Produktgestaltung für die Additive Fertigung

Die zunehmende Globalisierung ist ein treibender Faktor für technologischen Fortschritt und Innovationen. Hierdurch ergeben sich stetig Möglichkeiten zur Erschließung neuer Märkte bei sich gleichzeitig entwickelnder Konkurrenz. Um die Beständigkeit und Wirtschaftlichkeit auf den Märkten zu gewährleisten, sind kontinuierliche technologische Neuentwicklungen sowie Alleinstellungsmerkmale unabdingbar. Diese tragen zu innovativen Lösungsansätzen in unterschiedlichen Technologiefeldern bei.

Wie bereits in Kapitel 1 „Einleitung“ beschrieben, stellen additive Fertigungsverfahren die dritte Säule der gesamten Fertigungstechnologie dar. Der Begriff „Additive Fertigung“ (AF) oder auch „3D-Druck“ beinhaltet jeden denkbaren Prozess der Anordnung von Material zur Herstellung eines dreidimensionalen physischen Bauteils. Die technische Realisierung der „AF“ gründet aber ausschließlich auf Schichten und wird deshalb als „Schichtbautechnologie“ oder „schichtenorientierte Technologie“ bezeichnet. Daher werden heute Begriffe wie „3D-Drucken“, „Additive Fertigung“, „Additive Manufacturing“, und „Schichtbautechnologie“ gleichbedeutend angewendet.

Laser Powder Bed Fusion (L-PBF) ist die standardisierte Bezeichnung für das Verfahren. Umgangssprachlich werden auch die Markenbezeichnungen verschiedener Hersteller verwendet, wie zum Beispiel SLM (Selective Laser Melting, SLM Solutions), LaserCusing (Concept Laser) oder LMF (Laser Metal Fusion; Trumpf). Der prinzipielle Ablauf der genannten Verfahren ist im Kern identisch: Ein einkomponentiges Metallpulver wird als dünne Schicht auf eine Bauplattform aufgetragen und mittels Laserstrahl lokal unter Schutzgas aufgeschmolzen, sodass ein dreidimensionales Bauteil schichtweise aufgebaut wird.

Auch wenn die additiven Fertigungsverfahren als Technologie propagiert werden, welche „jede erdenkliche, mit einem 3D-CAD-Programm konstruierbare Form […] auch fertigen“1, ist dies nicht für den additiven Prozess allgemein gültig. Vielmehr gelten auch für die Additive Fertigung einige fertigungsspezifische Gestaltungsrichtlinien, die beachtet und respektiert werden müssen. Das vorliegende Kapitel zeigt auf, welche Gestaltungsrichtlinien und -möglichkeiten es beim pulverbettbasierten Schmelzen gibt und wie diese umgesetzt werden können.

Die Nachbearbeitung von L-PBF-Bauteilen hängt stark von der individuellen Geometrie und deren Anforderungen ab. Häufig wird dieser Bereich jedoch zu wenig und zu spät betrachtet. Gerade für die Kosten der Nachbearbeitung können keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden, sondern müssen bauteilindividuelle Betrachtungen erfolgen. Dies zeigt auch Bild 5.1.

Die Additive Fertigung setzt sich bereits in vielen unterschiedlichen Branchen durch, und das Tempo der Marktdurchdringung ist in einzelnen Anwendungsbereichen wie dem Prototyping und Design, der Ersatzteilfertigung, der Realisierung von Leichtbau oder aber der Individualisierung von Produkten sehr hoch. Zudem zeigen Beispiele wie die Produktion des Cabriohalters von BMW (siehe Kapitel 2 „Additive Fertigung“), dass die Additive Fertigung für die Serienproduktion bereit ist. Neben der Automobilindustrie sind besonders das Gesundheitswesen, die Luft- und Raumfahrt und die Konsumgüterindustrie für die Anwendung von additiven Serienproduktionen führend [POR2018].