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Erschienen in: Organisationsberatung, Supervision, Coaching 2/2023

Open Access 10.03.2023 | Hauptbeiträge

Die Versprechungen „neuer Arbeit“ – eine kritische Betrachtung

verfasst von: Prof. Dr. Michael Zirkler

Erschienen in: Organisationsberatung, Supervision, Coaching | Ausgabe 2/2023

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Zusammenfassung

Mit dem Begriff der „neuen Arbeit“ gehen Versprechungen einher, welche kritisch beleuchtet werden sollen. „Neue Arbeit“ kann nur vor dem Hintergrund des bestehenden Zeitgeistes verstanden werden; dieser bemüht das Narrativ des selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Arbeitssubjekts, das weniger an ökonomischen Transaktionen als vielmehr an Sinn interessiert ist. Die zentralen Versprechungen werden dargestellt und ihre Bruchlinien skizziert. Dabei wird deutlich, dass „neue Arbeit“ nicht (nur) als Emanzipation und Befreiung gesehen werden kann, sondern als Notwendigkeit spätkapitalistischer Anforderungen an Komplexitäten, die nicht (mehr) anders zu bewältigen sind.

1 Einführung

Unter „neuer Arbeit“ oder „New Work“ kann und wird sehr Unterschiedliches verstanden. Gemeinsam sind den möglichen Verständnissen im Kern einige Versprechungen, die Arbeit von einer tendenziell entfremdenden Angelegenheit in ein selbstverantwortliches Projekt verwandeln sollen. Und zwar nicht nur für klassische Entrepreneure bzw. Unternehmer:innen, sondern auch innerhalb von vertraglich geregelter „abhängiger“ Arbeit im Angestelltenverhältnis.
Das Neue ist dabei Reaktion, Kritik und Emanzipation vom Alten oder Bisherigen. Es gilt jedoch auch für den Bereich der Arbeit die systemische Erkenntnis, dass jede Lösung eine Vorbereitung auf das nächste Problem darstellt bzw. dort mündet. In diesem Sinne soll diskutiert werden, welche Lösungen die neue Arbeit in Aussicht stellt und welche Probleme damit einhergehen. Entsprechend möchte ich mich mit den Versprechungen und Hoffnungen „neuer Arbeit“ vertiefter auseinandersetzen und auf die dunkle, also wenig beleuchtete Seite aufmerksam machen.

