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Open Access 2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

Digitale Transformation bei der Wacker Chemie AG

verfasst von : F. Burckhardt, T. Mirlach, U. Auer, U. Ziegler, R. J. Floetgen, T. Riasanow, H. Krcmar

Erschienen in: Digitale Transformation

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Angetrieben von den Trends der Nachhaltigkeit, der Digitalisierung und der fortschrittlichen Fertigungstechnologien, steht die Chemieindustrie ähnlich wie andere Branchen zunehmend vor strategischen und strukturellen Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, bedarf es einer engen Verzahnung von produktiven und nicht produktiven Leistungen sowie einer Veränderung der internen Wertschöpfung. Ziel dieses Beitrags ist es, am Beispiel der Wacker Chemie AG den Unterschied zwischen der organisatorischen Wertschöpfung der internen IT-Abteilung des Unternehmens vor und während der Einführung der Initiative der digitalen Transformation zu analysieren und visualisieren. Dazu werden anhand von zehn Experteninterviews mit Führungskräften die zentralen Erfolgsdimensionen der digitalen Transformation bei Wacker ermittelt, die sich auf strategische, technologische und kulturelle Erfolgsfaktoren eingrenzen lassen. Aufbauend auf einer wertorientierten Sichtweise, werden in diesem Beitrag zwei Wertschöpfungsnetzwerke vorgestellt, die die Wacker-internen Wertströme zwischen den bestehenden Einheiten vor der Einführung sowie zwischen diesen und den neu geschaffenen Einheiten während der Initiative abdecken. Um dem Vorstand einen strukturierten Ansatz zur Bewertung des Nutzens dieser Initiativen zu bieten, führen wir außerdem eine Enterprise Value Map ein. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Transformation und die dabei durchgeführten Projekte zur Etablierung engerer Kommunikations- und Entwicklungskanäle zwischen Business und IT führen. Zusätzlich wird die statische Sichtweise einer isolierten IT-Abteilung zu einer stärker service- und kundenorientierten Einheit aufgebrochen. Darüber hinaus zeigt die Value Map, dass die analysierten Initiativen direkt zur Umsatzsteigerung und Kostensenkung bei Wacker beitragen und darüber hinaus einen positiven Einfluss auf die Erwartungen der externen Stakeholder an das gesamte Unternehmen haben. Weitere Forschungsinitiativen auf diesem Gebiet können das entwickelte e3-value-Modell und die Value Map für weitere, vertiefende Studien nutzen. Chemiekonzerne können unsere Erkenntnisse als Unterstützung bei ihrer digitalen Transformationsinitiative nutzen und vor allem als Anregung für interne Veränderungen der Wertströme aufgreifen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend digitalisierten Industrie zu sichern.

1 Einleitung

Neue Technologien und Geschäftstrends beschleunigen die digitale Innovation und führen zu einer Transformation des täglichen Lebens von Verbrauchern, Organisationen sowie ganzer Ökosystemstrukturen (Fichman et al. 2014; Schreieck et al. 2018, 2021). Das Aufkommen innovativer Geschäftsmodelle und agiler Geschäftsentwicklung in Verbindung mit neuen technologischen Trends wie künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und Big Data Analytics (Panetta 2019; Bäcker et al. 2021) führt zu einem Wandel in der Wertschöpfung (Weking et al. 2020a, b) + (Weber et al. 2021) selbst in traditionellen, auf physischen Rohstoffen basierenden Branchen wie der chemischen Industrie. Allerdings hinkt die Chemieindustrie vergleichbaren rohstoffabhängigen Branchen wie Finanzdienstleistungen und Automobilbau meilenweit hinterher, da sie bereits stark von der digitalen Transformation betroffen ist (Steffen et al. 2017). Laut einer von Roland Berger veröffentlichten Studie zur Bereitschaft zur Digitalisierung in der Chemieindustrie befindet sich die Mehrheit der Chemieunternehmen nur am unteren Ende der Skala für die Bereitschaft zur Digitalisierung (Steffen et al. 2017).
Allerdings ist die Digitalisierung für die drittgrößte Branche in Deutschland nicht ganz neu. Ohne den Einsatz von Technologien zur Prozessoptimierung und ressourceneffizienten Produktion wären Chemiestandorte heute schon längst überflüssig. Aber auch jenseits der Produktion haben die Besonderheiten der Chemiebranche den digitalen Fortschritt weiter vorangetrieben. Insbesondere langfristige Bindungen, die mit lang laufenden Verträgen einhergehen, behindern zunehmend agilere und flexiblere Prozesse (Centre for Industry Education Collaboration 2016). Weiterhin bestimmen anlagenintensive Produktionsanlagen, die zu hohen Investitionen und Wartungskosten für geschultes Personal führen, den Status quo der Digitalisierung in der chemischen Industrie (Centre for Industry Education Collaboration 2016).
Begünstigt durch die schwerfälligen Digitalisierungsansätze der Chemiegiganten, fördert der Aufstieg digitaler Megatrends im Zeitalter von Chemie 4.0 die Gründung von Start-ups. Nachhaltigkeitsbelange und -vorschriften fördern die Konzentration auf die Substitution von Rohstoffen und die Maximierung der Nutzung erneuerbarer Energien, die Energierückgewinnung, das Recycling und die Wiederverwendung, um letztendlich eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren (Adomaitis und Ng 2017; Spelman et al. 2017; Wadyalkar 2018). Darüber hinaus ermöglicht die der Digitalisierung zuzuschreibende Verlagerung auf kostengünstige, hohe Rechenleistung die Implementierung von Algorithmen, die aufgrund ihres hohen Bedarfs an Rechenleistung bisher nicht in realen Szenarien umgesetzt werden konnten (Falter et al. 2017). Schließlich sind fortschrittliche Fertigungstechnologien in der Lage, sich auf alle Produkte der chemischen Wertschöpfungskette auszuwirken, indem sie die intelligente Fertigung nutzen und Analysen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung in Bezug auf Produktion, Bestände und vorausschauendes Management einsetzen (Adomaitis und Ng 2017). Neben der weiteren Optimierung produktionsbezogener Prozesse wird eine enge Verzahnung von Produktion und produktionsfremden Dienstleistungen, wie Lieferkette, Vertrieb, Marketing und Kundenbeziehungsmanagement, wesentlich zum Erfolg des Unternehmens beitragen.
Als Technologie- und Marktführer in vielen Schlüsselsegmenten der Chemie antizipiert die Wacker Chemie AG (nachfolgend Wacker) diese Trends und hat 2017 das Programm „Wacker Digital“ initiiert, das digitale Transformationsprojekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfasst (Wacker Chemie AG 2019, a). Indem der weltweit agierende Chemiekonzern die Transformation der Organisation von der Informationstechnik (IT)-Abteilung aus vorantreibt, hat er sich zum Ziel gesetzt, innerhalb des nächsten Jahrzehnts ein digitaler Marktführer in der chemischen Industrie zu werden (Wöhe 2018). Die Etablierung eines vollintegrierten, digitalen Wertschöpfungsnetzwerks, das an die sich schnell verändernde Umwelt und die Kundenbedürfnisse bei Wacker angepasst ist, wird von Chief Innovation Officer (CIO) und Chief Digital Officer (CDO) Dirk Ramhorst in Zusammenarbeit mit der internen IT-Abteilung vorangetrieben, indem neue Services und Kompetenzen aufgebaut werden, um die Digitalisierung innerhalb der Organisation ganzheitlich umzusetzen. Die damit einhergehende Umstellung von einer klassischen Servicebereitstellung auf einen nutzerorientierten Ansatz erfordert einen strategischen, kulturellen und technischen Umbau. Aufgrund der übergreifenden Wirkung der digitalen Transformation bei Wacker ergeben sich einerseits wertvolle Chancen, andererseits müssen neue Herausforderungen bewältigt werden.
Wir analysieren daher die digitale Transformation der chemischen Industrie am Beispiel von Wacker aus der ganzheitlichen Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerks und leiten daraus Handlungsempfehlungen für den Vorstand und die IT-Leitung ab. Als erster Schritt in Richtung dieses Ziels und als Anstoß für weitere Forschungen sollen in diesem Beitrag die folgenden drei Forschungsfragen beantwortet werden:
1.
Was sind die Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation bei Wacker Chemie?
 
2.
Wie hat sich die Wertschöpfung der Wacker-IT vor und während der digitalen Transformation verändert?
 
3.
Was sind zukünftige Managementmaßnahmen für den Wacker-Vorstand und das IT-Führungsteam?
 
Auf Basis von zehn qualitativen, leitenden Interviews streben wir daher ein e3-Wertschöpfungsnetzwerkmodell an, das die durch die Digitalisierungsinitiativen ausgelöste Steigerung der Wertschöpfung der Wacker IT für die gesamte Organisation beleuchtet. Abschließend sehen wir Handlungsbedarf für die Wacker IT, die laufenden Initiativen zu clustern, um aussagekräftige KPIs abzuleiten, die zu einem strukturierteren Vorgehen führen. Basierend auf unseren bisherigen Erkenntnissen, bieten wir daher zusätzlich eine Value Map an, die alle Initiativen zur digitalen Transformation abdeckt, um zukünftige Maßnahmen und Entscheidungen des Wacker-Vorstandes zu unterstützen.
Die übrigen Seiten dieses Beitrags sind wie folgt aufgebaut. Zunächst stellen wir die Wacker Chemie AG ausführlich vor und legen damit die Basis für die anschließende Analyse der internen Prozesse und der begleitenden Erfolgsfaktoren. Zweitens beschreiben wir unseren Forschungsansatz. Drittens werden die Analyse des digitalen Transformationsprogramms und die identifizierten Erfolgsfaktoren dargestellt und durch die Wertnetzwerke von Wacker vor und während der digitalen Transformation abgeschlossen. In einem vierten Schritt stellen wir zukünftige Managementmaßnahmen vor, einschließlich einer Value Map, die alle neu aufgesetzten Initiativen umfasst. Abschließend werden die Ergebnisse diskutiert und die Implikationen, Grenzen und der Ausblick kurz dargestellt.

