Skip to main content
Erschienen in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 1/2023

Open Access 07.07.2022 | Spektrum

Smart Managed Freight Fleet: Ein automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement in einem föderierten Datenökosystem

verfasst von: Christoph Heinbach, Henning Gösling, Pascal Meier, Oliver Thomas

Erschienen in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik | Ausgabe 1/2023

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Das starke Wachstum des E‑Commerce stellt bedeutende Herausforderungen an die Betreiber von Fahrzeugflotten, um den kostenintensiven Fahrzeugeinsatz in einem digital getriebenen Transportmarkt zu optimieren. Innovative Fahrzeug- und Datentechnologien bieten dabei neue Möglichkeiten für die serviceorientierte Gestaltung digitaler Ökosysteme mit weiteren Stakeholdern durch cloudbasierte Infrastrukturen. Bei genauerer Betrachtung der Transportkette wurde ein durchgehendes, automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement in einem gemeinsamen Datenraum bisher nicht realisiert. In diesem Beitrag stellen die Autoren das Konzept „Smart Managed Freight Fleet“ vor, das im Rahmen des vom BMWK geförderten Konsortialprojekts „GAIA-X 4 ROMS“ (Remote Operation for Automated and Connected Mobility Services) entwickelt werden soll. Dazu zeigen die Autoren zunächst die bestehenden Informations- und Fahrzeugtechnologien für ein vernetztes Flottenmanagement auf. Anschließend wird ein innovativer multiagentenbasierter Flottenmanagementansatz beschrieben, der insbesondere Telematik-gestützte „intelligente Wechselbrücken- und Trailer (iWT)“ mit neuartigen „autonom navigierenden Paketstationen (ANP)“ auf der ersten bzw. letzten Meile verknüpft. Ein sicherer und souveräner Datenaustausch zwischen den Akteuren, Softwareagenten und weiteren Diensten wird dabei durch ein Gaia-X-konformes Datenökosystem erfolgen. Im Anschluss werden die hieraus entstehenden wissenschaftlichen und praktischen Implikationen für ein datenbasiertes Flottenmanagement beschrieben. Abschließend gibt der Artikel einen Ausblick auf die nächsten Entwicklungsschritte zur Gestaltung frei nutzbarer Flottenmanagementdienste in einem interoperablen Datenökosystem.

1 Einleitung

Die Transportlogistik bildet eine bedeutende Querschnittsfunktion über nahezu alle Wirtschafts- und Privatbereiche und ist für die Gestaltung resilienter und nachhaltiger Transport- und Lieferketten essenziell. Ein prominentes Phänomen dieser besonderen Funktion zeigt sich in der Transportabwicklung von Paketlieferungen durch das fortschreitende Wachstum des E‑Commerce, das durch die bestehende Corona-Pandemie stark an Bedeutung gewonnen hat. In Deutschland nahm die Anzahl der Paketlieferungen zwischen 2010 und 2020 um etwa 74 % auf über 4 Mrd. zu und wird bis 2025 auf 5,7 Mrd. Sendungen ansteigen (BIEK 2022). In der Folge drängen innovative Letzte-Meile-Konzepte zunehmend in den Logistikmarkt, um durch den Einsatz von Drohnen, Lieferrobotern und Crowd-Logistics den kostenintensiven Transport von Paketen in urbanen Räumen effizienter zu gestalten und zudem die Verkehrsbelastungen zu reduzieren (Asdecker 2020). Eine von dem Unternehmen IDTechEx durchgeführte Studie prognostiziert bis zum Jahr 2025 eine Flottengröße von 200.000 Lieferrobotern weltweit, die eine Auslieferung von Paketen in der letzten Meile automatisieren (IDTechEx Ltd 2022). Mit der Verfügbarkeit elektrischer Antriebssysteme ist davon auszugehen, dass auch der Grad der Automatisierung von Lieferfahrzeugen steigen und eine konsequente Dekarbonisierung der Transportlogistik unterstützt wird.
Obwohl die Logistikbranche traditionell eine hohe Affinität zu Informations- und Kommunikationstechnologien aufweist, sind fehlende modulare und standardisierte Schnittstellen zwischen den eingesetzten Informationssystemen bestehende Barrieren für Transportunternehmen, die den Datenaustausch mit Kunden und Partnern erschweren (Heinbach et al. 2020). Diese Situation wird bei genauerer Betrachtung der vorgelagerten Transportprozesse entlang der mehrgliedrigen Transportkette deutlich, da im Gegensatz zur Güterbeförderung im urbanen Gebiet der Einsatz von schweren Lastkraftwagen für den Teil- und Komplettladungsverkehr zwischen Versand- und Empfangsdepot – dem sog. Hauptlauf – der Paketdienstleister durch einen stark diversifizierten Transportmarkt geprägt ist. Viele kleine und mittelständische Transportanbieter im Güterverkehr, die durch hohe Kundenindividualität und fehlende Digitalisierungskompetenzen in einem fragmentierten Markt charakterisiert sind, nutzen daher das Potenzial der cloudbasierten Frachttechnologien und „smarter“ Dienste für die Unterstützung eines datengetriebenen Transportmanagement (Heinbach et al. 2021). Die Nutzung des IT-gestützten Angebots von Diensten orientiert sich dabei an den Geschäftsprozessen der Transportdienstleister mit eigenem Fuhrpark und umfasst bspw. die Auftragsabwicklung, die Sendungsverfolgung, die Routen- und Tourenplanung sowie ein effizientes Fahrzeugmanagement (Heinbach et al. 2022a).
In den Kern der Betrachtung vernetzter Transportlogistiksysteme rückt dadurch zunehmend ein datenbasiertes Flottenmanagement. Das fahrzeugorientierte Datenpotenzial wird durch den Einsatz von Telematiksystemen für die Entwicklung und Bereitstellung neuer Kundendienste nutzbar gemacht. Bedingt durch die komplexe Schnittstellenstruktur der dezentralen Anwendungssysteme in der Transportkette stellt die Systemintegration eine Kernherausforderung dar, die aus Sicht der Transportplanung und des Monitorings der Transportaktivitäten in komplexen Supply Chain Netzwerken beschrieben wurde (Recknagel und Beisswenger 2020). Die zentrale Nutzung einer Cloud-Plattform und Integration flottenrelevanter Systeme wurde in der Vergangenheit als „Smart Transport Window“ theoretisch konzeptioniert, um ein „szenariobasiertes Echtzeit-Cockpit“ zu ermöglichen (Heinbach et al. 2020). Durch die erweiterte Anwendung mit Methoden der Künstlichen Intelligenz kann der vernetzte Transportdatenraum bspw. genutzt werden, damit ein automatisiertes Matching von Frachtladungen zwischen verfügbarem Laderaum und Ladungsangebot (z. B. Frachtenbörsen) ermöglicht wird. Entgegen bestehenden Ansätzen bietet die Betrachtung durchgängig vernetzter Fahrzeuge in einer intermodalen Transportkette neue Möglichkeiten für eine intelligente und integrierte Datennutzung durch die Flottenbetreiber und weitere Stakeholder in der Transportwirtschaft in einem gemeinsamen Fahrzeugdatenmarkt.
Mit dem Angebot digitaler Dienste wird der bedeutende Mehrwert automatisierter und vernetzter Transportprozesse für Flottenbetreiber besonders deutlich. Eine höhere Auslastung der Fahrzeugressourcen durch den Einsatz von Frachtenbörsen senkt die Fahrzeugbetriebskosten, während eine Flottenkonnektivität durch die Nutzung von modularisierten Telematikdiensten dazu führt, dass Fahrzeugdaten (z. B. Position, Temperatur) transparent und für weiterführende Datensysteme nutzbar gemacht werden (Bousonville 2017). Die Verknüpfung der Fahrzeugdaten im Hauptlauf mit innovativen Transporttechnologien in der letzten Meile betrifft gleichsam den B2C- und den B2B-Bereich und unterstützt ein effizientes und datengetriebenes Flottenmanagement. Dieser Ansatz erfordert eine übergreifende Integration der Datentechnologien und -systeme, um eine ganzheitliche Transportauftragsplanung, ein durchgängiges Kapazitätsmanagement, ein intelligentes Wartungs- und Instandhaltungsmanagement für die Fahrzeuge sowie eine Remote Operation und die Nutzung neuer Zustelldienstleistungen durch den Einsatz von Lieferrobotern zu realisieren. Es stellt sich die grundlegende Frage: Wie kann ein intermodales und durchgängiges Transportsystem für Paketlieferungen gestaltet sein, um ein automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement zu ermöglichen?
Zur Beantwortung der Frage stellt der Beitrag das Konzept „Smart Managed Freight Fleet“ für ein automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement vor, das im Rahmen des vom BMWK-geförderten Konsortialprojekts „GAIA-X 4 ROMS“ (Remote Operation for Automated and Connected Mobility Services) entwickelt werden soll. Die initiale Konzeption greift den bestehenden Bedarf an innovativen und datengetriebenen Transportmanagementlösungen im Zeitalter digitaler Plattformökonomien auf und nutzt dazu die europäische Dateninfrastruktur Gaia‑X für den sicheren und souveränen Datenaustausch (Otto et al. 2021). Dazu wird zunächst der Status quo bestehender Technologien für ein vernetztes Flottenmanagement präsentiert. Danach wird das Transportkonzept „Smart Managed Freight Fleet“ vorgestellt. Anschließend wird die Umsetzung des Vorhabens als Multiagentensystem in einer föderierten und sicheren Dateninfrastruktur erläutert. In der Folge werden Implikationen für die Wissenschaft und die Praxis aufgezeigt, die das Potenzial für den intelligenten Güterverkehr durch die Entstehung neuer Dienste für ein Datenökosystem im Mobilitätssektor adressieren.

