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14.07.2023 | Nachhaltigkeit | Schwerpunkt | Online-Artikel

Nachhaltigkeitsmanagern fehlt die starke Mannschaft

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4:30 Min. Lesedauer

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Dax-Unternehmen haben verstanden: Wer in Sachen Klimaschutz und Diversity nicht liefert, dem laufen die Menschen davon. Trotzdem fehlt es an schlagkräftigen Teams, die dem Chief Sustainability Officer den Rücken stärken.

T-Shirts mit Baumwollfasern aus Xianjing durch Schwachstellen in der Lieferkette, Greenwashing von Produkten durch nicht überprüfbare Aussagen (Sin of no Proof) und faule Kompromisse (Sin of the Hidden Trade-Off) oder der verantwortungslose Umgang mit knappen Ressourcen: Bei der Bewertung von Unternehmen hat sich der Fokus verschoben - weg von den rein finanziellen Aspekten und hin zum sozialen Kapital. Und das ist schnell verspielt.

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2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

Wege zum klimaneutralen Unternehmen

Entwicklung von Klimastrategien zur erfolgreichen Transformation von Betrieben zu klimaneutralen Unternehmen

Klimaneutralität ist zum wichtigen Leitbegriff für Unternehmen geworden, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen. Viele stehen jedoch noch vor Unsicherheiten, wie eine glaubwürdige Klimastrategie aussehen kann und haben Bedenken bezüglich der Umsetzung.

Warum ESG kein Nischenthema ist

Klimakatastrophen und weltweite Menschenrechtsverletzungen haben das ökologische und soziale Bewusstsein von Kunden und Konsumenten sensibilisiert. Vertrauen und Loyalität gibt es nur noch im Tausch gegen verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Auch die zunehmende regulatorische Dichte und der gestiegene Druck von Anlegern und Investoren zwingen zum Handeln. Verstöße etwa gegen Nachhaltigkeit und Diversity wirken sich negativ auf Geschäftsergebnisse aus und schädigen die Reputation.  ESG-Aspekte sind also kein Nischenthema mehr und die wirtschaftlichen Vorteile eines einwandfreien ESG-Profils im Topmanagement angekommen.

ESG steht für die Verantwortungsbereiche Environmental, Social und Governance (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung). Die damit verbundenen Themen haben sich weit über den Nachhaltigkeitsbegriff hinaus erweitert. Sie beginnen in der Produktion und reichen über ein diversitätssensibles und inklusives Personalwesen bis ins Datenmanagement. 

Die damit verbundenen Pflichten, nämlich die Erweiterung der Unternehmensziele, die Steuerung der im ESG-Katalog gelisteten Kriterien samt Risikomanagement und transparentem Nachhaltigkeitsreporting, kurzum eine Top-ESG-Performance, lasten auf den Schultern von Nachhaltigkeitsmanagern. Die jedoch hetzen ihren Aufgaben hinterher und kommen kaum voran, wie der Sustainability Leadership Report 2022 des Beraters Spencer Stuart zeigt. Kernaussage der zweiten Studie dieser Art nach 2016 ist: "Weniger Rhetorik und mehr Taten wären angebracht."

Nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen (Helmold, Seite 214)

Environment

Social

Governance

  • Umgang mit dem Klimawandel und Gegenmaßnahmen
  • Effizienter und verantwortungsbewusster Einsatz von begrenzten Ressourcen
  • Nachhaltiges Energiemanagement
  • Verminderung des ökologischen Fußabdrucks
  • Entsorgung von Rohstoffen und Abwasser
  • Arbeitsbedingungen und Arbeitnehmerschutz
  • Gesundheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
  • Beachtung der Menschenrechte und Menschenwürde
  • Soziale Wirkung der Produkte auf die Gesellschaft
  • Sozial verantwortungsvolle Bedingungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette
  • Arbeitsbedingungen und Arbeitnehmerschutz
  • Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung
  • Steuerehrlichkeit und Einhaltung der Gesetze
  • Bekämpfung von wettbewerbswidrigen Praktiken

Im Dax 40 ist ESG Chefsache

Für die Spencer-Stuart-Studie gaben mehrheitlich große westeuropäische (57 Prozent) und nordamerikanische (31 Prozent) Unternehmen Auskunft. Außerdem wurden neun Führungskräfte aus dem Bereich Sustainability interviewt und aktuelle Literatur zum Thema ausgewertet. Nachhaltigkeitsstrategien werden demnach durchweg von der gesamten Führungsriege mitgetragen. Das sagten 94 Prozent der Befragten. Zum Vergleich: In der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2016 war das in knapp jedem zweiten Unternehmen der Fall (49 Prozent). 

