2007 | OriginalPaper | Buchkapitel
Theoretischer Bezugsrahmen und Problemstellung
Erschienen in: Sozialer Wandel und Gewaltkriminalität
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts ist in fast allen ökonomisch hoch entwickelten, demokratisch verfassten Staaten die Rate der registrierten Gewaltkriminalität ziemlich kontinuierlich angestiegen (s. Gartner 1990; Eisner 2002, 2003). Bei der Suche nach Erklärungen glauben viele Soziologen bei gesellschaftlichen Fundamentalprozessen wie „Individualisierung“ und „Rationalisierung“ fündig zu werden, von denen man annimmt, sie minderten die soziale Kohäsion und die Intensität normativer Bindungen. Solche Erklärungen sind problematisch, denn gesellschaftliche Individualisierungs- und Rationalisierungsprozesse vollziehen sich schubweise schon seit Hunderten von Jahren; dennoch ist die interpersonale, staatlicherseits nicht initiierte oder geduldete Gewalt seit Beginn der Neuzeit rückläufig — mit Unterbrechungen und Gegenbewegungen, aber insgesamt mit deutlichem Trend nach unten. Der schweizer Soziologe Manuel Eisner, der diese Entwicklung am umfassendsten dokumentiert hat, kalkuliert für die Zeitspanne vom 15. Jahrhundert bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts in den europäischen Kernregionen einen Rückgang der Tötungsdelikte von durchschnittlich 28 auf 0,8 Fälle pro 100.000 Einwohner (Eisner 2002: 63)2.