Skip to main content
Erschienen in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 5/2022

Open Access 30.08.2022 | Schwerpunkt

Designfaktoren zur Wertmaximierung von B2B Datenaustausch in datengetriebenen Plattform Ökosystemen

verfasst von: Fabian Tingelhoff, Edona Elshan, Philipp Ebel

Erschienen in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik | Ausgabe 5/2022

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Datengetriebene Plattform Ökosysteme bilden eine Formalisierung und Automatisierung des Datenaustausches zwischen Unternehmen. Als solche stellen sie eine Technologie dar, durch dessen Verwendung Vorteile gegenüber eines herkömmlichen Datenaustausches (z. B. über Excel-Sheets und Emails) erzielt werden können. Jedoch sind Studien, die aus einer Ökosystem-Perspektive beleuchten, wie solche Plattformen mehrwert-optimiert gestaltet werden können, bislang unterrepräsentiert. Diese Forschungslücke soll innerhalb der vorliegenden Studie durch eine Datenerhebung in der Praxis geschlossen werden.
In einer Interviewstudie mit 11 Vertretern aus deutschsprachigen, international tätigen Unternehmen wurden Organisationsteilnehmer des mittleren und gehobenen Managements zu ihrer Partizipation in datengetriebenen Plattformen befragt. Dabei liefert dieses Paper im Wesentlichen 3 Beiträge:
1. Designfaktoren zur Wertmaximierung der Plattform-Teilnehmer wurden aus einer Ökosystem-Perspektive herausgearbeitet. Zusätzlich wurde ein Framework zur Auflistung und Kategorisierung wichtiger Designfaktoren angefertigt.
2. Auf Grundlage der Literaturanalyse und Praxisdaten wurden zwei Thesen entwickelt, die spezifische Design-Anforderungen beschreiben, welchen im Rahmen der Datensammlung und -Auswertung besondere Beachtung zugesprochen wurde.
3. Das Verständnis von Wertbildung im digitalen Raum wurde auf Datenaustausch-Plattformen erweitert.
Die ersten beiden Beiträge dieses Papers adressieren Praktiker. Unternehmen sollen ermächtigt werden, zielgerichtete und informierte Entscheidungen im Bezug zur wertmaximierenden Gestaltung inter-organisationalen Datenaustauschs treffen zu können. Gleichzeitig soll mittels der zwei Thesen zu datengetriebenen Austauschplattformen eine Diskussion über ihre Rolle in der Praxis angestoßen werden. Der dritte Beitrag dieser Studie widmet sich dem akademischen Diskurs, da über die Erweiterung des Verständnisses von Wertbildung im digitalen Raum auf Datenaustausch-Plattformen eine Grundlage für die weitergehende Erforschung dieses Plattform-Typs geschaffen werden soll.

1 Einleitung

Datenplattformen gelten als zentraler Befähiger für Datensouveränität, Datenverfügbarkeit und, folglich, Innovation im europäischen Raum (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2022). Diese Einschätzung deckt sich mit einer Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey, welcher zufolge bereits 2025 über 30 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts durch Plattformen generiert werden (Dietz et al. 2020). Trotz der hochgesteckten Erwartungen machen Plattformen lediglich rund 1 % der weltweiten Umsatzflüsse aus (World Economic Forum 2021). Das datengetriebene Plattform Ökosystem (DPÖ) hat zum Ziel, die richtigen Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen, um so den unternehmerischen Wert der Daten zu maximieren. Jedoch werden über zwei Drittel der Daten, die Unternehmen zur Verfügung stehen, derzeit nicht genutzt (Seagate-Technology 2020). Diese Studie betrifft sowohl intern-gesammelte als auch inter-organisational ausgetauschten Daten und verdeutlicht, dass offensichtlich das Potenzial datengetriebener Austauschplattformen noch nicht in vollem Maße abgeschöpft werden kann. Dies bildet eine wesentliche Lücke in dem Verständnis, wie DPÖs erfolgreich gestaltet werden und wie unternehmerischer Mehrwert durch sie geschaffen wird. Diese Forschungslücke soll innerhalb der vorliegenden Studie durch eine Datenerhebung in der Praxis geschlossen werden.
In einer Interviewstudie mit 11 Vertretern aus deutschsprachigen, international tätigen Unternehmen wurden Organisationsteilnehmer des mittleren und gehobenen Managements zu ihrer Partizipation in datengetriebenen Plattformen befragt. Dabei liefert dieses Paper im Wesentlichen 3 Beiträge:
1.
Designfaktoren zur Maximierung unternehmerischen Wertes der Plattform-Teilnehmer wurden aus einer Ökosystem-Perspektive durch einen qualitativ-explorativen Ansatz herausgearbeitet. Zusätzlich wurde ein Framework zur Auflistung und Kategorisierung wichtiger Designfaktoren angefertigt.
 
2.
Auf Grundlage der Literaturanalyse und Praxisdaten wurden zwei Thesen entwickelt, die DPÖ-spezifische Design-Anforderungen beschreiben, welchen im Rahmen der Datensammlung und -Auswertung besondere Beachtung zugesprochen wurde. Diese beschreiben spezifische Designanforderungen, welche in herkömmlichen Plattform Ökosystemen stark divergent bis gegenteilig gelöst werden.
 
3.
Das Verständnis von unternehmerischer Wertbildung im digitalen Raum wurde auf Datenaustausch-Plattformen erweitert.
 
Die ersten beiden Beiträge dieses Papers adressieren Praktiker. Unternehmen sollen ermächtigt werden, zielgerichtete und informierte Entscheidungen im Bezug zur wertmaximierenden Gestaltung inter-organisationalen Datenaustauschs über DPÖs treffen zu können. Gleichzeitig soll mittels der zwei Thesen zu datengetriebenen Austauschplattformen eine Diskussion über die Rolle von DPÖs in der Praxis angestoßen werden. Der dritte Beitrag dieser Studie widmet sich dem akademischen Diskurs, da über die Erweiterung des Verständnisses von Wertbildung im digitalen Raum auf Datenaustausch-Plattformen eine Grundlage für die weitergehende Erforschung dieses Plattform-Typs geschaffen werden soll.
Dieser Artikel ist folgendermaßen strukturiert: im zweiten Abschnitt wird der aktuelle Forschungsstand zu DPÖs erläutert. Anschließend wird das methodische Vorgehen dieser Studie vorgestellt. Nachdem im vierten Abschnitt die Ergebnisse präsentiert werden, folgen die Diskussion der Ergebnisse und anschließend die Zusammenfassung und die Auflistung der Limitationen dieser Studie. Abschließend werden zukünftige Forschungsrichtungen vorgestellt, um zu dem akademischen Diskurs auch über diese Studie hinaus beizutragen.