2 Vernetzte und autonome Transportlogistik im Straßengüterverkehr

2.1 Datengetriebenes Flottenmanagement in der Transportkette

Der Transport von Waren und Gütern auf der Straße stellt eine Kernleistung der Logistik dar, die durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien die Prozesse und Abläufe automatisieren, beschleunigen und integrieren kann. Diese Entwicklung wird durch die Nutzung von Informationssystemen darin deutlich, dass Objekt-bezogene Informationen in Transportlogistiksystemen genutzt werden, um operative Entscheidungen zu unterstützen. Flottentelematiksysteme offerieren neben der Bereitstellung diagnostischer Fahrzeugdaten (z. B. Reifendruck, Motorleistung) eine Integration der Transportauftragsdaten und unterstützen eine KI-basierte Disposition der Transporteinheiten sowie die Fahrzeuginstandhaltung (z. B. prädiktive Wartungsdienste) (Heinbach et al. 2022b). Obwohl die Integration der Informationssysteme ein Kernmerkmal bestehender Flottentelematiksysteme für den Güterverkehr darstellt, fehlt es bislang an übergreifenden und standardisierten Gestaltungskonzepten für ein durchgängiges und prozessorientiertes Flottenmanagement, damit dezentrale Flottentelematiksystem-Angebote entstehen können, die eine flexible Nutzung modularer Dienste ermöglichen (Heinbach et al. 2022b). Erst eine übergreifende Informationsbereitstellung und -verarbeitung entlang der mehrgliedrigen Transportkette durch den fahrzeugbezogenen Telematikeinsatz führt zu einem effizienten Flottenmanagement mit neuen Diensteangeboten im Kontext einer IT-gestützten Logistik.
Anhand der grundlegenden Phasen der mehrgliedrigen Transportkette im Straßengüterverkehr, die als Vorlauf, Hauptlauf und Nachlauf beschrieben werden, wird die prozessuale Komplexität der Schnittstellenstruktur aus Sicht der Flottenbetreiber deutlich. Der konventionelle Transport von Sammelgütern im Dienstleistungsverbund verknüpft dazu die administrativen Ressourcen von Spediteuren und Logistikdienstleistern mit den physischen Transportressourcen zur Beförderung der Güter mit Transportauftragnehmern (Pfohl 2018, S. 171–172). In Abb. 1 werden die einzelnen Transportphasen aus Sicht der verschiedenen Flottenbetreiber für den Fahrzeugeinsatz mit den isolierten Informationsflüssen der Flottentelematiksysteme vereinfacht dargestellt. Eine übergeordnete Auftragsebene zwischen originären Absendern und Empfängern wird im Verbundsystem durch den Spediteur bzw. Logistikdienstleister repräsentiert, der die einzelnen Flottenbetreiber als sog. „Frachtführer“ mit der Beförderung von Gütern beauftragt. Beginn der Transportkette ist die Phase des Vorlaufs, in der die Güter zunächst in einem regionalen Bereich (z. B. PLZ-Bereich eines Stadtgebietes) von verschiedenen Absendern abgeholt und zu einem Umschlagpunkt 1 gebracht werden. Mit dem Umschlag der Güter erfolgt eine Sortierung nach Zielorten im Zielgebiet des Empfängers. Die Konsolidierung der Güter führt im Hauptlauf zu einer hohen Auslastung des Transportequipments. Anschließend werden die Güter in Umschlagpunkt 2 entladen und den einzelnen Empfängern zugestellt.