2 „Alte“ und „neue“ Arbeit

Seit einiger Zeit ist von „neuer“ Arbeit die Rede, und es stellt sich unmittelbar die Frage, wovon sich das Neue abgrenzt. Dabei besteht leicht die Versuchung, dem Alten alles Unzulängliche, Unmoderne, Schlechte usw. zuzuordnen, dem Neuen das Bessere, Attraktive, Moderne usw.
New Work oder „neue Arbeit“ wurde als Begriff von Frithjof Bergmann (2004) geprägt, der ein Aufklärungsprojekt vorhatte und Arbeiter:innen wieder zu mehr Lebenssinn verhelfen wollte. Sein Projekt entstand in Zeiten starker Strukturveränderungen und einer Rezession (in den USA der frühen 1980er-Jahre), die immer weniger „klassische“ repetitive Arbeit zur Verfügung stellte; Fragen der gerechten Verteilung standen im Raum und auch solche, wie Menschen mit mehr „freier“ Zeit sinnvoll umgehen könnten. Vor dem Hintergrund einer Kritik an der Lohnarbeit, die den Mensch als Mittel zum Zweck versteht, hatte er nichts weniger vor, als eine Revolution zumindest zu denken: „Das Ziel der Neuen Arbeit besteht nicht darin, die Menschen von der Arbeit zu befreien, sondern die Arbeit so zu transformieren, damit sie freie, selbstbestimmte, menschliche Wesen hervorbringt“ (Bergmann 2004, S. 12). Wer wollte diesem Anliegen im Kern ernsthaft widersprechen  wenn man einmal von der klischeehaften Vorstellung eines Fabrikbesitzers oder Shareholder absieht, der oder die nur an Profitmaximierung interessiert ist? Jedoch ist zu fragen, ob zwischen den Extremformen der totalen Entfremdung und der völligen Selbstbestimmung Zwischenformen existieren und ob es auch an der „alten“ Arbeit etwas Gutes gibt.
Jedenfalls wurde der Begriff „neue Arbeit“ zur Chiffre einer Bewegung, die bereits mehrfach in der Geschichte von Arbeit und Organisation Bedeutung erlangte (Herzog et al. 2023). Das „Neue“ ist dann jeweils Reaktion auf Entwicklungen, die als irgendwie problematisch verstanden wurden, und zwar weil jedes „Erfolgsmuster“ eine Tendenz zur Übertreibung und jedes seine Zeit hat. Die Übertreibung stellt ein Problem der Prozessmusteroptimierung dar (Kruse 2020), die Zeitlichkeit bezieht sich auf den Kontext. Ein Erfolgsmuster kann nur solange erfolgreich sein, wie es in seinen Kontext passt (Bateson 1987).
So war der Ansatz der Human Relations eine Reaktion auf tayloristische und fordistische Verhältnisse ab den 1940er-Jahren. Die Demokratisierung von Organisationen war Folge gesellschaftlicher Entwicklungen im Nachgang der 68er-Bewegung in den 1970er-Jahren. Und New Work ist eine versuchte Antwort in Reaktion auf Marktliberalisierungen und Globalisierung ab den 2000er-Jahren. Es zeigt sich in der Zeitreihung auch ein gewisser Generationenkonflikt, der jeweils darin gipfelt, das „Alte“ abzulehnen und durch etwas „Neues“, Eigenes ersetzen zu wollen.
Bergmann steht damit in guter Gesellschaft einer kritischen Tradition gegenüber kapitalistischen und (neo)liberalen Verhältnissen von Karl Marx (vgl. Schmied-Kowarzik 1999) über Zygmunt Bauman (2005, 2009, 2010), Richard Sennett (2010) und neuerdings Andreas Reckwitz (2019) oder Ulrich Bröckling (2019). Auch die sozialwissenschaftliche Forschung zu Belastungen, Stress, Entfremdung, Einsamkeit usw. weisen in dieselbe Richtung: Der ausbeutende Teil der Arbeit wird subjektiv als Druck und Belastung empfunden, was dazu führt, dass Arbeit unter bestimmten Bedingungen schädlich sein kann. So wird z. B. im aktuellen Barometer Gute Arbeit von Travail.Suisse (2022) eine kontinuierliche Zunahme von Stress und Belastung bei der Arbeit festgestellt und liegt jetzt auf einem beachtlich hohen Niveau. Außerdem sagen auf die Frage nach zukünftig erwarteten Arbeitsbelastungen 35 % der Befragten, sie erwarten eine solche Zunahme in hohem oder sehr hohem Ausmaß. In einer aktuellen Studie zur Arbeit aus Deutschland geben als Gründe für Erschöpfung 43 % Zeitdruck an, 56 % Leistungsdruck, 41 % zu viel Arbeit, 30 % Probleme mit Vorgesetzen (Auctority GmbH 2022).
„Neue“ Arbeit ist nicht gegenwärtige oder zukünftige Arbeit und „alte“ Vergangenheit, sondern neu ist der Versuch, das alte Problem der Bewirtschaftungslogik von Humanressourcen einmal mehr anders zu lösen. Neu im engeren Sinne ist an der „neuen“ Arbeit also nicht viel, außer dass die Vorstellungen von Bergmann in einen neuen Kontext der Arbeit fallen, den Kontext von Digitalisierung bzw. Digitalität und Hyperkonnektivität. Neu ist allenfalls ein Anspruch an Selbstverantwortlichkeit, Eigeninitiative, Selbststeuerung usw. Was hier von den Einen als Zuwachs an Freiheit und Autonomie verstanden wird, ist für die Anderen die nächste Stufe eines neoliberalen Wirtschaftskonzepts, bei dem die Märkte die Dinge möglichst ohne regulatorische Eingriffe richten sollen und das Arbeitssubjekt sich und seiner Fortune mehr oder weniger selbst überlassen bleibt.
Diese Gemengelage trifft derzeit auf eine Marktsituation mit Verschiebungen von einem Angebots- zu einem Nachfrageüberschuss; Fachkräfte sind in vielen Bereichen knapp, d. h. sie können sich die Arbeitsbedingungen vermehrt aussuchen oder sie sogar bestimmen. Beachtlich ist auch, mit wie vielen „alten“ Mitteln die „neue“ Arbeit organisiert werden soll, auch dazu im Folgenden noch einige Anmerkungen.

3 Die Versprechungen von New Work

Der Bestseller „Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux (2014, 2016) stellt gleichsam die esoterische Basis der New Work-Bewegung dar1. Sein evolutionäres Modell zeigt die (historischen) Entwicklungen der Organisation von machtzentriert (red), traditionell-hierarchisch (amber), leistungsbezogen (orange), pluralistisch (green) hin zu einer neuen Form, die er „teal“ nannte. Diese neue Form kennzeichnet sich als „the world as a place for individual and collective unfolding“ (Laloux 2016, S. 38).
„The world in Teal is no longer seen as fixed and God-given (Amber), nor, say, like an intricate, soulless mechanism (Orange). Instead, the world is seen as a place where we are called to discover and journey towards our true self, to unfold to our unique potential, to unlock our birthright gifts. This is like a Copernican revolution in an age that tells us we should strive to succeed, that we can become anything we want, if we only put our mind to it. People who embrace a Teal perspective learn to let go of pre-conceived ideas of what they should be and learn to listen within to go where life calls them.“ (Laloux 2016, S. 38)
Wesentliche Kennzeichen der zugehörigen Haltung sind ein zurückgenommenes Ego („taming the ego“), ein ethischer „innerer“ Kompass („inner rightness as compass“) sowie eine Sehnsucht nach ganzheitlicher Verbindung („yearning for wholeness“). Die entsprechende Organisation ist durch drei Charakteristika geprägt (Laloux 2016, S. 55):
1.
Selbstmanagement: von der Hierarchie zum „fluiden“ System mit verteilter Autorität und kollektiver Intelligenz.
 