2 Literaturanalyse

2.1 Was sind datengetriebene Plattform Ökosysteme?

Plattformen und Digitale Ökosysteme sind ein aufstrebendes Forschungsfeld (Gelhaar et al. 2021). Zwar gibt es bis dato keine allgemein akzeptiert und verwendeten Definitionen für Plattformen und ihre Ökosysteme, jedoch findet die Konzeptualisierung von Adner (2017) vergleichsweise breiten Anklang. Nach dieser wird ein Ökosystem als „Gemeinschaft von assoziierten Akteuren, die durch ihre Netzwerke und Plattformzugehörigkeiten definiert sind,“ (S. 40, übersetzt) aufgefasst. In diesem Kontext beschreiben Gawer und Cusumano (2014), dass eine Plattform typischerweise in einem Ökosystem integriert ist und ein Produkt, einen Service oder eine Technologie darstellt, welche durch externe Organisationen zur Innovation und Entwicklung komplementärer Produkte genutzt wird (Gawer 2009; Kapoor et al. 2021; Schreieck et al. 2016). Jedoch wird ein Ökosystem nicht nur als Zusammenschluss assoziierter Akteure verstanden. Vielmehr kann ein Ökosystem auch als Struktur aufgefasst werden, „welche ein Ökosystem als Konfiguration von Aktivitäten, definiert durch Wertversprechen, sieht“ (Adner 2017, S. 40, übersetzt). Somit ist die Wertbildung ein zentrales Merkmal eines Ökosystems. Schlussendlich ist ein Plattform Ökosystem (PÖ) „eine sich entwickelnde Meta-Organisation, von welcher die Plattform-Architektur der gemeinsame technologischer Kern ist, welcher die Mitglieder des Ökosystems darin unterstützt, Wert zu kreieren und zu generieren“ (Jovanovic et al. 2021, S. 3, übersetzt).
PÖs können verschiedenartig aufgebaut sein. Wie Oliveira et al. (2019) jedoch analysierten, teilen sie einige Gemeinsamkeiten, welche eine Abstraktion der Funktionsweise digitaler PÖs ermöglichen: Es gibt einen Platform Leader, welcher die Plattform bereitstellt, verwaltet und reguliert. Dieser ist für übergreifende Themen wie Datenschutz, Standardisierung und Funktionalität verantwortlich. Die Plattform wird durch die Angebote verschiedener Complementors ergänzt. Die Zusammensetzung aus diesen mit der Plattform-Infrastruktur erzeugt einen Mehrwert, auf welchen Kunden direkt über ein User-Interface (UI) zugreifen können. Unternehmen können durch die Kombination ihrer Angebote mit der Plattform Infrastruktur einen gekoppelten Wert erzeugen, der größer ist als die einzelnen Angebote alleingestellt (Kapoor et al. 2021).
Eine Sonderform der PÖs ist das datengetriebene Plattform Ökosystem (DPÖ) (Gelhaar et al. 2021; Hein et al. 2020). DPÖs sind solche PÖs, deren primäre Ressource Daten sind (Oliveira und Lóscio 2018). Diese können über die Plattform innerhalb des Ökosystems gefunden, geteilt, konsolidiert und konsumiert werden (Oliveira et al. 2019). Somit grenzen sich DPÖs von PÖs vor allem in der Wertbildung ab. Da bei DPÖs als primärer Zweck der Austausch von Input-Ressourcen, Daten, verfolgt und somit Wertschöpfung dezentral durch die Teilnehmer erzielt wird, bleibt dem Endnutzer (Kunde/andere Organisation) ein Zugriff auf die Plattform vorenthalten. Eine Visualisierung der Struktur von PÖs im Vergleich zu DPÖs ist in Abb. 1 ersichtlich.
Obgleich sich DPÖs von klassischen PÖs hinsichtlich der direkten Kundenbeziehung unterscheiden, teilen sie doch die oben aufgeführten, übrigen konstituierenden Merkmale. Zentrales Ziel eines PÖ ist per Definition, dass ein Wert für den Plattform-Inhaber sowie die Teilnehmenden realisiert wird (Jovanovic et al. 2021; Schreieck et al. 2017). Wertmaximierung ist folglich der Grund für eine Teilnahme an einem Plattform Ökosystem und prägt somit auch die Gestaltungskriterien (Lan et al. 2019).

2.2 Was wissen wir über das Design anderer Plattform Ökosysteme?

Das Design allgemeiner PÖs (siehe Abb. 1) wurde in der akademischen Literatur bereits weitläufig diskutiert. Anfänglich bezogen sich die Methoden und Ergebnisse meist auf sogenannte Einkaufsplattformen, bei denen das Ziel die Kaufabwicklung des Kunden auf der Plattform ist (z. B. Nelson et al. 2001). Plattformen wurden großteilig einseitig verstanden mit dem Ziel die Kundenprofitabilität zu maximieren (Kumar und Shah 2004). Folglich haben renommierte Artikel, wie der von Simpson et al. (2001), Prozesse entwickelt, Plattformen zu gestalten und zu implementieren. Die hier aufgeführten Schritte sowie resultierenden Design-Prinzipien sind jedoch nicht auf DPÖs übertragbar, da sie einem kundenzentrierten Ansatz folgen, bei dem Designfaktoren durch Kundenbedürfnisse begründet und instanziiert werden – der Kunde erhält jedoch bei DPÖs keinen Zugriff auf die Plattform.
In einem folgenden Perspektivenwandel, vor allem bedingt durch das rasch-wachsende Interesse des E‑Commerce, wurden Plattformen als Teil eines zweiseitigen Marktes und somit Teil eines Ökosystems verstanden (Rysman 2009). Seither haben einige Literaturrecherchen das Design-Wissen aus empirischen Studien synthetisiert. Während Tsujimoto et al. (2018) durch ihre drei Schlüsselkonzepte zu „Multi-Actor Networks“ (S. 52) (Einbettung, Widerstandsfähigkeit, Evolutionsfähigkeit) bereits ein Grundverständnis zu wichtigen Optimierungsdimensionen von PÖs geschaffen haben, gehen andere Artikel im Bestreben eines Design-Leitfadens weiter. So synthetisieren Schreieck et al. (2016) acht grundlegende Designkonzepte (Unternehmerische Rolle, Umsatzverteilung, Grenzressourcen, Offenheit des PÖ, Kontrollmechanismen, Technisches Design, Kompetitive Strategie, Vertrauen) und deren konstituierender Aspekte. Diese sind zwar sowohl auf Komplementäre als auch Endnutzer anwendbar und in Plattformen mit direktem Kundenzugriff kontextualisiert, geben jedoch einige Ansatzpunkte auf das Design von DPÖs. So werden beispielsweise Plattform-Rollen unter anderem durch die Beziehung zwischen Komplementären verstanden (Bullinger et al. 2012), oder die Offenheit eines PÖ aus einer dynamischen Perspektive beleuchtet (Homscheid et al. 2015). Jedoch sind auch hier viele Aspekte nicht auf DPÖs übertragbar, wie z. B. Umsatzverteilung (da über ein DPÖ kein direkter Umsatz generiert wird), oder Grenzressourcen (da Daten als Hauptressource multiplizierbar sind).
Schlussendlich ist den Autoren keine Studie bekannt, welche Designfaktoren zur Wertmaximierung eines inter-organisationalen Datenaustauschs herausgearbeitet hat. Dies ist jedoch zentral, um DPÖs wertmaximierend gestalten und aufbauen zu können. Somit ist eine weitere Erforschung von DPÖs unerlässlich.