2.2 Autonome Liefer- und Zustellroboter in der letzten Meile

Das heutige Bild des urbanen Güterverkehrs ist gezeichnet durch bemannte Lieferfahrzeuge, elektrisch betriebene Lastenfahrräder und Abholstationen. Mit der Verfügbarkeit elektrischer Antriebssysteme wird folglich auch der Grad der Automatisierung von Fahrzeugen steigen und damit eine konsequente Dekarbonisierung des Güterverkehrs ermöglichen. Dies erfordert ökonomische transportlogistische Konzepte, die eine hohe Leistungsfähigkeit für eine „Smart Mobility“ aufweisen müssen. Bedingt durch das hohe Einsatzpotenzial für Liefer- und Zustellroboter (engl. Delivery Robots oder Bots) in der letzten Meile sollen nachfolgend die Betriebskonzepte für autonome Fahrzeuge im urbanen Güterverkehr differenziert werden, die ein fahrzeugorientiertes und durchgängiges Transportsystem für Paketlieferungen durch ein automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement unterstützen.
Autonomes Fahren erfährt im Zusammenhang mit elektrischen Antriebs- und Fahrzeugtechnologien gegenwärtig eine hohe Popularität für den privaten Individualverkehr. Obwohl das autonome Fahren in logistischen Systemen für den Transport im Fernverkehr durch automatisierte Lkw und innerbetriebliche Verkehre bereits umfangreich Anwendung findet, haben erst die aktuellen Fortschritte in der Automatisierung und Digitalisierung innovative Entwicklungen für Liefer- und Zustellroboter im öffentlichen und urbanen Raum hervorgebracht. Autonome Liefer- und Zustellroboter in der letzten Meile können als fahrerlose und elektrisch betriebene Fahrzeuge beschrieben werden, die in urbanen Gebieten selbstständig navigieren und den Transport von Gütern zwischen einem Aufnahmepunkt (bspw. Depot, Händler) und einem Abgabepunkt (bspw. Privatpersonen) durchführen (Leerkamp et al. 2021). Autonome und elektrisch betriebene Zustellkonzepte werden mit dem Ziel der Verkehrsvermeidung durch Bündelungseffekte und einer Maximierung des Stopp-Faktors der eingesetzten Fahrzeuge entwickelt (Leerkamp et al. 2021). Ein weiteres Merkmal autonomer Liefer- und Zustellroboter ist, dass der Flottenbetrieb weniger Personaleinsatz erfordert, da im Gegensatz zu Drohnen ein Operator den Fahrzeugbetrieb mehrerer Roboter überwachen kann (Bakach et al. 2021).
Der Umschlag von Paketen für den urbanen Güterverkehr vollzieht sich dabei in zentralen und stadtnahen Depots, die eine Zuführung von Gütern in städtischen Kernzonen durch den Einsatz von schweren Lkw außerhalb des Stadtgebiets – beispielsweise aus dem Hauptlauftransport – ermöglichen. Von Bedeutung für die letzte Meile ist der kontrollierte Fahrzeugbetrieb in einer definierten und wenig komplexen Einsatzumgebung (engl. Operational Design Domain – ODD). Leerkamp et al. (2021) stellen dabei zwei unterschiedliche Einsatzbereiche des Fahrzeugbetriebs automatisierter Zustellroboter heraus: Gehwege und öffentliche Straßen. In Abb. 2 werden die Arten dieser Liefer- und Zustellroboter exemplarisch dargestellt.

2.2.1 Liefer- und Zustellroboter auf Gehwegen

Sowohl Gehwege als auch Fußgängerzonen bedingen in der ODD einen Fahrzeugbetrieb mit niedrigen Geschwindigkeiten (max. 6 km/h). Dieses Konzept beinhaltet eine „Follow-me“-Funktion für Zustellroboter, die eine persönliche Begleitung (bspw. Zusteller) berücksichtigt, um die Verteilung der Güter in dichten Gebieten wie Stadtzentren und Geschäftsquartiere zu unterstützen (Leerkamp et al. 2021).

2.2.2 Liefer- und Zustellroboter auf öffentlichen Straßen

In diesem Einsatzbereich kommen größere Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h und einer deutlich höheren Ladekapazität von Gütern für autonome Zustellungen zum Einsatz (Leerkamp et al. 2021). Derzeit werden zusätzliche Einsatzbereiche für autonome Zustellkonzepte erschlossen, die Transportabschnitte innerhalb von Dienstleisternetzwerken (z. B. zwischen Depots) unterstützen können.
Den bestehenden Konzepten autonomer Liefer- und Zustellroboter ist gemein, dass sie sich vorrangig für den Transport von Gütern zu Endkunden im B2C-Bereich eignen. Eine direkte Interaktion zwischen dem Empfänger und dem autonomen Roboter wird dabei durch den Einsatz eines Smartphones unterstützt, um eine Entnahme der Güter durch den legitimierten Empfänger mit Hilfe einer PIN-Verifikation zu ermöglichen (Boysen et al. 2018). Darüber hinaus wurde die Distribution der Güter durch autonome Zustellungen in einer definierten ODD durch einen vorgelagerten Güterumschlag mit bemannten Lkw oder Lieferfahrzeugen beschrieben. Dieser Ansatz kann zudem die Integration von Drohnen berücksichtigen, die ein Liefer- und Zustellroboter als „launching platform“ (Boysen et al. 2021) nutzen kann.
Auffällig ist, dass die bisherigen Betrachtungen der autonomen Lieferkonzepte vorrangig eine Optimierung der Zustellzeiten und Flottengröße (Jennings und Figliozzi 2019) sowie der Routenoptimierung zu den Depots (Boysen et al. 2018) betrachten. Die Übergabekonzepte durch autonome Zustellungen beinhalten fast ausschließlich die Entnahme und greifen die Möglichkeit einer Versendung (z. B. Retoure) durch mobile Paketstationen nicht auf. Zudem fehlen fahrzeugorientierte und automatisierte Transportkonzepte, die die Transportabschnitte entlang der gesamten mehrgliedrigen (intermodalen) Transportkette (Vorlauf, Hauptlauf, Nachlauf) beschreiben und durchgängig miteinander vernetzen, um datenbasierte Automatisierungspotenziale zu erschließen.