2.
Ganzheit: Die „innere“ Ganzheit findet Ausdruck darin, dass „alles“, was wir als Menschen sind, zur Geltung kommen kann.
 
3.
Sinn: Der „evolutionary purpose“ verweist auf die Autonomie des Organisationssystems, das ein Eigenleben entwickelt, ihre Mitglieder erhalten ein Verständnis dafür, wohin sich das System „natürlicherweise“ entwickelt.
 
Das Versprechen, das sich bei Laloux manifestiert, trifft auf einen Zeitgeist (Herzog et al. 2023), dessen wesentliches Kennzeichen von Reckwitz (2019) als „Singularisierung“ beschrieben wurde. Das Besondere steht dabei im Vordergrund, in der Arbeit die Potenziale, Kompetenzen und Ambitionen, die die Menschen mitbringen. Es geht nicht länger darum, nur einen „Job“ zu machen, sondern sich in der Arbeit möglichst zu verwirklichen und voll einzubringen, sich zu präsentieren und Resonanz zu suchen bzw. zu erfahren.
Der Sinn (purpose) wird zum zentralen Leitmotiv. Es ist also nicht mehr vor allem vom Zweck die Rede, der notfalls auch alle möglichen Mittel heiligt, sondern von einem übergeordneten Sinn, an den höhere Erwartungen gestellt werden. Die Arbeitsorganisation soll einen Sinn formulieren, der über den eigentlichen Zweck hinausgeht und der einerseits nach innen motivational leitend werden soll, andererseits den Beitrag für die Konsument:innen ihrer Leistungen in ein Licht stellen soll, das vor allem den positiven größeren, manchmal sogar gesellschaftlichen Beitrag hervorhebt. Im Idealfall fallen dann individueller und organisationaler Purpose in eins. Es wird dabei vor allem der jüngeren Generation unterstellt, dass sie viel mehr als die ältere an solchem Sinn interessiert sei und sich nur dann voll und ganz bei der Arbeit einsetze, wenn diese übergeordnet sinnvoll ist.
Der „Zukunftsforscher“ Tristan Horx spricht in diesem Zusammenhang sogar von der „Sinnmaximierung“ (Horx 2022, S. 10) und bezeichnet damit die Integration einer „harten, zahlengetriebenen Wirtschaftswelt“ mit Ansprüchen an individuelles Glück und Wohlbefinden sowie an kollektives Gemeinwohl. Die zentrale Frage lautet dann: „Welchen Mehrwert biete ich der Gesellschaft?“ (ebd., S. 93). Bei den Zukunftsjobs sieht er unter anderen den oder die „Chief-Purpose-Officer“ (ebd., S. 216 f.). Deren Aufgabe sei es, „den Sinn innerhalb der Organisation und für die Gesellschaft als großes Ganzes zu vermitteln und einzuordnen, zu coachen, zu begleiten. Irgendwo sind sie eine Mischung aus Personaler:in und Psycholog:in, mit einer Prise Life-Coach“ (ebd.).
Von David Graeber (2018) stammt der Ausdruck „Bullshit Jobs“: „A bullshit job is a form of employment that is so pointless, unnecessary, or pernicious that even the employee cannot justify its existence“ (Graeber 2018, S. 3). Er geht davon aus, dass bis zu 40 % aller Jobs sinnlos (pointless) sind und dass ungefähr die Hälfte „of all work being done in our society could be eliminated without making any real difference at all“ (ebd., S. 26). Gleichzeitig bestehen Anspruch und Hoffnung, dass Organisationen heute möglichst „sinnvolle“ Selbstverständnisse entwickeln und somit die Voraussetzung schaffen, dass die Innovations- und Kreativitätspotenziale abgeschöpft werden können, die heute so wichtig sind. Die neue Arbeitswelt stellt damit gleichsam die Bühnen zur Verfügung, auf denen die Verwirklichung erprobt und elaboriert wird. Es bleibt aber eine leistungsbezogene Verwirklichung im Sinne der Organisation, keine reine und bedingungslose Selbstverwirklichung. Dazu gehören äußerlich schließlich auch die Inszenierungen der Räumlichkeiten von Büros, Co-working spaces oder sogar „Dritten Orten“ (Oldenburg 1999), an denen Arbeit heute vielfach stattfindet (Werkmann-Karcher et al. 2023). Sie sind „flexibel“, modern, bunt und besitzen eine Affordanz, die zur co-creation, Kreativität, Kollaboration usw. einladen soll, dabei aber gleichzeitig die Möglichkeit für hybrides Arbeiten sowie fokussierte Einzelarbeit bietet.
