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Erschienen in: e & i Elektrotechnik und Informationstechnik 1/2023

Open Access 08.12.2022 | Originalarbeit

Resonanter Hochspannungsgenerator für beschleunigte Lebensdauer- und Teilentladungs-Untersuchungen an Isolationsfolien

verfasst von: Paul Aspalter, Markus Vogelsberger, Hans Ertl

Erschienen in: e+i Elektrotechnik und Informationstechnik | Ausgabe 1/2023

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Zusammenfassung

Die nun verfügbaren Wide-Bandgap-Halbleiter sind durch ihre hohen Schaltgeschwindigkeiten Schlüsselbauelemente zukünftiger leistungselektronischer Konverter. Ihre Anwendung setzt allerdings auch induktive Bauelemente wie Glättungsinduktivitäten und Trafo- bzw. Motorwicklungen voraus, die wesentlich höheren du/dt-Werten längerfristig standhalten. Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wird deshalb ein einfaches und kostengünstiges Konzept eines Prüfspannungsgenerators für Lebensdauertests bei Isolationsfolien vorgestellt, mit welchem Prüfspannungen im Bereich von typ. 8 kVss im Frequenzbereich bis ca. 1 MHz aufwandsminimal erzeugt werden können. Der Generator basiert auf einem selbstschwingenden Resonanzkreis angeregt von einer Niederspannungs-MOSFET-Halbbrücke und benötigt auch keine Hochspannungs-Versorgung. Der Beitrag beinhaltet die Dimensionierung und das Design des Prototyps, präsentiert Messergebnisse, demonstriert die mögliche Erhöhung der Betriebsfrequenz durch den Übergang von Si-MOSFETs zu GaN-Bauelementen und zeigt Schaltungs- bzw. Steuerungsvarianten zur weiteren Steigerung der Betriebsfrequenz und/oder des Wirkungsgrades mittels Soft Switching.
Hinweise
H. Ertl ist OVE-Mitglied.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Auf Wide-Bandgap-Materialien (WBG) basierende Leistungshalbleiter werden in zunehmenden Maße in leistungselektronischen Konvertern und Umrichtern eingesetzt, da mit diesen Materialien (derzeit SiC und GaN) auch im höheren Spannungsbereich schnelle Majoritätsträgerbauelemente bei gleichzeitig geringem Leitwiderstand realisiert werden können. Die höhere Schaltgeschwindigkeit (typ. Faktor 5–10 im Vergleich zu Si-IGBTs) resultiert in einer entsprechenden deutlichen Reduktion der Umrichter-Schaltverluste. Alternativ kann aber auch die Umrichter-Schaltfrequenz erhöht werden, was etwa bei Antrieben die Zusatzverluste im Motor verringern kann, in Summe also eine höhere Effizienz des gesamten Antriebssystems durch den Einsatz von WBG-Halbleitern erzielbar ist.
Ein ernsthaftes Problem dabei ist jedoch die höhere Belastung des Isolationssystems, welche in Filterspulen oder Motorwicklungen aufgrund der hohen du/dt-Raten und AC-Komponenten bei mit WBG-Halbleitern bestückten Konvertern auftritt. Nach Ansicht der Autoren müssen die Auswirkungen hoher du/dt-Werte und signifikanter höherfrequenter AC-Anteile auf die Alterung der Wicklungsisolation noch eingehend erforscht und geprüft werden [1], um die geforderte Lebensdauer des Umrichter‑/Antriebssystems zu gewährleisten. Diese kann z. B. für Traktionsantriebe bei bis zu 30 Jahren liegen. Im vorliegenden Artikel wird deshalb zur Unterstützung von Lebensdauertests ein einfaches und kostengünstiges Konzept eines Prüfgenerators beschrieben, mit welchem Isolationsfolien mit Spannungen beaufschlagt werden können, die ähnlich jenen sind, wie sie bei WBG-Umrichter-gespeisten Wickelgütern auftreten.