2.3 Integrierte Telematiktechnologien im Hauptlauftransport

Das bestehende Datenpotenzial aus dem Betrieb der Lkw-Flotten und des Transportequipments (bspw. Trailer, Wechselbrücken) wird zunehmend durch den Einsatz von Telematiktechnologien unterstützt (Heinbach et al. 2022b). Flottentelematiksysteme ermöglichen die Optimierung eines ökonomischen und ökologischen Fuhrparkbetriebs auf Basis von Echtzeitdaten der Lkw, die durch verschiedene Datendienste (z. B. Reifendruckkontrolle, Fahrzeitüberwachung) einen reibungslosen Transportablauf unterstützen. Darüber hinaus existieren mobile Telematiktechnologien für fahrerlose Transporteinheiten und Ladegefäße (z. B. Container, Wechselbrücken, Trailer), die als solarbetriebene Tracking-Technologien eingesetzt werden, damit sensorspezifische Daten (bspw. Temperatur, Feuchtigkeit) zum Frachtgut in weitere Systeme übermittelt werden können. Die Verfügbarkeit von Informationen zum Frachtgut in Echtzeit bietet vielfältige Möglichkeiten digitaler Dienste zur Transparenz, um den Anforderungen an anspruchsvolle Lieferketten (z. B. gekühlte und hochwertige Ware) für Transportkunden gerecht zu werden. Somit bilden Flottentelematiksysteme ein essenzielles Element für ein durchgängiges und datenbasiertes Flottenmanagement, das einen wettbewerbsfähigen Einsatz der „road assets“ (Heinbach et al. 2022b) im Straßengüterverkehr gewährleistet. Aus Sicht des Flottenbetriebs unterstützt das Datenpotenzial außerdem vielseitige Diensteoptionen für Disponenten, Fuhrparkleiter und Lkw-Fahrer, um durch den gezielten Einsatz weiterer Datentechnologien (z. B. Künstliche Intelligenz) Automatisierungen und Assistenz-Funktionen bei der Bearbeitung von Routineaufgaben umsetzen zu können (z. B. Auftragsbuchung).

3 Das Konzept „Smart Managed Freight Fleet“

3.1 Vision

Ein durchgängiges und datenbasiertes Flottenmanagement im Straßengüterverkehr entlang der intermodalen Transportkette adressiert die bestehenden Herausforderungen für ein integriertes Transportsystem. Neben einer konsequenten Dekarbonisierung bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, die Gesamtverkehrsleistung zu verbessern und den Grad der Automatisierung durch ein fahrzeugorientiertes Konzept, das zukünftig vermehrt über elektrische Antriebssysteme verfügen wird, zu erhöhen. In dem Konsortialprojekt GAIA-X 4 ROMS (Remote Operation for Automated and Connected Mobility Services) wird dieses neuartige Konzept für den Anwendungsfall „Smart Managed Freight Fleet“ betrachtet. Dabei wird ein intelligentes Transportsystem entstehen, das eine übergreifende und Gaia-X-konforme Nutzung von Daten und die Vernetzung über alle Transportabschnitte für Paketlieferungen, vom Lkw-Einsatz im Hauptlauf bis hin zum Einsatz von autonomen Zustellrobotern in der ersten bzw. letzten Meile, ermöglichen soll. Um das Ziel zu erreichen, werden die Daten der einzelnen Transportaufträge und verfügbaren Kapazitäten der Fahrzeuge und Depots genutzt, um mithilfe von Echtzeit-Lokalisierungsdaten und Ankunftsprognosen eine möglichst hohe Auslastung der eingesetzten Transportgefäße und fahrerlosen Zustellfahrzeuge sowie Warte- und Stauzeiten zu reduzieren. Die Einbindung der Daten aus dem Hauptlauf in das Distributionskonzept unterstützt neben der Kapazitätsplanung auch eine Remote Operation zur Wartung und Steuerung der Fahrzeuge aus der Ferne.
Im Anwendungsfall „Smart Managed Freight Fleet“ werden mobile Paketstationen, Werkstätten, Depots, Trailer und Wechselbrücken jeweils durch einen eigenen Softwareagenten repräsentiert, welcher für die Ressource die Auftragsplanung und -steuerung übernimmt. Einerseits ordnen sich die Softwareagenten über gemeinsame Koordinationsmechanismen bestimmten Aufträgen und Aktivitäten zu. Andererseits tauschen die Softwareagenten kontinuierlich ihre Statusinformationen aus, um die Informationen der jeweils anderen Softwareagenten für die lokale Optimierung ihrer Aufträge und Aktivitäten zu verwenden. Durch dieses Zusammenspiel der Softwareagenten entsteht ein Multiagentensystem. Soll beispielsweise ein Paket ausgeliefert werden, stimmen sich diejenigen Softwareagenten, die mobile Paketstationen repräsentieren, darüber ab, welche Paketstation diesen Letzte-Meile-Auftrag übernimmt. Derjenige Softwareagent, der sich dem Auftrag letztlich zuordnet, wartet anschließend auf die Statusmeldungen des Depots und des Kunden und passt seine Planung dynamisch an die sich kontinuierlich ändernden Statusmeldungen an, sodass es möglichst zu Just-in-Time-Übergaben des Pakets kommt. Die Kunden werden über eine webbasierte Mobilitätsplattform mit dem Multiagentensystem verbunden. Diese Mobilitätsplattform soll zudem Mobilitätsangebote für den öffentlichen Nahverkehr mitberücksichtigen und dadurch die Transportressourcen durch den zweiten Anwendungsfall „Smart Managed Public Fleet“ des Konsortialprojekts GAIA-X 4 ROMS erweitern.