Hierzu passen auch die parallelen Entwicklungen der social media-Kanäle für den beruflichen Bereich, allen voran LinkedIn, auf denen die persönlichen Leistungen, Erfolge, Vorhaben gepostet werden und mit denen man möglichst große Resonanz erzeugen möchte. Hier präsentieren sich Individuen, nicht Institutionen, wenn auch häufig im Dienst derselben. Das „unternehmerische Selbst“ (Bröckling 2019) findet hier die jeweiligen Gemeinschaften, Netzwerke und Resonanzräume. Die „neue“ Arbeitswelt erzeugt ein Paradox mit weitreichenden Folgen: Selbstverwirklichung (in Grenzen) soll in vermarktbare Leistung überführt werden, die, wenn auch vordergründig nicht mehr dem Zweck, dann aber doch dem Purpose der Organisation folgen soll.
Damit jetzt nicht jede und jeder einfach nur noch den eigenen Interessen nachgeht, die sich jederzeit ändern können, braucht es nach wie vor Regeln, also Organisation, um am Ende die Gesamtaufgabe sinnvoll in Teile zu zerlegen. Hier sind wir wieder beim klassischen Problem der Organisation, der Aufgabenteilung und -integration. Sonst wäre man alternativ bei den verschiedenen Formen von Plattformökonomie (gig economy), die formal Selbstständige koordiniert. Dass hierfür wiederum Organisationen nötig sind, die die entsprechenden Plattformen betreiben und Businessmodelle entwickeln, steht auf einem anderen Blatt und soll hier nicht vertieft werden.
Ein entsprechender Vorschlag, der größere Resonanz erfahren hat, ist jener von Brian Robertson (2016) unter dem Titel „Holakratie“ (holacracy). Seit seiner Veröffentlichung 2007 wurde er in den letzten 15 Jahren in der Praxis mehr und mehr erprobt und unterschiedlich umgesetzt. Ironischerweise ist aber auch bei der Holakratie von einer Herrschaft („-kratie“) die Rede, wenngleich auch eine andere, „neue“ Vorstellung von Herrschaft bestimmend wird, die sich von der Hierarchie abheben soll. Bereits im Untertitel seines Buchs wird die Abschaffung von Hierarchie in Aussicht gestellt. Hierarchie bedeutet landläufig eine Ordnung nach Rang oder Position. Impliziert ist dabei ein Herrschaftsverhältnis dergestalt, dass Ranghöhere Rangniedrigeren Anordnungen geben oder gar Befehle erteilen können. Auf diese Weise wurde und wird heute noch vielfach soziale Komplexität reduziert und menschliche Kontingenz eingegrenzt. Zur Ausrichtung von Menschen auf ein mehr oder weniger klares Ziel der Gesamtaufgabe hin und wegen der Maßgabe von ausreichender Effizienz ist Hierarchie eine mögliche und oft vor allem „einfache“ Lösung. Es schwingt aber mittlerweile eine deutlich negative Konnotation mit, wenn Hierarchie genannt wird, sie hat keinen guten Ruf mehr.
Hierarchie hat jedoch eine lange, auch kulturell eingeübte Tradition und ist in vielen Bereichen funktional. Sie wird auch dem Umstand gerecht, dass erfahrene Menschen in der Regel über mehr Weitblick verfügen und Situationen besser einschätzen bzw. kontextualisieren können. Und sie ist dort gut akzeptiert, wo die Hierarchen ihre Macht nicht einseitig ausnutzen bzw. wo sie nach Werten handeln. Hierarchie stößt jedoch dort an Grenzen, wo ein hohes Maß an Egalität verlangt ist, weil das Problem als komplex verstanden wird und Lösungen entwickelt oder gar erfunden werden müssen. Dafür braucht es Kreativität, die sich unter hierarchischen Bedingungen nur begrenzt bzw. nur unter ganz bestimmten Bedingungen entfalten kann – wenn sie z. B. die innovativen Inseln vor Ein- und Zugriffen schützt. Und es braucht möglicherweise Potenziale, die in keiner Stellenbeschreibung aufgeführt sind, weil sich gar niemand vorstellen konnte, dass sie hilfreich sein könnten. Es braucht außerdem die Bereitschaft, die Potenziale einzubringen, und die (psychologische) Sicherheit, dabei nicht bestraft zu werden. Mithin werden Zusammenarbeit, co-creation, Ideenaustausch, „verrückte“ Einfälle usw. zu einer neuen Ressource, die Organisationen zur Bewältigung ihrer Herausforderungen benötigen. Es sei jedoch angemerkt, dass nicht jede Aufgabe in der Arbeitswelt komplex ist.