2 Unternehmensprofil Wacker Chemie AG

Wacker ist ein weltweit tätiges Unternehmen der chemischen Industrie mit Sitz in München und Burghausen, Deutschland. Das 1914 gegründete Familienunternehmen beschäftigt weltweit rund als 14.300 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 4,7 Mrd. Euro, wobei rund 83 % im Ausland erwirtschaftet werden (Wacker Chemie AG 2019b). Vor einem herausfordernden asiatischen Markt sowie einem relativ konstanten amerikanischen Markt bleibt Europa mit knapp zwei Milliarden Euro Umsatz der stärkste Markt (Wacker Chemie AG 2018).
Mit seinen vier Geschäftsbereichen Polymers, Silicones, Polysilicon und Biosolutions bildet Wacker das Rückgrat für eine Vielzahl von Branchen, darunter Automobil und Transport, Lacke und Farben, Bau, Consumer Care, Elastomere und Kunststoffe, Energie, Elektrik und Elektronik sowie Gesundheit. Mit dem Aufbau und der Entwicklung dieser Geschäftsbereiche ist es Wacker gelungen, auf die sich im Laufe der Zeit abzeichnenden Trends in der chemischen Industrie, wie das Aufkommen der Kohlechemie, der Petrochemie und der Globalisierung, erfolgreich zu reagieren und sich anzupassen. Auch heute ist Wacker wieder mit bedeutenden Veränderungen durch Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft konfrontiert (Wacker Chemie AG 2018).
Polymere sind dabei der älteste Geschäftsbereich und liefern die benötigten Rohstoffe für zahlreiche Anwendungen und Produkte. Bei der Herstellung von Dispersionspulvern, die vor allem für Trockenmörtel verwendet werden, gilt Wacker als Marktführer in diesem Segment. Mit einer Palette von über 3000 Siliconprodukten zählt Silicones zu den weltweit größten Herstellern von Silanen und Siliconen. Polysilicone produziert das wichtigste Rohmaterial für die Herstellung von Solarzellen. Mit der großtechnischen Herstellung von hochreinem Polysilicium seit 1959 ist Wacker ein Pionier in diesem Wachstumsmarkt. Der jüngst hinzugekommene Geschäftsbereich Biosolutions konzentriert sich verstärkt auf biotechnologisch hergestellte Produkte für die Zielmärkte Lebensmittelindustrie und Biopharmazie. Mit diesem Geschäftsbereich werden die interdisziplinären Bedürfnisse in der chemischen Industrie aufgegriffen und als ein Feld gesehen, das eine langfristige strategische Ausrichtung erfährt.
Der Geschäftsbereich Silicones ist mit einem Umsatz von zweieinhalb Milliarden Euro der größte Geschäftsbereich, gefolgt von Polymers, Polysilicones und Biosolutions (Wacker Chemie AG 2018).
Da Wacker eine beachtliche Bandbreite an Branchen und Produktgruppen abdeckt, ist es von besonderem Interesse zu untersuchen, wie der Chemieriese die unternehmensweite Einführung eines digitalen Transformationsprogramms angeht. Damit stellt er ein geeignetes Analyseobjekt für den Zweck unserer Studie dar.

3 Forschungsansatz

Da es sich bei der digitalen Transformation von Wacker um ein einzigartiges, reales Unternehmen handelt, erwies sich ein qualitativer Forschungsansatz als besonders geeignet, um unser Forschungsinteresse zu erfüllen. Wir haben daher einen dreistufigen Forschungsansatz verfolgt, der die Datenerhebung und -analyse auf der Grundlage der Grounded-Theory-Methode, eine eingehende Ökosystemanalyse, die zu zwei Wertnetzwerken auf der Grundlage der e3-Value-Methode führt, sowie eine Enterprise Value Map umfasst. Insgesamt bietet dies die Möglichkeit, ein besseres Verständnis für ein einzigartiges, reales Phänomen zu schaffen und einen wertvollen Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs zu leisten.

3.1 Anwendung der Grounded Theory

Wir nutzen die Grounded Theory Methodology (GTM) nach Glaser und Strauss (1967), welche eine der am häufigsten angewandten qualitativen Forschungsmethoden in den Sozialwissenschaften darstellt (Morse et al. 2016) und heute auch in der Wirtschaftsinformatikforschung zunehmend Anklang findet (Wiesche et al. 2017).
Mit der sogenannten Gioia-Methodik (Gioia et al. 2013) wird ein systematischer und induktiver Weg angeboten, um tragfähige und relevante theoretische Konzepte zu entwickeln sowie eine fundierte Theorie zu generieren und dabei ein hohes Maß an qualitativer Rigorosität und Zuverlässigkeit zu wahren – Eigenschaften, die für ein qualitativ hochwertiges Fallstudiendesign eine entscheidende Rolle spielen (Gephart 2004). Dementsprechend ist eine der Hauptannahmen der Gioia-Methodik, dass der Umgang mit den Menschen, die das Phänomen von theoretischem Interesse erleben, im Mittelpunkt steht. Daher sind Interviews besonders wertvoll und stellen die wichtigste Datenquelle für die jeweiligen Studien dar. Dabei ist es wichtig, eine Forschungsfrage zu entwickeln, die gut spezifiziert ist, aber gleichzeitig genügend kreativen Spielraum für weitere Ableitungen lässt (Gioia et al. 2013).
Ausgehend von unseren einleitend skizzierten Forschungsleitfragen werden wir im Folgenden unsere Studiendurchführung darstellen, um die von uns sorgfältig erarbeiteten Interpretationen und Schlussfolgerungen methodisch zu validieren.

Datenerfassung

In der zugrunde liegenden Fallstudie sammelten wir Daten hauptsächlich durch halbstrukturierte Experteninterviews mit Führungskräften. Zum Zwecke der Triangulation haben wir unsere Datenbasis durch zusätzlich von Wacker zur Verfügung gestellte Dokumente erweitert (Miles et. al. 1994). Aufgrund des frühen Stadiums des Transformationsprozesses und der geringen Verfügbarkeit zusätzlicher Quellen war deren Nutzen für den Ausgleich von Diskrepanzen oder das Reframing einzelner Themen jedoch begrenzt.
Insgesamt haben wir zehn Experteninterviews mit Führungskräften aus verschiedenen IT-Abteilungen bei Wacker geführt. Die Einzelinterviews dauerten zwischen 60 und 90 min. In Anlehnung an den Forschungsansatz von Eisenhardt (1989) führten wir die Interviews gemeinsam im Team durch, was es uns ermöglichte, vielfältige Einblicke aus unterschiedlichen Perspektiven zu gewinnen, zum einen von außen, zum anderen direkt aus dem engen Gespräch mit den Interviewpartnern. Die Verwendung von halbstrukturierten Interviews ermöglichte es uns außerdem, unmittelbar auf die Aussagen der Informanten zu reagieren und gleichzeitig die vorgegebene Struktur unseres Interviewleitfadens beizubehalten, der auf die jeweiligen Interviewpartner und ihr spezielles Fachwissen zugeschnitten war. Im Laufe der Forschung wurden sie jedoch auf der Grundlage unserer zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse iterativ angepasst. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle Interviews mitgeschnitten und anschließend manuell transkribiert.

Datenanalyse

Eng mit der Befragung verbunden ist die Datenanalyse, die mehrere Runden des datengesteuerten, offenen Kodierens umfasst, wie von Gioia et al. (2013) vorgeschlagen. In der ersten Kodierungsrunde wird empfohlen, sich so nah wie möglich an den Begriffen und Formulierungen der Befragten zu orientieren und gleichzeitig Kategorien für markante Daten zu erstellen. Da wir jedoch die Notwendigkeit erkannten, die Konzepte erster Ordnung ins Englische zu übersetzen, führten wir eine iterative Kodierungsschleife durch und fanden einen englischen Satz oder ein englisches Wort, das die Daten und die zuvor im Deutschen angebrachten Codes am besten widerspiegelt.
In der Folge identifizierten wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der großen Anzahl unterschiedlicher Codes und verdichteten sie schließlich zu wenigen Kategorien, die auf aussagekräftigen Bezeichnungen oder Deskriptoren basieren. In der Analyse zweiter Ordnung leiteten wir dann weitere Konzepte aus den sich abzeichnenden Themen ab und zerlegten sie in aggregierte Dimensionen, die es uns schließlich ermöglichten, die beobachteten Phänomene auf einer abstrakteren Ebene zu beschreiben und zu erklären, und die die Grundlage für unsere weitere Analyse bildeten. In Fällen von teaminternen Diskrepanzen bezüglich bestimmter Kodierungen haben wir die Daten erneut durchgesehen, gemeinsam diskutiert und ein gemeinsames Verständnis entwickelt, um zu konsensualen Interpretationen zu gelangen, wie es vorgeschlagen wurde (Gioia et al. 2013).

3.2 Ökosystem-Analyse und e3-Value-Methode

Zur Modellierung und Visualisierung des IT-Ökosystems von Wacker haben wir die e3-Value-Methode nach Akkermans und Gordijn (2003) verwendet. Diese Methode erleichtert die Analyse der Wertströme zwischen und unter den Geschäfts- und IT-Bereichen bei Wacker. Sie ist daher ein geeignetes Mittel, um die Unterschiede der Wertströme zu veranschaulichen, die sich aus der Umstellung von einem traditionellen Plan – Build – Run-Ansatz auf einen agileren Innovate – Consult – Plan – Build – Enable – Run-Ansatz ergeben. Daher bietet die e3-Value-Methode einen konzeptionellen Modellierungsansatz, der eine Wertperspektive bietet, und nicht eine geschäftsmodellzentrierte Methode (Riasanow et al. 2017), wie z. B. das Business Model Canvas. Die Verwendung dieses Modells als Darstellungsmedium zur Darstellung des wirtschaftlichen Werts sowie der Art und Weise, wie Akteure Objekte des wirtschaftlichen Werts schaffen, austauschen und konsumieren, ermöglicht die Ermittlung, Analyse und Bewertung von Geschäftsideen aus einer Ökosystemperspektive (Krcmar 2015; s. auch Hein et al. 2020) Hein et al. 2018. Im Fall von Wacker konzentriert sich unsere Analyse auf organisationsinterne Wertaustauschströme zwischen der IT-Abteilung, vier Geschäftsbereichen sowie der Support-Abteilung.
Abb. 1 zeigt die verschiedenen Elemente der e3-Value-Methode, darunter den Akteur als wichtigste, ökologisch unabhängige Einheit, die als Marktsegment aggregiert werden kann, wenn mehrere gleichartige Akteure existieren. Die Akteure tauschen Wertobjekte wie Dienstleistungen, Waren, Geld oder Informationen über Schnittstellen, sogenannte Value Ports, aus, welche zu einem Wertaustausch zwischen zwei oder mehreren Einheiten führen.

