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27.07.2022 | Batterie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Deutschland könnte Hochburg für Batteriezellfertigung werden

verfasst von: Christiane Köllner

5 Min. Lesedauer

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Deutschland wird laut aktueller Fraunhofer-Studie vor Großbritannien und Frankreich bis 2030 der größte Produzent von Batteriezellen in Europa. Mit knapp 400 GWh soll mehr als ein Viertel der europäischen Kapazität hierzulande entstehen. 

Die Elektromobilität nimmt an Fahrt auf: Im Jahr 2030 sollen jüngsten Prognosen der Unternehmensberatung Bain & Company zufolge in Europa rund 55 % der Neuwagen mit elektrischem Antrieb fahren, bis 2035 könnten es über 90 % sein. Die Automobilhersteller sind ehrgeizig. Sie wollen bis zum Ende des Jahrzehnts 68 % ihres europäischen Pkw-Absatzes elektrifiziert haben, wie Agora Verkehrswende ermittelt hat. Für den Weltmarkt liege der Wert bei etwa 44 %. Vor dem Hintergrund der künftigen Stückzahlerwartung von Elektrofahrzeugen und strikteren EU-Klimaschutzzielen ist daher ein rascher Aufbau von Produktionskapazitäten für Batterietechnologien erforderlich, um die Nachfrage für die Energiewende aus den verschiedensten Sektoren decken zu können. 

Die Traktionsbatterie ist eine der wichtigsten Komponenten des Elektroautos mit einem Wertschöpfungsanteil von bis zu 40 %. Die große Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien decken derzeit vor allem Hersteller aus China, Japan und Südkorea, wie eine Datenanalyse von Forschenden des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zeigt. Dennoch gebe es seit einigen Jahren auch in Europa zunehmende Bemühungen, große Batteriezellfabriken – oft Gigafactories genannt – entstehen zu lassen. "Zum einen expandieren viele etablierte asiatische Zellhersteller nach Europa, andererseits planen eine Vielzahl neugegründeter europäischer Start-Ups umfangreiche Investitionen in die Zellherstellung oder setzen diese bereits um", heißt es vom Fraunhofer ISI. Das Institut hat diese Ankündigungen nun ausgewertet und und auf dieser Basis Forecasts zu den in Europa entstehenden Zellproduktionskapazitäten erstellt. 

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So kommt die Batterieproduktion ins Rollen

Die Elektromobilität boomt - und mit ihr der Bedarf nach leistungsstarken und kostengünstigen Lithium-Ionen-Akkus. Um die hohe Nachfrage heute und in Zukunft bedienen zu können, benötigt die Batterieproduktion neben einer zuverlässigen und flexiblen Supply Chain vor allem eine effiziente und agile Fertigungsarchitektur, die es ermöglicht, rasch auf Schwankungen in der Nachfrage und Technologieänderungen zu reagieren. Passende Impulse hierzu stammen aus der Automobilproduktion.

Deutschland übernimmt in Europa klare Führungsrolle

Die Auswertungen des Fraunhofer ISI zeigen: Gemäß der Ankündigungen der in Europa aktiven Zellhersteller könnten bereits im Laufe des Jahres 2022 Produktionskapazitäten von bis zu 124 GWh erreicht werden. Bis 2025 sollen sich diese voraussichtlich auf über 500 GWh vervierfachen, bis 2030 auf bis zu 1,5 TWh verzehnfachen. Damit werden bis Ende des Jahrzehnts ungefähr ein Viertel der global angekündigten Produktionskapazitäten in Europa entstehen. Die Projekte zum Aufbau von Batteriezellfabriken erstrecken sich über mindestens 15 europäische Länder. Deutschland spielt dabei eine zentrale Rolle, da hierzulande mit knapp 400 GWh mehr als ein Viertel der europäischen Zellproduktionskapazitäten entstehen werden.

Es sind vor allem europäische Unternehmen, die den Bauboom vorantreiben. "Dieser rasante Aufbau wird maßgeblich durch europäische Akteure wie Northvolt, VW und ACC getrieben. Allein die drei Genannten haben gemeinsam ungefähr ein Drittel der europäischen Zellproduktionskapazitäten angekündigt", erklärt Dr. Lukas Weymann, der am Fraunhofer ISI zu Batteriethemen forscht und die Angaben der Hersteller analysiert hat.