3 Methodik

Ziel dieser Studie ist ein tiefgreifendes Verständnis, wie und welche Chancen Unternehmen aus DPÖs wahrnehmen, um daraus Gestaltungsempfehlungen zu deren Maximierung ableiten zu können. Somit baut diese Studie auf empirischen Daten aus der Praxis auf. Zur Erreichung des Forschungsvorhabens wurde eine Interviewstudie mit 11 Vertretern aus deutschsprachigen, international tätigen Unternehmen durchgeführt. Mittels eines qualitativ-explorativen Ansatzes (Gläser und Laudel 2010) wurden Organisationsteilnehmer des mittleren und gehobenen Managements zu ihrer Partizipation in datengetriebenen Plattformen befragt. Alle Experten besaßen mehrjährige Erfahrung im Themengebiet und waren in den jeweiligen Unternehmen aktiv an der Gestaltung und Entwicklung von DPÖs beteiligt. Alle Interviewpartner haben zum Zeitpunkt der Interviews im Frühjahr 2022 bereits mehr als ein Jahr in ihren jeweiligen Firmen gearbeitet. Die Interviews wurden auf Grund von örtlichen Beschränkungen online über Videotelefonate durchgeführt (Lo Iacono et al. 2016) und dauerten im Schnitt rund eine halbe Stunde. Da einige Interviewpartner ausdrücklich um Vertraulichkeit gebeten haben, können nur aggregierte Aussagen über die Stichprobe getroffen werden. Weiterhin waren alle Befragten in Deutschland oder der Schweiz tätig, weshalb Interviews auf deutsch und schweizerdeutsch geführt wurden. Eine chronologische Darstellung der Interviewpartner ist in Tab. 1 im Anhang ersichtlich.
Die Finanzbranche eignet sich besonders für eine differenzierte Betrachtung von DPÖs. Die Sensitivität der involvierten Kundendaten hat einen frühen staatlichen Eingriff bewirkt, welcher zu lang-existierenden regulatorischen Anforderungen führte. Daher sind DPÖs im Finanzsektor daher überdurchschnittlich ausgereift. Somit stellen die DPÖs dieser Industrie einen sehr geeigneten Sonderfall da, um Charakteristiken zu abstrahieren und für andere Industrien nutzbar zu machen. Folglich wurden Interviewpartner aus Unternehmen des Finanzsektors rekrutiert, mehrheitlich im Bereich Fintech, aber auch in Betrieben der Banken und Versicherungs-Branche.
Der Interviewleitfaden beinhaltete übergeordnete Themen wie Nutzen, Chancen, Risiken und Bedenken im Zusammenhang von DPÖs. Folgend wurden Interviewpartner befragt, wie ihre Firmen die Plattformen designen konnten, um Chancen aus dem Datenaustausch zu erhöhen, beziehungsweise die Risiken zu minimieren. Somit wurden Designfaktoren zur erfolgreichen Gestaltung eines DPÖs auf organisationaler Ebene herausgearbeitet. Bevor wir die empirischen Daten analysierten, lasen wir alle Transkripte, Interviews, verschiedene Dokumente und die Websites der Unternehmen, um die wichtigsten Informationen zu erfassen und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Dann begannen wir mit dem systematischen Kodierungsprozess, der offenes, axiales und selektives Kodieren umfasste. Die Interviews wurden in mehreren Iterationen kodiert. Zunächst haben sich die Autoren hierfür jede der Aufnahme zweimal angehört, um sich mit den Daten vertraut zu machen. Danach haben wir einen semantischen Ansatz gewählt, um Worte und Sätze der Transkripte in Kodierungen zu überführen. So wurden in diesem Schritt die verschiedenen Chancen klassifiziert und in den Analyserahmen eingeordnet. Das Ziel hierbei war sicherzustellen, dass die Gespräche zu einem klaren Ergebnis führen und falsche Darstellungen und Auslassungen von Daten vermieden werden. So wurde bspw. «Bei Datenaustausch mit einem Drittpartnerunternehmen wird es dann noch mal schwieriger. Das Vorhandensein von Daten und die Datenqualität sind […]» (I-10, Minute 17:35) als Datenaustausch kategorisiert und je als eine Herausforderung in der technologischen Perspektive eingeordnet. Nach jeder Kodierungsiteration diskutierten die Autoren die Ergebnisse und die Kodierung wurde angepasst. Dieser Prozess wurde mehrmals wiederholt, um eine homogene und aussagekräftige Analyse der Daten zu gewährleisten.
Als Ordnungsmodell dieser Studie wurde das Technology-Organization-Environment Framework (DePietro et al. 1990) verwendet. Dieses stellt die Entscheidung über die Annahme einer technologischen Innovation (abhängige Variable) in den Kontext der Charakteristiken bezüglich Unternehmen, Technologie und Umwelt (unabhängige Variablen). Dieses Modell eignet sich besonders für den Kontext der PÖs, da es die Technologieentscheidung auf einer organisationalen Analyseeinheit in Abhängigkeit stellt. Des Weiteren verstehen die Autoren die drei unabhängigen Dimensionen sowohl „als Limitierungen aber auch als Chance technologischer Innovation“ (S. 154, übersetzt) – ein Paradigma, welches führende Wissenschaftler auch über Plattformen äußern (Li et al. 2012; Murthy und Madhok 2021; Weiß et al. 2018).

4 Ergebnisse

Die vorliegende Studie thematisiert aus einer Ökosystem-Perspektive, wie innerhalb von DPÖs ein Mehrwert für alle Partner generiert wird und welche Faktoren dazu geeignet sind, neue Partner zum Beitritt in ein DPÖ zu bewegen. Ziel des erfolgreichen Designs von DPÖs ist die Maximierung des Potentials bei gleichzeitiger Mitigierung der Risiken. Daher werden in diesem Kapitel zuerst die Chancen und Herausforderungen der Partizipation von DPÖs vorgestellt, um die folgenden Design- und Erfolgsfaktoren zu kontextualisieren und eine Einordnung in die Zielsetzungen der Unternehmen zu ermöglichen.

