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23.05.2022 | Wasserstoff | Schwerpunkt | Online-Artikel

Salzwasserelektrolyse als Alternative zu hohem Süßwasserverbrauch

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Deutschland will viel Wasserstoff importieren. Doch in sonnenreichen Gegenden, die gut für eine grüne Elektrolyse geeignet sind, herrscht meist Wassermangel. Deswegen wird an einer Salzwasserelektrolyse geforscht.

Die Elektrolyse ist ein lang bekannter und praktizierter Prozess. "Elektrolyse-Anlagen spalten mithilfe von erneuerbarem Strom Wasser (H₂O) in seine Bestandteile Wasserstoff (H₂) und Sauerstoff (O₂) auf", beschreibt Springer-Vieweg-Autorin Christiane Köllner in ihrem Zeitschriftenbeitrag Was verbirgt sich hinter der H2-Farbpalette? auf Seite 17 den grundlegenden chemischen Vorgang.

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01.12.2021 | Titelthema

Was verbirgt sich hinter der H2-Farbpalette?

Grün, Blau, Grau oder Türkis: Je nach Quelle und Art der Produktion wird Wasserstoff mit unterschiedlichen farblichen Beinamen bezeichnet. Eine kleine Wasserstoff-Farbenlehre.

Wird dazu grüner Strom verwendet, gilt der gewonnene Wasserstoff ebenso als grün. Da die Potenziale für dieses wirtschaftlich zukunftsträchtige Element hierzulande begrenzt sind, hat bereits die alte Bundesregierung auf den Import von grünem Wasserstoff gesetzt. Der soll in Gegenden entstehen, wo viel Sonneneinstrahlung und gute Windverhältnisse herrschen, so dass die Stromkosten geringer ausfallen als hier.

Sonnenreichtum korrespondiert mit Mangel an Süßwasser

Diese Regionen, insbesondere der Maghreb und Chile, leiden jedoch unter Süßwassermangel. Das ist aber die Voraussetzung sowohl für die alkalische als auch die PEM-Elektrolyse, und zwar in sauberer Form. Immerhin benötigt man für ein Kilogramm Elektrolyse-Wasserstoff gut neun Liter Wasser. Das Meerwasser müsste erst aufwendig entsalzt werden. Schon heute zeichnet sich ab, dass damit in den avisierten Regionen Umweltschäden durch ein Ansteigen des Salzgehaltes im Meerwasser verbunden sind. Hinzu kommen Preissteigerungen für Süßwasser, was für die dortige Bevölkerung einen erschwerten Zugang zu Trinkwasser bedeuten könnte.

Die Lösung könnte in einer direkten Elektrolyse von Meerwasser liegen. Im Labormaßstab wurde das bereits von Wissenschaftlern untersucht.

Insbesondere die Elektrolyse ist dabei eine Herausforderung. Denn die hochempfindlichen Elektroden müssen vor Korrosion geschützt werden. Dazu soll eine spezielle Beschichtung dienen, die von Forschern der Stanford Universität in Kalifornien entwickelt wurde. Sonst würden die Chloridionen des Salzwassers die Anode innerhalb weniger Stunden zerstören. Eine Lösung könnte in einer Elektrode aus einem Nickelschaum bestehen, der von einer Schicht Nickelsulfid umhüllt ist. Auf dieser Schicht wiederum liegt eine Hülle aus Nickel-Eisen-Hydroxid auf.

Im Prozess der Elektrolyse bildet sich aus dem Nickelsulfid eine Schutzschicht mit negativ geladenen Sulfat- und Carbonatmolekülen, die aber die Funktionsfähigkeit der Elektrode nicht beeinträchtigt. Die ebenfalls negativ geladenen und durch die Korrosion aufgeladenen Chloridionen werden so abgestoßen. Auch Forscher der Universität des Saarlandes und der TU Berlin entwickeln derzeit korrosionsfeste Systeme.

Erster Praxistest auf Texel

Der Automotive-Spezialist Schaeffler hat inzwischen eine eigene Anlage entwickelt, die bereits über den Labormaßstab hinaus arbeitet, allerdings mit einem modifizierten Entsalzungssystem. Die Anlage steht auf der niederländischen Insel Texel. Sie nutzt Strom aus nahegelegenen Offshore-Windparks.

Seit Sommer 2021 erarbeitet dazu das zu Schaeffler gehörende niederländische Start-up Hydron Energy eine Machbarkeitsstudie. Im Projekt SEA2H2 konnte das Konsortium, an dem auch Wageningen Food & Biobased Research (WFBR, das zur Universität Wageningen gehört), nachweisen, dass sich klimaneutraler Wasserstoff aus Meerwasser gewinnen lässt.
Genutzt wird in dem Verfahren eine Membranelektrolyse. Hier sind beide Elektrodenreaktionen, also kathodische Reduktion sowie anodische Oxidation, mit dem Transport und der Überführung von geladenen Ionen verbunden. Das Verfahren kommt etwa bei der Herstellung von destilliertem Wasser zum Einsatz.

Die Abwärme der Elektrolyse wird gleichzeitig genutzt, um das Meerwasser aufzubereiten, also auf für die Entsalzung nötige Temperaturen zu bringen. In der Anlage auf Texel wurde genau dies getestet. Jetzt sollen alle Komponenten – Filter, Entsalzung und Membranelektrolyse – skaliert werden, so dass sie einmal für eine industrielle Produktion geeignet sind.

Auch wenn die Versuche und der Test in Texel eine direkte Nutzung von Meerwasser für die Elektrolyse ermöglichen sollten, bliebe dennoch das generelle Kostenproblem der Elektrolyse. "Wegen des relativ geringen Wirkungsgrades von etwa 50 . . . 70% – je nach Baugröße – wird nur ca. ein Prozent des weltweiten Wasserstoffs aus der Elektrolyse von Wasser hergestellt", benennt Springer-Vieweg-Autor Holger Watter in seinem Buchkapitel Wasserstoff als Energieträger auf Seite 392 ein Hindernis, das für eine industrielle Nutzung noch beseitigt werden müsste.

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