Der schwedische Batterieproduzent Northvolt baut neben zwei großen Zellfabriken in Schweden auch eine Gigafactory bei Heide in Schleswig-Holstein, mit dessen Bau im nächsten Jahr begonnen werden soll. Bereits vor dieser Ankündigung habe Northvolt den Aufbau einer Fabrik mit VW in Salzgitter geplant, so Weymann, die VW nun wie auch eine weitere Fabrik in der Nähe von Valencia (Spanien) selbstständig errichten wird. Die Standorte für drei weitere Zellfabriken stehen Lukas Weymann zufolge noch nicht fest, wohl aber die geplante maximale Produktionskapazität von 40 GWh, die jeder dieser fünf Fabriken im Endausbau erreichen könnte. 

Aufbau eigener Fertigungskompetenz

Neben Volkswagen investieren auch weitere europäische Automobilhersteller in die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien. Die Beweggründe für die Autohersteller sind vielschichtig. Motivation ist unter anderem "unabhängiger von in- und ausländischen Zulieferern zu werden, eigenes Zellchemie- und Fertigungs-Know-how aufzubauen und die Wertschöpfung im Unternehmen zu halten", wie Richard Backhaus im Artikel Batteriezellen "Made in Germany" – Ein Weg mit Hindernissen aus der MTZ 3-2020 anmerkt. So sind zum Beispiel Mercedes-Benz und Stellantis gemeinsam mit Saft Anteilseigner der Automotive Cells Company (ACC), die in Deutschland, Frankreich und Italien laut Fraunhofer ISI den Bau von Gigafactories angekündigt haben. 

Dabei profitiert ACC genau wie Northvolt von der Unterstützung im Rahmen des von der Europäischen Union gestarteten Großförderprojekts "Important Project of Common European Interest (IPCEI)". Mit der Initiative soll "der Aufbau einer strategischen Batterie-Wertschöpfungskette unterstützt werden, die von der Gewinnung der Rohstoffe über die Entwicklung innovativer Batteriezellen und -systeme bis zum Recycling der Materialien reicht", erklären Heike Belitz und Martin Gornig vom DIW Berlin im Kommentar Batteriezellen aus Europa? aus dem Wirtschaftsdienst 1-2020. Dafür nimmt die Europäische Kommission 3,2 Mrd. Euro in die Hand.

Neben den europäischen Zellherstellern sollen laut Fraunhofer ISI auch nicht-europäische Akteure wie beispielsweise CATL (China) und Tesla (USA) mit ihren geplanten deutschen Zellfabriken sowie LGES und Samsung SDI (beide aus Südkorea) mit ihren osteuropäischen Fabriken einen großen Anteil der europäischen Zellproduktion etablieren. Insgesamt hätten über 40 Zellhersteller angekündigt, Batteriefabriken in Europa aufzubauen. 

Batteriezellen müssen konkurrenzfähig sein 

Doch es müssen nicht nur die Fertigungsprozesse, sondern auch die Batteriezellen an sich international Standards setzen, wie Backhaus im obengenannten Artikel weiter erläutert. Ansonsten wären Batteriezellen aus deutscher Produktion aufgrund des hohen Lohnniveaus, strikten Umweltauflagen und geringen Skaleneffekte auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig, betont auch Jörg Reger im Artikel So kommt die Batterieproduktion ins Rollen aus der Zeitschrift maschinenbau 4-2021. So sei Backhaus zufolge einer der aktuellen Forschungsschwerpunkte der Fraunhofer-Gesellschaft die Verbesserung der Prozesse innerhalb der Batterieproduktion, um die Kosten deutlich zu senken. 

Um die Prozesse zu optimieren, entwickelt etwa das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) hochpräzise Laserstrahlschweißverfahren, um eine effiziente Prozessgestaltung sowie optimale Produkteigenschaften zu erreichen. Forschende am Fraunhofer ISIT haben indes ein neues Trockenbeschichtungsverfahren für die Elektrodenfertigung entwickelt. Dieses ist lösungsmittelfrei und soll die Produktion effizienter gestalten. Auch die virtuelle Produktion soll Batteriezellfertigung optimieren, wie das Fraunhofer IPA im Projekt Vipro analysiert.

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