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2000 | Buch

Wasserbau und Wasserwirtschaft in Deutschland

Vergangenheit und Gegenwart

verfasst von: Rolf Meurer

Verlag: Vieweg+Teubner Verlag

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Römer berichten am Anfang der Frühzeit über die Nordseeküste

Über die Küsten, ihre Bewohner und über Sturmfluten in der Frühzeit gibt es nur wenige und dazu äußerst vage Nachrichten.

Rolf Meurer
Römische Wasserleitungen im Rheinland und an der Mosel

Gaius Plinius derÄltere schreibt im 36. Buch seiner Naturgeschichte (naturalis historia): „Wenn man die große Menge Wasser an öffentlichen Orten, in Bädern, Fischteichen, Häusern, Kanälen, Gärten, den Gütern vor der Stadt, Landhäusern, dann die zu dessen Herleitung gebauten Bögen, durchgrabene Berge und geebnete Täler mit Aufmerksamkeit betrachtet, so muß man gestehen, daß die ganze Welt kein größeres Wunderwerk aufzuweisen hat.“

Rolf Meurer
Schiffahrt auf der Mosel zur Römerzeit

Schiffahrt im weitesten Sinne und mit primitiven Mitteln wurde sicher betrieben, seit Menschen sich in Siedlungen an Flüssen niedergelassen haben. Zahlreiche Zeugnisse über Art und Umfang von Schiffahrt auf deutschen Gewässern liegen schon für die Zeit der römischen Herrschaft vor. Ende des S.Jahrhunderts wurde Trier im Rahmen der Neuordnung des Römerreiches Hauptstadt des Westens von Britannien bis Nordafrika. Von dieser Blütezeit zeugen die großen römischen Bauten Porta Nigra, Konstantin-Basilika, Amphitheater, Kaiserthermen und andere. Auf römischen Grabmälern gemeißelte oder geritzte Darstellungen über die Schiffahrt auf der Mosel sind allgemein bekannt. Sie stammen aus der Mitte des 2. und dem Anfang des 3.Jahrhunderts. Besonders hervorgehoben zu werden verdienen die Igeler Säule, ein 23 m hohes Grabmal, und das berühmte Neumagener Weinschiff. Aber auch Darstellungen von treidelnden und stakenden Schiffern sind zu nennen, so daß man schon zur Römerzeit von Leinpfaden am Ufer entlang ausgehen darf.

Rolf Meurer
Die Fossa Carolina — eine Idee, die erst tausend Jahre später verwirklicht wird

Es gibt keine einhellige Meinung darüber, ob der Bau der Fossa Carolina König Karl dem Großen allein zuzuschreiben ist oder ob bereits die Römer damit begonnen haben und Karl den Gedanken aufgegriffen und die schon begonnenen Arbeiten fortgeführt hat. Die diesbezügliche Forschung, die in Vorbereitung auf das im Jahr 1993 begangene 1200-Jahr-Jubiläum des Karlsgrabens besonders intensiviert wurde, hat hier noch ein weites Betätigungsfeld.3,4 Der Beginn der Bauarbeiten an der Fossa Carolina wird nach den Reichsannalen der Karolingerzeit in das Jahr 793 gelegt. Die Annalen berichten, daß König Karl davon „überzeugt worden war, man könne, wenn man zwischen Rednitz und Altmühl einen schiffbaren Graben zöge, bequem von der Donau in den Rhein gelangen, da der eine von den beiden Flüssen in die Donau, der andere in den Main münde.“ (Abb. 8)

Rolf Meurer
Sturmfluten, Deiche und Siele an der Nordseeküste im Mittelalter

Für die ersten Jahrhunderte des Mittelalters fehlen Aussagen über Sturmfluten fast gänzlich. Hinsichtlich der Zeit nach der Jahrtausendwende gibt es mehr, wenn auch zunächst nur sehr ungenaue Nachrichten. Auch die ersten schriftlichen Quellen in Norddeutschland datieren um etwa das Jahr 1000. Sie sind den schriftkundigen christlichen Priestern zu verdanken. Das 11. Jahrhundert war übrigens die Zeit der Entstehung der Hanse.

Rolf Meurer
Hochwasser und Hochwasserschutz im Mittelalter

Obgleich die Menschen zu allen Zeiten vom Hochwasser heimgesucht wurden, sind Angaben über Häufigkeit des Auftretens, Wasserstände, angerichtete Schäden und darüber, wie man versucht hat, sich zu schützen, für die weitere Vergangenheit nur spärlich vorhanden. Das gilt gerade auch für das Mittelalter, das für uns nicht nur auf diesem Gebiet weitgehend im Dunkel geblieben ist.

Rolf Meurer
Wasserversorgung im Mittelalter

Nach dem Zerfall des Römischen Reiches gingen die Kenntnisse der Antike über die notwendige Qualität des Wassers und die von den Römern angewandten meisterhaften Techniken wieder verloren. Im Mittelalter wurden Zisternen zur Sammlung von Dachwasser angelegt, die im Falle guter Ausgestaltung aus einem Sammelraum, einer Filterschicht und einer Entnahmekammer bestanden oder es wurde Grundwasser mittels flacher Schachtbrunnen entnommen oder das Wasser wurde aus dem vorbeifließenden Fluß oder Bach entnommen. Die Brunnen waren gelegentlich in der Nähe von Abort- oder Dunggruben angelegt; in den Wasserlauf, aus dem das Trink- oder Gebrauchswasser entnommen wurde, wurden auch die flüssigen Abfallstoffe eingeleitet. Die Menschen dachten nicht daran, daß dadurch hygienisch untragbare Verhältnisse geschaffen wurden, die die Auslöser zahlreicher Seuchen waren. Zur Wasserentnahme aus Flüssen wurden u. a. Schöpfräder verwendet. Ein solches Schöpfrad und andere Wasseranlagen in Bremen wurden von einem Zeitgenossen anschaulich beschrieben: „Sonderlich wird von Inheimischen und Fremben besehen das künstliche Wasserrad, dadurch innerhalb 24 Stunden 10 000 Tonnen Wasser aus dem Weserfluß durch Canal unter der Erden in unterschiedene Häuser in der Statt geleitet werden, außer deme noch andere Pumpereyen oder Wasserkünste seyn, so das Weserwasser durch die Statt vertheilen. An Schopff und Ziehbrunnen hats auch genugsamben Vorrath in der Statt wievol das Brunnenwasser nicht so süß und bequem zum brawen und kochen als das Weserwasser ist.“ Überall dort, wo der unmittelbare Zugriff auf das Wasser nicht möglich war, mußte es mittels unterschiedlicher Techniken herbei geschafft werden. Dabei stand die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser und verschiedener Handwerkszweige mit Brauchwasser im Vordergrund. Wenn auch die Badekultur des Mittelalters weit entfernt war von der der Römerzeit, so wurde auch für öffentliche Bäder Wasser benötigt. Der Wassertransport in Leitungen und insbesondere die Überwindung von Höhenunterschieden bereitete Schwierigkeiten. Eine der gigantischsten Leistungen wurde im Zusammenhang mit der Errichtung der Salzburger Wasserleitung um das Jahr 1160 vollbracht.9 Dabei wurde der 376m lange, Im breite und 2m hohe Stiftsarmstollen durch den Mönchsberg bei Salzburg gebaut. Der Stollenbau wurde von einem „Artifex“ namens Albert als technischer Sachverständiger geleitet und in einer Bauzeit von 6 Jahren fertig gestellt. In der Stadt Augsburg wurden im Jahre 1412 drei Drucktürme errichtet, in die das Wasser mittels Förderschnecken (Archimedische Schrauben) gehoben wurde, von wo es in natürlichem Gefälle zu Hunderten privaten und öffentlichen Brunnen lief. Die Leitungen bestanden aus Holz, später aus Gußeisen. Die Anlagen wurden von LeopoldKarg geschaffen. Auch die 1368 in Nürnberg gebaute „Spitalleitung“ war aus Holz. In dieser Stadt lebte später EndresTucher (1423–1507), der eine Bohrmaschine zur Herstellung von Holzrohren entwickelte. Angetrieben wurde der Bohrer mit Wasserkraft. Diese Erfindung war von großer Bedeutung für den damaligen Wasserbau; sie löste die mühevolle Handarbeit mit sogenannten Löffelbohrern ab. EndresTucher war Stadtbaumeister mit einem weit gefaßten Zuständigkeitsbereich. In dem von ihm verfaßten „Baumeisterbuch der Stadt Nürnberg“ beschreibt er unter anderem die städtischen Brunnen und Wasserleitungen.10

Rolf Meurer
Der Umgang mit dem Abwasser bis zum Aufkommen der Schwemmkanalisation

Die ältesten Kanäle zur Ableitung von gebrauchtem Wasser auf deutschem Boden wurden in Köln und Trier gefunden. Sie stammen aus der Römerzeit und waren aus Backstein gemauert und in Ton eingebettet.