3.3 Enterprise Value Map

Aus einer Vielzahl von Gründen ist die Steigerung des Unternehmenswertes zum vorrangigen Ziel vieler großer Unternehmen geworden (Franz 2004). Allein die Formulierung eines Gesamtziels zur Steigerung des Unternehmenswertes garantiert nicht automatisch, dass das gesetzte Ziel auch erreicht wird. Daher müssen spezifische Maßnahmen über mehrere Abteilungen und Organisationsebenen eines Unternehmens hinweg ergriffen werden, nicht nur um eine echte Wertschöpfung zu gewährleisten, sondern auch um die Auswirkungen der spezifischen Initiativen zu verfolgen. Außerdem haben wir uns für die Anwendung einer sogenannten Value Map entschieden. Dieser praktische, systematische Rahmen hilft dabei, den Gesamtwert eines Unternehmens zu veranschaulichen. Der Gesamtwert wird dabei in mehrere beeinflussende Teilkomponenten unterteilt (Franz 2004). Darüber hinaus bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, die zugrunde liegenden Einflussfaktoren oder sogenannten Werttreiber der definierten Ziele zu identifizieren, welche in einer hierarchischen Struktur dargestellt werden. In einem nächsten Schritt können Hypothesen aus unternehmensinternen Initiativen abgeleitet und zu den definierten Werttreibern geclustert werden. Dadurch wird eine Zuordnung der Werttreiber zu den Teilzielen möglich. Dieser Ansatz, Hypothesen aus den Initiativen eines Unternehmens abzuleiten und diese den Werttreibern bis hin zum Gesamtwert zuzuordnen, bildet schließlich die Grundlage, um die wichtigsten Wertschöpfer innerhalb einer Organisation zu identifizieren und zu visualisieren.
Dabei ist zu beachten, dass Wert eine relative Größe ist, die nur dann eine sinnvolle Interpretation zulässt, wenn sie in Relation zu anderen Unternehmen oder Zeiträumen gesetzt wird.
Darüber hinaus hilft eine Value Map dem Management eines Unternehmens dabei zu verdeutlichen, wie Wert geschaffen und beeinflusst wird. In einer breiteren Perspektive kann sie auch als solide Grundlage für die Ableitung von KPIs verwendet werden, mit denen die Leistung des geschaffenen Wertes gemessen werden kann (Lukac und Don 2012).

4 Digitale Transformation bei Wacker

4.1 Schaffen einer gemeinen Basis

Bevor Wacker die Initiative der digitalen Transformation einleitete, agierte die IT-Abteilung auf konservative, aber stabile Weise. Da das Unternehmen jedoch erkannte, dass die Anpassung an künftige digitale Trends flexiblere Reaktionen erfordert, hat Wacker beschlossen, das Programm Wacker Digital einzuführen. Dieses zielt auf die Umstrukturierung interner und externer Prozesse ab, um die IT-Abteilung von einem Kosten- zu einem Wertschöpfungsfaktor umzugestalten.
Um die Ausgangssituation der Wertschöpfung bei Wacker und insbesondere die Rolle der IT besser zu verstehen, wird im Folgenden der Status quo des Unternehmens vor dem Start der Transformationsinitiative im Jahr 2017 betrachtet. Anschließend wird die Zehn-Jahres-Strategie, mit dem Bestreben digitaler Marktführer in der Chemieindustrie bis Ende 2026 zu werden, erläutert und mit einer ausführlichen Vorstellung der digitalen Transformationsinitiative abgeschlossen.

Die Situation von Wacker vor der digitalen Transformation

In den letzten Jahrzehnten agierten die Geschäfts- und Supportbereiche von Wacker weitgehend unabhängig von der IT-Abteilung. Hauptaufgabe der IT-Abteilung war es, sowohl Soft- als auch Hardwareprodukte entlang der gesamten Wertschöpfungskette einzusetzen und die entsprechende Infrastrukturumgebung so zu gestalten, dass alle operativen und geschäftlichen Prozesse zuverlässig und stabil ablaufen, ohne dass es zu nennenswerten Ausfällen kommt. Dementsprechend interagierte die IT-Abteilung mit den übrigen Geschäfts- und Supportbereichen meist reaktiv und bedarfsorientiert, d. h., maßgeschneiderte Tools und Lösungen wurden nur auf Anfrage bereitgestellt, sobald ein entsprechender Bedarf entstand. Demnach folgte man dem traditionellen Konzept von Plan – Build – Run, welches mit einer gründlichen Projektplanungsphase entsprechend den Bedürfnissen der Geschäftsbereiche beginnt. Anschließend erhielt die jeweilige Abteilung eine funktionsfähige Lösung, ohne weitere kundenorientierte Entwicklungsiterationen durchzuführen. Indem man der Aufrechterhaltung des reibungslosen Funktionierens der Infrastruktur sowie der Vermeidung von Ausfällen höchste Priorität einräumte, wurde ein klarer Fokus auf den letzten Schritt des dreiteiligen Konzepts – den Betrieb – gelegt. Durch das Bestreben, die Kundenanforderungen zu erfüllen, blieb jedoch wenig Spielraum für die Entwicklung innovativer Lösungen.
Das vorherrschende Paradigma bei der Erstellung von IT-Lösungen vor dem digitalen Transformationsprogramm von Wacker war weitgehend von einem „on-time and on-budget“-geprägten Ansatz bestimmt. Eine Implementierung galt als erfolgreich, sobald der Go-Live-Status unter Einhaltung des vorgegebenen Planungszeitraums und Budgetrahmens erreicht wurde. Der Grad der tatsächlichen Nutzung der neu eingeführten Soft- oder Hardware wurde dagegen bisher nicht berücksichtigt.
Aus finanzieller Sicht wurde der IT-Bereich weitgehend als reiner Kostenfaktor betrachtet, ohne das volle Potenzial zu nutzen oder wahrzunehmen. Die hohen Kosten der IT beispielsweise durch vorherrschendes Lizenzmanagement und Infrastrukturkosten führten zur Einführung von Sparmaßnahmen innerhalb der Abteilung.

Strategie für eine digitale Führungsrolle

Disruptive Trends in der chemischen Industrie und unvorhersehbare Marktveränderungen führen dazu, dass der Einsatz von IT an Grenzen stößt und möglicherweise wichtige Chancen zur Weiterentwicklung und Stärkung der Marktposition des Unternehmens verpasst werden. Dies veranlasste den Vorstand und Chief Information Officer (CIO), die Rolle der IT sowie die damit verbundenen internen und externen Prozesse mit dem Einsatz neuer Technologien und der Implementierung einer neuen digitalen Kultur zu überdenken. Innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren will Wacker neue Ideen und Maßnahmen in großem Umfang umsetzen, um schließlich digitaler Marktführer in der chemischen Industrie zu werden (Wacker Chemie AG 2019a). Schließlich zielt der Wandel der IT vom Kostenfaktor zum Werttreiber darauf ab, sowohl die Wettbewerbsfähigkeit und Effektivität des Unternehmens zu steigern als auch neue Chancen zu nutzen, z. B. durch die Erschließung neuer Märkte, die Senkung von Kosten durch effizientere operative Prozesse, die Standardisierung von Werkzeugen zur Förderung der Zusammenarbeit oder die Reduzierung von Ausgaben für nicht genutzte Produkte.

Das Programm Wacker Digital

Die Einführung des umfassenden Transformationsprogramms Wacker Digital zielt darauf ab, Initiativen zur Neustrukturierung interner und externer Prozesse zu bündeln. Mit diesem Programm hat Wacker einen Katalysator für die Implementierung neuer digitaler Werkzeuge und Technologien, für die Einführung neuer Denkweisen, die Verbesserung der Effektivität von Prozessen und die Verbesserung der digitalen Kundenerfahrung geschaffen. Die Initiativen bündeln neue und bestehende digitale Aktivitäten, die Wacker helfen, Synergien zu finden und das Potenzial der Digitalisierung zu nutzen. Darüber hinaus will Wacker Digital ein Bewusstsein für die unternehmensweite digitale Strategie im gesamten Unternehmen schaffen und zu einer erleichterten Kommunikation der darin enthaltenen Initiativen und Projekte beitragen.
Für eine schrittweise und strukturierte Umsetzung des Digitalprogramms hat Wacker drei Handlungsfelder eingeführt, die alle Regionen und Geschäftsbereiche betreffen: Frontend, Operations und Foundation. In den folgenden Abschnitten werden die zugrunde liegenden Prinzipien und der Beitrag des Unternehmens auf dem Weg zum digitalen Marktführer untersucht.
Wacker Digital Frontend
Das Handlungsfeld Frontend zielt darauf ab, die Kundenbindung zu verbessern und den Umsatz zu steigern, indem der Kunde besser verstanden wird. Wacker hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Kunden ein branchenweit führendes digitales Erlebnis zu bieten. Die eingeleiteten Initiativen zielen daher darauf ab, digital gesteuerte Geschäftsprozesse zu etablieren, die sowohl die Marketing- und Vertriebseinheit als auch den Endkunden adressieren. Frontend bündelt Maßnahmen zur Etablierung und Verbesserung von Kundenschnittstellen, zur Begegnung mit neuen digitalen Geschäftsmodellen und zur Umsetzung einer Innovationsführerschaft.
Im Zuge dessen hat Wacker mehrere digitale Cluster definiert, wie z. B. Smart Pricing und Sales Enablement, welche dazu beitragen, die verschiedenen Initiativen zu strukturieren und mit Anwendungsfällen zu untermauern. Es werden mehrere Leuchtturmprojekte gestartet, die als Vorbild für zukünftige Projekte dienen sollen. Eines dieser Leuchtturmprojekte ist „Dial in the Expert“, welches die grenzenlose Kommunikation zwischen Vertriebsmitarbeitern und Spezialisten fördert (Wacker Chemie AG 2019a).
Wacker Digital Operations
Das zweite Handlungsfeld, Operations, zielt darauf ab, Forschungs- und Entwicklungs- (F&E), Logistik- und Produktionsprozesse durch den Einsatz digitaler Technologien und die Nutzung des entstehenden Datenpotenzials zu optimieren. Damit stellt Wacker sicher, dass ein branchenweit führendes Sicherheitsniveau, eine verbesserte Produktionsleistung und eine hohe Produktionsqualität gewährleistet sind. Durch die Definition von digitalen Clustern, wie digitalen Assistenzsystemen und digitaler Planung, werden mehrere Leuchtturmprojekte gestartet, wie z. B. ein Health-Check für Anlagen, der durch Predictive Maintenance ermöglicht wird. Durch die Nutzung der Datenströme sind Reparatur- und Wartungsarbeiten besser planbar, während Ausfallzeiten und Kosten reduziert werden können (Wacker Chemie AG 2019a).
Wacker Digital Foundation
Das dritte Handlungsfeld Foundation fokussiert auf die Etablierung eines mitarbeiterzentrierten Wahrnehmungswandels durch die strategische Neupositionierung der IT-Einheit und ermöglicht einen technologischen und kulturellen Wandel, der die Etablierung der Digitalisierung als Standard in der gesamten Organisation sicherstellt. Dieses Handlungsfeld wirkt sich auf die gesamte Wertschöpfungskette von Wacker aus und bildet die Grundlage für die digitale Transformation. Um dieses Ziel zu erreichen, schafft die Foundation ein Bewusstsein bei den Mitarbeitern, sodass diese in der Lage sind, digitale Chancen und Gefahren zu verstehen und zu erkennen. Auf der Grundlage dieses Bewusstseins wird eine digitale Kultur verankert, die zu einer gesteigerten Motivation der Mitarbeiter führt, ihre Anforderungen und Anliegen innerhalb der Organisation digital umzusetzen, indem sie neue Technologien anwenden und digitale Kompetenzen aufbauen. Die Nutzung dieser neu erworbenen Kompetenzen bildet die Grundlage für die digitale Transformation der gesamten Organisation.
Um die Digitalisierung hautnah zu erleben, hat Wacker zudem eine Reihe von After-Work-Events etabliert, die vielfältige technologische Impulse setzen. Ein weiteres Projekt, das von der Wacker Digital Foundation ins Leben gerufen wurde, sind die „Digital Pages“, eine Website, die den Mitarbeitern einen Überblick über aktuelle Wacker-Digital-Projekte, Erfahrungsberichte und Nutzungsszenarien bietet und dazu beiträgt, alle Mitarbeiter gleichermaßen auf die digitale Reise mitzunehmen (Wacker Chemie AG 2019a).

