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2023 | Buch

Holacracy

Funktionen und Folgen eines Managementmodells

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Über dieses Buch

Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, mit denen sich Organisationen heute konfrontiert sehen, werden Lösungen häufig in Management-Konzepten vermutet. In diesem Fachbuch untersuchen die Autoren die faktische Ausprägung des Management-Konzepts „Holacracy“ in verschiedenen Organisationen. Sie analysieren, wie das Managementkonzept funktioniert und welche Folgen sich aus dieser spezifischen Funktionsweise ergeben. Beruhend auf den Erkenntnissen, die die Autoren aus der empirischen Analyse ausgewählter holakratischer Organisationen gewinnen, erarbeiten sie generalisierbare Thesen und tragen dazu bei, die Forschungslücke hinsichtlich der empirischen Forschung zur Holacracy zu verkleinern. Zentrale Themen wie die Rolle des Purpose, die Zurechnung von Verantwortung oder die Bedeutung von Regelwerken erscheinen so in einem neuen Licht.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Kreise, Komplexität und Krisen. Holacracy auf dem organisationswissenschaftlichen Prüfstand
Zusammenfassung
Mithilfe des Managementkonzepts Holacracy sollen die aktuellen Herausforderungen von Organisationen bewältigt werden. In diesem Beitrag stellt Phanmika Sua-Ngam-Iam zunächst dar, wie die Holacracy konzipiert ist, um den von Organisationen wahrgenommenen heutigen Problemen zu begegnen. Die Machart des Managementkonzepts wird daher präsentiert. Nach der Darstellung des Forschungsstands zu Holacracy lässt sich bereits vermuten, dass sich das Konzept der Holacracy von seiner tatsächlichen Praxis unterscheidet. Wie sich die faktische Ausprägung der Holacracy in Organisationen darstellt, wird in den einzelnen Beiträgen des Sammelbands herausgearbeitet. In diesem Beitrag wird darum abschließend ein Überblick über alle Sammelbandbeiträge gegeben und die methodische Herangehensweise bei der Analyse der faktischen Ausprägung vorgestellt.
Phanmika Sua-Ngam-Iam
Kapitel 2. Führen ohne Weisungshierarchie. Über die informale Kompensation hierarchischer Kontrolle in holakratischen Organisationen
Zusammenfassung
Holakrat:innen haben die klassische Hierarchie zu einem Auslaufmodell zeitgemäßer Organisationsführung erklärt. Wie im holakratischen Organisationskonzept hierarchische Führung im Hinblick auf Kontrolle und Koordination ersetzt werden soll, untersucht Dustin Brodda in seinem Beitrag „Führen ohne Weisungshierarchie“. Die Ergebnisse aus der Fallstudie deuten darauf hin, dass mithilfe der holakratischen Strukturen nicht alle Bezugsprobleme, die zuvor durch hierarchische Strukturen gelöst wurden, abgebildet werden können. Stattdessen ließ sich eine informale Wiedereinführung von hierarchieähnlichen Führungsstrukturen beobachten. Einerseits hatten diese die wichtige Aufgabe, den Organisationsmitgliedern bei Bedarf eine zentrale Kontroll- und Steuerungsinstanz zur Verfügung zu stellen, um strukturelle Defizite des holakratischen Organisationsmodells abzufangen. Andererseits produzierten und erhalten sie dadurch auch ungleiche soziale Beziehungen unter den Mitarbeitenden.
Dustin Brodda
Kapitel 3. Purpose und Selbstorganisation. Über Funktionen und Folgen von Zwecken in holakratischen Organisationen
Zusammenfassung
In den vergangenen Jahren ist „Purpose“ zu einem der prominentesten Stichworte in der Diskussion um neue Arbeitsformen geworden. In seinem Beitrag macht Adrian Strothotte es sich zur Aufgabe, erstmals einen soziologischen Blick auf dieses Konzept und seine Rolle im Organisationsmodell „Holacracy“ vorzustellen. Zwei Hauptdimensionen des Purposes werden herausgearbeitet. Einerseits soll der Purpose einen Zweck, ein höheres Gut mit bestimmtem Wert, in der Organisation rationalisieren. Andererseits sollen die Mitglieder dadurch nicht nur angeleitet, sondern auch durch einen „tieferen Sinn“ motiviert werden. Diese zwei Funktionen gehen mit ungewollten Folgen einher. Durch die Autonomie der Rollen in der Holacracy entstehen Unsicherheitsräume, die vom Purpose nicht gefüllt werden können. Die Erkenntnisse legen nahe, dass auch der Purpose den Grenzen formaler Organisationsstrukturen unterworfen ist und letztlich nicht das erwartete Steuerungspotenzial entfaltet.
Adrian Strothotte
Kapitel 4. Das Holacracy-Paradox. Wie durch präzise Regeln diffuse Regellosigkeit entsteht
Zusammenfassung