Rolf Meurer
Märkische und Berliner Wasserstraßen bis in die Zeit der Industrialisierung

Unter den Markgrafen Johann I. (ca. 1210–1266) und Otto III. (gest. 1267) wurde die deutsche Kolonisation in der Mark Brandenburg energisch vorangetrieben. Bäuerliche Siedlungen und Städte wurden systematisch angelegt. Die Städte Brandenburg (um 1170), Spandau (1232), Cölin (1237) und Frankfurt a. d. Oder (1253) wurden gegründet. Berlin erhielt um 1230 Stadtrechte, nachdem dort schon eine Kaufmannssiedlung bestand. Die von den Städten eingeforderten Stapelrechte, die auswärtige Kaufleute dazu zwangen, beim Passieren der Stadt ihre Waren feilzubieten, hatten für sie große Bedeutung; die auf die in die Stadt eingeführten Güter erhobenen Steuern waren gute Finanzquellen. Sehr bald betreibt Berlin schon einen beachtlichen Fernhandel mit Hamburg. Die wesentlichen Handelsgüter sind Getreide und Holz. Zwischen 1359 und 1442 sind Berlin und Cölin Mitglieder der Hanse. Die Lage Berlins zwischen den beiden großen Stromgebieten der Elbe und der Oder bot gute Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt. Dem Ziel, möglichst viel Verkehr in und durch die Stadt zu führen, diente auch die Schaffung des Netzes der Märkischen Wasserstraßen zwischen Elbe und Oder mit dem Zentrum Berlin. Es ist das älteste Wasserstraßennetz in Deutschland. Seine Entstehung und Weiterentwicklung dauerte Jahrhunderte.

Rolf Meurer
Verbindungen zwischen Nord- und Ostsee — vom Stecknitz-Kanal bis zum Kaiser-Wilhelm-Kanal

Als eine der einflußreichen Hafenstädte des Mittelalters mit einer erstarkten Position im Bund der Hanse Mitte des 14. Jahrhunderts war Lübeck auch Verkehrsmittelpunkt. Eine der wichtigen Straßenverbindungen war die von Lüneburg ausgehende Salzstraße. Salz galt als das Haupthandelsprodukt der damaligen Zeit. In Lüneburg wurde es aus oberflächennahen Salzstöcken gewonnen. Der Bedarf an Salz für die Fischkonservierung war an der Küste groß. Das von Wismar aus auf den Markt kommende billige Meersalz führte dazu, daß man sich in Lübeck im 14. Jahrhundert über wirtschaftlichere Formen des Salztransports Gedanken machte. Um der Konkurrenz begegnen zu können, verständigten sich Lübeck und Lüneburg auf den Bau eines Kanals, der 1391 bis 1398 als Stecknitzkanal errichtet wurde. Er begann zwischen Lübeck und Reinfeld an der Trave und mündete bei Lauenburg in die Elbe. Auf ihm konnte Salz bequem in Booten von Lauenburg nach Lübeck getreidelt werden.

Rolf Meurer
Sturmfluten und Deichbau an der Nordseeküste in der Neuzeit bis 1825

Daß die Zahl der Opfer und der Umfang der Schäden bei den Sturmfluten dieser Zeit im Verhältnis zum Mittelalter nach den überlieferten Daten geringer waren, hat mehrere Gründe. Einmal ist es die Berichterstattung selbst, deren Zuverlässigkeit naturgemäß immer größer wurde. Sodann war es das gewachsene Gefahrenbewußtsein der Küstenbewohner und deren konkrete Kenntnisse, die sich besonders im Deichbau und im Verhalten bei den Sturmflutereignissen auswirkten. Dennoch sind auch in diesem Zeitabschnitt viele Opfer, große Sachverluste und nachteilige Veränderungen der Küstenlandschaft zu beklagen.

Rolf Meurer
Hochwasser und Hochwasserschutz in der Neuzeit bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts

An der Elbe wurde mit der regelmäßigen Beobachtung von Wasserständen im 18. Jahrhundert, von Durchflußmengen im 19. Jahrhundert begonnen. Die Jahreszahlen des Beobachtungsbeginns sind für die Pegel Barby (Wasserstand 1753; Abfluß 1881), Dresden (W1776; A1806) und Wittenberge (W1848; A1899). Ein besonders extremes Hochwasser wurde im März 1845 beobachtet.

Rolf Meurer
Die Wasserversorgung der „Neuzeit“ bis zum Beginn der bakteriologischen Ära

In den Anfängen der sogenannten Neuzeit, die man um etwa 1500 beginnen läßt, lebte der überwiegende Teil der Menschen noch auf dem Lande. Das blieb so bis weit in das 19. Jahrhundert hinein. In Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern zum Beispiel wohnten in Deutschland um 1850 rund 28 % der Bevölkerung, 1871 — zum Zeitpunkt der Reichsgründung — etwa 36 % und um 1900 dann rund 54 %.21 Die „Verstädterung“ ging mit der beginnenden Industrialisierung einher. Bis dahin, bis weit ins 19. Jahrhundert, waren die Städter meist noch „Ackerbürger“, die das Land bestellten und ihre Fleischversorgung selbst sicherstellten.

Rolf Meurer
Die bakteriologische Ära und ihre Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung — Max von Pettenkofer und Robert Koch

Max vonPettenkofer (1818–1901), Apotheker und Mediziner, gilt als der Begründer der modernen Hygiene. Sein Hauptwirkungsfeld war München, wo er Professor für medizinische Chemie und 1865 erster Professor für Hygiene in Deutschland wurde. Sein besonderes Augenmerk galt der Städtehygiene. So ging er beispielsweise energisch gegen die Versickerungsgruben vor, von denen es im Jahre 1874 in München rund 6400 gab, die zum Teil in unmittelbarer Nähe von Wasserversorgungsbrunnen lagen. Auf seine Anregung geht auch die Gründung der Zeitschrift „Gesundheits-Ingenieur“ im Jahre 1878 zurück.

Rolf Meurer
Die Oberharzer Wasserwirtschaft — Beginn des Talsperrenbaus in Deutschland

Der Harz und hier vornehmlich der Oberharz, den man vereinfachend als westlich des Brocken gelegenen Teil dieses am weitesten in das nordwestdeutsche Flachland vorgeschobenen Mittelgebirges beschreiben kann, war lange Zeit eines der großen Bergbaugebiete Deutschlands und Europas. Die Blütezeit des Harzer Bergbaus begann im 16. Jahrhundert. Der Erzbergbau galt der Gewinnung von Silber, Blei, Kupfer, Zink und anderen Buntmetallen. Er wurde begünstigt durch den Holz- und Wasserreichtum des Harzes. Der Wald lieferte das Material für den Grubenverbau und Energie für die Verhüttung. Wichtigster Energielieferant war indessen das Wasser als Antriebskraft zur Wasserhaltung in den Gruben und zum Betrieb der sogenannten Pochwerke, der der Zerkleinerung und Anreicherung der Roherze dienenden Betriebsanlagen.

Rolf Meurer
Ostsee — Küste, Küstendynamik, Sturmflut, Seegang

Die Ostsee, auch Baltisches Meer genannt, ist erdgeschichtlich ein sehr junges Meer, das erst vor rund 13 000 Jahren entstand. Sie ist ein kleines und flaches Nebenmeer des Atlantischen Ozeans mit 420000 km2 Größe, einer größten Tiefe von 459 m und einer mittleren Tiefe von 55 m. Großer und Kleiner Belt und Sund stellen die Verbindung zur Nordsee dar. Die Tidebewegung in der Ostsee ist gering, sie liegt unter 20 cm. Die Ostseeküste ist einem ständigen Wandel unterworfen, der unter anderem durch den häufigen Wechsel zwischen Abbruch- und Anwachsufern gekennzeichnet ist. Dabei sind in der Regel die Steilküsten Abbruchstrecken, die Flachküsten Anwachsstrecken. Die heutige Außenküste der Ostsee in der Bundesrepublik Deutschland, also ohne die Boddenküste in Mecklenburg-Vorpommern und ohne Schlei in Schleswig-Holstein, hat eine Länge von 758 km (Abb. 25).

Rolf Meurer
Historische Sturmfluten an der Ostseeküste

Sporadische Wasserstandsaufzeichnungen gehen bis in das 17. Jahrhundert zurück. Petersen24 gibt Einrichtungsdaten von Latten- und Schreibpegeln an der Ostsee an, die allerdings Fragen offen lassen.