2 Prinzipschaltung

Für die angestrebten Lebensdauer-Tests (z. B. von Polyamid-Folien in Stärken von typ. 25 … 100 µm) sollen Prüfspannungen im Bereich bis zu 8kVss bei Frequenzen bis zu 1 MHz erzeugt werden. Der Generator soll keine Hochspannungsbauteile (insbesondere Halbleiter) benötigen und auch keine Hochspannungsversorgung. Als Grundschaltung wurde deshalb ein dem Tesla-Generator ähnliches Prinzip angewendet (Abb. 1). Eine variable DC-Versorgung U speist einen mit Niederspannungs-MOSFETs gebildeten Halbbrückenzweig, dessen Ausgangsspannung usw einen LC-Serien-Resonanzkreis anregt. Parallel zum Resonanzkondensator C liegt die zu testende Isolationsfolien-Probe (DUT), deren Kapazität gering im Vergleich zu C ist.
Die Steuerung der Anordnung erfolgt über einen Komparator, mit welchem ein den Brückenzweig steuerndes Signal s aus dem Vorzeichen des Spulenstromes iL gebildet wird: iL > 0 → s = 1 → usw = +U; iL < 0 → s = 0 → usw = 0. Dies resultiert in einem selbstschwingenden resonanten Betrieb, der üblicherweise bei Einschalten von U startet. Dieser lässt sich sehr einfach durch Anwendung eines uCZ0iL-Diagrammes analysieren (Abb. 2). Startend im Koordinatenursprung bei uC = 0/iL = 0 gibt es für usw = +U ein Anschwingen mit halbkreisförmiger Trajektorie um den Punkt U/0, endend bei uC = 2U. Ab dann gilt wegen Umschalten des Komparators usw = 0, nun erfolgt ein Rückschwingen mit halbkreisförmiger Trajektorie um den Koordinatenursprung 0/0, endend bei uC = −2U. Der nächste positive Zyklus endet bei uC = 4U, der übernächste bei uC = 6U usw. Die Amplituden steigen also beim Anschwingvorgang linear an (Abb. 3 rechts). Bei einem realen System erfolgt dies aber mit einer e‑Potenzförmigen Hüllkurve und es stellt sich letztlich ein stationärer Zustand ein, der durch die Güte Q des LC-Schwingkreises bestimmt ist. Die Amplitude Us der Spannung am Prüfling (DUT) kann somit über die Versorgungsspannung U eingestellt werden und berechnet sich näherungsweise zu Us=Q ⋅ U ⋅ 2/π. Durch geeignete Implementierung von L (z. B. als einlagige Luftspule) können Güten von Q > 100 erreicht werden, womit DUT-Spannungen von mehreren kVss bei DC-Versorgungsspannungen U < 100 V realisierbar sind.
Dimensionierungsbeispiel
Der Resonanzkondensator wird zunächst initial mit C = 1 nF gewählt, sodass auch DUTs mit bis zu ≈ 100 pF (z. B. isolierte Rotorstäbe von Motoren) getestet werden können und auch um den Einfluss der DUT-Verluste auf den Resonanzkreis gering zu halten. Mit L = 1 mH ergibt sich daraus eine Resonanzfrequenz von f0 = 1/(2π√(LC)) = 160 kHz und eine charakteristische Impedanz von Z0 = √(L/C) = 1 kΩ. Wird die Resonanzspule L als einlagige Luftspule mit 250 Windungen ∅0.4 mm Kupferlackdraht auf einem Spulenkörper mit ∅50 mm ausgebildet, kann mittels einer FEMM-Simulation als AC-Widerstand ein Wert von etwa Rac ≈ 8 Ω bei 160 kHz bestimmt werden, was durch Messung mittels eines Impedanzanalysators (Bode 100) auch bestätigt wird (Abb. 4). Damit berechnet sich als Güte Q = Z0/Rac = 1000 Ω/8 Ω = 125 (Abb. 4). Um die angestrebte Spannung von 8 kVss an der Isolationsprobe zu erreichen, muss die Grundschwingung am Halbbrücken-Ausgang eine Amplitude von U1,ss = 8 kVss/Q = 64Vss aufweisen, woraus sich die erforderliche DC Versorgungsspannung von U = 64Vss ⋅ π/4 = 50 V berechnet. Tatsächlich ist allerdings ein geringfügig höheres U ≈ 60 V erforderlich, um die Leit- und Schaltverluste sowie die AC-Verluste der Resonanzspule L zu kompensieren. Der größte Anteil der Gesamtverluste tritt dabei in L (IL,ss = U1,ss/Z0 = 8kVss/1 kΩ = 8Ass; PL = Rac ⋅ (IL,ss)2/8 = 8 Ω ⋅ (8 A)2/8 = 64 W) auf, weshalb die Spule an ihrem unteren Ende mit einem kleinen Lüfter ausgestattet ist.
Für Isolationstests bei höheren Frequenzen wurde eine zweite Luftspule mit L’ = 250 µH gebaut (115Wdg., 0.8 mm CuLa auf ∅50 mm). Für diese (Z0’ = √(250 µH/1 nF) = 500 Ω) wurde Rac ≈ 5 Ω bei 320 kHz gemessen, resultierend in einer Güte von Q’ = Z0’/Rac’ = 100. Der Resonanzkondensator C wird durch eine Serienschaltung von 10Stk. 10 nF/1 kV Polypropylen-Folienkondensatoren gebildet. Damit steht auch bereits ein 10:1-Spannungsteiler für die Messung von uC mittels eines üblichen Oszilloskop-Tastkopfes zur Verfügung (Abgriff am Fußpunkt-Kondensator). Abgesehen von den LC-Resonanzelementen selbst sind für die gesamte Anordnung nur Niederspannungs-Bauteile (z. B. 100V-MOSFETs) erforderlich, was einen wesentlichen Vorteil im Vergleich zu anderen Isolationsprüfeinrichtungen (z. B. [2]) darstellt.