4.2 Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation

Aufbauend auf den Erkenntnissen über Wacker Digital konnten die durchgeführten Interviews das Verständnis über die digitale Transformation bei Wacker verfeinern. Infolgedessen konnten drei zentrale Erfolgsfaktoren identifiziert werden, die den laufenden Prozess maßgeblich bestimmen. Dabei handelt es sich um strategische, technologische und kulturelle Erfolgsfaktoren, die im Folgenden jeweils näher erläutert werden.

Strategische Erfolgsfaktoren

Zuallererst ist es wichtig zu verstehen, dass die digitale Transformationsinitiative von Wacker nicht nur eine strategische Neupositionierung der IT-Abteilung selbst impliziert. Wie bereits erwähnt, verändert sich aufgrund der neuen internen Wahrnehmung der IT, die einen Paradigmenwechsel von einer reinen unterstützenden Abteilung und einem Kostenfaktor hin zu einer internen Rolle als Innovator, Berater und Business Enabler erfährt, das gesamte Unternehmens-Ökosystem innerhalb von Wacker.
Auch wenn die IT-Abteilung bis zu einem gewissen Grad bereits vor der digitalen Transformationskampagne einen nutzerzentrierten Ansatz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg verfolgte, wurde dies in der Vergangenheit nicht klar als solcher kommuniziert.
„Die Rolle der IT hat sich nicht geändert, nur wird sie jetzt anders dargestellt, im Sinne von ‚Hey, ohne uns geht es nichtʻ […]“ (Experte 8a).
So wurden zahlreiche Maßnahmen initiiert, um das zugrunde liegende strategische Verständnis von „IT as a Service“ (ITaaS) stärker zu fördern und damit den Erfolg der Transformation voranzutreiben.
Weiterentwicklung der Organisationsstruktur
Ein Ausgangspunkt des digitalen Transformationsprozesses war die organisatorische Umstrukturierung. Es wurden neue Bereiche aufgebaut und zusätzliche, bereichsübergreifende Schnittstellen geschaffen. Prominentestes Beispiel dafür ist die Etablierung eines User-Adoption-Teams, das nicht direkt in die Linienorganisation integriert ist, sondern als Dachbereich für das gesamte Unternehmen agiert. Dies soll u. a. dazu beitragen, Silos aufzubrechen und die angestrebte interdisziplinäre Zusammenarbeit von Domänenexperten verschiedener Organisationseinheiten nach dem Arbeitsprinzip der sogenannten Teams of Teams zu fördern, bei dem der bestehenden Aufbauorganisation eine zunehmend untergeordnete Rolle zugewiesen wird. In diesem Zusammenhang wird auch die Münchener Zentrale baulich umgestaltet, um mehr Freiräume zum Zwecke einer besseren Kommunikation und funktionsübergreifenden Kollaboration zu schaffen.
„Das leitende Prinzip ist das Team – nicht im Sinne seiner strukturellen Bestimmung, sondern in Bezug auf die Themen, an denen ich arbeite […] Das heißt, dass man nicht mehr automatisch seinen spezifischen Arbeitsplatz hat, sondern die Möglichkeit hat, den Arbeitsplatz zu nehmen, den man gerade braucht“ (Experte 8a).
Der Grund, warum all dies in die Wege geleitet wurde, ist, dass Wacker erkannt hat, dass die Struktur autonom agierender Abteilungen in Zukunft nicht mehr funktionieren wird. Schließlich erfordern die stetig steigenden Anforderungen der einzelnen Fachbereiche ein immer flexibleres und agileres Reagieren seitens der IT. Eine übergreifende Instanz, wie das User Adoption Team, ist daher ein sinnvoller Schritt in diese Richtung. Es verfolgt mit der Entwicklung von Enabling-Konzepten einen ganzheitlichen Ansatz, der mehrere Phasen eines Projektes umfasst und von der Beratung über die Lead-Implementierung bis hin zur User Adoption reicht.
Weiterentwicklung des Beziehungsmanagements
Der Erfolg der digitalen Transformation und die damit verbundenen organisatorischen Veränderungen sind auch unmittelbar mit dem Wandel des Beziehungsmanagements verbunden. Dabei gilt es, Business und IT durch einen intensiven Austausch, z. B. im Hinblick auf das Demand Management oder das Service-Request Management, besser aufeinander abzustimmen.
Eine zentrale Erkenntnis ist dabei, dass sich die IT-Abteilung viel früher als bisher in Projekte einbringen muss, um ihr volles Potenzial zu entfalten – auch um selbst neue Projekte anzustoßen. Dementsprechend bietet das Programm von Wacker Digital erstmals die Möglichkeit, neue Themen kollaborativ zu diskutieren, zu entwickeln und zu erforschen – unabhängig von einem zugrunde liegenden Business Case. Darüber hinaus hilft das User Adoption Team in seiner Rolle als Übersetzer und Vermittler, die oft vorherrschende Diskrepanz zwischen der Sprache der Informationstechnologien und der Sprache der Endanwender zu überwinden.
„Denn wenn die IT-Mitarbeiter mir als Endbenutzer sagen, wie ich das Tool verwenden soll, haben sie mich bereits verloren, da sie Fakten und Zahlen verwenden, die mich überhaupt nicht interessieren“ (Experte 5).
Wie die dazu erhaltenen Rückmeldungen bestätigen, führte dies zu einem besseren gegenseitigen Verständnis und einer höheren Wertschätzung zwischen den beteiligten Parteien und Geschäftsbereichen.
„[…] und ich habe schon die Rückmeldung bekommen, dass die Abteilungen immer öfter sagen: ‚Ich wusste gar nicht, was ihr schon alles gebaut habt und vor allem, was ihr eigentlich leisten könnt.ʻ“ (Experte 4).
Im Gegenzug ist dies eine wichtige Voraussetzung, um die gewünschte Rolle des technologieunabhängigen Inhouse-IT-Beraters zu erfüllen. Sie bietet die Möglichkeit, Know-how zu verinnerlichen, mögliche Voreingenommenheit gegenüber Softwarelösungen auszugleichen und anstehende Problemstellungen aus einer neutraleren Perspektive und in einem viel früheren Stadium als bisher zu adressieren.
Weiterentwicklung des Innovationsmanagements
Durch die strategische Umsetzung einer stärker kollaborativen und agileren Arbeitsumgebung wirkt das digitale Transformationsprogramm von Wacker als Katalysator für Innovationen.
„[…] Planungsschritte waren vorgegeben, der Prozess war verlässlich, was aber zu einer Entmutigung der Innovation führte […]“ (Experte 7).
Laut Expertenmeinung wurde in den vergangenen Jahrzehnten aus Gründen der Planungssicherheit ein eher kosten- und nachfrageorientierter Ansatz verfolgt. Inzwischen hat das Unternehmen jedoch erkannt, dass – um den neuen betrieblichen und marktlichen Anforderungen in Zukunft gerecht werden zu können – eine stärkere Ausrichtung auf das Innovationsmanagement unabdingbar ist. Dazu gehört das kontinuierliche Screening von neuen Technologien, die auf dem Markt erscheinen, sowie möglicher Investitionen in wertschöpfende Lösungen.
Nach dem Prinzip Learn – Engage – Adopt wurde dabei ein Ansatz gewählt, der typischerweise, bevor der vollständige Roll-out eingeleitet wird, mit einem sogenannten Minimum Viable Product (MVP) und einer Pilotphase beginnt, sodass eine wesentlich höhere Geschwindigkeit im Prozess erreicht werden kann. Dies schafft einerseits Raum für offene Top-Level-Diskussionen mit den jeweiligen Fachabteilungen. Andererseits wird auch jeder einzelne Mitarbeiter ermutigt, eigene Projekte voranzutreiben, über neue Technologien und Lösungsalternativen nachzudenken und so metaphorisch als innovatives Schnellboot innerhalb der Organisation (Experte 8a) zu agieren.
Weiterentwicklung des Mitarbeitertrainings und der Mitarbeiterfähigkeiten
Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler einer erfolgreichen Transformation stellen der Aufbau entsprechender Skillsets und die richtige Schulung der Mitarbeiter dar. Dazu gehören nach Ansicht des CIO intensive Bemühungen, einen Umdenkprozess einzuleiten und allen Beteiligten bewusst zu machen, was sich konkret ändern wird. Dazu müssen Mitarbeiter die Fähigkeiten erlernen, belastbar auf eine Zukunft zu reagieren, in der die Lernzyklen immer schneller werden. Anstelle von reinen Schulungsinhalten muss daher eher eine Befähigungs- und Selbstlernmentalität vermittelt werden. Parallel zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der intern Beschäftigten ist es auch wichtig, zusätzlich externe Mitarbeiter zu rekrutieren, darunter vor allem Studierende und Fachkräfte (Prommegger et al. 2022).
„Um fähige Entwickler anzuziehen, müssen wir ein dynamisches und hierarchiefreies Umfeld bieten. Andernfalls werden wir nicht mehr wettbewerbsfähig sein“ (Experte 7).
Transition zu einer Nutzen-orientierten Erfolgsmessung
Mit all diesen organisatorischen und strategischen Veränderungen wächst der Bedarf an der Identifizierung und Einführung neuer, sowohl qualitativer als auch quantitativer Key-Performance-Indikatoren (KPIs). Die alleinige Überwachung der Infrastruktur und Messung der Anwendungsverfügbarkeit, wie es in der Vergangenheit der Fall war, reichen nicht mehr aus. All das stellt derzeit eine große Herausforderung dar, die es zu bewältigen gilt.
Schließlich hat nicht nur die Komplexität der Anwendungen zugenommen, sondern auch die Anwendungsumgebung wird immer hybrider und die Anforderungen an ein End-to-End-Monitoring durch die Nutzung von Cloud-Diensten immer höher.
„[…] Je mehr Menschen sich mit den Funktionen des Systems vertraut machen, desto mehr Fragen werden möglicherweise an den Service Desk gerichtet, was dann sogar zu einem Anstieg der Anfragen führt“ (Expert 5).
Während eine geringere Anzahl an Support-Tickets, dieser Aussage zufolge, kein geeignetes Maß für den Erfolg zu sein scheint, könnten weniger Beschwerden über die Systemqualität und eine höhere Nutzerzufriedenheit aussagekräftiger und repräsentativer dafür sein. Bei der Betrachtung von KPIs muss es weniger um die Einsparung von Ressourcen gehen, sondern vielmehr darum, wie diese in Bezug auf Zeit und Produktivität effizienter genutzt werden können.
Einen Eckpfeiler auf der Agenda von Wacker stellt daher die Einführung eines nutzungsbasierten Systems zur Erfolgsmessung dar. Dies impliziert in einem ersten Schritt die Frage nach dem Grad der Nutzung. Ein Ziel des User Adoption Teams ist es demnach, Nutzungsszenarien in Form von Trainings zu erstellen und zu fördern und schließlich die Nutzung der jeweiligen Anwendung zu messen.
Noch einen Schritt weitergehend stellt sich die Frage, wie der Nutzer in die Lage versetzt werden kann, die neu eingeführten Tools und Anwendungen effektiver zu nutzen. Schließlich sollen die abgeleiteten KPIs kein Selbstzweck sein, sondern helfen, ein höheres Ziel zu erreichen, wie z. B. eine höhere Vertriebsproduktivität oder einen höheren Umsatz. Die Schwierigkeit liegt dabei in der indirekten und oft nicht eindeutigen Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen den definierten KPIs und dem tatsächlichen Nutzen.
„[..] In Zeiten von viel Schnee im Winter wurde die Bahnstrecke von Burghausen nach München teilweise eingestellt. So hat man sich natürlich weitestgehend auf die Nutzung von Videokonferenzen verlassen. Aber die Frage ist, ob sie es aus Überzeugung getan haben?“ (Experte 8a).
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Frage nach dem „Wie“ nicht im technischen Sinne von „Wie benutze ich es?“ gestellt werden sollte, sondern im Sinne von „Wie kann ich es benutzen?“. Eine Voraussetzung dafür ist der Abbau von technischen Barrieren, die früher als Ausrede für die Nichtnutzung einer bestimmten Anwendung dienten. Gleichzeitig bedarf es eines kontinuierlichen Anpassungsprozesses und ständiger Iterationen auf Basis des gewonnenen Nutzer-Feedbacks, damit sich der Nutzer bewusst für das Tool entscheidet und es gerne nutzt.
Um bereits in einem sehr frühen Stadium relevantes Feedback zu erhalten, wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet, darunter z. B. die Verbreitung agiler Entwicklungsmethoden, Testimonials, der Start von Pilotprojekten mit Testnutzern und die zunehmende Nutzung von Feedback-Tools oder Echtzeit-Chats. Noch wichtiger scheint jedoch der Aufbau eines starken globalen Netzwerks zu sein, in dem Multiplikatoreffekte so genutzt werden, dass sich sowohl Experten- als auch passionierte Nutzergruppen gegenseitig mit wertvollen Erkenntnissen versorgen.