Rolf Meurer
Küstenschutzmaßnahmen an der Ostsee von ihren Anfängen bis zur schweren Sturmflutkatastrophe 1872

Es muß wohl schon im Mittelalter einfachste und eng begrenzte Maßnahmen an der Ostseeküste gegeben haben, die man dem Küstenschutz im weitesten Sinne zuordnen kann. Konkret ist darüber nichts bekannt. Ein Hinweis von Hagen26 auf eine Denkschrift aus dem Jahre 1796 des SörenBiörn, der für die Stadt Danzig im Dünenbau tätig war, zeigt, daß dieser die Bedeutung von Vordünen und die Notwendigkeit ihrer Schaffung erkannt hat, ohne den Begriff „Vordüne“ zu verwenden. Eigentliche Vordünen hat er indessen nicht geschaffen, sondern sich damit begnügt, die Dünen, die zufällig an der See lagen, so wie er sie vorfand, festzulegen. Hagen war der erste, der den Wert einer vollkommen gleichmäßig geführten Vordüne sah. Er begann 1826 auf der Frischen Nehrung damit, in geraden Linien längs der See doppelte Fangzäune zu errichten; der sich daran anlagernde Sand wurde mit Dünengras festgelegt. So entstand eine Vordüne. Die Vorzüge von Vordünen liegen in der uferschützenden Wirkung, dem Schutz dahinter liegender Flächen und natürlicher Dünen vor weiterer Versandung und der Verringerung der am Strand treibenden Sandmengen. Die Schaffung von Vordünen steht am Anfang eines „methodischen Dünenbaus“ am Beginn des 19. Jahrhunderts. Darunter versteht man die Festlegung und Kultur der kahlen Sandflächen durch Ansiedlung von Pflanzen und Schaffung von Gebüschen und Waldungen. Die dafür wichtigen Pflanzen sind diejenigen, die sich auch auf Dünen in ihrem natürlichen Zustand vorfinden. Es sind dies vornehmlich der Strandhafer (Ammophila arenaria), der Strandweizen (Elymus arenarius), welcher unter Verhältnissen gedeiht, unter denen der Strandhafer abstirbt, verschiedene Weidenarten sowie von den Baumarten vorzugsweise die Kiefer. Die Bewirtschaftung der Vordünen wurde 1864 der Wasserbauverwaltung übertragen.

Rolf Meurer
Die Oder — Ausbau im Interesse der Landeskultur und der Schiffahrt

Die Oder entspringt in der Tschechoslowakei im Odergebirge rund 25 km östlich von Olmütz. Sie hat ein Niederschlagsgebiet von rund 119 000 km2, das ungefähr 75 % desjenigen des Rheins an der deutsch-holländischen Grenze entspricht. Die Abflußverhältnisse in der Oder sind jedoch aus verschiedenen Gründen sehr ungünstig. Einmal dadurch, daß das Gesamtniederschlagsgebiet aus zwei großen Teilgebieten besteht, nämlich dem der oberen und mittleren Oder selbst und dem von Warthe und Netze. Oder und Warthe vereinigen sich erst bei Küstrin, so daß der Gesamtwasserabfluß der Oder nur ihrem Unterlauf zugute kommt. Außerdem sind die Niederschlagshöhen im Odergebiet erheblich niedriger als in den westdeutschen Stromgebieten. Sie liegen im Durchschnitt bei nur rund 600 mm im Jahr. Beides zusammen genommen und eine lange winterliche Eissperre machten die Schiffahrt auf der Oder schon immer sehr schwierig. Die ersten an der Oder durchgeführten Regulierungsmaßnahmen dienten indessen vorwiegend der Landeskultur. Das gilt für die unter Friedrich II., demGrossen (1712–1786), vorgenommenen Ausbauarbeiten zur Verbesserung der Vorflut, zur Entwässerung versumpften Landes wie auch zur Verminderung von Hochwasserschäden.

Rolf Meurer
Vom Segnerschen Wasserrad zur Wasserturbine

Als LeonhardEuler (1707–1783), der berühmte Mathematiker, der auch Theologie und Medizin studiert hatte, in hohen Stellungen an den Akademien der Wissenschaften in Berlin und St. Petersburg, im Jahre 1752 die theoretischen Grundlagen für die Wasserturbinen erarbeitete, da hatte er die Anregung dazu durch die Erfindung des Segnerschen Wasserrades durch den Arzt und Physiker JohannAndreas vonSegner (1704–1777) bekommen. Segner war Professor in Göttingen und Halle. Das nach ihm benannte Wasserrad war eine praktische Anwendung der Theorie von der Reaktion ausfließender Flüssigkeiten. Es dauerte aber noch bis zum Jahr 1827, bis der französische Zivilingenieur BenoitFourneyron die erste Wasserturbine erfand. Sie wurde durch den deutschen Ingenieur im Staatsdienst CarlAntonHenschel (1780–1861) — zuletzt Oberbergrat in der hessischen Berg- und Salzwerkdirektion — verbessert und erstmals 1841 in Holzminden eingesetzt. Sie wurde unter dem Namen Henschel-Jonval-Turbine bekannt.

Rolf Meurer
Liberalisierung des Handels im 19. Jahrhundert — Flußschiffahrtsfreiheit

Nach dem Ende der Napoleonischen Herrschaft versammelten sich 1814/1815 in Wien die Staatsmänner Europas unter dem Vorsitz des österreichischen Staatskanzlers Metternich, um eine neue Ordnung für Europa zu beraten und zu beschließen.

Rolf Meurer
Johann Gottfried Tulla und die Oberrhein-Korrektion

Die im 19. Jahrhundert durchgeführte Oberrhein-Korrektion ist mit dem Namen JohannGottfriedTulla (1770–1828) untrennbar verbunden. Tulla war Geometer im Badischen Staatsdienst. Er studierte auch an der Bergakademie Freiberg in Sachsen und hörte ebenfalls Vorlesungen an der Ecole Polytechnique in Paris. Seine besondere Neigung galt dem Wasserbau. Auf diesem Gebiet befaßte er sich mit Forschungsarbeiten. Man kann Tulla deshalb als Wasserbauingenieur bezeichnen. Im Dienste des badischen Staates stieg er bis zum Oberst und Oberdirektor des Wasser- und Straßenbaus auf. Sein Hauptarbeitsgebiet war der Rhein, sein großes Werk die Korrektion des Oberrheins zwischen Basel und Mannheim, deren geistiger Schöpfer er war.

Rolf Meurer
Die Elbe — schwieriger Schiffahrtsweg — und der Elbe-Seitenkanal

Die Elbe entspringt auf dem böhmischen Riesengebirgskamm, nimmt bei Prag die Moldau auf, dann die Eger, verläßt die Tschechische Republik, fließt auf deutschem Gebiet vorbei an Dresden und Magdeburg, durchfließt und prägt zugleich Hamburg und mündet schließlich bei Cuxhaven in die Nordsee. Ihre Lauflänge beträgt 1165 km. Die ungünstige Wasserführung wird dadurch bestimmt, daß ihr Quellgebiet im Mittelgebirge liegt, so daß es im Sommer zu Niedrigwasserperioden kommt, die die Schiffahrt zum Erliegen bringen. Ausgenommen davon ist der Unterlauf ab Geesthacht, da die Wasserstände dort von den Gezeiten der Nordsee bestimmt werden.

Rolf Meurer
Der Hamburger Hafen

Hamburgs Stellung als „Deutschlands Tor zur Welt“ verdankt es seinem traditionsreichen Hafen, der mehr als 800 Jahre besteht. Am 7. Mai 1189 bestätigte Kaiser FriedrichBarbarossa die Handels-, Zoll- und Schiffahrtsprivilegien, die die neu geschaffene Hafenstadt am westlichen Altsterufer für die Niederelbe erhalten hatte. Der Hamburger Hafen nahm über Jahrhunderte eine langsame Entwicklung. Als im Gefolge des Wiener Kongresses der Deutsche Bund — eine föderative Vereinigung von Königreichen, Herzogtümern, Fürstentümern und Freien Städten — geschaffen wurde, trat auch Hamburg als Freie und Hansestadt dem Bund bei. Dem 1834 ins Leben gerufenen Deutschen Zollverein blieb Hamburg zunächst fern. Erst 1888 erfolgte der Beitritt der gesamten Wohnstadt zum Deutschen Zollverein, der ein großes nationales Wirtschaftsgebiet ohne Zollgrenzen umfaßte. Der Hafen blieb außerhalb der Zollvereinsgrenzen; für ihn wurde ein Freigebiet geschaffen. Diese Regelung bewährte sich, führte zu immer neuen Verbesserungen der Hafen- und Strombaueinrichtungen und zu einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung. Mit der etwa Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland einsetzenden Industrialisierung nahm der Hafenumschlag eine neue und vom Umfang her sprunghafte Entwicklung.

Rolf Meurer
Die bremischen Häfen

Nach dem Hamburger Hafen sind die bremischen Häfen die bedeutendsten in Deutschland.

Rolf Meurer
Der Bau der westdeutschen Kanäle bis zum Aufkommen der Schubschiffahrt

Mit dem Zuerwerb von Westfalen und dem Rheinland auf Grund des Wiener Kongresses erhielt Preußen nicht nur Zugriff auf den Rhein, sondern auch auf die Ems und die Flüsse Westfalens.

Rolf Meurer
Rhein-Ruhr-Hafen Duisburg

Die Geschichte des heute Rhein-Ruhr-Hafen Duisburg genannten Hafens ist lang und von großer Dynamik gezeichnet. Sie kann in dieser Abhandlung nur andeutungsweise wiedergegeben werden.