Was also tun? Einerseits stellen Organisationen Ordnungscluster dar, die Komplexität, auch soziale Komplexität, reduzieren und zweckmäßig auf ein Ziel hin ausrichten. Andererseits sind sie vor Komplexitäten gestellt, die sie „klassisch“ in zunehmendem Maß nicht mehr bearbeiten können. Das heißt, es liegt ein Ordnungswechsel auf der Hand, der in der Lage ist, (neue) Ordnung herzustellen, regelorientiert vorzugehen (nichts anderes bedeutet organisieren) und gleichzeitig eine maximale Offenheit für die ungewisse Potenzialabschöpfung zu ermöglichen. Auch dafür hat die Organisationstheorie einen Begriff entwickelt oder vielmehr ausgeliehen, nämlich „Ambidextrie“ (Beidhändigkeit) (Haberstock 2021). Ambidextrie bedeutet, nach einer doppelten Logik zu verfahren, und zwar gleichzeitig: über Regelprozesse effizient Leistung zu erzeugen und zugleich neue Prozesse zu erfinden (exploitation and exploration); systemisch gesprochen: auf den Ebenen 1. und 2. Ordnung zu operieren.
Als schon reaktionär muss dabei der Grundansatz bei Robertson bezeichnet werden, der streng von der Aufgabe her denkt, nicht vom Menschen. Dies war und ist vielfach ein Kritikpunkt, Holakratie sei ein „kaltes“ Konzept (vgl. Bauer et al. 2019, S. 41 ff.), das die individuellen und sozialen Bedürfnisse nicht adressiert, sondern die Beteiligten damit allein lässt.
Hier findet das Modell von Arnold (vgl. Hermann 2016) eine Lösung insofern, als es als duales System enge und lose Führung mit entsprechenden Aufgaben und Präferenzen von Menschen verbindet. Das Modell unterscheidet „ausführende“ und „gestaltende“ Mitarbeiter:innen sowie „gesteuerte“ und „selbstorganisierte“ Organisation. Die somit aufgespannte Vierfelder-Matrix lässt dann verschiedene Zuweisungen zu, z. B. den Modus „Weisung und Kontrolle“ (Quadrant „ausführend“ und „gesteuert“) oder den Modus „agiles Netzwerk“ (Quadrant „gestaltend“ und „selbstorganisiert“) (ebd., S. 56). Auch die problematischen Zonen werden deutlich in den verbleibenden Quadranten „überforderte Organisation“ („ausführend“ und „selbstorganisiert“) sowie „Schattenorganisation“ („gesteuert“ und „gestaltend“).
Am anderen Ende des Spektrums befindet sich die Soziokratie (Sociocracy 3.0, o.J.), nach eigenen Angaben eine „social technology for evolving agile and resilient organizations at any size“. Hier stehen jetzt die Menschen bzw. die sozialen Prozesse im Vordergrund, die Organisation wird als Sozialsystem verfasst. Wesentliche Merkmale sind das Konsentprinzip (nicht zu verwechseln mit Konsensprinzip) sowie Wahlprozesse, die auch schon im Modell von Arnold eine Rolle spielen.
New Work verspricht zusammengefasst eine passende Antwort auf gestiegene und steigende unterschiedliche Ansprüche an die Arbeit. Dabei ist eine doppelte Anspruchssteigerung zu verzeichnen: einerseits in Bezug auf ihre Qualität und Effizienz (Leistung, Preis, Zeit), andererseits an ihre Realisierungsbedingungen. Zu letzteren zählen die hohen Anforderungen an Innovation, Kollaboration, Kooperation sowie die Hoffnung, durch mehr Flexibilität soziale Komplexitäten in anderen Bereichen, z. B. der Familie, besser in den Griff zu bekommen (Stichwort: boundary management).
Schlaglichtartig können die von Versprechungen getragenen Elemente von New Work folgendermaßen dargestellt werden:
  • Der „Purpose“ wird zum Leitmotiv und soll den übergeordneten Sinn beschreiben, an dem sich die Arbeitssubjekte wie auch die Organisation orientieren. Arbeit ist nicht mehr verordnet, sondern sinnvoll, und weil sie sinnvoll ist, kann man in ihr wirklich aufgehen.
  • Agilität verschiebt das Entscheidungsproblem weg von den überforderten Systemspitzen dorthin, wo jedenfalls potenziell die größte Kompetenz zur Lösung liegt: an die Basis. Strikte Prozesssysteme sind notwendig, um die netzförmig verteilte Entscheidungskompetenz zusammenzuhalten und Chaos zu verhindern.
  • Führung mutiert vom command and control zum Coaching und Ermöglichen. Der servant leader ist die neue Figur, welche sich koordinierend, orchestrierend und moderierend der Sache wie den Menschen verschreibt und sich selbst, seine Interessen, Karrierepläne, Machtgelüste usw. in den Hintergrund stellt.