4.1 Chancen aus der Partizipation in DPÖs

DPÖs bilden eine Formalisierung und Automatisierung des Datenaustausches zwischen Unternehmen. Als solche stellen sie eine Technologie dar, durch dessen Verwendung Vorteile gegenüber eines herkömmlichen Datenaustausches (z. B. über Excel-Sheets und Emails) erzielt werden können (I-1).
Aus einer Technologie-Perspektive stellt ein formalisierter Datenaustausch mit externen Partnern hohe Anforderungen an das interne Management von Daten, wovon das Unternehmen selbst profitieren kann. So werden durch einen Datenaustausch die vorhandenen Daten meist qualitativ hochwertig und ohne Lücken (I‑3 & 4) verwaltet und langfristig effizient gespeichert (I-6). Zusätzlich profitieren DPÖ-Teilnehmer von der meist unternehmensweiten Datenverfügbarkeit, sowohl bezüglich der eigenen aufbereiteten Daten als auch der komplementären Daten anderer Teilnehmer (I‑1, 5, 6 & 7).
Darüber hinaus ermöglicht die Partizipation an einem DPÖ erhebliche Wettbewerbsvorteile, wie nahezu alle Interview-Teilnehmer betonten. Dabei lassen sich die hier aufgelisteten Chancen der Umwelt-Perspektive in einen Produktfokus und einen Kundenfokus unterteilen. DPÖs und ihre komplementären Daten wurden über alle Interviews hinweg als zentraler Befähiger zur Qualitätssteigerung von Produkten (I‑1, 2, 4 & 7), zur Individualisierung von Produkten (I‑1 & 7) und zur attraktiveren und wettbewerbsorientierten Bepreisung von Produkten (I‑1 & 7) verstanden. Nichtsdestotrotz wurde die veränderte Distanz zum Endkonsumenten als klares wertstiftendes Merkmal wahrgenommen. Da durch erhöhte Datenmenge der Kunde besser analysiert und durch eine umfassendere Datenvarianz gegebenenfalls neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden können, nahmen erhöhte Kundennähe, erweiterter Kundenzugang und eine intensivere Kundenbindung in allen 11 Interviews eine zentrale Rolle des Gesprächs ein. Dies wurde häufig mit dem Phänomen der FinTechs in Verbindung gebracht, wessen Geschäftsmodelle auf den Datenaustausch mit großen Institutionen angewiesen sind und meist komplementäre Services zu diesen anbieten.
Schlussendlich ermöglicht die Teilnahme an DPÖs auch Vorteile entlang der Unternehmens-Perspektive. Diese beinhalten eine erleichterte und erhöhte interne Innovation, da zum einen eine breitere Datenverfügbarkeit als qualitative Grundlage für Innovationsprojekte genutzt werden kann, zum anderen aber auch der Aufbau und die Partizipation an einem DPÖ eine moderne IT-Infrastruktur und somit junge Mitarbeiter mit einer agilen Arbeitsweise voraussetzt (I-5). Darüber hinaus kann der Datenzugang im DPÖ zur Planbarkeit und Voraussagbarkeit (I-2) und somit zur Risikominimierung (I‑3 & 4) verwendet werden. Folglich ist ein DPÖ nicht nur ein Analyse-Werkzeug, sondern zentrales Instrument zur internen Steuerung (I‑1 & 2). Eine graphische Darstellung der Vorteile eines DPÖ auf das TOE-Framework angewandt ist unter Abb. 2 ersichtlich.

4.2 Risiken und Herausforderungen der Partizipation in DPÖs

DPÖs wurden als weitestgehend positiv in den Interviews wahrgenommen. Dies spiegelt sich unter anderem darin wider, dass Interview-Partner negative Aspekte meist als Herausforderung statt Risiko titulierten. Dies deutet auf eine grundlegend positive Einstellung zu DPÖs hin.
Die wesentlichen Herausforderungen wurden, ähnlich zu den Chancen, in der Technologie-Perspektive wahrgenommen. Während hier die Vollständigkeit und Qualität der Daten gewährleistet sein muss (I‑3 & 4), wurde große Aufmerksamkeit auf die Aktionsbarkeit dieser gelegt: „Mit jeder Änderung oder Hinzufügung eines Datenpunktes muss eine Aktion entstehen. Das ist der ‚Tricky Part‘, Daten so zu speichern und auszuwerten, dass automatisch Aktionen ausgelöst werden“ (I‑3, Minute 13:50). Unter Aktionsbarkeit der Daten wird also die Art der Speicherung, Erfassung und automatischen Interpretation thematisiert, welche in diesem Kontext als fundamentaler Befähiger der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Vorteile verstanden wird.
Aus einer Unternehmens-Perspektive betrachtet, wird die Anpassung des DPÖ an die Besonderheiten des Unternehmens als größte Herausforderung verstanden. Dies beinhaltet die strategische Ausrichtung des Unternehmens (I‑5 & 10), die damit verbundene interne Priorisierung von Projekten in Form der Budgetierung (I-6), die Unternehmenskultur (I‑4, 5 & 10), sowie die Risikobereitschaft (I-10). Darüber hinaus stellen die internen Fähigkeiten, die im Unternehmen vorhanden sind (I‑5 & 10), einen limitierenden Faktor der DPÖ-Partizipation dar, da sie den Digitalisierungsgrad (I-10) und die damit verbundene Geschwindigkeit des DPÖ-Designs oder der DPÖ-Partizipation (I‑3 & 5) beeinflussen.
Die größte Diversität von Herausforderungen ist in der Umwelt-Perspektive der DPÖ-Teilnehmer anzusiedeln. Diese beinhalten lokale Faktoren, wie Kulturunterschiede der Teilnehmer eines DPÖs (I‑4 & 10) und regionale Besonderheiten des Wettbewerbs (I‑4 & 5), aber auch die Schwierigkeit der Zusammenarbeit der Partner durch Umsetzungsfristen (I-6) und Differenzierungsprobleme der einzelnen Plattform-Teilnehmer (I-10). Des Weiteren nehmen Umweltfaktoren, wie beispielsweise Datensicherheit und die im Finanzsektor stark ausgeprägte Regulatorik (I‑1, 4, 6, 7, 8, 9, 10 & 11) eine zentrale Rolle ein. Ein für DPÖs besonderes Risiko stellt in diesem Zusammenhang Kundenbetrug dar: Sollten Unternehmen Finanz- und Versicherungsdaten austauschen, sind diese weitestgehend Kundendaten. Diese können jedoch durch betrügerische Absichten der Kunden entstanden sein und durch den folgenden Datenaustausch im DPÖ die Qualität und Aussagekraft der Datensammlung gefährden. Dies kann wiederum schwerwiegende Konsequenzen für DPÖ-Teilnehmer bewirken, da Entscheidungen im Unternehmen auf Grundlage der ‚schlechten Daten‘ getroffen, aber auch, da regulatorische Vorschriften gegebenenfalls gebrochen werden. Somit ist Betrug ein zentrales Problem für DPÖs im Finanzsektor (I‑5, 6, 9, 10 & 11). Eine Auflistung und graphische Darstellung aller Herausforderungen anhand des TOE-Frameworks ist in Abb. 3 ersichtlich.