Rolf Meurer
Neckar — Schiffahrt und Energiegewinnung

Die Schiffahrt auf dem Neckar in ihren Anfängen lag seit dem ausgehenden Mittelalter in den Händen der „Neckartaler Schiffsbruderschaft“. Ihr oblag unter anderen die Aufgabe, das Fahrwasser in Ordnung zu halten. Die dafür benötigten Geldmittel mußten von ihren Mitgliedern aufgebracht werden. Die finanziellen und technischen Möglichkeiten der Schiffsbruderschaft waren gering. Sie verlor ihre Bedeutung, als der Württembergische Staat Anfang des 18. Jahrhunderts sich um den Wasserweg zu kümmern begann. Der planmäßige Ausbau der Wasserstraße durch das Land Württemberg wurde ab dem Jahr 1817 durchgeführt. Die Neckarschiffahrt konnte sich jedoch nicht mehr behaupten, als ab 1853 zunächst mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Mannheim-Stuttgart die Abwanderung des Güterverkehrs auf die Bahn begann. Auch die 1878 eingeführte Kettenschleppschiffahrt auf der Flußstrecke Mannheim-Heilbronn konnte daran nur wenig ändern. In der Folgezeit wurden viele Initiativen von den Regierungen der Länder Württemberg, Baden und Hessen sowie von Handelskammern und Verbänden mit dem Ziel entwickelt, den Neckar zu einer Großschiffahrtsstraße auszubauen. Als dann in der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 in Artikel 97 der Übergang der Wasserstraßen auf das Reich verankert war, übernahm es die Aufgabe des Neckarausbaus und errichtete 1920 die Neckarbaudirektion in Heilbronn als eine dem Reichsverkehrsminister unmittelbar unterstellte Mittelbehörde. Die Voraussetzungen für die Durchführung des Neckarausbaus waren damit geschaffen. 1921 folgte die Gründung der Neckar-Aktiengesellschaft, die sich verpflichtete, den Neckar von Mannheim bis Plochingen auszubauen, und zwar für Schiffe von 1200 t Tragfähigkeit. Sie erhielt die Konzession, von 1935 bis 2034 auf dieser Strecke die Wasserkräfte zu nutzen und den Bau und Betrieb der Wasserkraftwerke durchzuführen. Nach Ablauf der Konzession hat die Neckar-AG die Kraftwerke unentgeltlich und lastenfrei auf das Reich zu übertragen. Der Ausbau der Wasserstraße soll von der Neckar-AG aus den Erlösen der Kraftwerke finanziert werden. Die Neckarbaudirektion erhielt die Aufgabe, Entwurf und Ausführung des Schiffahrtsstraßenausbaus zu besorgen und die Wasserstraße zu verwalten und zu unterhalten. Es stellte sich bald heraus, daß das Finanzierungsmodell nicht zu verwirklichen war, so daß eine Regelung getroffen wurde, die die Finanzierung der Wasserstraße mit öffentlichen Mitteln vorsieht und nach der die Neckar-AG im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag dazu leistet. Der im Jahre 1921 von der Neckarbaudirektion — heute Wasser- und Schiffahrtsdirektion — vorgelegte Rahmenentwurf für die 200 km lange Strecke zwischen Mannheim und Plochingen sah 26 Staustufen vor. Der Planung lag der Normalschleppzug mit einem 25 m langen Schlepper und einem Schleppkahn mit 80 m Länge, 10,25 m Breite und 2,30 m Tiefgang zugrunde. Dementsprechend erhalten die Schleusen eine Länge von 110 m, eine Breite von 12 m und eine Drempeltiefe von 3,20 m. Für die Fahrrinne waren mindestens 2,50 m Tiefe und 36 m Breite vorgesehen. Diese Planung blieb im wesentlichen die Grundlage für den Nekkarausbau (Abb. 43).

Rolf Meurer
Die große Flut von 1825 an der Nordseeküste und deren Lehren

Die Februarflut von 1825 (3./4. Februar) traf die gesamte Nordseeküste von Holland bis Dänemark. Die Höhe dieser Sturmflut übertraf an vielen Orten diejenigen der bis dahin eingetretenen Sturmfluten. Die nach der Flut von 1717 erhöhten Deiche wurden überströmt. Trotzdem waren die Verluste an Menschenleben sowie die materiellen Schäden wesentlich geringer als im Jahre 1717. Insgesamt ertranken 789 Menschen und etwa 45 000 Stück Vieh. 2400 Gebäude wurden völlig, 8700 teilweise zerstört. Beispielsweise ertranken von den insgesamt 940 Bewohnern der nordfriesischen Halligen 74 Menschen. Von den 339 Häusern wurden 79 völlig zerstört, weitere 233 wurden so stark beschädigt, daß sie unbewohnbar waren. Auf Sylt wurden vom Roten Kliff bei Wenningstedt etwa 60–70 Fuß (ca. 20 m) und von den Dünen vor Westerland stellenweise bis zu 160 Fuß (ca. 50 m) weggerissen.

Rolf Meurer
Die Entwicklung der Küstenschutzmaßnahmen an der Ostsee seit der Katastrophen-Sturmflut des Jahres 1872 bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

Nach der verheerenden Sturmflut vom 12./13. November 1872, bei der wie auch bei weiteren schweren Sturmfluten des ausgehenden 19. Jahrhunderts erkannt wurde, daß viele Dünen den extremen Belastungen nicht standhalten konnten, begann eine lebhafte Bautätigkeit, bei der hauptsächlich Deiche mit Grasdecke geschaffen wurden. Das gilt beispielsweise für die Küstenabschnitte Dierhagen-Wustrow und Prerow-Pramort Der Seedeich Prerow-Pramort mit einer Länge von etwa 18,5 km, der 1884 gebaut wurde, übernahm zusammen mit der vorgelagerten Düne und dem Küstenschutzwald sowohl für die Halbinsel Darß-Zingst wie auch für das Festland den Schutz vor Sturmfluten.

Rolf Meurer
Oskar von Miller und die bayerische Wasserkraft- und Stromwirtschaft

Oskar vonMiller (Abb. 48) wurde 1855 in München geboren und studierte an der dortigen Technischen Hochschule Bauingenieurwesen. Aufenthalte in Paris und London gaben ihm Anregung, sich intensiv mit Fragen der Elektrizität zu befassen.

Rolf Meurer
Urfttalsperre, seinerzeit größte Sperre auf dem europäischen Kontinent — neue Dimensionen des Talsperrenbaus mit Otto Intze

In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts sind in Deutschland zahlreiche Talsperren gebaut worden. Sie dienten der Trinkwasserversorgung, der Niedrigwasseranreicherung, dem Hochwasserschutz und vereinzelt der Energiegewinnung.

Rolf Meurer
Flußkraftwerk Rheinfelden und die Wasserkraftnutzung am Hochrhein

Der Hochrhein — Flußabschnitt zwischen Bodensee und Basel mit einer Länge von rund 140 km — weist für Zwecke der Energiegewinnung günstige hydrologische Verhältnisse auf. Der Bodensee, die Seen des Voralpengebietes und in neuer Zeit entstandene künstliche Speicherseen bewirken ein vorteilhaftes Verhältnis von Klein- zu Mittelwasser. Die Niedrigwasserführungen des Winters betragen noch etwa ein Drittel der mittleren Wasserführung. Im Durchschnitt der Jahre fließen aus dem Bodensee etwa 450 mV3/s. Unterhalb der Einmündung der Aare, dem größten Seitenzufluß der Hochrheinstrecke, vermehrt sich der mittlere jährliche Abfluß auf rund 1000 m3/s. Es verwundert nicht, daß diese Voraussetzungen schon früh den Gedanken einer Kraftgewinnung zur Erzeugung elektrischer Energie aufkommen ließen, nachdem im Jahr 1849 die Francis-Turbine entwickelt worden war. Mit der aufkommenden Industrialisierung in Deutschland nahm dieser Gedanke konkrete Formen an, und zwar hinsichtlich eines Kraftwerks in Rheinfelden. Zunächst waren erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden. Das betraf nicht nur die technische Ausgestaltung des Projekts in einer Zeit stürmischer Entwicklung der Maschinen- und Elektrotechnik, sondern gleichermaßen die Finanzierung einer noch nicht erprobten technischen Anlage. Schließlich waren auch Fragen zu beantworten, die sich auf die wasserrechtlichen Konzessionen bezogen, die wegen der Grenzeigenschaft des Rheins in diesem Abschnitt sowohl von den zuständigen Behörden des Großherzogtums Baden als auch des Kantons Aargau erteilt werden mußten. Die Uferstaaten hatten am 10. Mai 1879 einen Vertrag geschlossen, nach dem die Kraftnutzung entsprechend der eingestauten Uferlänge aufgeteilt werden und die Wasserbauten im gegenseitigen Einvernehmen errichtet werden sollen. 1890 wurde von beiden Uferstaaten einer Vorbereitungsgesellschaft die Konzession erteilt. Die Pläne wurden von Prof. Intze, Aachen, überprüft und im Oktober 1894 wurde die Aktiengesellschaft „Kraftübertragungswerke Rheinfelden in Station bei Rheinfelden“ gegründet. Mit dem Bau des Wasserkraftwerks wurde sodann 1895 begonnen; Fertigstellung und Inbetriebnahme erfolgten im Jahre 1898. Die Kraftwerksanlage Rheinfelden ist ein sogenanntes Kanalkraftwerk, bestehend aus einem 360 m langen Stauwehr, einem 800 m langen, 50 m breiten Oberwasserkanal und dem parallel zum Rhein angeordneten Maschinenhaus auf deutscher Seite. Das Kraftwerk ist mit 20 Maschinengruppen ausgestattet. Die bei der Inbetriebnahme eingebauten Francis-Turbinen hatten zwei übereinander angeordnete Laufräder. Bei einer Schluckfähigkeit der Turbine von 28 mVs bei einer mittleren Fallhöhe von 5 m wurde eine Leistung von 617 kW je Turbine erzeugt. Die gesamte installierte Leistung betrug rund 12,3 MW, die Jahresarbeit anfänglich 70 Mio. kWh. Durch Höherstau und Einbau modernerer Maschinen konnte die Leistung bis heute auf rund 23 MW, die Jahresarbeit auf etwa 180 Mio. kWh erhöht werden. Abbildung 55 zeigt die Gesamtanordnung des Kraftwerks Rheinfelden und Abbildung 56 eine Luftaufnahme der bestehenden Kraftwerksanlage.

