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04.10.2022 | Mittelstand | Kolumne | Online-Artikel

Innovation made by Mittelstand als Weg aus der Krise

verfasst von: Martina van Hettinga

4:30 Min. Lesedauer

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Die Letzten, die in Innovationen investieren, werden die Ersten sein, die durch die Krise vom Markt gefegt werden, ist Martina von Hettinga überzeugt. Gerade der Mittelstand ist aktuell gefordert, Chancen zu ergreifen und seine Trägheit zu überwinden.

Inflation, Krise, Krieg - Verbraucher wie Unternehmen leiden unter den Entwicklungen der letzten Monate. Besonders drastisch sind die Konsequenzen der aktuellen Situation für Start-ups und Scale-ups: Im zweiten Quartal des Jahres wurden weltweit nur 108,5 Milliarden US-Dollar investiert, in insgesamt 7.651 Finanzierungsrunden – dies ist laut CB Insights mit 23 Prozent der größte Quartal zu Quartal Rückgang seit einer Dekade.

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Steigende Volatilität, Unsicherheit, Komplexität sowie Mehrdeutigkeit des Unternehmensumfelds machen es für mittelständische Unternehmen immer herausfordernder, innovative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Auch der Mittelstand bangt: Laut einer Studie der DZ Bank und dem Bankenverband BVR sorgen sich mehr als 80 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland um die steigenden Preise für Energie und Material und sehen sich infolgedessen dazu gezwungen, die Absatzpreise zu erhöhen. Bei einer Inflation von zehn Prozent schrecken solche Maßnahmen Verbraucher mehr denn je ab und der Konsum geht zurück. Kurzum: Ein reaktiver Sparkurs manövriert uns geradezu in einen Teufelskreis. Einmal hinein gerutscht in die Abwärtsspirale der Rezession verlieren alle, niemand gewinnt. Doch wie ausbrechen? Was sind die Alternativen? Jetzt ist der deutsche Mittelstand gefragt.

Langfristige Investition statt Marketing Myopia

Diese Devise schließt ein lang überfälliges wirtschaftliches Neudenken mit ein: Die deutsche Wirtschaft wiegt sich heute noch in Sicherheit, weil wir Wohlstand mit Innovationsfähigkeit und Modernität verwechseln. Dabei ist Deutschland häufig noch in einem Mindset der 1980er stehengeblieben, das der berühmte Wirtschaftswissenschaftler Theodore Levitt als Marketing Myopia, also Kurzsichtigkeit, betitelte: Statt sich an Kundenbedürfnissen und Marktentwicklungen zu orientieren, arbeiten Unternehmen quasi autark vor sich hin und eben häufig auch auf die eigene Irrelevanz zu. Das ist, wie aktuell deutlich zu sehen ist, eine gefährliche Fehleinschätzung. 

Krisen sind bekanntlich auch ein "Window for Opportunity" für einen echten Wandel. Mit Hinblick auf Kundenbedürfnisse und Marktentwicklungen müssen diese Chancen auch genutzt werden, anstatt mit aufgesetzten Scheuklappen den gewohnten Gang zu gehen, eine Erkenntnis, die der bereits erwähnte Theodore Levitt bereits in den 1970er Jahren nutzte, um Dinge komplett anders und besser zu machen als in den vergangenen Jahrzehnten. In welche Richtung das Pendel nun ausschlägt, steht und fällt einerseits mit der Entscheidungsfreude der Politik – Stichwort Fachkräftemangel, digitale Bildung, Frauenquote – um nur wenige große Baustellen zu nennen, andererseits aber auch mit dem Mut der Mittelständler.

Hoffnung sollte ihnen die Corona-Krise machen: Auch dort waren am Ende diejenigen die Gewinner, die voll und ganz auf Innovation und Investitionen gesetzt haben, statt an allen Ecken und Enden Ressourcen zu kappen. Die Gewinner von Krisen sind jene Unternehmen, denen es gelingt, antizyklisch in Technologie, Personal und Innovation zu investieren. Fortschritt ist wichtiger denn je. Von daher gibt es gute Gründe, die gegenwärtigen makroökonomischen Widrigkeiten als Chance zu begreifen, statt in Schockstarre zu verfallen.

KMU können von Start-ups und Scale-ups lernen

In den vergangenen Jahren hatten Start-ups und Scale-ups dem Mittelstand in Sachen Innovation den Rang abgelaufen. Nun scheint sich das Blatt etwas zu wenden. Die Finanzierungsrunden für hoch-defizitäre Start-ups, vorrangig auf globale Reichweitensteigerung, aber nicht so sehr auf profitables Wachstum ausgerichtet, sinken. Angesichts steigender Leitzinsen, der aktuell großen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit in der Welt sowie der Fragezeichen, die hinter den nach globalen Monopolstellungen strebenden Scale-ups stehen, sucht das Kapital vermeintlich sicherere Alternativen.

In diese Bresche kann und sollte der Mittelstand springen. Was dafür gefragt ist? 

  • Ein unternehmerisches Mindset, das überzeugt, ist die eigene Zukunft gestalten zu können; 
  • Optimismus, dass Unwägbarkeiten eine Verbesserung des Status Quo bedeuten; 
  • eine neue Führungskultur, basierend auf Diversität, Inklusion und Gestaltung; 
  • statt auf dem Managen des Status Quo. 

Vor allem müssen Mittelständler von Scale-ups lernen, dass Mehrwert stiftende Innovation nur gelingt, wenn sie von außen nach innen agieren, nicht länger von innen nach außen. Das bedeutet, nicht mehr auf Teufel komm raus die eigenen Produkte an den Mann oder Frau bringen zu wollen, sondern die eigenen Dienste und Produkte permanent den Bedürfnissen der Kunden anzupassen.

Diese Vorgehensweisen sind die DNA innovativer Start-ups und Scale-ups. Sie haben auf diesem Wege in den vergangenen Jahrzehnten komplette Märkte disruptiert, Traditionsunternehmen nach Jahrzehnten der Vorherrschaft vom Sockel gestoßen, teils in die Nichtigkeit verschwinden lassen.

Die aktuelle Krise stellt auch eine Chance für den deutschen Mittelstand dar, die eigenen Stärken und den Wert ihrer jahrzehntelang gewachsenen Assets mit dem Innovationspotenzial digitaler Start-ups zu kombinieren. Denn Führungspersönlichkeiten, die bereits neue, digitale Geschäftsmodelle aufgebaut haben, sind nun zumindest etwas verfügbarer als zuvor.

Es ist am Mittelstand nun die besten Innovatoren des Landes für sich zu begeistern. Ihnen Ressourcen und Kapital an die Hand zu geben, Vertrauen zu schenken und Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen. Nur so können deutsche Unternehmen echte Mehrwert stiftende Innovation hervorbringen und die Krise könnte sich im Rückblick als das Momentum entpuppen, in dem Deutschland seine jahrzehntelang eingeübte Trägheit überwunden hat.

Für alle Zögerer und Zauderer: Die Alternative ist, wir verlieren alle zusammen.

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