4 Wo die Versprechungen brechen

Auf den ersten Blick sehen die Versprechungen von neuer Arbeit nach einer win-win-Situation aus: Die Menschen erhalten mehr Freiheitsgrade und Gestaltungsspielraum, ihren Bedürfnissen wird mehr Beachtung geschenkt; es wird von ihren Kompetenzen, Potenzialen und Entwicklungsmöglichkeiten her gedacht und nicht zunächst vom klassischen Stellenprofil; die Organisationen bekommen mehr Leistung, Motivation, Kreativität und Verantwortung. Der Treiber für die Entwicklung hin zu „neuer“ Arbeit ist jedoch seitens der Organisationen nicht in erster Linie humanistisch oder sozialphilosophisch (to make the world a better place) begründet. Vielmehr führt die Überforderung der bisherigen Strukturen und Prozesse, insbesondere bei der Führung, zur dringenden Suche nach Alternativen. Das alte Erfolgsmuster bewährt sich nur noch bedingt, das neue ist noch nicht (vollständig) entwickelt. Ortmann (2023, S. 132) spricht in diesem Zusammenhang von einer Paradoxie des „Noch nicht/Nicht mehr-Problems“.
Gleichzeitig sehen vor allem gut ausgebildete Leistungseliten Optionen zu den klassischen Karrieren, deren meritokratischen Versprechungen immer weniger getraut wird (Sandel 2020). Sie entdecken zunächst innovative Nischen, in denen „neue“ Arbeit erprobt werden kann. Die Erfolgsrezepte werden von den etablierten Organisationswelten rasch kopiert und Stück für Stück importiert, vorsichtig erprobt, angepasst, teilweise etabliert oder zurückgewiesen. Die Gründe liegen auf der Hand: Einerseits braucht es „neue“ Lösungen auf der Basis von Ashby’s Gesetz (Ashby 2011) für die Bewältigung von Komplexität, gleichzeitig lässt es sich als modern und schick an den Märkten propagieren. Zugespitzter formuliert: Was heute als moderne Organisation gelten möchte, hat zumindest mal irgendwie irgendetwas mit „neuer Arbeit“ zu tun.
Allerdings fehlen weitgehend Vision und Strategie für eine Organisations- und Kulturentwicklung, die den Namen verdient. Führende Beratungsunternehmen für „neue Arbeit“ beklagten denn auch immer wieder, dass sie zwar für die Einführung von Holakratie engagiert werden, so wie man Fachspezialist:innen für die Einführung einer neuen Software ruft, dass jedoch für die entwicklungsbezogenen Prozesse weder Interesse vorhanden ist noch Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Aber auch hier spielt der Markt mit: Wer zahlt, befiehlt. Und wer nicht liefert, verliert den Kunden an die Wettbewerber. Dies führte zu einer Situation, bei der man technisch gesehen alles richtig machte, aber den berühmten Faktor Mensch nicht ausreichend berücksichtigte. Und das hat sich in vielen Fällen gerächt.
Einige Bruchlinien in Bezug auf die Versprechungen der „neuen“ Arbeit sollen im Folgenden exemplarisch dargestellt werden:
1.
Spannungen und Widersprüche: Die Versprechungen von New Work hinsichtlich psychologischer Faktoren wie Identität, Motivation, Sinnerleben, Selbstwirksamkeit usw. treffen auf eine Arbeitsgesellschaft mit faktischen Kulturen, die immer noch sehr stark vom fordistischen Paradigma geprägt sind und sich den kapitalistischen Märkten mit einem hohen ökonomischen Erwartungsdruck ausgesetzt sehen. Effizienz ist dann nach wie vor das Mittel der Wahl. Die bisherigen Ansätze von New Work können den Spannungszustand höchstens auf der Mikroebene einzelner Teams oder Organisationen annäherungsweise lösen, eine systemische (dann auch politische oder kulturelle) Versöhnung zwischen Effizienz, Wertschöpfung und – im weitesten Sinne – Resilienz ist nicht in Sicht. Das führt dazu, dass Organisationen, die sich auf den Weg zur „neuen“ Arbeit machen, immer wieder an den Punkt kommen, an dem sie sich selbst übersteuern. Die Versuche, nach innen „sinnvoll“ mit Hilfe von New-Work-Ansätzen zu operieren, werden alsbald von Refokussierungen auf den Markt abgelöst, wie wir an einem konkreten Fallbeispiel aus der Fintech-Industrie anschaulich zeigen können (Herzog et al. 2023, S. 119 ff.).
 
2.
Transformationsschmerzen: In diesem Zusammenhang zeigen sich die erheblichen Transformationsschmerzen, die sich bei der Umstellung von „klassisch“ zu „neu“ melden. Hierarchie ist als Form der Unsicherheitsabsorption gut geübt und vielfach auch funktional. Daran ändert sich zunächst wenig mit der Einführung neuer Steuerungslogiken, die „alten“ Steuerungsprozesse sind implizit noch lange am Werk. Neues Arbeiten ist für die beteiligten Menschen, für die Strukturen und Prozesse, für die Führung, für die Kulturen anspruchsvoll und voraussetzungsreich. Bei einer „allzu starren Umsetzung“ von New Work entstehen nach Maas (2023, S. 56) zahlreiche Paradoxien. Viele Organisationen sind in der Transformation steckengeblieben oder gar gescheitert, weil sie entweder den langen Weg des Prozessmusterwechsels (Kruse 2020) nicht gehen wollten oder die Hoffnung darauf, dass sich die Dinge wesentlich verbessern (nicht einfach nur verändern), aufgeben mussten, wie wir an einem konkreten Praxisbeispiel illustriert haben (Bauer et al. 2019). Es wird deutlich, welchen hohen Aufwand man bei der Transformation, z. B. in Form von Einzel- und Teamcoaching betreiben muss, um bisherige individuelle und soziale Muster hin zu mehr Selbststeuerung und Selbstverantwortung zu entwickeln. Ob man deren Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit den Betroffenen plausibel machen kann, steht auf einem anderen Blatt. Was sie außer weiteren Versprechungen wirklich davon hätten, bleibt ohnehin offen. Die damit einhergehenden Risiken werden meist beschönigt oder gar nicht thematisiert.
 