Technologische Erfolgsfaktoren

„[…] Da ist viel Vorarbeit zu leisten, weil wir bisher nur ein Kostenfaktor waren und vor allem Kosten gespart haben, und wenn wir jetzt versuchen, alles zu analysieren, brauchen wir Daten aus einer Basisinfrastruktur, und zwar schnell, um einen effizienten Arbeitsablauf zu gewährleisten, um überhaupt neue Ideen umsetzen zu können“ (Experte 7).
Wie bereits erwähnt, müssen neben den strategischen Erfolgsfaktoren auch eine technologische Basis geschaffen und gewisse Anforderungen an die bereitgestellte Infrastruktur, Services und Tools erfüllt werden, damit eine digitale Transformation bei Wacker erfolgreich ist.
„Und natürlich ist es die Aufgabe der Infrastruktur, die erforderliche Leistung zu erbringen. Denn eine Anwendung, die nicht reibungslos läuft, weil das Netz oder die Server zu schwach sind oder ein anderes Problem vorliegt, lässt sich nur schwer an die Geschäftsbereiche verkaufen“ (Experte 1).
Das ultimative Ziel ist dabei wiederum die Nutzerzentrierung und die Befähigung der Nutzer, was bedeutet, dass – basierend auf dem Prinzip einer „intelligenten Arbeitsumgebung“ – die Endnutzer in der Lage sein sollen, ihre Aufgaben so bequem wie möglich zu erledigen, ohne sich um die Konfiguration bestimmter Tools oder den Verwaltungsaufwand kümmern zu müssen. Dies kann jedoch zu einer Abwägung zwischen den verschiedenen, oft kontroversen Interessen der Beteiligten führen, vor allem hinsichtlich Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit, Verfügbarkeit, Kosten und Aufwand.
Sicherstellung einer zuverlässigen Infrastruktur
Um die Wertschöpfung zu generieren, die erforderlich ist, um die Rolle der IT als Value Enabler erfolgreich neu zu definieren, ist eine stabile Infrastruktur eine unabdingbare Voraussetzung und Basis für die Durchführung von Business Enablement.
„Wir müssen die Infrastruktur viel schneller bereitstellen, um diese Veränderungen zu unterstützen“ (Experte 1).
Anstatt weiter in eine eigene On-Premise-Infrastruktur zu investieren, entschied sich Wacker für eine Cloud-First-Strategie, durch die Infrastrukturkomponenten deutlich schneller bereitgestellt werden können. Angesichts der zuvor bereits genannten, sich schnell ändernden Anforderungen gewinnen die sofortige Verfügbarkeit und Flexibilität zunehmend stärker an Bedeutung. Da die Bereitstellung der Infrastruktur oft global erfolgt, ist die Zusammenarbeit mit den globalen Infrastrukturabteilungen und Support-Einheiten entscheidend, um stets ein hohes Maß an Leistung, Sicherheit und Integrierbarkeit zu gewährleisten.
Schnelle Bereitstellung geeigneter Werkzeuge und Dienstleistungen
Neben der Infrastruktur müssen auch geeignete Werkzeuge und Dienstleistungen bereitgestellt werden, um intelligentes Arbeiten zu ermöglichen. Auf der Grundlage einer fallabhängigen Beschaffungsstrategie ist Wacker derzeit bestrebt, sowohl bestehende als auch neue sowie intern und extern entwickelte Softwaretools in einem umfassenden Werkzeugkasten zu kombinieren.
„Die verschiedenen Tools, mit denen wir derzeit Standards setzen, sollen dann in einer Toolbox zusammengestellt werden, je nach Größe der Kundengruppe, sowie begleitet von einer Roadmap, wie man sie bekannt macht und verkauft“ (Experte 7).
Dies sollte dazu beitragen, Governance zu etablieren und Standards zu definieren, sodass die Komplexität reduziert und Probleme der Schatten-IT gelöst werden können.
„[…] Wenn wir als IT-Abteilung unsere Dienstleistungen nicht so erbringen, wie der Kunde es von uns erwartet, entsteht eine Art Schatten-IT. Das bedeutet, dass die Kunden in der Folge ihre eigenen Lösungen entwickeln und uns nicht einmal fragen, sondern es einfach selbst tun. So wollen wir das nicht haben“ (Experte 7).
Auch wenn es keine „one-size-fits-all“-Lösung gibt, versucht Wacker IT, so weit wie möglich Industriestandards zu verwenden, da dies zahlreiche Vorteile in Bezug auf Wartung, Flexibilität, Geschwindigkeit und Ressourceneinsatz bietet.
Andererseits erfordert der ganzheitliche Einsatz eines solchen Werkzeugkastens in allen Geschäftsbereichen intuitive und effiziente Arbeitsabläufe in Abhängigkeit der verschiedenen Nutzergruppen und Wirkungsgrade des jeweiligen Werkzeugs. Aktuelle Schwerpunktthemen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die nahtlose Integration von Cisco-Tools wie Webex Teams und Microsoft-Tools wie Office 365 (Experte 4, S. 5) oder die Implementierung eines digitalen Backbone-Produktionstools, das die Grundlage für eine ordnungsgemäße Datensammlung, -analyse und -qualitätssicherung schafft, die für die Bereitstellung von Big-Data-Analysediensten in der Zukunft erforderlich ist (Experte 3, S. 6).