3.2 Autonom navigierende Paketstationen (ANP)

Ein depotseitiger Umschlag von Gütern und Waren in Verbindung mit dem Hauptlauf ermöglicht die weitere Verladung für die Distribution von Paketlieferungen in der ersten bzw. letzten Meile. Für die Distribution und Abholung von Paketlieferungen in regionalen Gebieten werden neuartige „autonom navigierende Paketstationen (ANP)“ im Projekt betrachtet. Die Fahrzeuge entsprechen dem technologischen Stand automatisierter Liefer- und Zustellroboter und operieren selbstständig in einer definierten ODD. ANP sind mit uniformen Ladungsträgern ausgestattet, die eine eigenständige Entnahme und Übergabe von Paketsendungen durch die Nutzer möglich machen. Die Größe und das Gewicht der Ladungsträger können dabei variieren, sodass es auch vorstellbar ist, dass Ladeeinheiten in Form von Europaletten befördert werden. Zur direkten Entnahme und Abgabe von Paketen können die Ladefächer einzeln zur Öffnung freigegeben werden, sofern sich ein berechtigter Empfänger, bspw. mit Hilfe eines QR- bzw. Barcodes, erfolgreich authentifizieren konnte. Dieser Vorgang setzt eine Festlegung des zeitlichen und örtlichen Übergabepunktes zwischen Nutzer und ANP voraus, die bei der Auftragserstellung über eine Buchungsplattform erfolgt und als sog. „Rendezvous“ zwischen ANP und Nutzer vereinbart wird.
Der technische Betriebsbereich (ODD) wird im Kontext des automatisierten Fahrbetriebs nach SAE Level 3 einen systemseitig sicheren Verkehrsbetrieb gewährleisten. Basierend auf der ODD wird folglich die technische Betriebsaufsicht in Form einer Remote Operation für den Störungs- und Interventionsfall der ANP realisiert. Dadurch werden Zugriffs- und Steuerungsprozesse definiert, die eine Teleoperation ermöglichen, um im späteren Fahrbetrieb jederzeit eingreifen zu können. Diese Vorgehensweise bedingt eine nutzerzentrierte Gestaltung der Mensch-Maschine-Interaktion zur Remote Operation. Die Komplexität für den Betrieb und die Wartung der innovativen ANP münden durch das Zusammenspiel elektrischer und mechanischer Bauteile sowie softwarebasierter Komponenten in dem Aufbau eines Digitalen Zwillings. Dadurch werden die Daten des „realen“ Objekts gesammelt, verarbeitet und in Verbindung mit weiteren Informationssystemen ausgetauscht, die eine anschließende Analyse und Simulation der Daten ermöglichen. In der Folge kann eine virtuelle Demonstration des neuen Fahrzeugkonzepts erfolgen, wobei der physische Aufbau in Zusammenarbeit mit geeigneten Herstellern vorstellbar ist.

3.3 Intelligente Wechselbrücken- und Trailer (iWT)

Bisherige Flottenmanagementaspekte für den Güterverkehr greifen das Telematik-gestützte Potenzial insbesondere für Lkw im Zusammenhang mit dem effizienten Fahrzeug- und Fahrereinsatz auf. Zunehmend werden mobile Telematik- und Sensor-Tracking-Technologien für Transportladegefäße (z. B. Wechselbrücken) und die darin befindlichen einzelnen Ladeeinheiten (z. B. Europaletten) eingesetzt, um die Transparenz in der Lieferkette für den Kunden zu erhöhen und durch die Verarbeitung der erfassten Datenpunkte (z. B. Geo-Position, Temperatur) operative Prozesse zu unterstützen. Ein bekanntes Beispiel ist die Mitteilung einer sog. „ETA“ (engl. Estimated Time of Arrival) Benachrichtigung, die in Abhängigkeit der Geo-Position des Logistikobjekts und einem vordefinierten Geofence ausgelöst wird, um die Ankunft eines Transportgefäßes beim Empfänger zu avisieren, damit die Vorbereitung „an der Rampe“ für die Entladung ohne Wartezeit erfolgen kann.
Im Rahmen der Projekteentwicklung werden mit Telematik ausgestattete Transportladegefäße, sog. „intelligente Wechselbrücken und Trailer (iWT)“, für den Hauptlauftransport betrachtet. Der Fahrzeughersteller Krone entwickelt dazu eigene Telematiksysteme, die umfangreiche Daten zum Einsatz des Transportequipments erfassen und zudem eine echtzeitbasierte und sensorische Überwachung der Waren und des Transportladegefäßes ermöglichen. Die Telematikeinheit, die „Smart Collect Box“ (KSC), wird dazu fest im Transportladegefäß installiert und ermittelt u. a. die GPS-Position, die Aktivität (z. B. Kilometerstand), den Türstatus, den Temperatur- und Kühlmaschinenstatus, den Koppelstatus mit dem Lkw sowie weitere Betriebsdaten. Zudem ist die KSC in der Lage, den Reifendruck durch spezielle Sensoren in den Reifen zu ermitteln. Eine besonders innovative Funktion stellt der Einsatz einer im Laderaum befindlichen Kamera dar, die eine echtzeitbasierte Bewertung des verfügbaren Laderaums mit der Hilfe von Sensoren und Algorithmen unterstützt. Sämtliche Daten werden über eine API-Schnittstelle in einem Telematikportal dargestellt und sind zudem über eine App abrufbar. Je nach Anforderung des Flottenbetreibers lassen sich hier individuelle Konfigurationen zu den Benachrichtigungen (z. B. Geofencing, ETA, Türstatus, Temperatur etc.) vornehmen und Berichte zu den Bewegungsprofilen des Equipment-Einsatzes (z. B. Standzeiten, unbewegte Einheiten) erstellen. Zudem können die Daten auch an weitere Informationssysteme (z. B. TMS, ERP, digitale Plattformen) übergeben werden, um einen nahtlosen und übergreifenden Fahrzeugdatenaustausch für ein effektives Transport- und Flottenmanagement (z. B. Tourenplanung, Wartungstermine, Kommunikation) zu unterstützen. Mit der durchgehenden Vernetzung und Digitalisierung der Transport- und Fuhrparkmanagementprozesse wird folglich auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für eine Automatisierung digitaler Workflows (z. B. automatische Rechnungsauslösung bei Eintritt von Events, automatisierte Zuordnung von Aufträgen zu verfügbaren iWT) ermöglicht.