3 Prototyp-Schaltungen

Die praktische Umsetzung der Schaltung nach Abb. 1 erfordert die Bestimmung des Strom-Nulldurchganges. Die Strommessung könnte dabei z. B. mit einem passiven Stromwandler erfolgen, einfacher ist dies jedoch mittels eines Strommesswiderstandes (Shunt RSH, Abb. 5). Um die Nulldurchgangs-Sensitivität zu erhöhen wurde ein relativ hoher Wert RSH = 100 Ω gewählt. Zur Leistungsbegrenzung sind RSH zwei Schottky-Dioden antiparallel geschaltet. Die beiden Komparator-Eingänge sind jeweils mit einem Spannungsteiler ausgestattet, mit welchen eine geringe Pegelanhebung erfolgt, womit negative Eingangsspannungen vermieden werden und ein single-supply-Komparator eingesetzt werden kann. Die Schaltung nach Abb. 5 ist weiters mit einem Abblockkondensator CB= 100 nF ausgestattet, der die Gleichspannungskomponente U/2 von usw für die DUT abtrennt. Damit erreicht man auch eine Begrenzung des Kurzschlussstromes falls die Isolationsfolie einen Dauerkurzschluss aufweisen sollte. Mit Z0,B = √(L/CB) = √(1mH/100 nF) = 100 Ω und z. B. U = 100 V beträgt der Kurzschlussstrom IK,ss = (U ⋅ 4/π)/Z0,B = (100V ⋅ 4/π)/100Ω = 1.27 A.
Beim ersten Prototyp wurde die Halbbrücke mit 150V/52mΩ-Si-MOSFETs (Infineon BSC520N15NS3) realisiert mit Skyworks Si823H4 als Halbbrücken-Treiber mit integriertem Dead-Time-Generator und MCP6561 als Komparator. Abb. 6 zeigt gemessene Strom‑/Spannungesverläufe des Si-MOSFET-Prototyps (Abb. 7). Es ist dabei ersichtlich, dass das Umschalten der Brückenstufe (usw) merkbar gegenüber dem Nulldurchgang von iL verzögert ist. Dies ist durch (in Abb. 5 nicht eingezeichnete) Tiefpassfilter der Strommessung, die Delaytime des Komparators und die Verriegelungs- und Verzögerungszeit des Gate-Treibers begründet. Daraus resultiert aber, dass das Schalten der MOSFETs nicht bei Strom Null erfolgt. Zudem wird die in den parasitären Kapazitäten der MOSFETs gespeicherte Energie beim Einschalten im Drain-Source-Widerstand abgebaut. Es resultieren zusätzliche Schaltverluste und es liegt „harter“ Schaltbetrieb vor. In Kap. 5 werden Schaltungserweiterungen vorgestellt, mit welchen Soft-Switching-Betrieb erreicht wird, womit sich die Schaltverluste deutlich verringern.
Im harten Schaltbetrieb treten Schaltverluste nicht nur durch die Entladung der parasitären MOSFET-Kapazitäten auf, sondern zusätzlich durch das reverse-recovery-Verhalten (Sperrverzugsladung und Rückstrom) der Freilaufdioden, d. h. der parasitären Bipolar-Inversdioden klassischer MOSFETs. Im Gegensatz dazu haben heutige GaN-MOSFETs infolge ihrer horizontalen Struktur zwar die für Brückenzweige wichtige Freilaufdioden-Funktion (selbsttätiges Leiten in Rückwärtsrichtung), ohne aber die hohen Sperrverzugsladung und Rückströme von klassischen (vertikalen) Si-MOSFETs aufzuweisen. Zusammen mit ihren geringen Kapazitäten sind GaN-MOSFETs somit ideale Halbleiterschalter für Brückentopologien, selbst bzw. besonders im harten Schaltbetrieb. Da mit ihrer hohen Schaltgeschwindigkeit eine entsprechende Reduktion der Schaltverluste gegeben ist bzw. alternativ höhere Schaltfrequenzen möglich sind, wurde ein zweiter Generator-Prototyp mit GaN-MOSFETs realisiert. Infolge der hohen Schaltgeschwindigkeit muss dabei auf ein extrem niederinduktives Layout des Leistungsteils und der Anbindung der Gate-Treiber geachtet werden. Daher wurde die vorstehend beschriebene diskret aufgebaute Si-MOSFET-Halbbrücke durch einen GaN-Leistungs-IC MasterGaN1 (ST Microelectronics) ersetzt, welcher zwei GaN-MOSFETs in Halbbrückenanordnung (600 V/150 mΩ/10 A) mit bereits eingebauten Gate-Treibern in einem 9 × 9 mm2-großen SMD-Gehäuse beinhaltet. Den DC-Eingangskreis bilden wieder Elektrolytkondensatoren mit zusätzlich 6 parallel geschalteten MLCC-Keramikkondensatoren, welche direkt unter dem GaN-IC platziert sind. Die Kühlung des GaN-IC erfolgt über einen mittels Gap-Pad auf der Oberseite aufgesetzten Stift-Kühlkörper und zusätzlichen thermischen Durchkontaktierungen zur Leiterplatten-Unterseite (Abb. 8).