4.3 Design- und Erfolgsfaktoren von DPÖs

Neben den Chancen und Herausforderungen von DPÖs wurde das Ziel verfolgt, die Bedürfnisse und ‚Lessons Learned‘ aus der Praxis an dieser besonderen Art von PÖs herauszuarbeiten. Folglich wurde im dritten Teil der Interviews ein Hauptaugenmerk auf die Design- und Erfolgsfaktoren von DPÖs gelegt.
Innerhalb der Interviews waren die Anforderungen an DPÖs entlang der Technologie-Perspektive besonders präsent und ausgereift. Es wurde verbalisiert, dass die technische Infrastruktur besondere Anforderungen erfüllen muss. So muss ein DPÖ eine flexible und agile Struktur besitzen (I‑1 & 5), da, anders als bei einer standardisierten Plattform, die Aufnahme neuer Partner zu tiefgreifenden strukturellen Anpassungen führen kann. Außerdem muss die technologische Infrastruktur des DPÖ modernste Standards erfüllen (I-5), um die Kompatibilität mit der Infrastruktur neuer Partner zu gewährleisten (I‑1 & 5). Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass die Daten der einzelnen Partner qualitativen Standards entsprechen (I‑1, 2, 7 & 10), komplementär zueinander sind (I‑3 & 4) und in Echtzeit eingespeist und ausgewertet werden (I‑1 & 2). Darüber hinaus folgen technische Anforderungen aus der Regulatorik. So sind DPÖs in der Finanzindustrie zu besonderen Vorsichtsmaßnahmen im Bereich Datensicherheit und Datenzugang (I‑1, 2, 5, 7, 8, 9 & 11), sowie zur Transparenz in Analyse und Auswertung ihrer Daten (I‑1 & 6) verpflichtet. Schlussendlich leiten sich aus dem Wettbewerb zwischen Plattformen ab, dass ein erfolgreiches DPÖ skalierbar (I-2) sein und über ausreichende Kapazitäten zur Datentransaktion und -Analyse (I‑1 & 5) verfügen muss, standardisierte Prozesse zur Evaluation und dem Onboarding neuer Partner braucht (I-7) und ein hohes Level an Bequemlichkeit für seine Mitglieder bieten muss (I‑5 & 10).
Um ein DPÖ erfolgreich aufzubauen oder an einem zu partizipieren, sind einige Faktoren der Unternehmens-Perspektive zu beachten. So müssen die notwendigen Fähigkeiten für den Umgang mit Daten, genannt ‚Data Literacy‘ (I-2), intern durch das Unternehmen akquiriert (I‑5 & 10) und umgesetzt werden (I-10). Dies wirkt sich im Umkehrschluss auf die Unternehmenskultur und den organisatorischen Aufbau aus (I‑5 & 10).
Um schlussendlich den Erfolg eines DPÖs zu erhöhen, müssen die partizipierenden Unternehmen auch einige Voraussetzungen der Umwelt-Perspektive erfüllen. Partner müssen entlang verschiedenster Dimensionen komplementäre oder identische Strukturen aufweisen. Besonders Organisations-Strukturen (I-5) und -Kulturen (I‑5 & 10) sollten dabei weitestgehend identisch sein, während Dienstleistungen (I‑4, 5, 6, 7 & 10), Fähigkeiten (I‑5, 6, 7 & 10) und Wertversprechen an den Endkunden (I-10) zwar komplementär aber keinesfalls identisch sein dürfen. Eine Auflistung und graphische Darstellung aller Design- und Erfolgsfaktoren anhand des TOE-Frameworks ist in Abb. 4 ersichtlich.

