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17.06.2021 | Expansion | Schwerpunkt | Online-Artikel

Der Mittelstand wächst im Ausland

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Obwohl die Corona-Krise das Auslandsgeschäft durch gestörte Lieferketten erschwert hat, will der deutsche Mittelstand künftig international expandieren. Das erhöht die Anforderungen an das Risikomanagement und das Recruiting.

Die erfolgsverwöhnte Exportnation Deutschland hatte es 2020 im internationalen Wirtschaftsgeflecht coronabedingt nicht mehr ganz so leicht, noch exzellente Geschäfte zu machen. Dennoch sind die deutschen Exporte den Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge zwölf Monate in Folge gewachsen. Auch wenn sich die Dynamik gerade wieder etwas abschwächt, wuchsen die Ausfuhren in die USA noch im April um 60 Prozent. Im China-Geschäft belief sich das Plus aber nur auf 16 Prozent.

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Der Außenhandel gewinnt stetig an Bedeutung. Für Unternehmen bringt die zunehmende internationale Vernetzung der Wirtschaft neue Herausforderungen mit sich. Jenen Betrieben, die in der Lage sind, die internationalen Marktchancen für ihre Produkte und Dienstleistungen zu erkennen und zu nutzen, ohne die damit verbundenen Risiken zu vernachlässigen, eröffnen sich Möglichkeiten zu Wachstum, Gewinnsteigerung und zur Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen.

Der deutsche Mittelstand konnte global weitestgehend stabil seine Geschäfte abwickeln, zeigt sich daher optimistisch und sieht in der Internationalisierung eine Erfolgsstrategie. Das geht aus der Studie "Quo Vadis, deutscher Mittelstand?" hervor, für die von der Unternehmensberatung Kienbaum mehr als 300 Führungskräfte mittelständischer Unternehmen mit internationalen Geschäftsaktivitäten befragt wurden. 59,7 Prozent der Teilnehmenden erwarten im Vergleich zu 2020, die Auslandsumsätze bis 2023 um bis zu zehn Prozent steigern zu können. 

Ziele der Internationalisierung bei KMU

Die Mittelständler, die ihre Auslandsumsätze industrieübergreifend vor allem in Europa, Nordamerika und Asien erwirtschaften, sind allerdings je nach Führungslevel uneins, ob die bisherigen Aktivitäten in globalen Märkten ausreichen. Während 40 Prozent der Top-Manager davon voll und ganz überzeugt sind, äußern sich nur 15 Prozent der befragten Teamleiter in diesem Tenor. 

Rund ein Drittel der befragten Industrieunternehmen erwirtschaftet den größten Auslandsumsatz in den USA. Das gilt auch für Technologiefirmen, unter denen zudem ein Viertel einen Markteintritt in Österreich und der Schweiz plant. Unter den mittelständischen Finanzdienstleitern dominiert hingegen Irland (87,5 Prozent) als Zielland für das Auslandsgeschäft. Doch auch die Niederlande, Frankreich und Australien entwickeln sich laut Studie im Zuge des Brexit zu attraktiven Märkten. Konsum- und Handelsunternehmen agieren vor allem im europäischen Absatzmarkt. 

Von den verstärkt künftig angestrebten Expansionen erhoffen sich 31,4 Prozent der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) neue Absatzmärkte zu erschließen. 30,4 Prozent wollen ihre Wettbewerbsposition im Ausland stärken, während 24,8 Prozent auf direkte Nachfrage von Kunden in neue Märkte eintreten wollen. Aber auch der Zugang zu neuen Technologien ist für 23,5 Prozent ein wichtiges Ziel. 

Im lokalen Markt herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb, Mittelständler werden insbesondere durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie häufig zu Übernahmekandidaten und suchen ihren Vorteil daher in weniger stark konzentrierten Auslandsmärkten". Julius Deppenkemper, International Business Manager bei Kienbaum

Internationalisierungs-Know-how im Mittelstand fehlt

Doch 97,4 Prozent der großen mittelständischen Unternehmen sind bei internationalen Markteintritten auf externe Unterstützung angewiesen. Denn Gesetzeslage (40 Prozent), Bürokratie und Kulturunterschiede im Zielland sind Hürden, von denen KMU denken, diese nicht ohne Beratung bewältigen zu können. 

Es fehlt also das Internationalisierungs-Know-how. Darunter ist laut der Springer-Autoren Samir und Mona Saleh eine Wissensressource zu verstehen, "die es dem Unternehmen ermöglicht, einen neuen Zielmarkt strukturiert zu bearbeiten - von der Analyse und Bewertung eines potenziellen Zielmarktes bis hin zum Markteintritt und Verhalten vor Ort", heißt es auf Seite 12 des Kapitels "Globalisierung und Internationalisierung".

Exportrisiken gezielt absichern 

Auch die aktuelle Ungewissheit, inwiefern sich die Wirtschaft erholt sowie Lieferengpässe bei Halbleitern, Holz oder Metallen verunsichern KMU laut Kienbaum-Studie. Es gilt daher, solche Exportrisiken gezielt abzusichern, schreiben Gottfried Haber und Michael Ogertschnig in einem Buchkapitel zum Thema. 

Auch wenn sich das Exportrisikomanagement systematisch nicht wesentlich vom gewöhnlichen Risikomanagement in einem Unternehmen unterscheide, treten den Springer-Autoren zufolge "bestimmte spezifische Exportrisiken mit großer Häufigkeit und Regelmäßigkeit bei grenzüberschreitenden Transaktionen auf". Dies sind insbesondere (Seite 332 f.): 

  • Zahlungsausfallsrisiko
  • Währungsrisiko
  • Transportrisiko
  • Haftungsrisiko

International höhere Anforderungen an Risikomanagementsysteme

Daher müssten gerade exportorientierte Unternehmen wegen mitunter schwer einzuschätzender oder unbekannter Rahmenbedingungen, aber auch auf Grund von zusätzlichen oder komplexeren Prozessen, höhere Anforderungen an ihr Risikomanagementsystem stellen als andere Unternehmen, resümieren Haber und Ogertschnig. Dies erklärt, warum sich aktuell nur die wenigsten KMU zutrauen, vollkommen eigenverantwortlich und mit den bestehenden Ressourcen ins Ausland zu expandieren, wie die Kienbaum-Befragung zeigt.

Die Berater empfehlen daher, eine international ausgerichtete, moderne Recruting-Strategie zu entwickeln und den erweiterten Führungskreis in die Internationalisierungsstrategie einzubinden. So können das nötige Know-how für das Auslandsgeschäft ins Haus geholt und Mitarbeiter auf Managementebene für Auslandseinsätze oder internationale Karrierewege entwickelt werden. 

"Unsere Studienergebnisse zeigen, dass der Mittelstand für eine zukunftsfähige Aufstellung diejenigen Talente finden und binden muss, die die wichtigen Entwicklungen am internationalen Markt unmittelbar intern mittragen können", sagt Fabian Kienbaum, Chief Empowerment Officer.

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