4 Messergebnisse

Abb. 9a zeigt gemessene Ströme und Spannungen der MOSFET- bzw. der GaN-Version. Bei der GaN-Version ist das Schalten der Brückenspannung usw deutlich näher am Nulldurchgang von iL im Vergleich zur MOSFET-Version (100 ns vs. 400 ns). Eine direkte Auswirkung dieser Verzögerung (Phasenverschiebung) ist die Notwendigkeit einer höheren Versorgungsspannung der MOSFET-Variante, um das gleiche Resonanzspannungsniveau (8kVss) zu erreichen. Ein zweiter Effekt, der beobachtet werden kann, ist die unterschiedliche Art der Verluste in den Transistoren. Während die MOSFETs einen RDS,on von 52 mΩ haben, weisen die verwendeten GaN-Transistoren einen etwa dreifach höheren Wert von 150mΩ auf (Werte spezifiziert für T = 25 °C), was zu höheren Leitverlusten führt. Die Schaltverluste der GaN-Transistoren sind jedoch geringer aufgrund ihrer geringeren Kapazitäten und auch weil der Strom im Schaltzeitpunkt wegen der geringeren Verzögerungszeit niedriger als bei den MOSFETs ist. Folglich sind die Gesamtverluste (d. h. die Leistungsaufnahme PDC aus der Gleichspannungsquelle) bei der GaN-Version bei niedrigen Frequenzen (160 kHz) höher, bei hohen Frequenzen (500 kHz) jedoch geringer (Tab. 1). Diese Differenzen in PDC sind allerdings gering, da der Hauptanteil der Verluste in der Resonanzdrossel L auftritt. Eine Schaltfrequenz von 1 MHz konnte aber nur mit der GaN-Version erreicht werden, da der Betrieb mit dieser Frequenz in der Si-MOSFET-Version trotz Kühlung zu einer thermischen Überlastung der Transistoren führt. In Abb. 10 ist die gesamte Prüfanordnung für Isolationsfolien abgebildet bestehend aus dem GaN-HV-Generator, dem Resonanzkreis (einlagige Luftspule und Resonanzkondensator bestehend aus einer Serienschaltung von 10 Stk. Polypropylen-Einzelkondensatoren) zu welcher der Probenhalter (Kunststoff, zu prüfende Isolierfolie eingespannt zwischen ∅6 mm V2A-Elektrode und geerdeter V2A-Grundplatte) parallel geschaltet ist. Die Spannungsmessung erfolgt mittels eines üblichen 100:1-Oszilloskop-Tastkopfes mit welchem die Spannung am untersten (masseseitigen) Serienkondensator abgegriffen wird (in Summe somit ein 1000:1 Spannungsteiler). Die Strommessung erfolgt mittels eines in die Proben-Rückleitung (Abb. 5) eingefügten passiven Stromwandlers, bestehend aus einem kleinem R10/T38-Ferrit-Ringkern mit 5 Wdg. abgeschlossen mit einem 1 Ω-Bürdenwiderstand, was einen Abbildungsmaßstab von 0,2V/A ergibt. Die untere Grenzfrequenz liegt bei ca. 1 kHz, die obere Grenzfrequenz beträgt mindestens 40 MHz.
Tab. 1
Messergebnisse bei verschiedenen Betriebspunkten von MOSFET- bzw. GaN-Version
L
[mH]
C
[nF]
Uss
[kV]
Iss
[A]
f0
[kHz]
UDC
[V]
IDC
[A]
PDC
[W]
Vers
1,0
1,0
7,9
7,6
162,1
64,2
1,116
71,64
MOS
1,0
1,0
7,8
7,9
162,4
60,8
1,202
72,84
GaN
1,0
0,1
7,8
2,53
498
46,5
0,386
17,95
MOS
1,0
0,1
7,9
2,65
498
45,9
0,368
17,07
GaN
0,25
0,1
7,7
5,15
989
80,4
0,449
36,1
GaN