Kulturelle Erfolgsfaktoren

„Die Kultur isst die Strategie zum Mittagessen, das heißt, wenn sich die Kultur nicht ändert, können wir sie nicht so gut oder so schnell managen, wie wir wollen“ (Experte 4).
Wie dadurch deutlich wird, sind für den Erfolg der digitalen Transformation bei Wacker auch kulturelle Faktoren wichtig, einschließlich eines kontinuierlichen Mentalitätswandels und eines Übergangs zu neuen Arbeitsstilen in der gesamten Organisation.
Wandel der Mentalität
„Das bedeutet nicht, dass es schnell gehen wird, aber das ist Teil des Spiels. Wir müssen buchstäblich jeden abholen“ (Experte 4).
Um eine neue Denkweise bei Wacker effektiv zu etablieren, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes der Nutzerakzeptanz, der Verbreitung von Leidenschaft und Neugier für neue Technologien, Systeme und Werkzeuge sowie der Veränderung von Organisationsstrukturen.
„Neugierde bedeutet die Bereitschaft etwas Neues zu lernen – neugierig auf neue Systeme und Werkzeuge zu sein und gleichzeitig die Leidenschaft zu zeigen, unbekannte Dinge auszuprobieren“ (Experte 5).
Dabei ist zu beachten, dass es nicht nur um den Einsatz neuer Werkzeuge geht, sondern vielmehr um die Etablierung einer systemischen Denkweise, die auf neuen Formen der Zusammenarbeit beruht und wiederum die Bereitschaft zum Selbstlernen und eine proaktive Mentalität voraussetzt, die letztendlich zu mehr Eigeninitiative führt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Mehrheit der Mitarbeiter im Durchschnitt seit 30 bis 35 Jahren im Unternehmen beschäftigt ist, dürfte es jedoch schwierig sein, alle dazu zu bewegen, ihr vorherrschendes Denken zu ändern.
„Die Botschafterrolle ist hier ein entscheidender Punkt. Da es Kollegen gibt, die schon lange in dieser Organisation sind, ist es manchmal schwer zu erklären, warum wir das alles machen, während es vorher auch funktioniert hat“ (Experte 7).
Schließlich gibt es auch zahlreiche emotionale Gründe, bestimmte Tools oder Systeme nicht zu nutzen, z. B. die Ablehnung der Transparenz, die bei der Nutzung entsteht, oder die Angst, den erworbenen persönlichen Status zu verlieren.
Während derzeit eine allgemeine Aufregung und Vorfreude festzustellen sind, gibt es Unterschiede in der Akzeptanz, die von „first follower“ und „early adopter“ bis hin zu harschen, veränderungsresistenten Kritikern reichen.
„Einige Mitarbeiter sagen uns, dass sie nicht unbedingt an der Initiative teilnehmen wollen. Andere sagen: ‚Cool, endlich gibt es eine Möglichkeit, meine Fähigkeiten weiterzuentwickeln!ʻ“ (Experte 7).
Generell ist es wichtig, alle auf den richtigen Weg zu bringen und zu vermitteln, dass die bisherige Arbeit nicht per se „schlecht“ war, sondern dass jetzt eine Umstellung nötig ist, die auch neue, interessante Aufgaben mit sich bringt.
Am wichtigsten für den Erfolg der digitalen Transformationsinitiative von Wacker ist jedoch ein angemessenes Erwartungsmanagement. Auch wenn die Erwartungen der Endnutzer sehr unterschiedlich sind, wird vorausgesetzt, dass die Werkzeuge an Effizienz und Flexibilität gewinnen, ohne dass es zu Leistungseinbußen oder dem Verlust bestimmter Funktionen kommt.
Arbeitsmethoden
„Wer fragt heute noch, wie man ein Wort in Word unterstreicht? Jeder schlägt es bei Google nach oder wo auch immer, und auf der Grundlage dieser Themen werden sich unsere Arbeitsmethoden massiv verändern“ (Experte 2).
Auch in Bezug auf die Arbeitsmethoden werden kulturelle Veränderungen notwendig. Zum einen geht es darum, die richtige Balance zwischen alten und neuen Aufgabenprofilen zu finden. Zum anderen geht es um die umfassende Ausrichtung von Business und IT durch agile Methoden wie SCRUM oder SaFe. Während bei der Einführung gewisse Barrieren und Vorbehalte überwunden werden mussten, zieht heute die Mehrheit der Teams diese Art des Arbeitens jeder anderen Methode vor, was im allgemeinen Kontext als großer Erfolg gewertet werden kann.
„Die große Mehrheit der Menschen, die in diesen Teams arbeiten, wollen keine andere Arbeitsmethode mehr anwenden“ (Experte 3).
Drittens gewinnt der verstärkt interdisziplinäre Austausch innerhalb von Teams an Bedeutung. Durch die Durchführung von Roadshows in aller Welt, die Etablierung interner Veranstaltungen oder Messen und andere Initiativen liegt es insbesondere in der Verantwortung des User Adoption Teams, sukzessive ein gemeinsames Verständnis dafür zu schaffen, was die digitale Transformation für jeden Einzelnen bedeutet und worin der persönliche Nutzen liegen könnte.
„Die Tools sehen vielleicht noch so aus wie gestern, aber die Möglichkeiten, die diese Tools mittlerweile bieten, ermöglichen eine andere Art zu arbeiten“ (Experte 4).
Insgesamt sollte sich der Leser vor Augen halten, dass die vorgestellten Erfolgsfaktoren nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern stark miteinander verknüpft sind. Die digitale Transformation von Wacker kann nur erfolgreich sein, wenn die jeweiligen strategischen, technologischen und kulturellen Faktoren gemeinsam berücksichtigt werden.

4.3 Entwicklung eines Wertschöpfungsnetzwerks

„Wir wollen ein Werttreiber sein, d. h., wir wollen Werte schaffen, und Werte schaffen bedeutet, dass wir mehr Wert liefern müssen als das ausgegebene Geld“ (Experte 7).
Wie vorstehend dargelegt und von Experte 7 hervorgehoben, führt die Initiative zur digitalen Transformation zu einer Veränderung der Wertschöpfung durch die Wacker IT und zwischen den bestehenden Abteilungen. Für die nachfolgende Analyse nutzen wir das e3-Wertmodell als nachvollziehbare Grundlage, um den ökonomischen Wert, den die IT vor und während der digitalen Transformation liefert, zu kommunizieren und die Notwendigkeit der Umsetzung neuer Geschäftsideen aus der Ökosystemperspektive zu diskutieren. Nachdem wir in Abb. 2 das Wertschöpfungsnetzwerk für die Wacker-interne Perspektive des Werteaustausches zwischen den bestehenden Einheiten von Wacker vor der digitalen Transformation visualisiert haben, entwickeln wir auf Basis der durchgeführten Experteninterviews ein Netzwerk weiter, das sich auf den Werteaustausch während der digitalen Transformation von Wacker bezieht, wie in Abb. 3 dargestellt. Der Leser sollte sich vor Augen halten, dass die IT-Abteilung keine eigenen Umsätze verbucht und somit vom Erfolg der vier Geschäftsbereiche, zusammengefasst als Marktsegment Business Unit, abhängig war und ist, die als Hauptkunden der IT fungieren. Darüber hinaus reagiert die IT auf die Anforderungen der Support-Einheit, eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen.
In einem ersten Schritt bauen wir auf den vorstehenden Erkenntnissen auf und konsolidieren den traditionellen Ansatz der Wertlieferung und des Wertaustauschs zwischen den Geschäfts-, Support- und IT-Einheiten, indem wir die e3-Value-Methode anwenden, wie in Abb. 2 dargestellt.
Wie bereits erwähnt, fungierte die IT-Abteilung von Wacker vor dem Start der digitalen Transformation als interner Anbieter von Soft- und Hardware und reagierte auf die IT-Anforderungen der umliegenden Geschäftsbereiche. Das reaktive Verhalten der IT-Abteilung wird durch die Wertströme zwischen den drei Geschäftsbereichen dargestellt. Innerhalb dieser Einheiten ist ein eher traditioneller Ansatz der Wertschöpfung zu beobachten, wie z. B. der Mehrwert des in der IT-Abteilung angesiedelten Global Infrastructure Service, der entsprechende Netzwerke und Rechenzentren bereitstellt und im Gegenzug intern eine Rechnung ausstellt.
Mit dem Ziel, bis 2027 ein digitaler Marktführer zu sein, will die Wacker IT mit neuen Services und dem Aufbrechen von Silos neue Wege der Wertschöpfung schaffen – im Vergleich zur bisherigen, traditionellen Art der Wertschöpfung. Dirk Ramhorst, CDO und CIO von Wacker, bringt es auf den Punkt: „Wir [die Wacker IT] schaffen mit innovativen IT-Lösungen und nachhaltigen IT-Strukturen einen Mehrwert für unsere Kunden – und tragen so dazu bei, dass Wacker langfristig wettbewerbsfähig und erfolgreich bleibt“ (Wacker IT 2019).
Die zusätzliche Wertschöpfung wird durch das entwickelte Wertschöpfungsnetz in Abb. 3 verdeutlicht. Vergleicht man die dort dargestellten Wertströme mit denen des Wertschöpfungsnetzes vor dem Start der digitalen Transformation, so ist die große Veränderung der Wertschöpfung deutlich zu erkennen: Die Wacker IT reagiert nicht mehr nur auf die Anforderungen der umliegenden Fachbereiche, sondern antizipiert aktiv die Bedürfnisse ihrer Kunden. Im Detail drückt sich der signifikante Mehrwert der Wacker IT auf vielfältige Weise aus, wobei sich alle Veränderungen am Anwender orientieren. Wie in den vorangegangenen Abschnitten ausführlich dargestellt, haben einige Abteilungen an strategischer Relevanz gewonnen, während andere erst vor Kurzem gegründet wurden, um die digitale Strategie von Wacker in der gesamten Organisation umzusetzen.
Im direkten Vergleich der beiden Wertschöpfungsnetzwerke sticht die Etablierung der Abteilungen Business Applications, Analytic Services, Business Consulting und User Adoption hervor, die nicht nur intern Werte liefern, sondern sich durch einen direkten Wertaustausch mit den Geschäftseinheiten auszeichnen. Durch die Verfolgung eines stärker nutzerzentrierten Entwicklungsansatzes erfahren neben der IT auch weitere Abteilungen, wie z. B. Human Resources (HR), eine Steigerung der Wertschöpfung. Für die Entwicklung von Brand-Awareness- und Recruiting-Kampagnen sowie der Schulungsinhalte für neu eingeführte Tools ist ein konsequenter Austausch zwischen IT und HR erforderlich. Darüber hinaus hat Wacker erkannt, dass die konsequente Ablösung des Hostings eigener Server durch die Nutzung externer Cloud-Dienste und damit die Möglichkeit, schneller auf interne und externe Einflüsse zu reagieren, eine entscheidende Voraussetzung ist, um heutzutage wettbewerbsfähig zu bleiben. Mit dem Akteur Cloud Service Provider, der mit jeder der Einheiten verbunden ist, zeigt das Wertschöpfungsnetzwerk den Weg von Wacker zum digitalen Vorreiter in Sachen infrastrukturellem Wandel.
Alles in allem führt die Transformation zu engeren Kommunikations- und Entwicklungskanälen zwischen Business und IT und öffnet die statische Sichtweise einer losgelösten IT-Abteilung hin zu einer stärker service- und kundenorientierten Lösungsbereitstellung. In Abb. 3 ist der damit einhergehende Abbau von Silostrukturen durch gestrichelte Linien dargestellt, die die Wacker IT hervorheben.

