weil wirtschaftliche und gesellschaftliche Transaktionen den nationalstaatlichen Rahmen überschreiten, der Staat aber in seiner Handlungsfähigkeit territorial begrenzt bleibt. Einen Ausweg aus dieser Lage sahen viele Autoren nur im Verzicht auf traditionelle Vorstellungen von Souveränität zugunsten eines „kosmopolitischen Realismus“, d. h. der Wiedergewinnung von Souveränität gegenüber transnationalen Akteuren auf einer neuen überstaatlichen Ebene, unterstützt durch eine aktive, globale Zivilgesellschaft. Insbesondere Entwicklungsländern sei es in der Globalisierung und angesichts zunehmender interner Konflikte verwehrt, Staatlichkeit im westlichen Sinne jemals zu erreichen; sie sollten daher in einer Art „postnationalen Konstellation“ aufgehen.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 11. Globalisierung und der Sozialstaat
Zusammenfassung
Die harte globale Konkurrenz um Exportmärkte, die Ansiedlung Transnationaler Konzerne und die Einwerbung finanzieller Mittel von internationalen Banken und Anlegern müsste eigentlich – angesichts der Tatsache, dass internationales Kapital mobil ist, also auch relativ rasch wieder abgezogen werden kann, einen weltweiten Wettlauf um die Senkung der Einkommens- und Körperschaftssteuern hervorrufen, damit zusammenhängend einen Druck auf die nationalen Sozialausgaben ausüben, gleichgültig ob durch Steuern finanziert oder durch Sozialversicherungsbeiträge. Das war auch der Tenor anfänglicher Beiträge zum Zusammenhang von Globalisierung und Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat (siehe unten), die mehrheitlich dessen weitgehende Aushöhlung allerorten unterstellten (race to the bottom) und die Basis für eine aktive Sozialpolitik schwinden ließe.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 12. Globalisierung und Demokratie
Zusammenfassung
Es ist vergleichsweise unschwierig und dieser Versuch ist vielfach auch unternommen worden, einen direkten Zusammenhang zwischen fortgesetzter Globalisierung und dem weltweiten Voranschreiten oder Rückgang der Demokratie beziehungsweise dem Erhalt demokratischer Verhältnisse zu konstruieren. International vernetzte Konzerne, internationale Vereinbarungen und durch Globalisierung mitbedingte externe Beeinträchtigungen (Klimawandel, Migration etc.) beeinflussen stark und oft auch negativ die Lebenschancen vieler Bürger in zentralen Bereichen ihres Wohlbefindens, ohne dass sie oder ihre nationalen Regierungen an den entsprechenden Entscheidungen adäquat beteiligt worden wären, oder diese hätten verhindern können.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 13. Globalisierung und Kultur
Zusammenfassung
Man kann die Globalisierung nicht lediglich auf einen verstärkten wirtschaftlichen Austausch der Länder untereinander reduzieren, oder auf technologische Kooperation, sie hat auch eine wesentliche politisch-soziale und damit interagierende – kulturelle Komponente. Nun gibt es einen kulturellen Zusammenhang und Austausch weltweit oder auch nur regional schon deutlich länger als die sich neuerdings wieder verstärkende wirtschaftliche Vernetzung oder die Bildung von Organisationen des globalen Regierens. Man denke nur an die Bedeutung der klassischen (griechisch-römischen) Literatur, Philosophie und Kunst für Gesamteuropa (und darüber hinaus) bis in die Neuzeit, den durch die christlichen Kirchen geschaffenen Zusammenhang von Werten, Überzeugungen und Traditionen in der gesamten christlichen Welt – und weiterer Weltreligionen anderswo – und den internationalen Gedankenaustausch von Wissenschaftlern in und außerhalb von Universitäten und Akademien weit vor der Zunahme des länderübergreifenden Handels und Finanzverkehrs.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 14. Globalisierung und ihre Widersacher
Zusammenfassung
Es gibt seit etlichen Jahren eine anschwellende politische Reaktion gegen nahezu alles, was mit der Globalisierung in Verbindung gebracht werden kann, namentlich der Verlust an Arbeitsplätzen, deren wachsend prekärer Charakter, die Zunahme der Ungleichverteilung, steigende legale und irreguläre Migration, die Aushöhlung der Demokratie und kulturelle Überfremdung. Damit verbunden sind in der popularen (und akademischen) Perzeption ein Anstieg gesellschaftlicher Polarisierung, die Ausdünnung der Mittelschichten und eine wachsende Distanz zwischen Bürgern und ihren (als elitär abgehoben geltenden) Repräsentanten, einhergehend mit einem Vertrauensverlust in die politischen Institutionen.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 15. Global Governance
Zusammenfassung
In anderen Kapiteln wurde bereits erörtert, inwieweit Internationale Organisationen, Netzwerke und Nichtregierungsorganisationen die Globalisierung vorangetrieben oder begrenzt haben, wie sie also als zusätzliche Akteure eines sich herausbildenden komplexen Weltregierens agiert haben, das heute gemeinhin als ‚Global Governance‘ bezeichnet wird. Was diese Global Governance bedeutet, welche internationalen, staatlichen, gesellschaftlichen und privaten Akteure daran beteiligt sind, warum sie beteiligt sein sollten und gouvernementale Netzwerke oder Organisationen allein nicht mehr ausreichen, um die komplexer werdenden Probleme des Weltregierens zu bewältigen, wurde wahrlich oft genug erörtert, soll also nur in äußerster Kürze zusammengefasst werden. Seltener gab und gibt es einen Überblick darüber, wie sich dieses Weltregieren in möglicherweise sektoral jeweils unterschiedlichen institutionellen Formen ausgeprägt hat und welche Probleme, die durch die weltwirtschaftliche und weltgesellschaftliche Verflechtung entstanden oder zumindest verschärft wurden, dabei identifiziert und – auch, oder auch nicht – angepackt wurden.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Kapitel 16. Versiegen der Globalisierungsquellen oder Resilienz
Zusammenfassung
Das Magazin ‘Der Spiegel’ weiß es schon ganz genau: „Das Zeitalter der Globalisierung geht zu Ende“ (Nr. 26, 25.6.2022, S. 63). Die Autoren sind sich diesbezüglich einig mit einer ganzen Reihe akademischer Beobachter, von Politikern und Unternehmensvertretern (vgl. Kap. 1). Das hörte man vor Jahren und auch bis unlängst noch ganz anders, als nahezu allgemein vom alternativlosen Siegeszug der Globalisierung und der Ausdehnung der sie begleitenden Global Governance die Rede war.
Joachim Betz, Wolfgang Hein
Metadaten
Titel
Globalisierung
verfasst von
Joachim Betz
Wolfgang Hein
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-39161-4
Print ISBN
978-3-658-39160-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-39161-4

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