5 Erweiterung auf Soft-Switching

Die bisher betrachteten Varianten sind leistungs- bzw. frequenzmäßig durch ihr hartes Schalten begrenzt. Eine Erweiterung dieser Grenzen kann durch Übergang auf soft-switching erreicht werden, bei welchem die Transistoren einschalten, wenn die Spannung an ihnen Null ist („zero voltage switching“). Dabei werden die parasitären Ausgangskapazitäten der Transistoren nicht-dissipativ entladen, die in ihnen gespeicherte Energie trägt damit nicht zu den Schaltverlusten bei. Ebenso gibt es keine Kommutierung des Laststromes von der gegenüberliegenden Freilaufdiode auf den einschaltenden MOSFET, wie dies beim harten Schalten der Fall ist. Das reverse-recovery der Diode trägt somit auch nicht zu den Schaltverlusten bei. Mit soft-switching können die Schaltverluste des Brückenzweiges also signifikant reduziert werden, resultierend in einem höheren Wirkungsgrad bzw. in höheren möglichen Schaltfrequenzen und/oder Strömen. Nachfolgend sollen zwei Varianten vorgeschlagen werden, wie die Grundschaltung (Abb. 1) auf zero-voltage-Betrieb erweitert werden kann. Ein soft-switching ist besonders beim Einsatz von Si-MOSFETs bei höheren Spannungen (z. B. 400 … 600 V) attraktiv, da hier Ladungskompensations-Transistoren (auch Superjunction-MOSFETs genannt bzw. als Handelsname z. B. CoolMOS) wegen ihres geringen On-Widerstands günstig sind. Diese Transistoren weisen allerdings eine parasitäre Bipolar-Inversdiode auf, die im harten Schaltbetrieb als Freilaufdiode agiert, allerdings mit nicht besonders guten Schalteigenschaften. Zudem sind diese Transistoren auch durch relativ hohe, stark spannungsabhängige Ausgangskapazitäten gekennzeichnet. Beide Effekte erhöhen die Schaltverluste, können aber mittels soft-switching-Betrieb überwunden werden.
Soft-switching mittels Zusatzdrossel
Eine einfache Möglichkeit die Schaltung nach Abb. 1 auf soft-switching umzurüsten besteht darin, den Eingangs-Glättungskondensator durch zwei in Serie liegende Kondensatoren zu ersetzen und von deren Mittelpunkt M eine Zusatzdrossel LZ zum Halbbrücken-Ausgang zu schalten (Abb. 11). Die an LZ auftretende nahezu rechteckförmige Spannung bewirkt einen dreieckförmigen Zusatzstrom iZ in LZ (Abb. 12a). Bei passender Dimensionierung von LZ weist so der abschaltende MOSFET trotz des da – bei Betrachtung der fallenden Flanke von usw – schon negativen Wertes des Resonanzstromes iL einen noch positiven Summenwert iZ,pk + iL > 0 auf, der die parasitäre Kapazität CDS des abschaltenden MOSFETs auflädt und jene des gegenüber liegenden MOSFETs entlädt. Bei genügend großer Zusatzstromamplitude werden die beiden CDS mit vollem Hub der Zwischenkreisspannung verlustfrei umgeladen. Kurz darauf kann der einschaltende MOSFET mit Nullspannung, also verlustfrei, eingeschaltet werden (eine entsprechende Dimensionierung des Gate-Treiber-Delays vorausgesetzt). Dieses Umladen führt auf einen etwa s‑förmigem Zeitverlauf von usw an den Flanken (Abb. 12b), was durch den stark spannungsabhängigen Verlauf von CDS bei Superjunction-MOSFETs bedingt ist.