5 Zukünftige unternehmerische Maßnahmen für Wacker

Nach einer ausführlichen Analyse des aktuellen Stands der digitalen Transformationsinitiative konnten wir einige Herausforderungen identifizieren, die die Umsetzung der Transformationsstrategie Wacker Digital insgesamt beeinflussen können. Um das gesamte Potenzial des zukunftsorientierten Programms ausschöpfen zu können, müssen diese Herausforderungen erkannt und berücksichtigt werden.
Auf Basis der Erkenntnisse in den vorherigen Abschnitten lassen sich zukünftige Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen ableiten. Diese betreffen zum einen das IT-Management und zum anderen – aufgrund der weitreichenden Auswirkungen der digitalen Transformation auf die gesamte Organisation – den gesamten Vorstand von Wacker.
Wacker treibt die digitale Transformation mit einer Vielzahl von Initiativen voran. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, die Wirkung und den tatsächlichen Mehrwert der Initiativen nachzuweisen. Mit diesem Ansatz lassen sich sowohl die getätigten Investitionen rechtfertigen als auch ein nachhaltiger Erfolg sicherstellen. Daher empfiehlt es sich in einem ersten Schritt, die Werttreiber der digitalen Transformation zu definieren und zu strukturieren. Auf Basis der daraus entstehenden Value Map ist eine Ableitung von aussagekräftigen KPIs möglich, mithilfe derer die Wirkung und der Erfolg der Initiativen gemessen werden können. Des Weiteren empfiehlt es sich, einen strukturierten Feedback-Prozess zwischen der Wacker IT und den Fachbereichen einzurichten, um den Informationsfluss zu bündeln und Umfrageergebnisse direkt in die Initiativen einfließen zu lassen.

5.1 Entwicklung einer Value Map

Nachdem wir mehrere Erfolgsfaktoren und den Bedeutungswandel der Wacker IT von einem Kostentreiber zu einer wertschöpfenden Einheit identifiziert haben, untersuchen wir weiter, wie die Erfolgsfaktoren mit der Wertschöpfung zu verknüpfen sind, um die Reichweite der von der IT geschaffenen Werte innerhalb des Unternehmens zu verdeutlichen. Nach Ansicht von Experte 7 hat Wacker IT die Möglichkeit zu zeigen, dass Investitionen in IT mehr Wert schaffen können als beispielsweise Investitionen in eine neue Produktionsanlage. Diese These wird auch von Experte 4 vertreten, der zu dem Schluss kommt, dass die hohen Investitionskosten zu rechtfertigen sind.
„Es ist wichtig zu beachten, dass die IT nach wie vor noch kostenorientiert arbeiten muss, und nicht endlos Geld verschwendet […]“ (Experte 4).
Basierend auf dem bereits vorstehend dargestellten e3-Value-Modell können die Vielzahl und Komplexität der entstehenden Wertschöpfungsströme zwischen der IT und anderen Abteilungen abgebildet werden. Darauf aufbauend hilft eine Value Map, diese Wertschöpfungsströme zu strukturieren und aufzuzeigen, wie diese zur Gesamtorganisation beitragen.
Eine Mehrheit/große Anzahl der Erfolgsfaktoren wurde bis dato kaum gemessen, was ebenfalls für die Zunahme an Wertschöpfungsströmen durch die Digitalisierungsinitiative spricht. Um die Auswirkungen der Initiativen zu visualisieren, bietet sich eine Value Map an, wie sie vorstehend beschrieben wurde. Beim Erstellen der Value Map wird im ersten Schritt ein Gesamtziel für die IT-Initiativen von Wacker definiert. Dafür wurde der Shareholder Value als solches gewählt, gefolgt von Umsatzwachstum, Kostensenkung und Erwartungen als Unterziele, da der Teilnehmerwert hauptsächlich von diesen abgeleitet wird (Lukac und Don 2012). Neben dem Ziel des Umsatzwachstums und der Kostensenkung bezieht sich das Unterziel Erwartung auf die externe Sicht auf die Organisation, besser bekannt als ihr Ruf.
Auf der Grundlage der Interviews mit Experten wurden folgende Initiativen in die Value Map aufgenommen:
• Implementierung von cloudbasierten Tools für die Zusammenarbeit
• Einführung von Benutzerakzeptanz (User Adoption)
• Aufrüstung der IT-Sicherheit
• Einführung von Personal-Kampagnen
• Einführung von Analytischen Serviceleistungen (Analytic Services)
• Einrichtung von internen Veranstaltungen
• Einführung von Lizenzmanagement
• Bereitstellung von Cloud-Diensten
• Einführung von Beratungs- und Innovationsmanagement (Business Consulting)
 
Im nächsten Schritt wurden Hypothesen zu den spezifischen Initiativen definiert und den Unterzielen zugeordnet, die im vorherigen Schritt festgelegt wurden. Um ein tieferes Verständnis für die Formulierung dieser Hypothesen zu erlangen, wird im Folgenden ein Beispiel angeführt. Darin wird erläutert, wie die Einführung von cloudbasierten Kollaborations-Tools zu einer Steigerung des Umsatzes von Wacker führt (siehe Abb. 4).
cloudbasierte Tools für die Zusammenarbeit, wie Webex, werden verwendet, um eine Gruppe von Personen – eine Abteilung oder sogar das gesamte Unternehmen – bei der Online-Kommunikation zu unterstützen. Dazu gehören Lösungen für Videokonferenzen und Bildschirmfreigaben, Lösungen für die Fernunterstützung oder virtuelle Besprechungsräume (WeBex 2019).
Nachdem die Hypothesen formuliert wurden, wie ein solches Tool den Teilnehmerwert beeinflusst, wurden sie anschließend den jeweiligen Themen zugeordnet. So können beispielsweise die Hypothesen, dass ein cloudbasiertes Kollaborations-Tool die unternehmensweiten Interaktionsprozesse erleichtern sowie die Zusammenarbeit bei Online- und Offline-Meetings ermöglichen kann, unter dem Punkt Kollaboration & Wissensmanagement zusammengefasst werden. Eine Steigerung der Interaktion und der Befähigung unterstützt die internen Prozesse des Unternehmens, da mehr Wissen übertragen wird, die Verfügbarkeit von Inhalten und Wissen erhöht wird und die Besprechungen ortsunabhängig sind. Der Einfluss auf die internen Prozesse als aggregierte Ebene, der sogenannte Verbesserungshebel, erhöht in der Folge das Teilziel Umsatzwachstum durch die Steigerung der Produktivität in Meetings sowie durch umfangreicheres und schnell verfügbares Wissen der Mitarbeiter. Schließlich wirkt sich das Teilziel Umsatzwachstum direkt positiv auf das Gesamtziel Shareholder Value aus, da, wie bereits erwähnt, ein höheres Umsatzwachstum als wünschenswert angesehen wird. Dieser Ansatz wird für jede Initiative und jedes definierte Unterziel wiederholt. Somit kann jede Initiative im Hinblick auf Wertschöpfung, Kostensenkung und Einfluss auf den Ruf des Unternehmens analysiert werden.
Die Value Map der Wacker IT stellt die Analyse aller genannten Initiativen auf einen Blick dar. Sie liefert die Grundlage für laufende Diskussionen über die steigenden IT-Aufwendungen im Zuge der digitalen Transformation, indem sie die Notwendigkeit jeder Initiative begründet, die alle zum Wert der gesamten Organisation beitragen. Mithilfe der Value Map sind das Management und der IT-Vorstand von Wacker in der Lage, aktuelle Fähigkeiten zu identifizieren und daraufhin strategische Ressourcen zuzuweisen.

5.2 Managementmaßnahmen

Die vorstehend abgeleiteten Erfolgsparameter in der Value Map werden es Wacker ermöglichen, die geschaffenen Werte besser nachzuweisen und messen zu können. Der Vergleich kann über beliebig lange Zeiträume erfolgen und stellt daher eine geeignete Entscheidungsgrundlage für eine mögliche Umverteilung wichtiger Ressourcen auf die wertschöpfungsstärksten Aktivitäten dar. Nach der Erstellung der Value Map als ergänzendes Instrument zu dem bereits vorgestellten e3-Wertmodell werden im Folgenden weitere Maßnahmen vorgestellt, die dem Wacker-Vorstand empfohlen werden.
Ableitung von Leistungsindikatoren
Auf Grundlage der Value Map können aussagekräftige KPIs identifiziert werden, die den Wertzuwachs für die gesamte Organisation quantifizieren. Wie bereits ausgeführt, ist die Ermittlung geeigneter KPIs für den Erfolg der Transformation von entscheidender Bedeutung. Allerdings erweist sich deren Definition als schwierig, wie das Beispiel der Nutzung von Tools und Software belegt.
Aus diesem Grund lohnt es sich, eine Robustheits-Auswirkungs-Matrix zu verwenden, in der die Hypothesen aus der Initiative auf beiden Achsen angeordnet werden. Dieser Ansatz erlaubt eine strukturiertere Ableitung und Gewichtung von KPIs. Während die Robustheits-Achse misst, inwieweit die Hypothese bestätigbar ist, befasst sich die Impact-Achse mit der Frage, wie signifikant die Auswirkungen der Hypothese auf den Umsatz oder das Ergebnis sein kann.
Nachdem die Hypothesen zugeordnet wurden, werden die wichtigsten Hypothesen im oberen rechten Quadranten ausgewählt und priorisiert. Diese Hypothesen sollten mit quantitativen, informativen Parametern unterlegt werden, um aussagekräftige KPIs ableiten zu können.
Strukturierung von Feedback-Prozessen
Die folgenden empfohlenen Managementmaßnahmen bauen auf der zentralen Herausforderung auf, einen geordneten Prozess zur Sammlung von Feedback von Nutzern zu definieren. Ein Beispiel hierfür ist die Bewertung der von der Wacker IT bereitgestellten Tools durch deren Nutzer. Durch den Aufbau neuer, benutzerorientierter Abteilungen und die Einführung kollaborationsorientierter Tools hat die Wacker IT die Bedeutung eines benutzer- bzw. kundenorientierten Entwicklungs- und Implementierungsansatzes klar erkannt. Derzeit kann der Anwender jedoch über verschiedene Kanäle Feedback geben, die nicht systematisch aufeinander abgestimmt oder konsolidiert sind. So gibt es beispielsweise den Service Desk, der Tickets zur Lösung von Problemen bearbeitet. Parallel dazu setzt die IT-Abteilung die Software von ServiceNow ein, worüber der Nutzer Feedback einsteuern und Anfragen bearbeiten kann. Darüber hinaus wird eine Echtzeit-Chatbox-Funktion von Webex Teams für den Austausch von Fragen und Antworten genutzt. In naher Zukunft plant die Wacker IT auch den Aufbau einer eigenen Website als zentrale Anlaufstelle für alle IT-bezogenen Themen. All diese unterschiedlichen und häufig wechselnden Feedback-Kanäle können zu Verwirrung bei den Nutzern führen. Dies machte sich vor allem im internen User Adoption Team bemerkbar, das einen kohärenten Überblick über alle Feedback-Kanäle halten muss und sich dafür an verschiedenen Stellen bedient. Da eine erfolgreiche digitale Transformation auf schnelle und aufschlussreiche Feedback-Zyklen angewiesen ist, ist ein einheitlicher Feedback-Kanal von entscheidender Bedeutung.
Eine Lösung für dieses Problem wäre der Einsatz einer Erfahrungsmanagement-Software. Tools wie Qualtrics (qualtrics.com) bieten beispielsweise einen strukturierten und ganzheitlichen Ansatz für das Sammeln von Feedback und zum Messen der Nutzer-Erfahrung. Diese Tools sind so nativ in die Arbeitsprozesse eines Nutzers integriert, dass der Nutzer sporadisch und bereits mit wenigen Informationen wichtiges Feedback zur Nutzung geben kann und dabei kaum von seiner tatsächlichen Tätigkeit abgehalten wird.

