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Erschienen in: Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO) 2/2023

28.04.2023 | Hauptbeiträge - Thementeil

Change-Management als Sisyphosarbeit

verfasst von: Tim Kreter, M. A.

Erschienen in: Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO) | Ausgabe 2/2023

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Zusammenfassung

Change-Manager:innen haben eine 70 %ige Chance, dass die von ihnen geplanten und umzusetzenden Veränderungsvorhaben scheitern. Das damit einhergehende Frustrations- und Resignationspotenzial ist Ausgangspunkt dieses Beitrages der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO). Dem entgegen wirkend wird, in Anlehnung an die Philosophie von Albert Camus, eine neue Haltung für Change-Manager:innen des 21. Jahrhunderts entwickelt. Um darüber hinaus ihr Navigations- und Handlungsrepertoire zu erweitern, soll eine neue, prozessorientierte Betrachtungsweise erarbeitet werden, die unter anderem „Nicht-So-Zustände“ statt „Soll-Zustände“ und Empörung als gemeinschaftsstiftender Motivator beinhaltet.

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Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie

Die Zeitschrift beleuchtet organisationspsychologische Fragestellungen an den Schnittstellen von Organisation, Team und Individuum.

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Fußnoten
1
Camus (2016, S. 31) schreibt: „Von wem und wovon kann ich tatsächlich behaupten: ‚das kenne ich!‘ Das Herz in mir kann ich fühlen, und ich schließe daraus, dass es existiert. Die Welt kann ich berühren, und auch daraus schließe ich, dass sie existiert. Damit hört mein ganzes Wissen auf; alles andere ist Konstruktion. Wenn ich dieses Ich, dessen ich so sicher bin, zu fassen, wenn ich es zu definieren und zusammenhalten versuche, dann entrinnt es mir wie Wasser zwischen den Fingern. […] Selbst dieses Herz, dass doch meines ist, wird mir immer undefinierbar blieben. Nie wird der Graben zu füllen sein zwischen der Gewissheit meiner Existenz und dem Inhalt, den ich dieser Gewissheit zu geben suche. In der Psychologie wie in der Logik gibt es Wahrheiten, aber keine Wahrheit. Das ‚Erkenne dich selbst‘ des Sokrates ist ebenso viel wert wie das ‚Sei tugendhaft‘ der Beichtstühle. Beide offenbaren die Sehnsucht und gleichzeitig die Unwissenheit. Sie sind unfruchtbare Spielereien mit großen Themen. Sie sind nur genau in dem Maße berechtigt, als sie Annäherungen sind.“.
 
2
Ohne dass Camus darauf referenziert, erinnert seine Ausführung sehr an den von Emil Durkheim beschriebenen anomischen Selbstmord (Durkheim 2002).
 
3
Ähnlich argumentiert auch Kühl (2015) in seinem Buch „Sisiphos im Management – die vergebliche Suche nach der optimalen Organisationsstruktur“, wenn er schreibt, dass es ein inhärenter Fakt von und in Organisationen ist, den ‚heiligen Gral‘ des Managements zu finden. Sein Ziel ist es ebenfalls nicht eine Antwort zu geben, sondern die Suche als Teil des zu analysierenden Gegenstands zu verstehen und die daraus resultierenden Folgen zu betrachten.
 
4
So erweckt das Kredo „wir müssen alle Bereiche, bzw. Abteilungen agil machen“ eine erschreckende Ähnlichkeit zu wirtschaftlichen, politischen oder spirituellen Ideologien. Der Glaube an die eine Lösung, die wenn nur alle mitmachen würden eine bessere Welt erschafft, wurde bei komplexen Problemen sowohl empirisch (Sunstein 2009) als auch theoretisch (Hayek 2014) widerlegt.
 
5
Dies gilt ebenfalls für neuere agile oder ‚Purpose‘ getriebene Ansätze, die einen bestimmten Nutzen oder ‚Sinn‘ von Veränderungen in den Vordergrund stellen – kognitives Verständnis.
 
6
Das der Mord an dieser Stelle als Beispiel von Camus aufgegriffen wird, ist Teil seiner grundsätzlich existenziellen Betrachtungsweise. So geht es sowohl bei der Auseinandersetzung mit dem Absurden, aber auch mit der Revolte in letzter Konsequenz um die Frage nach dem Sinn des Lebens, bzw. dem Selbstmord.
 
7
Zwar kann sie (die Revolte) „… ohne Zweifel eine egoistische Voraussetzung haben. Aber man wird sich ebenso gegen die Lüge auflehnen wie gegen die Unterdrückung. Außerdem hält der Revoltierende, ausgehend von dieser Voraussetzung und im Schwund aus aller seiner Tiefe, nichts für sich zurück, da er alles aufs Spiel setzt. Er fordert zweifellos für sich den Respekt, aber in dem Maß, in dem er sich mit einer natürlichen Gemeinschaft identifiziert“ (Camus 2013, S. 31).
 
8
Dieser Ansatz bestärkt die meisten prozessorientierte Beratungs- und CM-Ansätze wie sie unter anderem Schein (2003) oder Janes et al. (2001) beschreiben und befürworten.
 
9
Diese potenziell produktive Entfremdung, die auf die Umstände im sozialen Antworten will, wird unter anderem bei Lanfer und Szczygielski (2020) als Voraussetzung für Resonanzsysteme und damit gelingende Veränderung, bzw. Innovation beschrieben.
 
10
So muss man nicht dem LGBTQIA+ Spektrum angehören oder eine Frau in der Organisation sein, um sich z. B. gegen die ungerechte Bezahlung und für mehr Rechte von Betroffenen einzusetzen.
 
11
In dem Versuch das Bewusstsein zu beschreiben, das immer mehr ist als sein explizites Wissen über sich selbst, schreibt Hegel: „Indem dagegen das Resultat, wie es in Wahrheit ist, aufgefaßt wird, als bestimmte Negation, so ist damit unmittelbar eine neue Form entsprungen und in der Negation der Übergang gemacht, wodurch sich der Fortgang durch die vollständige Reihe der Gestalten von selbst ergibt“ (2014, S. 74). So wird mit jeder bestimmten Negation eben zum einen eine bestimmte Aussage getroffen (‚Dieses oder Jenes ist es nicht‘) und analog zu jeder Differenzierung ein neuer Raum (vages ‚hin zu‘) eröffnet.
 
12
Das interne Motivation deutlich effektiver für Veränderungsvorhaben ist, als externe konnte durch eine Reihe von Studien, begonnen bei Deci und Ryan (1993) gezeigt werden.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Change-Management als Sisyphosarbeit
verfasst von
Tim Kreter, M. A.
Publikationsdatum
28.04.2023
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
DOI
https://doi.org/10.1007/s11612-023-00682-9

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