Soft-switching durch überresonanten Betrieb
Von Serienresonanz-Spannungswandlern ist bekannt, dass ein überresonanter Betrieb ebenfalls zu zero-voltage-switching in den Schalttransistoren führt [3]. Aus einem leichten Erhöhen der Schaltfrequenz fS über die natürliche Resonanzfrequenz f0 = 1/(2π√(LC)) hinaus, resultiert eine ohmsch-induktive Gesamtimpedanz des LC-Kreises. Der sich einstellende Strom I eilt damit der speisenden Spannung Usw,1 (Grundschwingung) des Serienresonanzkreises um die Phasenverschiebung φ nach (Abb. 13), d. h., der abschaltende MOSFET des Halbbrückenzweiges führt gerade den Strom Ipk ⋅ sin(φ), der – sofern genügend groß – ein verlustfreies Umladen der CDS bewirkt. Unter Annahme einer passablen Nacheilung von z. B. φ = 45° erhält man aus dem Zeigerdiagramm Abb. 13 die Beziehung I ⋅ ω LI ⋅ 1/(ω C) = I ⋅ R bzw. die quadratische Gleichung ω 2LCω RC 1 = 0. Die näherungsweise Lösung dieser Gleichung für Schwingkreise hoher Güte Q = Z0/R (mit Z0 = √(L/C) und ω 0 = 1/√(LC) eine dafür erforderliche Betriebsfrequenz ω = ω 0 ⋅ (1 + 1/(2Q)) bzw. Schaltfrequenz fS = f0 ⋅ (1 + 1/(2Q)). Als Zahlenbeispiel mit den Parametern L= 1 mH, C= 1 nF, Q= 125, ergibt sich f0 = 159.15 kHz, fS = f0 ⋅ (1 + 1/500) = 159.47 kHz, also nur minimal höher. Es wäre bei reiner Frequenzsteuerung daher eine sehr präzise bzw. adaptive Frequenzeinstellung bzw. -regelung erforderlich. Es ist anzumerken, dass diese Betriebsart mit φ = 45° eine um den Faktor √2 höheres Usw,1 bedingt, also auch eine √2 höhere Versorgungsspannung U (Abb. 13). Eine Alternative zur Frequenzsteuerung wäre eine Selbstregelung über die Stromschwellwerte. Dazu müsste die in Abb. 5 gezeigte einfache Steuerung mit einem Komparator, der nur den Nulldurchgang detektiert so erweitert werden, dass zwei unterschiedliche Schaltschwellen je nach Polarität der Ausgangsspannung herangezogen werden. Wie in Abb. 14 gezeigt, erfolgt eine negative Flanke von usw wenn iL den vorgegebenen Schwellwert s+ in negativer Richtung durchschreitet, und eine positive Flanke von usw wenn iL den Wert s− in positiver Richtung durchläuft. Die beiden Werte s+ und s− definieren also den Strom im Umschaltzeitpunkt, der ja zum Erreichen von zero-voltage-switching einen nicht zu kleinen Wert haben darf. Neben zwei Komparatoren ist dafür aber auch ein Zustandsspeicher (Flip-Flop) wie auch komplexere Maßnahmen zum start-up erforderlich, weshalb im Rahmen dieser Arbeit nicht näher darauf eingegangen werden soll. Es ist noch anzumerken, dass im start-up bzw. generell bei transienten Vorgängen der zero-voltage-switching Betrieb kurzzeitig verlassen werden kann. Im Falle von Superjunction-MOSFETs sind deshalb unbedingt Bauelemente mit schneller Inversdiode den Standardtransistoren vorzuziehen.

