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17.04.2023 | Hannover Messe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Hannover Messe: Maschinenbau und Elektrotechnik mit Rückenwind

verfasst von: Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Maschinenbau und Elektrotechnik haben laut VDMA und ZVEI derzeit Grund zum Optimismus. Zum Start der Hannover Messe 2023 sieht der BDI hingegen die deutsche Wettbewerbsfähigkeit schwinden.

"Innovation war und ist für unsere Industrie Trumpf, doch der internationale Wettbewerb ist heftig." Mit diesen Worten beschreibt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Siegfried Russwurm zu Beginn der Hannover Messe die aktuelle Lage für den Industriestandort Deutschland. "Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwindet", mahnt Russwurm und führt dafür mehrere Gründe an.

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01.12.2022 | 3 Fragen an

Wie geht es weiter mit der energieintensiven Industrie?

Die drastischen Steigerungen der Energiekosten sind vor allem für die energieintensiven Industrieunternehmen eine hohe Belastung. Wir sprachen mit Jörg Rothermel, Geschäftsführer der Energieintensiven Industrien, über notwendige Maßnahmen, mögliche Folgen und das Ziel der Treibhausgasneutralität.

So beobachte man bereits heute, dass der deutsche Export mit einem Wachstum von 3 % im letzten und voraussichtlich 2 % in diesem Jahr weniger stark wachse als die Weltwirtschaft. Mit Sorge blickt Russwurm auf das Investitionsverhalten in der Industrie, einem Frühindikator für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Angesichts der hohen Stromkosten könnten Unternehmen Russwurm zufolge statt an traditionellen Standorten in Deutschland beispielsweise eher in den USA investieren, die durch den Inflation Reduction Act mit einem attraktiven Investitionsprogramm lockten. Besonders hoch sei die Abwanderungsgefahr in der energieintensiven Industrie, wobei zu beachten sei, dass abwandernde Unternehmen oft auch den Nachzug weiterer Partner in ihrer Wertschöpfungskette bewirkten.

Derisking statt Decoupling im Umgang mit China

Der Idee einer Entkopplung der Handelsbeziehungen von China tritt Russwurm entgegen. Der Handel sollte stattdessen ausgebaut werden, wobei zugleich aber auch einseitige Abhängigkeiten überwunden werden sollten. Die Diskussion um eine neue China-Strategie der Bundesregierung sieht er in dieser Hinsicht entspannt: "Niemand redet mehr von Decoupling. Stattdessen ist Derisking Konsens in den Parteien der demokratischen Mitte." Sorgen bereitet Russwurm hingegen die Abhängigkeit im Bereich kritischer Materialien und Komponenten. Hier das Risiko zu senken, dauere.

Um die Industrie zu stützen, unter anderem auch mittels niedrigerer Steuern, sollte die Politik Russwurm zufolge die Ausgaben für das Gemeinwesen besser priorisieren. Er wolle keine sozialpolitische Debatte führen, doch "nicht alles, was wünschenswert ist, ist leistbar".

Abwanderung im Maschinenbau kein Thema

Optimistisch beschreibt VDMA-Präsident Karl Haeusgen hingegen die derzeitige Lage im Maschinenbau. Der Auftragsbestand liegt Haeusgen zufolge bei äußerst hohen 11,6 Monaten und die Problematik rund um Lieferengpässe entspannt sich zunehmend. Zudem ist der Maschinenbau im Branchenvergleich wenig energieintensiv und damit nicht so stark von den Energiepreissteigerungen betroffen. Auch einen Trend zur Deindustrialisierung oder Abwanderung der vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen geprägten Branche macht Haeusgen nicht aus. Im vergangenen Jahr wuchs die Zahl der Beschäftigten im Maschinenbau um 1,1 % auf nun über eine Million Menschen. Gebremst wurde der Beschäftigungsaufbau allerdings durch den Fachkräftemangel, unter dem die gesamte Branchen leidet.

Dennoch sieht auch Haeusgen die Industrie in einer intensiven Standortdebatte, von der er sich wünscht, dass die Themen Wettbewerb und Leistungsfähigkeit wieder stärker ins Blickfeld rücken.  Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit plädiert er für flexiblere Arbeitsmärkte, weiter beschleunigte Genehmigungsverfahren nach dem Beispiel des Windenergie-Repowerings sowie Bürokratieabbau, insbesondere in Hinblick auf EU-Regulierungen. Handlungsbedarf sieht Haeusgen außerdem bei den seiner Meinung im EU-Vergleich zu hohen Unternehmensbesteuerung sowie beim Ausbau der digitalen Infrastruktur im ländlichen Raum, wo ein Großteil der Maschinenbauunternehmen ansässig ist. Ausdrücklich begrüßt Haeusgen auch die geplanten Freihandelsabkommen mit Indonesien, den Mercusorländern sowie mit Indien.

Elektro- und Digitalindustrie hebt Wachstumsprognose an

Schwungvoll ist die Elektrotechnik- und Digitalindustrie ins Jahr 2023 gestartet. Laut ZVEI-Präsident Gunther Kegel legte die Produktion in der Branche in den ersten zwei Monaten im Vorjahresvergleich unerwartet um 6 % zu. In der Folge hat der Verband seine Prognose für das reale Produktionswachstum im laufenden Jahr von 0 auf 1 bis 2 % angehoben. Der Auftragsbestand liegt derzeit bei sechs Monaten und damit doppelt so hoch wie in den vergangenen Jahren.

Ähnlich wie der Maschinenbau ist die Elektro- und Digitalindustrie vergleichsweise wenig von Energiepreissteigerungen betroffen. Aufgrund des deutlich geringen Energiebedarfs der Unternehmen entkoppelt sich die wirtschaftliche Entwicklung der Branche zunehmend von der übrigen verarbeitenden Industrie, wie Kegel erläutert. Erstmals seit einem Vierteljahrhundert ist die Zahl Beschäftigten in der Elektro- und Digitalindustrie zudem auf über 900.000 gestiegen. Einen konkreten Abwanderungstrend in der Branche beobachtet Kegel nicht.

Auch Kegel beklagt eine "Überbürokratisierung" der Industrie. Bald haben es Unternehmen Kegel zufolge mit fünf verschiedenen EU-Rechtsakten zur Datensicherheit zu tun. Die damit betrauten hochqualifizierten Mitarbeitenden fehlten dann für die Entwicklung von Innovationen.

Eines der wichtigen Themen für die Branche ist laut Kegel die Energieeffizienz. "Bis 2045 werden wir deutlich mehr Energie durch höhere Effizienz einsparen müssen, als wir bis dahin an erneuerbaren Energien zubauen können", so Kegel. Eine Initiative auf diesem Weg ist beispielsweise die Gleichstromfabrik. Laut Kegel spart die durchgängige Nutzung von Gleichstrom in einer Fabrik nicht nur bis zu 20 % an Energie ein, auch der Bedarf an Kupfer für Stromleitungen sinke um die Hälfte.

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