3.
Indirekte Leistungssteuerung und Selbstgefährdung: Die hohen und teilweise widersprüchlichen Erwartungen der neuen Arbeit führen über indirekte Leistungssteuerungen systematisch zur „interessierten Selbstgefährdung“ bzw. zu einer Mentalität der Mikrounternehmer:innen, die sich mit Haut und Haaren der Sache verschreiben (Krause et al. 2018). Insofern kann New Work kritisch als nächstes Projekt einer spätkapitalistischen Arbeitsgesellschaft verstanden werden, die selbst bei guten Absichten – die keinesfalls immer gegeben sein dürften – ein hohes gesundheitsgefährdendes Potenzial aufweisen. Auf der Ebene höherer Ordnungsparameter (Gesellschaft) ist New Work Folge der sozialen Beschleunigung (Rosa 2014) und selbst wiederum wichtiges Beschleunigungsmoment. Zweifellos sind Resilienzprogramme auf individueller Ebene wichtig, aber die Herausforderungen sind umfassender, Lösungen können nicht (nur) ans Individuum delegiert werden, sie sind systemisch anzugehen (vgl. Weber 2023, S. 146 ff.).
 
4.
Soziale Entropie: Die Entwicklung hin zu sozialen Netzwerken, loser Koppelung, multiplen Gemeinschaften usw. führt zu neuen sozialen Ordnungen. Soziale Ordnungen waren und sind nicht stabil, sondern laufend im Prozess des Driftens begriffen. Das gegenwärtige Narrativ beinhaltet eine Multiplizierung sozialer Ordnungen, z. B. im Begriff der „Multioptionsgesellschaft“ (Gross 2002). Gleichzeitig steht die These im Raum, dass soziale Ordnungen auch in der Arbeitsgesellschaft einer sozialen Entropie (Bailey 1990) unterliegen, der entgegengewirkt werden müsste, damit der „Zerfall“ in vielfache lokale Kulturen, Handlungsweisen usw. nicht überhandnimmt. Es geht dabei darum, die Organisation als „Organisation einer Differenz“ (Baecker 1999, S. 21) zu begreifen. Auf die Metapher einer Schafherde zurückgreifend, wobei ganz klar ist, dass Menschen keine Schafe sind, auch mit ihnen nicht verglichen werden sollen, geht es darum, „den Leithammel mit einer Glocke auszustatten, die hinreichend hörbar ist, damit alle Schafe ihren Launen nachgehen können und dennoch immer wissen, wie sie sich zur Herde verhalten“ (ebd.). Es stellt sich die Frage, wer oder was heute die Instanz sein kann, die einen Ordnungsrahmen schafft, der Freiheitsgrade und Handlungsorientierung jeweils optimal ausgestalten kann, vor allem, wenn Führung in Form von Hierarchie dafür nicht mehr in Frage kommen sollte. Jedenfalls darf man skeptisch sein, ob New Work in den gegenwärtigen Formen und ihren angewandten Praktiken ein solcher Rahmen sein kann. Und es bleibt auch offen, ob die „neue“ Arbeit soziale Nachhaltigkeit (Zirkler 2021) verbessert und damit einer sozialen Entropie entgegenwirken kann.
 
5.
Müdigkeit und Erschöpfung: Neues Arbeiten ist voraussetzungsreich und widersprüchlich. Es gilt ja immer noch das Versprechen der Meritokratie (Sandel 2020), dass sich Anstrengung lohnen soll. Organisationen sind immer noch daran interessiert, die Humanressourcen maximal zu bewirtschaften, und zwar ganz besonders im Bereich der „neuen Arbeit“, weil hier in der Regel sehr gut ausgebildete Menschen tätig werden, die sich ihre Fähigkeiten und Potenziale nur für gutes Geld abkaufen lassen bzw. unter für sie sonst attraktiven Bedingungen zur Verfügung stellen. Die „Müdigkeitsgesellschaft“ leidet an einem „Übermaß an Positivität“ (Han 2013, S. 12), in der Hochleistungsgesellschaft kann man sich nur noch an sich selbst abarbeiten. Die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts ist nach Han keine Disziplinargesellschaft (Foucault), die mit Verboten arbeitet, sondern eine Leistungsgesellschaft: „Zur Steigerung der Produktivität wird das Paradigma der Disziplinierung durch das Paradigma der Leistung bzw. das Positivschema des Könnens ersetzt, denn ab einem bestimmten Produktivitätsniveau wirkt die Negativität des Verbots blockierend und verhindert eine weitere Steigerung“ (ebd., S. 21). Entsprechend steigen die Zahlen derer, die an Erschöpfung leiden und erkranken, von Jahr zu Jahr, auch und vielleicht besonders unter den Erwartungen „neuer“ Arbeit. Doch das Risiko hat nicht nur die Arbeitssubjekte erfasst, sondern auch organisationale Systeme insgesamt, was unter dem Stichwort „organisationaler Burnout“ geführt wird (Greve 2019). Weber (2023) spricht in diesem Zusammenhang auch von der müdigkeits- und erschöpfungsbedingten „Great Resignation“ (Weber 2023, S. 35 ff.)
 