3.4 Ein multiagentenbasiertes und vernetztes Freight-Fleet-Management

Das Zusammenwirken von iWT und ANP stellt einen innovativen Ansatz für ein intelligentes Transportsystem durch ein vernetztes und datenbasiertes Flottenmanagement dar. Aus dieser Betrachtung ergeben sich verschiedene flottenübergreifende Datendienste, die (digital) demonstriert werden sollen. Die Dienste unterstützen damit unterschiedliche Prozesse des Flottenmanagements und setzen einen sicheren und souveränen Datenaustausch voraus, der im Rahmen der Entstehung föderierter Datenökosysteme (z. B. Gaia-X) entwickelt wird. Insgesamt wurden dazu neun datenbasierte Dienste beschrieben: (1) Buchungsplattform für die Generierung und Freigabe von Transportaufträgen der ANP, (2) Instandhaltungsmanagement, um die Werkstattaufenthalte automatisiert zu planen und abzuwickeln, (3) Auftragssteuerung zur Planung und Steuerung von Aufträgen für iWT und ANP, (4) Kapazitätsmanagement der Objekte im Transportsystem (iWT, ANP, Werkstatt, Depot), (5) Ankunftsprognosen (ETA), damit insbesondere die iWT-Daten das Flottenmanagement von ANP verbessern, (6) Routing First & Last Mile für eine dynamische Routenführung der ANP in Bezug auf das dynamische Verkehrsgeschehen, (7) Cockpit für die dezentrale Steuerung und Überwachung der eingesetzten Fahrzeuge, (8) Zutrittssteuerung für einen sicheren und authentifizierten Zugriff zu den Paketen an den Be- und Entladepunkten und (9) Stördienst, um eine gesicherte Remote Operation der Fahrzeuge bei Störungen oder Blockaden zu ermöglichen.
Das Flottenmanagementkonzept „Smart Managed Freight Fleet“ wird in Abb. 3 dargestellt. Wie eingangs in Abschn. 3.1 beschrieben, sollen diese Datendienste insbesondere durch Softwareagenten unterstützt oder ganz automatisiert werden. Hierzu wird es mindestens zu vier unterschiedlichen Agententypen kommen: (I) ANP-Agenten, (II) iWT-Agenten, (III) Depotagenten und (IV) Werkstattagenten. Diese Softwareagenten repräsentieren immer nur eine Ressource und planen für diese Aufträge und Aktivitäten ein. Hierzu werden für neue und freigegebene Aufträge die individuellen Grenzkosten berechnet und mit den anderen Softwareagenten ausgetauscht, die sich ebenfalls für den freigegebenen Auftrag interessieren. Über einen multiagentenspezifischen Koordinationsmechanismus wird anschließend der für einen Auftrag optimale Softwareagent ausgewählt. Da sich die Umgebungsparameter ständig ändern, wird diese Planung dynamisch angepasst und ggf. bereits eingeplante Aufträge wieder freigegeben. Außerdem werden im Falle der autonomen Paketstationen die geplanten Aufträge vom ANP-Agenten in konkrete Fahrbefehle übersetzt und die Befehle an die Roboterschnittstelle gesendet. Die Planungen der anderen Softwareagenten (iWT-Agenten, Depot- und Werkstattagenten) dienen dagegen als Vorschlag für den jeweiligen Operator, der dann die Aufträge entsprechend bestätigen oder umplanen kann. Die Kommunikation zwischen den Softwareagenten untereinander, zwischen den Softwareagenten und den ihnen zugeordneten Operatoren und Ressourcen (ANP, iWT, Depot oder Werkstatt) oder zwischen den Softwareagenten und der Kunden-Buchungsplattform wird vollständig oder teilweise durch den föderierten Datenraum (z. B. Gaia-X) erfolgen. Für die Integration eines Softwareagenten oder eines sonstigen Datendienstes in dem Datenraum wird jeweils ein Datenkonnektor benötigt. Ein Gaia-X-konformer Datenraum wird in der Folge nach drei wesentlichen Prinzipien gestaltet (Gaia‑X 2021, S. 10):
a)
Föderation (engl. Federation): Ein interoperabler Datenaustausch wird durch die Gaia-X-Architektur, der standardisierte Regeln zugrunde liegen, ermöglicht (z. B. Datenzugang zu den Fahrzeugen über bestimmte Datenkonnektoren).
 
b)
Dezentralität (engl. Decentralization): Die erzeugten Rohdaten bleiben stets in der Verantwortung des Datenbesitzers und können in selbstbeschriebener Weise Datennutzern bereitgestellt werden (z. B. Wartezeiten der Fahrzeuge an bestimmten Depots, die gegen Entgelt von Kunden genutzt werden können).
 
c)
Offenheit (engl. Openness): Der Datenraum ist offen gestaltet, sodass neue Technologien und geänderten Komponenten (z. B. neuer Technologiestandard für Telematiksysteme) nahtlos integriert werden können.
 
Der neu gestaltete Datenraum erzeugt eine vertrauensvolle Umgebung, in der Daten souverän gesammelt, verarbeitet und geteilt werden können. Die Teilnehmer in dem föderierten Datenökosystem (z. B. Gaia-X) behalten dabei stets die Hoheit über ihre Daten. Somit entsteht keine zentrale Cloud, sondern ein föderiertes Datenökosystem, das unterschiedliche Cloud-Dienste-Anbieter und -Nutzer miteinander verbindet.