Rolf Meurer
Wasserversorgung von der Jahrhundertwende bis zum 2. Weltkrieg

Nachdem im Jahre 1891 die erste Trinkwassertalsperre in Deutschland, die Eschbachtalsperre für die Stadt Remscheid, mit einem Fassungsraum von 1,1 Mio. m3 in Betrieb gegangen war, folgte ihr mit der Inbetriebnahme der Talsperre Einsiedel 1894 zur Versorgung der Stadt Chemnitz eine weitere Trinkwassertalsperre in Deutschland. Zum Bau dieser Talsperre kam es im Zusammenhang mit der industriellen Entwicklung im Erzgebirgischen Becken mit den Schwerpunkten im Raum Chemnitz und Zwickau und auf Grund der Tatsache, daß es weder örtlich noch in größeren Entfernungen im Erzgebirge Möglichkeiten ausreichender Wassergewinnung mittels Brunnen oder Quellen gab. Die Entscheidung der Stadtväter von Chemnitz für eine Talsperre wurde maßgeblich durch den Ingenieur WilliamLindley beeinflußt. Das Fassungsvolumen der Sperre Einsiedel beträgt 0,3 Mio. m3; das Absperrbauwerk wurde in Bruchsteinmauerwerk errichtet (Abb. [59], siehe Farbteil, S.II).

Rolf Meurer
Abwasserreinigung von ihren Anfängen bis zum 2. Weltkrieg — die Bedeutung Karl Imhoffs

Auf Seite 25 wurde bereits auf die Rieselfelder verschiedener großer Städte hingewiesen. Ein weiteres Beispiel der frühen Abwasserverrieselung ist das der Stadt Braunschweig, besonders auch deshalb, weil die Anlagen den jeweils geltenden Ansprüchen angepaßt wurden. Braunschweig hatte 1885 mit dem Ausbau seiner Kanalisation begonnen und nahm bereits 1895 seine erste Rieselanlage in Betrieb. Die unbedingte Voraussetzung für eine Verrieselung, das Vorhandensein sandigen Bodens, war gegeben. Auf einem 490 ha großen Terrain des Klostergutes Steinhof mit leichtem Sandboden wurde die Verrieselung vorgenommen. Nach dem Wasserrechtsbescheid konnten „11127 m3 im Tage städtischer Kanaljauche bestehend aus dem Klosett- und Wirtschaftswasser, dem Abwasser aus Fabriken und dem Regenwasser“ unschädlich beseitigt werden. Nach dem 2. Weltkrieg konnten die Rieselfelder die große Abwassermenge nicht mehr verkraften. Es kam dann 1954 zur Gründung des Abwasserverbandes Braunschweig unter Einbeziehung von Teilen des Umlands. Seitdem werden auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 3000 ha etwa 2/3 der Braunschweiger Abwässer durch Verregnung gereinigt, wobei das System weitgehende Ergänzungen erfahren hat, insbesondere was die Vorbehandlung des Abwassers angeht. Zum Vergleich: Berlin hatte 1926 etwa 10 700 ha Rieselfeldfläche, 1975 noch rund 4000 ha nutzbare Rieselfeldfläche. Durch die Errichtung von Kläranlagen ist die Rieselfeldaufleitung inzwischen fast gänzlich aufgegeben.39

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Das 20. Jahrhundert bis zu den Katastrophensturmfluten 1953 in Holland und 1962 an der deutschen Nordseeküste

Von den Sturmfluten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist zunächst die Märzflut 1906 (13. März) zu nennen, von der vornehmlich Ostfriesland und Oldenburg betroffen waren. Obwohl diese Flut an der Jade höher als die von 1825 war, waren keine hohen Verluste an Menschenleben, Land und Sachgütern zu beklagen. Eindrucksvolle Bilder von der Gewalt des Meeres wurden an der Strandpromenade in Westerland auf Sylt bei der Sturmflut im Herbst 1936 festgehalten (Abb. 76), bei der unter anderem der Musikpavillon um 3 Meter versetzt wurde.

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Hochwasser und Hochwasserschutz im 20. Jahrhundert bis nach dem 2. Weltkrieg — die Wasserrückhaltung wird zum Instrument des Hochwasserschutzes

Seit der Jahrhundertwende wurden in Deutschland große und größte Talsperren errichtet, die als Mehrzwecktalsperren allesamt auch dem Hochwasserschutz dienen. Mit diesen Anlagen wird in Deutschland erstmals Hochwasserrückhaltung zum Zwecke der Abminderung von Spitzenabflüssen und damit zur Reduzierung von Wasserständen zum Schutz von Menschen, Tieren und Sachen betrieben.

Rolf Meurer
Wasserstraßen in und um Berlin seit der Jahrhundertwende

Havel und Spree sind die beiden natürlichen schiffbaren Flüsse in Berlin. Alle anderen der Schiffahrt dienenden Wasserstraßen der Stadt sind künstlich angelegt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die „Canalisirung der Unterspree von den Dammühlen in Berlin bis Spandau“ mit Begradigung, Verbreiterung und Tieferlegung der Sohle der Spree sowie dem Bau der Staustufen Charlottenburg und Mühlendamm durchgeführt worden.

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Der Rheinausbau seit der Jahrhundertwende

Die Rheinkorrektion zwischen Basel und Karlsruhe nach den Plänen von Tulla wurde zwischen 1817 und 1874 ausgeführt. Weitere Regulierungsmaßnahmen, die insbesondere der Schiffahrt dienten, wurden auf der Grundlage von Entwürfen von Honsell in der ersten Hälfte des 20. Jh. vorgenommen. Auf Grund des Versailler Vertrages von 1919 begann Frankreich im Jahre 1928 auf seinem Hoheitsgebiet mit der Errichtung des Rhein-Seiten-Kanals, Grand Canal d’Alsace, durch den Baubeginn an der ersten Staustufe Kembs. Die weiteren Staustufen Ottmarsheim, Fessenheim und Vogelgrün entstanden 1952–1959. Die durch diese Baumaßnahmen verursachten erheblichen Beeinträchtigungen von Landschafts- und Wasserhaushalt führten 1956 im Saarabkommen zur Vereinbarung einer sog. Schiingenlösung für die Wasserkraftnutzung in der weiter unterhalb liegenden Rheinstrecke, in der die Schiffahrtsrinne im Wechsel im alten Rheinbett und in kurzen reinen Kanalstrecken verläuft.

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Mittellandkanal und Weserausbau

Abgesehen von der Donau fließen alle großen natürlichen Wasserwege Deutschlands von Süden in nördliche Richtung: Rhein, Ems, Weser, Elbe und Oder. Der Gedanke, eine west-östliche Verbindung dieser Stromgebiete zu schaffen, lag daher nahe und verstärkte sich, als in Deutschland die Industrialisierung begann. Konkrete Überlegungen und technische Vorarbeiten für einen Rhein-Weser-Elbe-Kanal gab es dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Doch die parlamentarischen Hürden im Preußischen Landtag konnten lange Zeit nicht genommen werden. Beschlossen wurde jedoch der Bau des Dortmund-Ems-Kanals, der in den Jahren 1892 bis 1899 durchgeführt wurde. Damit war ein erster Schritt auf dem Wege einer Rhein-Elbe-Verbindung getan. Im Jahre 1906 wurde dann mit dem Bau des Mittellandkanals begonnen, ausgehend vom Dortmund-Ems-Kanal bei Bergeshövede. Die Verwirklichung dieses großen Projektes nahm, bedingt durch Weltkrieg, Inflation und Weltwirtschaftskrise, sehr viel Zeit in Anspruch. Die Weser bei Minden wurde 1915 erreicht, 1916 Hannover. Erst 1938 konnte mit der Fertigstellung des Schiffshebewerks Rothensee der Anschluß an die Elbe erreicht werden. Abbildung 84 zeigt einen Längsschnitt des Schiffshebewerks Rothensee. Das Hebewerk wurde nach dem gleichen Prinzip wie der 1. Abstieg Henrichenburg, also als Schwimmhebewerk, konzipiert, aber nur mit 2 Schwimmern und erheblich größeren Dimensionen. Der Trog hat eine Länge von 85 m, eine Breite von 12 m und 2,50 m Wassertiefe. Die beiden Schwimmerschächte sind 70 m tief, die Schwimmer 36 m hoch bei 10 m Durchmesser. Bei Niedrigwasser der Elbe beträgt die Hubhöhe bis zu 18,70 m. Die Anlage ist für 1000-t- Schiffe bemessen.