6.
Eliteprojekt: Eine weitere Bruchlinie ergibt sich aus dem Umstand, dass die „neue“ Arbeit bislang ganz überwiegend für ausgewählte Gruppen von in der Regel gut gebildeten, urbanen Menschen gelten kann, für viele andere in „normalen“ Jobs hat sich bislang nicht viel geändert. Im Gegenteil, die zunehmende Digitalisierung führt nur noch zu mehr Kontrolle und Steuerung im fordistischen Paradigma. Das könnte sich erst dann ändern, wenn die Versprechungen der „neuen“ Arbeit nicht nur auf der Ebene einzelner Teams oder Organisationen versuchsweise eingelöst werden, sondern die Bedingungen insgesamt eine Veränderung erfahren. Selbstkritisch kann hinzugeführt werden, dass auch die Hochschulen die heutigen Studierenden teilweise stark mit den Ideen von „neuer Arbeit“ aufladen. Diese erfahren dann häufig einen heftigen Realitätsschock, wenn sie mit dem Einstieg ins Berufsleben erkennen müssen, dass selbst für die Bildungseliten zunächst Unterwerfungsleistungen in die herrschenden Verhältnisse zu realisieren sind. Das Potenzial, das sie mit Blick auf „neue Arbeit“ mitbringen, ist zwar durchaus erwünscht, aber wann, wo und wie es zur Entfaltung kommen kann, das bestimmen vielfach immer noch die Eliten der „alten Schule“.
 

5 Die Zukunft der „neuen“ Arbeit

Das Interessante an der Zukunft ist, dass sie ungewiss ist. Niemand hat die „richtigen“ und schon gar nicht (im ethischen Sinne) guten Lösungen für die widersprüchlichen Erwartungen an Arbeit zu einer gegebenen Zeit und unter jeweils herrschenden Bedingungen. Allerdings darf man einen ehrlichen Diskurs über „neue“ Lösungen und deren Preis erwarten. Und man darf erwarten, dass Organisationen ihren Leistungsträger:innen, also allen daran Beteiligten reinen Wein einschenken.
Die „neue“ Arbeit ist und bleibt Arbeit. Im guten Falle lassen sich dabei Leistung, persönliche Interessen verschiedener Art, soziale Aspekte und solche der Nachhaltigkeit verbinden. Das sollte Leitmotiv sein. Zugegeben, der Anspruch ist hoch, aber es geht am Ende nicht um die nächsten Heilsversprechungen, sondern um die Gestaltung von Arbeits- und Lebensbedingungen zum Wohle der Menschen. Selbstverständlich kann das nicht nur von Einzelnen gelöst werden, auch nicht nur von Organisationen oder der Wirtschaft, sondern es ist eine gesamthafte Gestaltungsaufgabe, bei der Organisationen eine erhebliche Rolle spielen und großen Einfluss haben.
Aller Voraussicht nach werden die Anforderungen weiter steigen. Die Digitalisierung und mit ihr die Digitalität als Lebenswelt (Noller 2022) stehen erst am Anfang. Globale Herausforderungen werden immer deutlicher und haben einen Einfluss darauf, wie hierzulande Arbeit gedacht und gemacht werden kann. Die „neue“ Arbeit ist weniger eine Revolution in der als „4. Industrielle Revolution“ benannten (Schwab 2019) Epoche. Sie kann als Ringen um Lösungen im laufenden Spiel des Fragens und Antwortens unter sich laufend verändernder Bedingungen verstanden werden. Dieses Ringen ist nicht nur legitim, sondern auch notwendig, wenn es darum geht, die Arbeitsbedingungen für möglichst viele Menschen zu verbessern, sie lebensdienlich (Zirkler 2019) zu gestalten.
Aus diesem Grund braucht es die schöpferische Kraft, aus der neue Lösungen entstehen können; soziale Innovationen müssen mit den technologischen und kulturellen verbunden werden (Herzog et al. 2023). Zur „neuen“ Ehrlichkeit gehört aber auch, die „dunklen“ Seiten, Risiken und Gefahren besser in den Blick zu nehmen, als es vielfach bislang getan wird.
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Fußnoten
1
Bei aller kritischen Perspektive, die hier eingenommen wird, soll der Begriff „Esoterik“ in seiner eigentlichen Form und nicht abwertend verstanden werden. Esoterik, vom griechischen esōterikós bezeichnet einen Wissensbereich, der nur einem „inneren“ Kreis zugänglich ist und der mit „höherem“ Wissen in Verbindung steht.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Die Versprechungen „neuer Arbeit“ – eine kritische Betrachtung
verfasst von
Prof. Dr. Michael Zirkler
Publikationsdatum
10.03.2023
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Organisationsberatung, Supervision, Coaching / Ausgabe 2/2023
Print ISSN: 1618-808X
Elektronische ISSN: 1862-2577
DOI
https://doi.org/10.1007/s11613-023-00816-4

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