5 Diskussion

Wie in Abschn. 4 beschrieben, können viele Designfaktoren die wahrgenommenen Chancen und Risiken der Plattform-Mitglieder eines DPÖs beeinflussen und somit entscheidend auf die Wertbildung einer solchen Plattform einwirken. Während Faktoren für Chancen, Herausforderungen und Design in dieser Studie bislang separat betrachtet wurden, erzeugt die kontextuale Synthese weitere Erkenntnisse zur erfolgreichen Gestaltung von DPÖs, welche sich von der existierenden Literatur zu den Design-Praktiken anderer PÖs grundlegend unterscheiden. Folgend werden zwei Thesen tituliert und diskutiert, welche einen Querschnitt über die oben genannten Perspektiven darstellen.
These 1:
DPÖs sind ein Ecosystem, kein Ego-System.
Herkömmliche PÖs sind um den Plattform-Betreiber aufgebaut (Bonina und Eaton 2020; Kapoor et al. 2021). Dies ist dadurch gegeben, dass dieser in einer zentralen Rolle die Plattform verwaltet und reguliert, sowie Standards festlegt und über die Aufnahme von Partnern entscheidet (Kapoor et al. 2021). Oft sind dabei die Zentralisierung und Fokussierung der Plattform auf ihren Inhaber so stark, dass die Plattform nach ihrem Betreiber benannt wurde. Gemäß dem Businessmodell ‚Platform as a Service‘ greifen Kunden direkt auf die Plattform zu, um Werte zu beziehen (Kapoor et al. 2021; Zhang et al. 2020).
Die Plattform innerhalb eines DPÖs ist jedoch nicht das zentrale Business Modell der anbietenden Unternehmen, sondern dient lediglich als Befähiger der eigenen unternehmerischen Ziele (siehe Abschn. 4.1). So sagte beispielsweise Interview Partner #7: „Ohne unsere [Ökosystem-] Partner wäre unser Leistungsangebot und Business-Modell nicht möglich“ (I‑7, Minute 8:28). Kunden greifen nicht auf diese Form der Plattform zu, da sie lediglich zum Austausch der Input-Ressource, Daten, abzielt (Oliveira et al. 2019; Oliveira und Lóscio 2018). Dies bedeutet, dass Teilnehmer auf gleicher Ebene miteinander interagieren, um gegenseitige Mehrwerte zu schaffen (I‑2, 6 & 10). Folglich ist es nicht verwunderlich, dass alle Interview-Partner der Rolle des Plattform-Leaders eher eine schwache Ausprägung zukommen lassen und folglich ein DPÖ als Zusammenschluss gleichwertiger Unternehmen verstanden haben. Dies wird besonders in einigen Zitaten der Interview-Partner deutlich:
Damit ein Daten-Ökosystem funktioniert, müssen ganz viele Faktoren ausbalanciert sein. Und jede Partei, die es für das Funktionieren des Systems braucht, muss einen echten Vorteil für sich sehen, um da mitzumachen. Sonst funktioniert das Ganze nicht (I‑6, Minute 22:50).
Viele Leute reden über das ‚Ecosystem‘, aber verwechseln das ‚c‘ mit einem ‚g‘. Es wird immer zu einem ‚Egosystem‘ mit einem im Zentrum und alle anderen tanzen drum herum. Und das funktioniert in Daten-Ökosystemen einfach nicht (I‑5, Minute 30:22).
Die Wichtigkeit einer solchen Differenzierung lässt sich auch in der Literatur zu herkömmlichen PÖs verankern. So wird die Reziprozität der Plattform-Mitglieder in fünf der acht grundlegenden Designkonzepte von Schreieck et al. (2016) (Unternehmerische Rolle, Umsatzverteilung, Kontrollmechanismen, Kompetitive Strategie, Vertrauen) implizit und explizit thematisiert. Jedoch lassen die hier entwickelten Aspekte die Sinnhaftigkeit beider Designrichtungen (dezentrales vs. zentralisiertes Ökosystem) wertfrei offengestellt. In diesem Kontext stellen die herausgearbeiteten Designfaktoren einen wichtigen Beitrag dar. So standen die Komplementarität von Fähigkeiten, Daten und Dienstleistungen immer wieder im Mittelpunkt der Interviews (I‑1, 4, 5, 6, 7 & 10), was den Kooperationsgedanken innerhalb des DPÖs unterstreicht. Somit ist dieser Beitrag nicht nur eine fundamentale Abgrenzung eines DPÖ zu einem herkömmlichen PÖ, sondern stellt gleichzeitig eine wichtige Erkenntnis in der Planung und dem Design eines DPÖ dar.
These 2:
Jede Entscheidung in einem DPÖ zu partizipieren, ist eine Entscheidung, ein DPÖ zu bauen.
In herkömmlichen PÖs herrscht eine starre Hierarchie zwischen einem Plattform Betreiber und seinen Komplementären (Bonina und Eaton 2020; Kapoor et al. 2021). PÖs sind darauf ausgelegt, ohne Aufwand neue Partner in eine Plattform zu integrieren und somit den Wert für den End-Kunden zu erhöhen. Eine Plattform skaliert folglich sowohl durch die automatisierte Integration von Kunden, aber auch die von Komplementären (Marvin et al. 2016). Dieses Prinzip steht bei herkömmlichen PÖs derartig im Mittelpunkt, dass es eines der drei Schlüsselkonzepte in Tsujimoto et al. (2018)’s Konzeptualisierung von PÖs (Einbettung) konstituiert.
Dies ist jedoch bei DPÖs anders. Eine Aufnahme in ein DPÖ ist oft einem monatelangen Prozess von Verhandlungen und Überprüfungen nachgestellt (I‑4, 5, 6 & 7) und die eigentliche Integration ist hoch komplex. Manche Interview-Teilnehmer berichteten davon, dass sie neue Teilnehmer über individualisierte Software- und Hardware-Erweiterungen der Infrastruktur anschließen (I‑5 & 7), andere berichteten davon, dass sie das DPÖ bei Aufnahme eines Partners komplett oder teilweise neu konstruieren (I-3). Unabhängig davon muss ein Unternehmen, welches sich einem DPÖ anschließen möchte, Fähigkeiten besitzen, aktiv das DPÖ mitzugestalten und, folglich, mitzubauen (I‑2, 4, 5, 6 & 7).
Dies veranschaulicht nicht nur die Notwendigkeit für den Aufbau interner Fähigkeiten im Bereich ‚Data Literacy‘ (I-2) und ‚Data Management‘ (I‑5 & 10), sondern unterstreicht technische Anforderungen an DPÖs. So ist ein DPÖ erst dann skalierbar, wenn es durch eine agile und flexible Infrastruktur (I‑1 & 5) an die Infrastrukturen neuer Partner anpassbar ist (I‑1, 2 & 5). Diese Design-Prinzipien sind somit entscheidend für das Wachstumspotenzial eines DPÖ und divergieren von denen eines allgemeinen PÖs.

6 Zusammenfassung, Limitationen und zukünftige Forschung

Heutzutage ist Datenaustausch zwischen Unternehmen weitaus formeller und automatisierter: statt Excel-Sheets als E‑Mailanhänge werden Daten vermehrt über Plattformen ausgetauscht, deren einziger Zweck der sichere und formalisierte Datenaustausch zwischen Unternehmen ist (I-2). Somit stellen sie eine Technologie dar, durch deren Verwendung Vorteile gegenüber eines herkömmlichen Datenaustausches erzielt werden können. Jedoch sind Studien, die aus einer Ökosystem-Perspektive beleuchten, wie solche Plattformen mehrwert-optimiert gestaltet werden können, bislang unterrepräsentiert. Diese Forschungslücke wurde innerhalb der vorliegenden Studie durch eine Datenerhebung in der Praxis adressiert.
Zur Erreichung des Forschungsvorhabens wurde eine Interviewstudie mit 11 Organisationsteilnehmern des mittleren und gehobenen Managements aus deutschsprachigen, international tätigen Unternehmen durchgeführt und diese zu ihrer Partizipation in datengetriebenen Plattformen befragt. Aus den Interviews wurden Design- und Erfolgsfaktoren zu DPÖs herausgearbeitet, sowie diese durch Chancen und Herausforderungen der DPÖ-Partizipation kontextualisiert. Des Weiteren wurden Querschnittsthemen in Form von zwei Thesen aufgearbeitet und diskutiert. Sie beschäftigen sich mit den Beziehungen der Plattform-Teilnehmer und der strukturellen Ausrichtung eines DPÖs (These 1), sowie mit den Anforderungen, welche an einen neuen DPÖ-Komplementär gestellt werden (These 2). Diese Thesen sind ein fundamentaler Beitrag zum Verständnis des Designs von DPÖs, da sie nicht nur Startpunkte für eine theoretische Diskussion von DPÖs begründen, sondern auch einen Leitfaden für Praktiker in ihrer Auseinandersetzung mit DPÖs darstellen.
Auch bei dieser Studie traf das Forschungsteam auf Herausforderungen und Limitationen, welche einen Einfluss auf die Generalisierbarkeit der Ergebnisse haben kann. Auf Grund der verschiedenen Anforderungen an Datenaustausch entschied sich das Forschungsteam auf eine Branche zu spezialisieren. Während die hier aufgeführte Diskussion tiefgreifende Einblicke zu DPÖs in der Finanzindustrie gewährt, ist es äußerst wahrscheinlich, dass Datenerhebungen in anderen Branchen zu unterschiedlichen Ausprägungen von Prioritäten im Design eines DPÖ führen. Weitere Forschung sollte daher in anderen Industrien erfolgen, um die Generalisierbarkeit der einzelnen Erkenntnisse in anderen Branchen zu validieren, beziehungsweise zu konkretisieren. Darüber hinaus hat sich das Forschungsteam auf Grundlage der geographischen Gegebenheiten auf den deutschsprachigen Kulturraum beschränkt. Ähnlich der Argumentation zuvor sollten Forscher ebenfalls kulturelle Unterschiede im Design von DPÖs beachten und diskutieren.