Auf Deutschland bezogen, ergibt sich aus der Studie folgendes Bild: In 16 Dax-40-Unternehmen wird das Thema Nachhaltigkeit vom CEO, Chief Human Resources Officer (CHRO), dem CSO (Chief Sustainability Officer) oder einem anderen Vorstandsmitglied vertreten, ihre Vergütung ist zunehmend an die Nachhaltigkeitsperformance geknüpft. Zudem haben elf der großen Unternehmen im Aufsichtsrat spezielle Sustainability Committees etabliert. Diese widmen sich entweder ganz dem Thema Nachhaltigkeit oder verbinden es mit Themen wie Ethik, Diversität oder Inklusion. 

ESG wird zunehmend sozial

Die wachsende Bedeutung der sozialen Aspekte spiegelt sich auch in den Gesamtergebnissen. So gaben 78 Prozent der Nachhaltigkeitsverantwortlichen an, dass ihre Aufgaben über reine Umweltthemen hinausreichen. Auf die Maßnahmen gegen den Klimawandel (93 Prozent), folgt direkt das Thema Diversität und Inklusion (86 Prozent) sowie an fünfter und sechster Stelle das verantwortliche Verhalten der Lieferanten (76 Prozent) sowie Menschen- und Arbeitsrechte (72 Prozent). Die befragten Nachhaltigkeitsverantwortlichen wollen ihre Unternehmen grundlegend umgestalten und fit für die Zukunft machen. Treiber für den Wandel ist allerdings weniger die unternehmerische Verantwortung, als die Aussicht auf Wettbewerbsvorteile. Doch wie ist es um den Zustand der Nachhaltigkeitsfunktion bestellt? 

Kleine Nachhaltigkeitsteams mit großen Aufgaben

Jedes zweite Nachhaltigkeitsteam (53 Prozent) bildet sich aus zehn oder weniger Personen, 30 Prozent sogar nur aus einer bis fünf Personen. Zwar rechnen 80 Prozent der CSOs damit, dass sich ihr Budget in den kommenden beiden Jahren erhöhen wird, von ihnen erwarten aber nur 43 Prozent eine bessere Teamstärke. In kleinen Teams kommt es besonders auf Qualifikation und gut ausgebildete Skills an. Mit diesen erweiterten Kenntnissen wollen Nachhaltigkeitsverantwortliche ihre Teams in die Zukunft lenken: 

  • Datenanalyse (45 Prozent),
  • interdisziplinäres Verständnis (38 Prozent),
  • Change Management (34 Prozent),
  • Strategie (24 Prozent) und
  • sozial- oder umweltwissenschaftliches Fach- sowie Branchenwissen (jeweils 18 Prozent). 

Auf die Frage, mit welchen Herausforderungen Nachhaltigkeitsverantwortliche am häufigsten konfrontiert sind, nannten die Befragten fehlende Fähigkeiten im gesamten Team zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien (41 Prozent), komplexe/ungewöhnliche Anforderungen an die Berichterstattung (26 Prozent) und praktische Schwierigkeiten bei der Messung der Auswirkungen (24 Prozent). 

Nachhaltigkeit braucht Begeisterung 

Das Aufgabenspektrum von Nachhaltigkeitsmanagern steigt mit dem Reifegrad der ESG-Transformation im Unternehmen, schreiben die Springer-Autorinnen Saskia Juretzek und Sandra Broschat. In Unternehmen mit hohem Reifegrad ist diese Rolle für Steuerung und Koordination der ökologischen, sozialen und ökonomischen Leistungen verantwortlich. 

Als Querschnittsaufgabe ist sie nach Ansicht von Stefan Schaltegger, Wirtschaftswissenschaftler mit Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeitsmanagement, aber nicht von Einzelverantwortlichen leistbar. Im Interview mit den beiden Autorinnen sagt er: "Explizite Nachhaltigkeitsmanager sind nur wirkungsvoll, wenn es ihnen gelingt, ein unternehmensinternes und -externes Netzwerk aufzubauen sowie andere zu motivieren und zu befähigen, als implizite Nachhaltigkeitsmanager in ihren Wirkungsbereichen Nachhaltigkeit unternehmerisch umsetzen" (Seite 10).

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