4 Realisierung von „Smart Managed Freight Fleet“ in einer föderierten und sicheren Dateninfrastruktur

4.1 Gaia-X und IDS

Durch den zunehmenden Einfluss dominierender Cloud-Strukturen von Big-Tech-Anbietern, die als „Hyperscaler“ ihre Position im globalen Datenmarkt konsequent ausbauen, wurden bislang keine wettbewerbsfähigen Cloud-Alternativen hervorgebracht. Hinzu kommt, dass oftmals eine hohe Unsicherheit hinsichtlich rechtlicher Aspekte sowie ein geringes Vertrauen zwischen den Organisationen besteht, um Daten oder Dienste zwischen Organisationen zur Verfügung zu stellen. Diese Situation führt dazu, dass der Einsatz domänenspezifischer Informationssysteme durch fehlende Interoperabilität und Portabilität der Daten gekennzeichnet ist.
Gaia‑X ist eine europäische Initiative, welche durch die Kombination von Infrastruktur, Daten und Diensten eine Möglichkeit für den Aufbau digitaler Ökosysteme in Europa bildet. Dabei greift Gaia‑X auf die Technologien der International Data Spaces (IDS) zurück, damit durch organisatorische und technische Maßnahmen ein sicherer Datenaustausch ermöglicht wird, der den Datengebern eine souveräne Verarbeitung der Daten entlang der Wertschöpfungskette bis zu den Datennehmern garantiert (Otto et al. 2021). Während die IDS als IT-Lösung derzeit in verschiedenen Branchen zu spezifischen Lösungen vertikalisiert werden, forciert Gaia‑X die domänenübergreifende Interoperabilität von Diensten und Infrastruktur sowie die Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette. Eine digitale Selbstbestimmung der Teilnehmer wird dabei durch die Bereitstellung einer Architektur aus Standards und den Federation Services ermöglicht (Gaia‑X 2021, S. 10, 34).
Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bieten die Reduktion von Abhängigkeiten, die Erhöhung der Transparenz und Attraktivität digitaler Dienste einen wichtigen Ansatz, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Datenmarkt zu verbessern. Bisherige Ergebnisse der Initiative belaufen sich auf die Beschreibung einer Referenzarchitektur und Demonstrator-ähnlichen Minimal Viable GAIA‑X, die erste Entscheidungen hinsichtlich Architektur und Organisation unterstützt haben. Gaia‑X folgt europäischen Datenschutzgrundsätzen und setzt auf eine dezentrale Architektur. Hierzu werden europaweit Beiträge in verschiedenen Anwendungsdomänen geleistet, die folglich auch die Domäne Mobilität dazu befähigen, eine Domänen-übergreifende Nutzung von Daten zu ermöglichen. Gleichwohl ist festzustellen, dass sowohl Gaia‑X als auch IDS eine breitenwirksame Akzeptanz erfordern, um föderierte und vernetzte Datenökosysteme nutzenstiftend zu realisieren. Der präsentierte Anwendungsfall „Smart Managed Freight Fleet“ bietet vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, die praxisnahe Anwendung eines föderierten Datenökosystems im Bereich der intermodalen Transportlogistik beispielhaft zu demonstrieren.

4.2 Konsortialprojekt GAIA-X 4 ROMS

Das deutsche Gaia‑X Hub hat die Projektfamilie GAIA-X 4 Future Mobility in der Domäne Mobilität hervorgebracht, in der rund 80 Teilnehmer aus Wirtschaft und Wissenschaft in verschiedenen Projekten zusammenwirken. Die Schwerpunkte liegen auf einer Gaia-X-basierten Umsetzung zukünftiger Mobilitätsanwendungen mit hoher Produktnähe, bei denen die datenbasierte Vernetzung mit Stakeholdern fokussiert wird. Anhand konkreter Use Cases bzw. Anwendungssituationen stimuliert die Projektfamilie das Entstehen neuer Fahrzeugkonzepte, Produktideen und digitaler Geschäftsmodelle, die etablierte Produkte und Dienstleistungen des Mobilitätssektors durch digitale Assets ergänzen können.
Für die Stärkung des öffentlichen Personenverkehrs, des gewerblichen Transports von Gütern und gemeinsam genutzter Mobilitätsdienstleistungen legt das Projekt GAIA-X 4 ROMS die Grundlagen zur Integration innovativer Fahrzeuge in das Gesamtsystem. Insgesamt 18 Projektteilnehmer entwickeln in etwa drei Jahren gemeinsam die ersten konkreten Technologiebausteine für fahrzeugbasierte Mobilitätskonzepte zur Beförderung von Personen und Gütern und stellen diese in der Gaia-X-Community dar. Das Projekt adressiert relevante Aspekte, die für die Umsetzung von Use Cases für eine automatisierte Mobilität von Personen und Gütern auf Basis von Gaia‑X notwendig sind. Hierzu wird eine Daten- und Dienstelandschaft implementiert, die den Gaia‑X Datenraum Mobilität beschreibt und neben den Daten selbst die erforderlichen Datenschnittstellen und grundlegenden Dienste adressiert (z. B. Sicherheitsmechanismen, Rechtemanagement). Ein zentraler Fokus liegt auf dem Management der zugrundeliegenden IT-Ressourcen im Rahmen eines Kapazitätsmanagements sowie der Gestaltung eines Datenraums basierend auf den Gaia‑X Vorgaben, damit eine Sektorenkopplung (z. B. mit dem Bereich Industrie) bruchfrei und effizient möglich sein wird.
Der Use Case „Smart Managed Freight Fleet“ setzt das beschriebene Konzept (cf. 3.4) zur Automatisierung des Güterverkehrs durch den Einsatz von Datentechnologien und autonomen Fahrzeugkonzepten um. Insgesamt stellen die geplanten Arbeitsergebnisse einen Referenzcharakter für zukünftige Data Spaces und wichtige Gaia‑X Dienste im Mobilitätssektor dar. Dabei werden zunächst die Gaia‑X Anforderungen für ein dezentrales Datenökosystem beschrieben. Das Ziel ist die Definition einer übertragbaren Architektur mit adaptiver Governance, in deren Rahmen das Konzept „Smart Managed Freight Fleet“ umsetzbar gemacht wird. Dies beinhaltet außerdem die Erarbeitung von Vorschlägen für den Federated Catalogue. Daraufhin erfolgt die Generierung der Anforderungen an die Infrastruktur mittels Datenflussanalyse. Anschließend wird die Entwicklung und der Aufbau eines Gaia-X-konformen Mobilitätsdatenraums fokussiert. Somit wird ein Anwendungsfall zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs und neuer Mobilitätskonzepte im öffentlichen Personentransport einschließlich eines übergreifenden Verkehrsmanagement repräsentiert. In Kombination mit dem dargestellten Konzept für den Gütertransport werden hier mögliche Synergien durch die Kombination der Use Cases berücksichtigt. Ein übergreifendes Projektmanagement unterstützt die Koordination, Dokumentation und Vernetzung innerhalb der Projektfamilie „Future Mobility“.