Funding

For this research, Fabian Tingelhoff received funding from the Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS).
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Unsere Produktempfehlungen

HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik

HMD liefert IT-Fach- und Führungskräften Lösungsideen für ihre Probleme, zeigt ihnen Umsetzungsmöglichkeiten auf und informiert sie über Neues in der Wirtschaftsinformatik (WI).

Anhänge

Anhang

Tab. 1
Interviewpartner
ID
Land
Position
Branche
Länge [min]
I‑1
Deutschland
Data Scientist
Bank
37
I‑2
Schweiz
Head of Strategy
Bank
33
I‑3
Deutschland
CEO
Kreditgesellschaft
39
I‑4
Deutschland
Data Analyst
Fintech
29
I‑5
Schweiz
CIO und Gründer
Fintech
42
I‑6
Schweiz
Head of Ecosystem
Fintech
39
I‑7
Schweiz
CEO und Gründer
Fintech
28
I‑8
Schweiz
Ecosystem Manager
Versicherung
30
I‑9
Schweiz
Senior Manager Ecosystem Development
Versicherung
26
I‑10
Schweiz
Ecosystem Manager
Versicherung
23
I‑11
Schweiz
Ex-CEO und Gründer
Fintech
24
Literatur
Zurück zum Zitat Adner R (2017) Ecosystem as structure: an actionable construct for strategy. J Manag 43(1):39–58 Adner R (2017) Ecosystem as structure: an actionable construct for strategy. J Manag 43(1):39–58
Zurück zum Zitat Bonina C, Eaton B (2020) Cultivating open government data platform ecosystems through governance: lessons from Buenos Aires, Mexico City and Montevideo. Gov Inf Q 37(3):101479CrossRef Bonina C, Eaton B (2020) Cultivating open government data platform ecosystems through governance: lessons from Buenos Aires, Mexico City and Montevideo. Gov Inf Q 37(3):101479CrossRef
Zurück zum Zitat Bullinger A, Rass M, Moeslein K (2012) Towards open innovation in health care. In: ECIS 2012 Proceedings Bullinger A, Rass M, Moeslein K (2012) Towards open innovation in health care. In: ECIS 2012 Proceedings
Zurück zum Zitat DePietro R, Wiarda E, Fleischer M (1990) The context for change: organization, technology and environment. Process Technol Innov 199(0):151–175 DePietro R, Wiarda E, Fleischer M (1990) The context for change: organization, technology and environment. Process Technol Innov 199(0):151–175
Zurück zum Zitat Dietz M, Khan H, Rab I (2020) How do companies create value from digital ecosystems? Digital McKinsey. McKinsey Dietz M, Khan H, Rab I (2020) How do companies create value from digital ecosystems? Digital McKinsey. McKinsey
Zurück zum Zitat Gawer A (2009) Platforms, markets and innovation: an introduction. In: Gawer A (Hrsg) Platforms, markets and innovation, S 1–16CrossRef Gawer A (2009) Platforms, markets and innovation: an introduction. In: Gawer A (Hrsg) Platforms, markets and innovation, S 1–16CrossRef
Zurück zum Zitat Gawer A, Cusumano MA (2014) Industry platforms and ecosystem innovation. J Prod Innov Manag 31(3):417–433CrossRef Gawer A, Cusumano MA (2014) Industry platforms and ecosystem innovation. J Prod Innov Manag 31(3):417–433CrossRef
Zurück zum Zitat Gelhaar J, Groß T, Otto B (2021) A taxonomy for data ecosystems. In: Proceedings of the 54th Hawaii International Conference on System Sciences, S 6113 Gelhaar J, Groß T, Otto B (2021) A taxonomy for data ecosystems. In: Proceedings of the 54th Hawaii International Conference on System Sciences, S 6113
Zurück zum Zitat Gläser J, Laudel G (2010) Experteninterviews Und Qualitative Inhaltsanalyse Bd. 10. VS, Wiesbaden, S 978–973CrossRef Gläser J, Laudel G (2010) Experteninterviews Und Qualitative Inhaltsanalyse Bd. 10. VS, Wiesbaden, S 978–973CrossRef
Zurück zum Zitat Hein A, Schreieck M, Riasanow T, Setzke DS, Wiesche M, Böhm M, Krcmar H (2020) Digital platform ecosystems. Electron Markets 30(1):87–98CrossRef Hein A, Schreieck M, Riasanow T, Setzke DS, Wiesche M, Böhm M, Krcmar H (2020) Digital platform ecosystems. Electron Markets 30(1):87–98CrossRef
Zurück zum Zitat Homscheid D, Kilian T, Schaarschmidt M (2015) Offen versus geschlossen – Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Apple iOS- und Android-App-Entwicklern? In: Wirtschaftsinformatik, S 1191–1205 Homscheid D, Kilian T, Schaarschmidt M (2015) Offen versus geschlossen – Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Apple iOS- und Android-App-Entwicklern? In: Wirtschaftsinformatik, S 1191–1205
Zurück zum Zitat Jovanovic M, Sjödin D, Parida V (2021) Co-evolution of platform architecture, platform services, and platform governance: expanding the platform value of industrial digital platforms. In: Technovation, S 1–14 Jovanovic M, Sjödin D, Parida V (2021) Co-evolution of platform architecture, platform services, and platform governance: expanding the platform value of industrial digital platforms. In: Technovation, S 1–14
Zurück zum Zitat Kapoor K, Bigdeli AZ, Dwivedi YK, Schroeder A, Beltagui A, Baines T (2021) A socio-technical view of platform ecosystems: systematic review and research agenda. J Bus Res 128:94–108CrossRef Kapoor K, Bigdeli AZ, Dwivedi YK, Schroeder A, Beltagui A, Baines T (2021) A socio-technical view of platform ecosystems: systematic review and research agenda. J Bus Res 128:94–108CrossRef
Zurück zum Zitat Kumar V, Shah D (2004) Building and sustaining profitable customer loyalty for the 21st century. J Retail 80(4):317–329CrossRef Kumar V, Shah D (2004) Building and sustaining profitable customer loyalty for the 21st century. J Retail 80(4):317–329CrossRef