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Die Edertalsperre — Errichtung, Zerstörung und Wiederaufbau

Die Edertalsperre ist aus mehreren Gründen von besonderem Interesse. Mit einem Stauinhalt von 202 Mio. m3 war sie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung die mit großem Abstand größte deutsche Talsperre. Diesen Rang hatten bis dahin die Urfttalsperre mit 45,5 Mio. m3 (Inbetriebnahme 1905) und dann die Möhnetalsperre mit 134 Mio. m3 (Inbetriebnahme 1912).

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Wachsende Bedeutung der Wasserkraft — Pumpspeicherung von Herdecke bis Vianden

Mattern hatte 1902 in seiner Schrift „Der Talsperrenbau und die Deutsche Wasserwirtschaft“ auf die wachsende Bedeutung der Wasserkraftnutzung hingewiesen. Mit einem weiten Blick in die Zukunft hatte er auf die Endlichkeit der Kohlenvorräte aufmerksam gemacht und das Talsperrenwasser als die Hauptkraftquelle der Zukunft gesehen.

Rolf Meurer
Transkontinentaler Schiffahrtsweg von der Nordsee zum Schwarzen Meer — Rhein-Main-Donau-Wasserstraße

Der Gedanke an eine leistungsfähige Wasserstraßenverbindung von Main und Donau, die den gewachsenen und weiter wachsenden Ansprüchen der Wirtschaft gerecht werden würde, blieb lebendig, nachdem der Ludwig-Donau-Main-Kanal seine verkehrswirtschaftliche Bedeutung verloren hatte. Als im Jahre 1921 die Rhein-Main-Donau-Staatsverträge zwischen dem Deutschen Reich und dem Freistaat Bayern abgeschlossen und die Rhein-Main-Donau-Aktiengesellschaft gegründet war, konnte mit der Verwirklichung des Projektes begonnen werden. Die Rhein-Main-Donau AG wurde beauftragt, die 677 km lange Main-Donau-Wasserstraße zwischen Aschaffenburg und der Landesgrenze bei Passau zu bauen. Gleichzeitig erhielt sie das Recht, die Wasserkräfte des Main zwischen Aschaffenburg und Bamberg, der Donau, der Alt-mühl, der Regnitz und des unteren Lech auszubauen. Die Erlöse aus der Kraftgewinnung müssen zur Finanzierung der Wasserstraße verwendet werden. Im Jahre 2050 soll die Rhein-Main-Donau AG aufgelöst werden; die Wasserkraftwerke sind dann an den Bund und an das Land Bayern ohne Kostenersatz zu übergeben. Die Staatsverträge von 1921 wurden durch den sogenannten Duisburger Vertrag von 1966 und den Donaukanalisierungsvertrag von 1976 ergänzt. Es war ein langer Weg bis zur Schaffung und Nutzung des 3600 km langen transkontinentalen Wasserweges von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer, in dessen Rahmen der Main-Donau-Kanal von Bamberg bis Kehlheim — der künstliche Teil das Wasserweges — mit 171 km sich von der Länge, nicht jedoch von der technischen Leistung eher bescheiden ausnimmt (Abb. 99).

Rolf Meurer
Stahlbeton im Talsperrenbau

Die Fortschritte im Stahlbetonbau — Regierungsbaumeister MatthiasKoenen (1849–1924) hatte im Jahre 1886 die erste Theorie zur statischen Berechnung von Stahlbeton geliefert, der schon 1867 von dem französischen Gärtner MONIER ohne theoretische Kenntnisse verwendet worden war — legten den Gedanken nahe, auch im Talsperrenbau diesen Baustoff einzusetzen. Dies geschah in Deutschland erstmalig an dem Flüßchen Linach im Schwarzwald, an dem 1924 die Vöhrenbachtalsperre errichtet wurde. Die der Energiegewinnung dienende Anlage mit einem Stauinhalt von 1,1 Mio. m3 und einer Höhe über Gründungssohle von 32,4 m wurde als Gewölbereihen-Staumauer ausgeführt. Bei dieser aufgelösten Bauweise werden die Stützpfeiler mit aneinandergereihten geneigten Gewölben als Stauwand überdeckt. Die aufgelösten Staumauern sind sehr empfindlich und erfordern besonders tragfähigen Felsuntergrund. Die Abbildungen 108 und 109 zeigen die Vöhrenbachtalsperre.

Rolf Meurer
Kraftwerkstreppe Mittlere Isar

Die Isar entspringt im Karwendelgebirge und mündet nach einer Lauflänge von 295 km bei Deggendorf in die Donau. Mit der Nutzung der Wasserkräfte der Isar in größerem Umfang wurde in den 1920er Jahren begonnen. Etwa zur gleichen Zeit erfolgte die Isarüberleitung zum Walchensee im Rahmen der Errichtung des Walchenseekraftwerks wie auch der Ausbau der Kraftwerkstreppe Mittlere Isar. Eine Gesamtübersicht des Isarlaufs ist in Abbildung 110 dargestellt.

Rolf Meurer
Deutschlands größte Talsperre

Mit einem Speichervolumen von 215 Mio.m3 ist die Bleilochtalsperre an der oberen Saale Deutschlands wasserreichste Talsperre. Sie wurde in den Jahren 1925 bis 1932 bei Saalburg als Notstandsmaßnahme gebaut und bildet zusammen mit der Talsperre Hohenwarte (Fertigstellung 1939) das Kernstück der sogenannten Saalekaskade (Abb. 112). Mit einem Gesamtstauraum von 415 Mio.m3 stellen die Saaletalsperren das größte Speichersystem Deutschlands dar. Die Talsperren sind Mehrzweckspeicher. Sie erfüllen Hochwasserschutzaufgaben, gewährleisten eine Mindestwasserführung in der Saale zur Abdeckung verschiedener Nutzungsanforderungen von Industrie und Landwirtschaft und erlauben eine Kraftnutzung im Pumpspeicher- und Laufwasserbetrieb.

Rolf Meurer
Hohe Talsperrendämme —Schwammenauel in der Eifel

Die Abschlußbauwerke der Talsperren hatten bis in die zwanziger Jahre, wenn sie in Dammbauweise ausgeführt wurden, nur relativ bescheidene Höhen. Sie blieben fast ausschließlich unter 20 m. Dabei spielten nachteilige Erfahrungen eine Rolle, die insbesondere in den USA gemacht worden waren. Die Haltung der deutschen Aufsichtsbehörden, für die Sicherheit im Talsperrenbau oberstes Gebot war und ist, änderte sich Ende der zwanziger/Anfang der dreißiger Jahre. In dieser Zeit entstanden die ersten Dammbauten mit wesentlich größeren Höhen. Es seien hier genannt der künstliche Hochspeicher für das Pumpspeicherwerk Niederwartha mit einer Höhe von 42 m über Gründungssohle (1929), die Söse-Hauptsperre mit 57,3 m (1931), die Oder-Sperre mit 62,3 m (1933) sowie die Sorpe mit 68m (1935).