6 Ergebnisse – Weiterentwicklung

Im Rahmen des vorliegenden Artikels wurde ein aufwandsminimales, kostengünstiges Konzept eines Prüfspannungsgenerators vorgestellt, analysiert und verifiziert. Beabsichtigtes Einsatzgebiet sind dabei Lebensdauer-Stresstests bei denen Isolationsfolien bei Dauerversuchen mit Prüfspannungen im Bereich von 8kVss und darüber im Frequenzbereich bis ca. 1 MHz beaufschlagt werden sollen. Derartige Spannungen sind vergleichbar mit der du/dt- bzw. AC-Belastung von Wickelgüter-Isolationsmaterialien, welche bei Pulswechselrichtern auftreten können, die mit modernen wide-bandgap-Halbleiterventilen ausgerüstet sind. Der vorgestellte Generator basiert auf einem selbstschwingenden Resonanzkreis angeregt von einer Niederspannungs-MOSFET-Halbbrücke und benötigt keine Hochspannungs-Versorgung bzw. -Halbleiter. Durch die minimalistische Bauart, können langwierige Isolationsmaterial-Dauerversuche durch eine parallele Abordnung derartiger HV-Generatoren kostengünstig beschleunigt werden. Der Beitrag beinhaltet die Dimensionierung und das Design des Prototyps, präsentiert Messergebnisse, demonstriert die mögliche Erhöhung der Betriebsfrequenz durch den Übergang von Si-MOSFETs zu GaN-Bauelementen. Abschließend werden Erweiterungen zur Steigerung von Arbeitsfrequenz und Leistung mittels soft-switching beschrieben, was entweder durch eine einfache Zusatzdrossel erreicht werden kann, oder alternativ durch ein etwas aufwändigeres Steuerungsverfahren.

Danksagung

Die dieser Veröffentlichung zugrunde liegenden Forschungsagenden konnten dank der Unterstützung von ALSTOM durchgeführt werden. Die Autoren möchten sich insbesondere bei Herrn H. Mannsbarth (Director of Components- Bogies/Drives Department in Global Rolling StockPlatform/Components Division) und Herrn C. Zanutti (Head of R&D/Technology in RSC Bogies/Drives) für den vielfältigen Support und die Management-Unterstützung bedanken. Darüber hinaus gilt es den Kollegen in der ALSTOM Gruppe (Herrn E. Moser, Herrn R. Plattner u. Herrn R. Schmid) für die technische Unterstützung und ihr Feedback zu danken.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
1.
3.
Zurück zum Zitat Chéron Y (1992) Soft commutation, 1. Aufl. Chapman & Hall, LondonCrossRef Chéron Y (1992) Soft commutation, 1. Aufl. Chapman & Hall, LondonCrossRef
Metadaten
Titel
Resonanter Hochspannungsgenerator für beschleunigte Lebensdauer- und Teilentladungs-Untersuchungen an Isolationsfolien
verfasst von
Paul Aspalter
Markus Vogelsberger
Hans Ertl
Publikationsdatum
08.12.2022
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
e+i Elektrotechnik und Informationstechnik / Ausgabe 1/2023
Print ISSN: 0932-383X
Elektronische ISSN: 1613-7620
DOI
https://doi.org/10.1007/s00502-022-01109-x

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