Zurück zum Zitat Lan S, Liu K, Dong Y (2019) Dancing with wolves: how value creation and value capture dynamics affect complementor participation in industry platforms. Ind Innov 26(8):943–963CrossRef Lan S, Liu K, Dong Y (2019) Dancing with wolves: how value creation and value capture dynamics affect complementor participation in industry platforms. Ind Innov 26(8):943–963CrossRef
Zurück zum Zitat Li W, Badr Y, Biennier F (2012) Digital ecosystems: challenges and prospects. In: Proceedings of the International Conference on Management of Emergent Digital EcoSystems, S 117–122CrossRef Li W, Badr Y, Biennier F (2012) Digital ecosystems: challenges and prospects. In: Proceedings of the International Conference on Management of Emergent Digital EcoSystems, S 117–122CrossRef
Zurück zum Zitat Lo Iacono V, Symonds P, Brown DH (2016) Skype as a tool for qualitative research interviews. Sociolog Res Online 21(2):103–117CrossRef Lo Iacono V, Symonds P, Brown DH (2016) Skype as a tool for qualitative research interviews. Sociolog Res Online 21(2):103–117CrossRef
Zurück zum Zitat Marvin DC, Koh LP, Lynam AJ, Wich S, Davies AB, Krishnamurthy R, Stokes E, Starkey R, Asner GP (2016) Integrating technologies for scalable ecology and conservation. Glob Ecol Conserv 7:262–275CrossRef Marvin DC, Koh LP, Lynam AJ, Wich S, Davies AB, Krishnamurthy R, Stokes E, Starkey R, Asner GP (2016) Integrating technologies for scalable ecology and conservation. Glob Ecol Conserv 7:262–275CrossRef
Zurück zum Zitat Murthy RK, Madhok A (2021) Overcoming the early-stage conundrum of digital platform ecosystem emergence: a problem-solving perspective. J Manag Stud 58(7):1899–1932CrossRef Murthy RK, Madhok A (2021) Overcoming the early-stage conundrum of digital platform ecosystem emergence: a problem-solving perspective. J Manag Stud 58(7):1899–1932CrossRef
Zurück zum Zitat Nelson SA, Parkinson MB, Papalambros PY (2001) Multicriteria optimization in product platform design. J Mech Des 123(2):199–204CrossRef Nelson SA, Parkinson MB, Papalambros PY (2001) Multicriteria optimization in product platform design. J Mech Des 123(2):199–204CrossRef
Zurück zum Zitat Oliveira MIS, Lóscio BF (2018) What is a data ecosystem? In: Proceedings of the 19th Annual International Conference on Digital Government Research: Governance in the Data Age, S 1–9 Oliveira MIS, Lóscio BF (2018) What is a data ecosystem? In: Proceedings of the 19th Annual International Conference on Digital Government Research: Governance in the Data Age, S 1–9
Zurück zum Zitat Oliveira MIS, de Fátima Barros Lima G, Farias Lóscio B (2019) Investigations into data ecosystems: a systematic mapping study. Knowl Inf Syst 61(2):589–630CrossRef Oliveira MIS, de Fátima Barros Lima G, Farias Lóscio B (2019) Investigations into data ecosystems: a systematic mapping study. Knowl Inf Syst 61(2):589–630CrossRef
Zurück zum Zitat Rysman M (2009) The economics of two-sided markets. J Econ Perspect 23(3):125–143CrossRef Rysman M (2009) The economics of two-sided markets. J Econ Perspect 23(3):125–143CrossRef
Zurück zum Zitat Schreieck M, Wiesche M, Krcmar H (2016) Design and governance of platform ecosystems—key concepts and issues for future research. In: ECIS 2016 Proceedings Schreieck M, Wiesche M, Krcmar H (2016) Design and governance of platform ecosystems—key concepts and issues for future research. In: ECIS 2016 Proceedings
Zurück zum Zitat Schreieck M, Wiesche M, Krcmar H (2017) The platform owner’s challenge to capture value-insights from a business-to-business it platform. In: ICIS 2017 Proceedings Schreieck M, Wiesche M, Krcmar H (2017) The platform owner’s challenge to capture value-insights from a business-to-business it platform. In: ICIS 2017 Proceedings
Zurück zum Zitat Simpson TW, Maier JR, Mistree F (2001) Product platform design: method and application. Res Eng Des 13(1):2–22CrossRef Simpson TW, Maier JR, Mistree F (2001) Product platform design: method and application. Res Eng Des 13(1):2–22CrossRef
Zurück zum Zitat Tsujimoto M, Kajikawa Y, Tomita J, Matsumoto Y (2018) A review of the ecosystem concept—towards coherent ecosystem design. Technol Forecast Soc Change 136:49–58CrossRef Tsujimoto M, Kajikawa Y, Tomita J, Matsumoto Y (2018) A review of the ecosystem concept—towards coherent ecosystem design. Technol Forecast Soc Change 136:49–58CrossRef
Zurück zum Zitat Weiß N, Schreieck M, Wiesche M, Krcmar H (2018) Setting up a platform ecosystem. In: 2018 IEEE International Conference on Engineering, Technology and Innovation (ICE/ITMC) Weiß N, Schreieck M, Wiesche M, Krcmar H (2018) Setting up a platform ecosystem. In: 2018 IEEE International Conference on Engineering, Technology and Innovation (ICE/ITMC)
Zurück zum Zitat Zhang Y, Li J, Tong TW (2020) Platform governance matters: how platform gatekeeping affects knowledge sharing among complementors. Strat Manag J 43(3):599–626CrossRef Zhang Y, Li J, Tong TW (2020) Platform governance matters: how platform gatekeeping affects knowledge sharing among complementors. Strat Manag J 43(3):599–626CrossRef
Metadaten
Titel
Designfaktoren zur Wertmaximierung von B2B Datenaustausch in datengetriebenen Plattform Ökosystemen
verfasst von
Fabian Tingelhoff
Edona Elshan
Philipp Ebel
Publikationsdatum
30.08.2022
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik / Ausgabe 5/2022
Print ISSN: 1436-3011
Elektronische ISSN: 2198-2775
DOI
https://doi.org/10.1365/s40702-022-00895-4

Weitere Artikel der Ausgabe 5/2022

HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 5/2022 Zur Ausgabe

Premium Partner