Rolf Meurer
Der Lechausbau

Die Geschichte der Kraftgewinnung am Lech beginnt mit der Gründung der Bayerischen Wasserkraftwerke AG, München im Jahre 1940. Ziele des Unternehmens waren neben dem Ausbau des Lechs von Füssen bis Augsburg die Kraftnutzung der Unteren Isar zwischen Landshut und Donau sowie der Oberen Donau zwischen Ulm und Kelheim. Der Gründung des Unternehmens waren Interessenkonflikte und Kämpfe um Einflußsphären großer Energieversorgungsunternehmen vorausgegangen, in denen parteipolitische Einmischungen und Machenschaften eine unrühmliche Rolle spielten. ManfredPohl spricht in seinem Buch „Das Bayernwerk“ von einer nationalsozialistischen Interessenpolitik.43 Schlüsselfiguren waren dabei ArnoFischer, Ministerialdirektor im Bayerischen Staatsministerium des Innern und seine einflußreichen Freunde und Helfer in höchsten Partei- und Staatsämtern.44 An der Gesellschaft waren und sind noch heute das Land Bayern, die RWE Aktiengesellschaft, Essen und die VIAG Aktiengesellschaft, Berlin zu je einem Drittel beteiligt. Fischer gelang es, daß in einem Vertrag festgeschrieben wurde, alle Kraftwerke einheitlich nach dem Unterwasserkraftwerks-System Schwede-Coburg-Fischer auszubauen und dabei die bei dem 1938 erbauten Kraftwerk Steinbach an der Iller mit dem gleichen Kraftwerkstyp gemachten Erfahrungen zu nutzen. Schwede-Coburg war als Altparteigenosse zunächst Oberbürgermeister geworden, dann Regierungspräsident und schließlich ab 1934 Gauleiter und Oberpräsident von Pommern. Das Unterwasserkraftwerks-System Schwede-Coburg-Fischer war in Expertenkreisen von Anfang an in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht umstritten. Die Bedenken sollten sich später eindeutig bestätigen, das System sollte sich als Fehlplanung erweisen. Zwischen 1943 und 1950 wurden auf der Strecke Schongau-Landsberg neun Unterwasserkraftwerke nach Schwede-Coburg-Fischer in Betrieb genommen mit je 6 im Wehrkörper untergebrachten horizontal liegenden Propeller-Rohrturbinen mit Kranz-Generatoren und einer installierten Leistung je Kraftwerk von 8 MW. Die Hochwasser-Entlastung erfolgt über aufgesetzte Klappen sowie über Grundablässe.

Rolf Meurer
Die Mosel — internationaler Schiffahrtsweg und Energiequelle

Als am 26. Mai 1964 der Internationale Moselschiffahrtsweg nach Abschluß der Ausbauarbeiten in einem Festakt in Anwesenheit Ihrer Königlichen Hoheit Großherzogin Charlotte vonLuxemburg, des Bundespräsidenten HeinrichLübke und des französischen Staatspräsidenten Charles deGaulles seiner Bestimmung übergeben wurde, da war ein bedeutendes Kapitel Europäischer Geschichte geschrieben, da hatten das deutsche und europäische Wasserstraßennetz eine wichtige Erweiterung erfahren, und nicht zuletzt war von den beteiligten Institutionen und Mitarbeitern aller Ebenen in grenzüberschreitender Zusammenarbeit eine organisatorische und technische Meisterleistung vollbracht worden (Abb. 119).

Rolf Meurer
Außergewöhnliches im Talsperrenbau an Oker, Olef und Innerste

Die zwischen 1952 und 1956 errichtete Okertalsperre mit einem Stauvolumen von rund 47 Mio. m3 und einer größten Mauerhöhe über Gründungssohle von 74 m ist in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich und bemerkenswert. Die Okerstaumauer ist eine sehr elegante und ästhetisch ansprechende Mauer. Sie bezieht diese Eleganz aus der Bogenform. Im unteren Teil läßt die Beschaffenheit der Talflanken es zu, über ein Bogengewölbe Kräfte auf diese abzulenken; dies ist im oberen Teil nicht möglich. Deshalb ist auf die Bogenmauer eine Schwergewichtsmauer aufgesetzt, die die an diesem Teil der Mauer angreifenden Kräfte ausschließlich nach unten ableitet.

Rolf Meurer
Das Bode-Talsperrensystem im Ostharz

Das aus sechs Talsperren bestehende Bode-Talsperrensystem wurde in den Jahren 1952 bis 1967 gebaut (Abb. 131). Das Herzstück dieses Mehrzwecksystems ist die Rappbodetalsperre. Sie ist mit einer Höhe über Gründungssohle von 106 m Deutschlands höchste Talsperre. Die unmittelbar vor der Einmündung der Rappbode in die Bode errichtete Staumauer speichert auch die mit Abstand größte Wassermenge in dem gesamten System: 109 Mio. m3. Die übrigen fünf Sperren haben einen Stauraum von zusammen rund 17,2 Mio. m3. Allerdings wird mittels einer sogenannten Überleitungssperre, die in der Großen Bode angeordnet ist, ein Einzugsgebiet von 158 km2 beigeleitet, das größer ist als das eigene Einzugsgebiet der Rappbode an der Sperrstelle, das eine Größe von 116 km2 aufweist. Die Beileitung erfolgt über einen Stollen von 1,7 km Länge mit einem Querschnitt von rund 8 m2. Bei den übrigen Sperren handelt es sich um die Vorsperren Rappbode und Hassel, das Hochwasserschutzbecken Kalte Bode und die Talsperre Wendefurth.

Rolf Meurer
Der Ausbau der Saar zur Großschiffahrtsstraße — Interesse der Industrie, alternative Planungen, Wasserkraft, ökologische Belange

Wie für Rhein und Mosel ist auch für die Saar Schiffahrt schon zur Römerzeit bekundet. Wenn auch die diesbezüglichen Zeugnisse aus dem Mittelalter eher spärlich sind, so ist doch davon auszugehen, daß es auch in dieser Zeitepoche und später Schiffahrt mit den jeweiligen Möglichkeiten und in lokalem Umfang gegeben haben wird. Nachdem Frankreich in den Jahren von 1838 bis 1853 den Rhein-Marne-Kanal gebaut hatte, schuf es auf der Grundlage eines Staatsvertrages mit Preußen den Saar-Kohlen-Kanal (1862–1866), der den Rhein-Marne-Kanal mit der Saar bei Saargemünd verbindet (Abb. 119 im Kapitel Mosel und Abb. 134). Gleichzeitig wurde die Saar von Saargemünd abwärts bis Luisenthal und 1875/1879 weiter stromab bis Ensdorf staugeregelt und damit für Penichen mit einer Ladefähigkeit von 200 bis 3001 befahrbar gemacht. Das Kohlerevier an der Saar hatte damit einen Anschluß an die französischen Wasserstraßen und an den Rhein gefunden. Um die Jahrhundertwende wurde das Für und Wider eines Wasserstraßenausbaus von Saar und Mosel in den Industriekreisen der Saar und der Ruhr unter den Gesichtspunkten des Kohlebergbaus und der Stahlindustrie mit gegensätzlichen und wechselnden Standpunkten lebhaft diskutiert. 1903 entstand ein Entwurf zur Kanalisierung der Saar zwischen ihrer Mündung in die Mosel bei Konz und Saarbrücken mit 20 Staustufen für Schiffe mit einer Ladefähigkeit von 6001. Er wurde nicht verwirklicht. Der Entwurf des Regierungsbaurats WüLLE aus dem Jahr 1921 mit 9 Staustufen, an denen auch Kraftwerke errichtet werden sollten, und für Schiffe mit 1200 t Trägfähigkeit wurde für spätere Planungen richtungweisend. Die auf Grund dieses Entwurfs ausgeführte bedeutendste Maßnahme war die 1924–1927 errichtete Staustufe Mettlach mit ihrem Kraftwerk (Abb. 135). Das Kraftwerk mit 4 Francis-Turbinen war bis zum Jahre 1980 in Betrieb. Als im Jahre 1969 erneut eine Saarausbauplanung vorgelegt wurde, war diese nicht konkurrenzlos. Zur gleichen Zeit wurde nämlich ein alter Gedanke wieder aufgegriffen, der darin bestand, eine unmittelbare Verbindung zwischen der Saar bei Saarbrücken und dem Rhein nördlich Ludwigshafen durch einen „Saar-Pfalz-Rhein-Kanal“ zu schaffen. Dieser Schiffahrtskanal mit einer Länge von rund 130 km und mit einer großen Zahl von Kunstbauwerken wie 3 Schrägaufzügen (quergeneigt) mit Hubhöhen zwischen 63 und 88 Metern, Kanalbrücken, Sperrtoren, Brücken und Stauseen sowie der Sparschleuse Frankenthal/Rhein wäre ein gewaltiger Eingriff in Natur und Landschaft gewesen, kaum ausgleichbar und damit unter den heutigen Vorstellungen von umweltgerechtem Bauen nicht zu verwirklichen. Die errechneten Herstellkosten waren deutlich höher als diejenigen für einen Saarausbau zwischen Saarbrücken und Konz, wobei der Ausbau zwischen Saarbrücken und Dillingen auch erforderlich gewesen wäre.

Rolf Meurer
Die heutige Wasserkraftnutzung und das Wasserkraftpotential in der Bundesrepublik Deutschland

Nach den Angaben von Wagner48 stellte sich die Situation der Wasserkraftnutzung in EVU- und netzgekoppelten Nicht-EVU-Anlagen für die allgemeine Stromversorgung in Deutschland für 1997 wie folgt dar: Aus 5461 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4578 MW wurden 15 764 GWh eingespeist. Das sind 3,4 % des gesamten Stromverbrauchs von 467 000 GWh. Unberücksichtigt geblieben ist dabei die Erzeugung aus gepumptem Wasser in Pumpspeicherkraftwerken, weil dies keine echte regenerative Energieerzeugung darstellt. Die Energieversorgungsunternehmen waren dabei mit 661 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4054 MW und einer Gesamteinspeisung von 14 293 GWh vertreten.