6 Abschließende Überlegungen

Die Ergebnisse unserer Fallstudie stoßen eine Diskussion zur digitalen Transformation an und erlauben, wichtige Erkenntnisse für die allgemeine Strategie abzuleiten. Anhand der digitalen Transformation bei Wacker konnten wir die Fragen beantworten, was die zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren der Transformation sind, wie sich die Wertschöpfung der Wacker IT im Laufe des Programms verändert hat und welche unternehmerischen Maßnahmen sich daraus für die Zukunft ableiten lassen.
Zunächst war es sehr interessant zu sehen, wie ein großes, traditionelles Familienunternehmen die Notwendigkeit sieht, sich an die fortschreitende Digitalisierung anzupassen, und welche Ansätze es dabei verfolgt. Der entscheidende Punkt der Transformation ist die Umsetzung dieses Plans durch konkrete Maßnahmen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten sind. Mit dem auf zehn Jahre angelegten Programm Wacker Digital hat sich Wacker für eine ganzheitliche, unternehmensweite Transformation entschieden, die gezielt auf eine Neupositionierung und ein verändertes Rollenbild der IT abzielt. Anders als in der Vergangenheit, in der die IT-Abteilung oftmals als ein Kostenfaktor betrachtet wurde, werden nun Schritt für Schritt neue Services und Kompetenzen aufgebaut, die sich zu einem Werttreiber für das gesamte Unternehmen entwickeln. Der Ansatz kann dabei in drei Kerndimensionen eingeordnet werden:
a)
Strategisch, im Sinne einer Veränderung der Organisationsstrukturen, eines veränderten Beziehungs- und Innovationsmanagements sowie einer Diversifizierung der Mitarbeiterfähigkeiten
 
b)
Technologisch, im Hinblick auf die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur, Tools und Services, die den gestiegenen Nutzererwartungen von heute gerecht werden
 
c)
Kulturell, im Sinne der Einführung neuer, agilerer Arbeitsmethoden und der Etablierung einer Mentalität der Neugier und Proaktivität bei der gesamten Belegschaft
 
Nur wenn jeder dieser Erfolgsfaktoren gleichermaßen berücksichtigt wird, kann Wacker sein Ziel erreichen und wertvolle Chancen für die Zukunft realisieren. Gerade vor dem Hintergrund der starken Zunahme an Unternehmensgründungen in der chemischen Industrie ist eine Neupositionierung für Wacker unabdingbar, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dennoch erwies sich das Änderungsmanagement aufgrund der vergleichsweisen starken Loyalität und langjährigen Unternehmenszugehörigkeit der Mitarbeiter als eine anspruchsvolle Aufgabe. Viele Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Veränderungen müssen noch überwunden werden, da diese eine dynamische Anpassung möglicherweise ausbremsen.
Zweitens wurde aus dem e3-Wertmodell ersichtlich, auf welche Weise die Wertschöpfung der Wacker IT ausgelöst wird und wie sich die internen Wertströme im Zuge der Digitalisierung verändert haben. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass ein entsprechendes Wertschöpfungsnetz wertvolle Erkenntnisse schaffen kann, auch wenn es nur intern auf eine Organisation angewendet wird.
Strukturell wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um die neue Rolle der IT als Innovator, Berater und Befähiger zu erfüllen. Die Wacker IT wird jedoch immer in der Position eines internen Lieferanten bleiben, der die Anforderungen der jeweiligen Geschäftsbereiche erfüllen muss, wenn ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung angefordert wird. Aufgrund dieser Lieferverpflichtungen hat die IT-Abteilung im Allgemeinen nur begrenzte Möglichkeiten, die zugrunde liegenden Geschäftsentscheidungen infrage zu stellen oder zu beeinflussen, was wiederum den Innovationsprozess stark einschränken kann.
Ein weiteres Problem ist der Mangel an verfügbaren Ressourcen und begrenzten Personalkapazitäten. Die Wacker IT startet gleichzeitig mehrere Initiativen, die zusätzlich Ressourcen benötigen und oft mit den operativen Aufgaben der Mitarbeiter konkurrieren (Experte 6).
Aus diesem Grund haben wir eine Value Map eingeführt, die einen strukturierten Überblick über die laufenden Initiativen gibt. Dabei betrachten wir auch deren Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den verschiedenen Wertetreibern und dem obersten Ziel von Wacker, der Zunahme des Shareholder Values. Die Value Map stellt ein wertvolles Management-Instrument dar, mit dem die Bedeutung der jeweiligen digitalen Initiativen im Unternehmen begründet und kommuniziert werden können.
Vor diesem Hintergrund haben wir Handlungsbedarf für die Wacker IT identifiziert, um a) die Auswirkungen der Digitalisierungsinitiativen auf den Unternehmenswert abzubilden, um aktuelle Fähigkeiten zu identifizieren und strategische Ressourcen zuzuordnen; b) Feedback-Prozesse zwischen der Wacker IT und anderen Geschäftsbereichen zu strukturieren, um die gewonnenen Informationen für Analysezwecke zu bündeln, und c) aussagekräftige KPIs zu identifizieren, um die Leistung neuer Initiativen zu messen und ihre Auswirkungen quantifiziert zu bewerten.
In diesem Zusammenhang empfehlen wir auch eine klare Priorisierungsstrategie, um die Zuteilung von Ressourcen zu erleichtern und die Konzentration auf die wesentlichsten Projekte innerhalb des geplanten Programmportfolios zu erlauben. Alternativ wäre eine deutliche Aufstockung des Personals in der IT notwendig, um die gestiegene Arbeitsbelastung zu bewältigen. Da die IT-Abteilung von Wacker jedoch ausschließlich Lösungen für die internen Geschäftsbereiche bereitstellt, ist sie auf das für diese Projekte bereitgestellte Budget angewiesen.
Einschränkungen
Der angewandte Studienansatz unterliegt standardgemäß gewissen Einschränkungen. Erstens gelten für unsere Studie die typischen Einschränkungen der qualitativen Forschung, da sie möglicherweise anfällig für eine Voreingenommenheit des Untersuchenden ist und es ihr – im Vergleich zu quantitativen Analysen – oft an Objektivität und Überprüfbarkeit mangelt (Choy 2014). Durch die Anwendung der von Gioia et al. (2013) vorgeschlagenen Methode, die mehrere Kodierungsrunden und verschiedene Forscherperspektiven umfasst, haben wir jedoch versucht, der wissenschaftlichen Stringenz nachzukommen. Darüber hinaus erweckt eine Einzelfallstudie oft Zweifel an der Legitimität und Verallgemeinerbarkeit der zugrunde liegenden Forschung. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die zugrunde liegende Fallstudie bei Wacker ein spezifisches Feld abbildet, indem sie einen einzigartigen und aufschlussreichen Fall darstellt und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt (Yin 2009).
Eine weitere Einschränkung liegt im Fall selbst und in der Durchführung der Interviews. Da der Austausch überwiegend mit den Teamleitern der Wacker IT stattfand, könnten unsere Schlussfolgerungen voreingenommen sein und eine einseitige Sicht auf das Phänomen der digitalen Transformation eines Unternehmens werfen. Dies wurde jedoch durch die Befragung von Personen mit unterschiedlichem Hintergrund und in verschiedenen IT-Abteilungen ausgeglichen.
Ausblick
Knapp drei Jahre nach dem Start der digitalen Transformation bei Wacker ist der Grundstein für das Ziel gelegt, innerhalb eines Jahrzehnts zum digitalen Marktführer in der chemischen Industrie zu werden. Die Initiativen des User Adoption Teams oder die Implementierung verschiedener Kollaborations-Tools, wie z. B. Webex Teams, zeigen bereits erste Erfolge. Da sich das Transformationsprogramm jedoch noch in einem sehr frühen Stadium befindet, wird ein großer Teil der Projekte erst in den kommenden Jahren stattfinden. Daher können noch keine verlässlichen Vorhersagen über die zukünftige Entwicklung getroffen werden. Wenn es Wacker jedoch gelingt, die identifizierten Herausforderungen zu adressieren und die definierten Projekte wie geplant umzusetzen, scheint Wacker Digital die richtige Strategie zu verfolgen, um in nur einem Jahrzehnt zum digitalen Marktführer in der chemischen Industrie zu werden.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Digitale Transformation bei der Wacker Chemie AG
verfasst von
F. Burckhardt
T. Mirlach
U. Auer
U. Ziegler
R. J. Floetgen
T. Riasanow
H. Krcmar
Copyright-Jahr
2022
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37571-3_12

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