Der Beitrag von Serafin Eilmes spürt dem Paradox der Holacracy nach: Ein mehr an Regeln muss nicht unbedingt zu einem mehr an Klarheit führen, sondern kann im Gegenteil weitere Unklarheit zur Folge haben. Die Unklarheit spitzt sich in der empirisch untersuchten Organisation in einer Regellosigkeit zu, bei der unklar wird, welche Regeln gelten und welche nicht. Regeln wirken nicht aus sich heraus, sondern als Praxis; sie müssen im Organisationsalltag interpretiert und der Situation angepasst werden. Die Ursachen der Regellosigkeit werden einerseits intern in der mangelhaften Einübung der Regeln und extern in der besonderen Konzeption der holakratischen Regeln verortet. Dabei fällt auf, dass die holakratischen Regeln extern definiert, künstlich, engmaschig und zum Arbeiten zwingend erforderlich sind. Die Starrheit der Holacracy ist unvereinbar mit dem Laissez-fair der beobachteten Organisation. Die Folge sind zahlreiche Konflikte und Spannungen, die nicht mehr gelöst werden können.
Serafin Eilmes
Kapitel 5. Agilität durch Autonomie? Entscheidungshemmnisse im Konzept der Holacracy
Zusammenfassung
In neuen Organisationsmodellen, die auf Enthierarchisierung, Dezentralisierung und Selbstorganisation ausgerichtet sind, spielen Verantwortung und Verantwortlichkeit eine immer größere Rolle. Das Paradebeispiel für eine solche Organisationsform ist die Holacracy, in der Mitgliedern ein möglichst großer Handlungsspielraum zugestanden werden soll. In seinem Beitrag beschäftigt sich Robin Sturhahn deshalb mit den Folgen erhöhter Eigenverantwortung am Beispiel eines holakratisch organisierten Softwareunternehmens. Während dabei Verantwortung durch den Ermessensspielraum bei Entscheidungen definiert wird, bezieht sich Verantwortlichkeit auf die formale Festlegung von Rechtfertigungspflichten. Auf der Grundlage von Interviews mit Mitgliedern dieses Unternehmens werden im Beitrag die veränderten Bedingungen von Verantwortung und Verantwortlichkeit und die Effekte auf Entscheidungsprozesse untersucht, die für die Anpassung an Umweltbedingungen der Organisation notwendig sind.
Robin Sturhahn
Kapitel 6. Schattenstrukturen. Zur Ausbildung informale Strukturen in holakratischen Unternehmen
Zusammenfassung
In seinem Beitrag untersucht Stefan Kühl, welche informalen Reaktionen sich auf die Hyperformalisierung in holakratischen Organisationen finden lassen. Dabei geht er von der organisationswissenschaftlichen Erkenntnis aus, dass sich zu formalstrukturellen Festlegungen in der Organisation informale Ausweichbewegungen finden lassen. In den untersuchten größeren holakratischen Organisationen finden sich sowohl Schattenabteilungen als auch Schattenhierarchien, mit denen die Schwächen des holakratischen Organisationsmodells kompensiert werden sollen. Im Gegensatz zu Abteilungen und Hierarchien, die in der Formalstruktur verankert und deswegen besprechbar sind, lassen sich die Effekte dieser Schattenabteilungen und Schattenhierarchien in holakratischen Organisationen nur schwer thematisieren.
Stefan Kühl
Kapitel 7. Tauschgeschäfte. Das Verhältnis von Formalität und Informalität in der holakratischen Organisation
Zusammenfassung
Wie stellt sich das Verhältnis zwischen Formalstruktur und Informalstruktur in der holakratischen Organisation dar? Um diese Frage zu beantworten, analysiert Phanmika Sua-Ngam-Iam systemtheoretisch die Umsetzbarkeit der holakratischen Kernidee der Vereinigung der drei Seiten der Organisation. Es konnte aufgezeigt werden, dass eine Vereinigung der drei Seiten der Organisation faktisch nicht realisierbar ist, da bestimmte Erwartungen, deren Erfüllung für Organisationen bestandsnotwendig ist, nicht formalisiert beziehungsweise nicht formalisierbar sind. Es wurde dargelegt, wie sich die Mechanismen zur Sicherstellung der Erwartungserfüllung verändern, wenn Organisationen nicht klassisch, sondern holakratisch formalisiert sind. Insbesondere der Tausch von Gefälligkeiten stellt sich dabei als ein zentraler Mechanismus dar, um die Erwartungssicherheit zu erhöhen. Tauschgeschäfte werden jedoch im informalen Bereich getätigt und sind daher im Konzept der Holacracy nicht vorgesehen.
Phanmika Sua-Ngam-Iam
Backmatter
Metadaten
Titel
Holacracy
herausgegeben von
Stefan Kühl
Phanmika Sua-Ngam-Iam
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-40111-5
Print ISBN
978-3-658-40110-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40111-5

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