Rolf Meurer
Die Sturmflutkatastrophen 1953 in den Niederlanden sowie 1962 und 1976 an der deutschen Nordseeküste

Die Februarflut des Jahres 1953 war eine der stärksten Naturkatastrophen in der Geschichte der Niederlande. Ein Orkan aus Nordwest mit Windstärke 12 wütete gegen die holländische Südwestküste. 23 Stunden lang rannte die See gegen die Dünen und Deiche. Zahlreiche Deiche brachen oder wurden überspült, so daß ingesamt 500 km Deiche und Dünen zerstört und fast 200 000 ha Land überflutet wurden. Die traurige Bilanz: 1835 Tote, Zehntausende wurden obdachlos, 4500 Gebäude wurden verwüstet, 45 000 schwer beschädigt, 35 000 Stück Vieh fielen der Katastrophe zum Opfer. Um ein Haar wäre der 4 Meter hohe Deich an der Hollandse Ijssel überströmt worden. Dahinter liegt ein Gebiet, in dem 1,5 Mio. Menschen wohnen.

Rolf Meurer
Hochwasser und Hochwasserschutz nach dem 2. Weltkrieg

Die Wirren des zweiten Weltkriegs und die dann folgenden Nachkriegsprobleme hatten auch ihre negativen Auswirkungen auf Wissenschaft und Forschung in Deutschland. Das galt auch für das Gebiet der Hydrologie, insbesondere der Hochwasserhydrologie. Die Entwicklungen in der Welt waren zwischenzeitlich weiter gegangen. Es mußte zum Beispiel wieder Anschluß gefunden werden an den Stand der Erkenntnisse in den Bereichen Ermittlung kritischer Hochwasserabflüsse, Hydrologie der Hochwasserrückhaltebecken oder Einsatz hydraulischer und insbesondere mathematischer Modelle, bei denen die Neuerungen auf dem Gebiet der stochastischen Prozesse, d. h. von wahrscheinlichkeitstheoretischen Betrachtungen, verwertet werden. Noch im Jahre 1970 weist Zimmermann50 auf die Notwendigkeit hin, daß Deutschland wieder Anschluß findet an den Stand der Wissenschaft in der Welt und sich wieder aktiv einbringt in die hydrologische Forschung, wie es deutsche Tradition war. Dabei spricht er von den Anstrengungen, die insbesondere in Rußland und den USA auf diesem Gebiet gemacht werden.

Rolf Meurer
Wasserversorgung nach dem 2. Weltkrieg

Als der am 1. September 1939 durch den deutschen Überfall auf Polen begonnene zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 endete, lag ganz Deutschland wie die anderen kriegführenden Staaten Europas in Trümmern.

Rolf Meurer
Abwasserwesen und Gewässerschutz nach dem 2. Weltkrieg

Seit dem 1.Weltkrieg bis zum Ende des 2. Weltkriegs war die Bautätigkeit auf den Gebieten der Kanalisation und der Kläranlagen sehr verhalten. Neben den Kriegs- und Reparationslasten waren dafür die Inflation der 1920er Jahre und der sogenannte Vierjahresplan, 1936 beginnend und 1940 um weitere vier Jahre verlängert, ursächlich. Dieser hatte das Ziel, Deutschland durch Entwicklung von Bergbau und Industrie vom Ausland unabhängig und die deutsche Industrie in den ersten vier Jahren kriegsfähig zu machen. Hinter dieser Zielsetzung mußten wasserwirtschaftliche Maßnahmen zurückstehen. Davon waren naturgemäß die ländlichen Räume am stärksten betroffen.

Rolf Meurer
Küstenschutz an der Ostsee in neuer Zeit

Das Land Schleswig-Holstein hat im Jahre 1963 einen Generalplan Deichverstärkung, Deichverkürzung und Küstenschutz aufgestellt. In dessen Fortschreibung 1977 wurde abschnittweise der maßgebende Sturmflutwasserstand in einer Spanne zwischen NN +3,20 bis 3,40 m — später geringfügig abgeändert — festgelegt sowie die Deichhöhe mit NN +4,40 bis 6,00 m darauf abgestimmt. Dabei setzt sich der maßgebende Sturmflutwasserstand in einem bestimmten Küstenabschnitt aus dem dort bei der Sturmflut 1872 erreichten Wasserstand und dem seitdem eingetretenen und für weitere hundert Jahre erwarteten säkularen Meeresspiegelanstieg in der Addition von rund 50 cm zusammen. Ein ähnlicher Ansatz findet sich in den Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken (EAK) 1993, die von dem 1972 gegründeten Ausschuß für Küstenschutzwerke für die deutsche Ostseeküste vorgelegt wurden. Auch sie gehen von dem Scheitelwert der schwersten, meßtechnisch sicher erfaßten Ostseesturmflut aus, nämlich der von 1872. Lediglich für einige Boddengebiete werden die Werte der Sturmflut von 1913 zugrunde gelegt. Hinzu kommt auch hier der säkulare Meeresspiegelanstieg. Beide zusammen ergeben den sogenannten Bemessungswasserstand. Die nachfolgenden beiden Einteilungen lassen eine Einordnung der auf Seite 65 aufgeführten Sturmfluten nach Schweregrad (leicht, schwer und sehr schwer) für Außen-, Bodden- und Haffküsten zu.

Rolf Meurer
Die Situation an der Nordseeküste in jüngster Zeit

Bei einer Betrachtung der Sturmflutwasserstände der Jahre 1906, 1962, 1976 und 1981 an 13 Standorten entlang der deutschen Nordseeküste anhand Abbildung 187 kann in übersichtlicher Weise abgelesen werden, in welchem Küstenabschnitt welche Sturmflut die höchsten Wasserstände verursacht hat. Vereinfachend kann gesagt werden, daß in Ostfriesland die höchsten Wasserstände bei der Sturmflut 1906 aufgetreten sind, im Abschnitt von Jade und Weser im Jahre 1962, von der Elbe bis zu einer Linie Schlüttsiel-Hallig Hooge 1976 und weiter nördlich an der schleswig-holsteinischen Küste im Jahre 1981. Das bedeutet, daß die Orkanfluten 1976 und 1981 für die Elbe und die Westküste Schleswig-Holsteins höhere Scheitelwerte ergeben haben als die von 1962. In diesem Küstenabschnitt waren die Scheitelwerte auch 1990 höher als 1962.

Rolf Meurer
Küstenschutz Nordsee: Was muß noch getan werden?

Nach Erchinger84 sind in Niedersachsen die in dem 1955 begründeten Küstenschutzprogramm vorgesehenen Maßnahmen zu einem nicht unerheblichen Teil bis jetzt noch nicht ausgeführt. 1995 gibt er diesen Anteil immerhin noch mit einem Viertel an. Das gesamte Schutzsystem besteht hier wie anderswo nicht nur aus Deichen und Sturmflutschutzwerken, sondern wird ergänzt durch Deichvorland, Watt und vorgelagerte Inseln. Dem flächenhaften Küstenschutz kommt eine hohe Bedeutung zu, weil durch seine Wirkung bereits vor der Deichlinie ein großer Teil der Seegangsenergie aufgezehrt wird. Das hier aufgezeigte Defizit bei der Verwirklichung schon vorgesehener Maßnahmen zusammen mit der Feststellung, daß die Deichsicherheit in Holland erheblich größer ist als in Deutschland einerseits und eine belegte beträchtliche Zunahme der Sturmfluthäufigkeit innerhalb weniger Jahrzehnte lassen unter ausgewiesenen Fachleuten Befürchtungen über eine weitere Zunahme von Zahl und Schwere von Sturmfluten mit ihren Wirkungen an der deutschen Nordseeküste aufkommen, die hier nicht näher begründet werden können. Wäre in Anbetracht dessen, daß die zukünftige Höhe von Sturmflutwasserständen kaum voraussehbar ist, möglicherweise eine zweite Deichlinie, die ja streckenweise schon vorhanden ist, eine Strategie der Zukunft?

Rolf Meurer
Konflikt Küstenschutz — Naturschutz

Der Konflikt zwischen Küstenschutz und Naturschutz leitet sich aus zwei sehr unterschiedlichen Grundpositionen her. Küstenschutz will entsprechend seiner langen Tradition in erster Linie den Lebensraum des Menschen am Meer mit allem, was seiner Wohlfahrt dient, sichern. Naturschutz möchte dort dagegen zuvorderst den Naturhaushalt sich möglichst ungestört entwickeln lassen.

Rolf Meurer
Ertüchtigung alter Talsperren

Im Zusammenhang mit den in jüngster Zeit vorgenommenen Talsperrensanierungen muß zunächst noch einmal Rückschau gehalten werden.

Rolf Meurer
Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17

Die oben genannten, im Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 enthaltenen Maßnahmen erfordern Investitionen von rund 4,5 Mrd. DM.

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Backmatter
Metadaten
Titel
Wasserbau und Wasserwirtschaft in Deutschland
verfasst von
Rolf Meurer
Copyright-Jahr
2000
Verlag
Vieweg+Teubner Verlag
Electronic ISBN
978-3-322-80213-2
Print ISBN
978-3-322-80214-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80213-2