4.3 Vernetzte und interoperable Fahrzeugflotten im Straßengüterverkehr

Die prototypische Gestaltung Gaia-X-konformer Dienste für ein durchgängiges und datenbasiertes Flottenmanagement schafft die Voraussetzungen dafür, dass ein sicherer und souveräner Datenaustausch des entstehenden Datenraums mit anderen Datenräumen (z. B. mit der Domäne Smart Living im Projekt ForeSight1) realisierbar wird. Basierend auf dem Ansatz dezentraler Datenökosysteme werden folglich verschiedene Datendienste durch interoperable Komponenten verfügbar, die Anwender individuell kombinieren können. Das wird beispielsweise darin deutlich, dass der ETA-Service einer ANP dazu genutzt werden kann, die Avisierung einer Paketlieferung an einen „intelligenten Gebäudepförtner2“ in Echtzeit zu kommunizieren. Im Ergebnis ist zu erwarten, dass die erfolgreiche Übergabe einer Paketlieferung an eine autorisierte Person bereits beim ersten Zustellversuch sichergestellt und eine zusätzliche Verkehrsbelastung vermieden werden kann.
Durch die angestrebte Gestaltung des Mobilitätsdatenraums fungieren die Ergebnisse gesamtheitlich als Enabler für die Implementierung des präsentierten Anwendungsfalls. Eine daraus resultierende Referenzimplementierung in Form eines Demonstrators wird für weitere Datenräume und Anwendungsbereiche aus dem Mobilitätssektor relevant. Somit wird eine optimale Basis für die Entwicklung innovativer Dienstleistungen mit datengetriebenen Geschäftsmodellen für Unternehmen geschaffen, die an dem Datenraum partizipieren. Eine Vernetzung wird durch einen kontinuierlichen und horizontalen Austausch zwischen den Projekten innerhalb der Projektfamilie aufgegriffen, damit Synergien (z. B. Best Practices) genutzt werden können. Darüber hinaus soll der entstehende Demonstrator die Potenziale von Gaia‑X aufzeigen und weitere Anwendungsbereiche im Mobilitätssektor animieren, ein souveränes Datenökosystem zu nutzen. Die Erforschung vernetzter Fahrzeugflotten im Güterverkehr erfolgt im Rahmen von Gaia‑X aus Sicht der Dateninfrastruktur auf drei Ebenen:
1.
Application Layer: Bereitstellung und Validierung von Anwendungsdaten für den Transport von Paketen (z. B. Transportauftragsdaten, ETA) einschließlich der erforderlichen Datenflüsse (z. B. Remote Operation autonomer Fahrzeuge im urbanen Raum).
 
2.
Federation Layer: Ermittlung von Identitäten (z. B. Objekten und Rollen im Transportsystem), Governance und Rechtesteuerung (z. B. authentifizierter Zugriff in der operativen ODD).
 
3.
Infrastructure Layer: Identifikation von Datenkonnektoren (z. B. Telematiksystem, CAN-Bus Schnittstelle), Datenaustauschprinzip (z. B. Transportunternehmen als Datengeber mit externen Datennutzern) sowie dem Hosting der Infrastruktur (z. B. Remote Dienste).
 
In der Folge wird ein vernetztes Flottenmanagement als Daten- und Dienstelandschaft für den Gaia‑X Datenraum Mobilität mit Blick auf den Transport von Gütern und Waren in Form eines Demonstrators umgesetzt. Dieser beinhaltet die echtzeitfähige Verarbeitung komplexer Datensätze und -systeme in einem dezentral organisierten (föderierten) Verbund von Informationssystemen für ein intelligentes und interoperables Flottenmanagement entlang der intermodalen Transportkette.

5 Implikationen

Das starke Wachstum des E‑Commerce erfordert neue Konzepte für den Güter- und Warentransport, um nachhaltige Transportsysteme zu gestalten, die eine Dekarbonisierung unterstützen und zudem die Verkehrseffizienz optimieren. In einer zunehmend digitalen und vernetzten Umwelt unterstützt das bestehende Datenpotenzial der eingesetzten Fahrzeuge und systemseitigen Prozesse ein datengetriebenes Flottenmanagement. Mit dem Konzept „Smart Managed Freight Fleet“ wird ein übergreifendes und durchgängiges Transport- und Flottenmanagement im Straßengüterverkehr für die Entwicklung innovativer Distributionssysteme von Paketen entlang der ersten Meile über den Hauptlauf bis zur letzten Meile beschrieben. Dieser ganzheitliche Ansatz betrachtet ein komplexes Kooperationsnetz für den zukünftigen Güter- und Warentransport von der Bereitstellung der Fahrzeuge, über die dezentrale Wartung, die Disposition bis hin zur Remote Operation. Damit wird das Konzept den bestehenden Anforderungen von Transportmanagern und Flottenbetreibern in einem dynamischen Transportumfeld durch die Implementierung einzelner Systemkomponenten in einer neuen Referenzarchitektur gerecht. GAIA-X 4 ROMS bietet eine Möglichkeit für den technologischen Rahmen, um die Anforderungen an die Architekturprämissen und die komplexe Systemlandschaft zu identifizieren, die eine Vielzahl erforderlicher Rollen und Verantwortlichkeiten für automatisierte und vernetzte Transportlogistiksysteme in den Straßengüterverkehr integriert. Im Ergebnis bieten die digitalen Identitäten einen dezentralen Zugang zu (autonomen) Fahrzeugen und ermöglichen die Automatisierung prozessorientierter Aktivitäten (z. B. Terminbuchung bei Reparaturen, Disposition der Transportaufträge) aus Sicht der Flottenbetreiber. Wenngleich die Interaktionen der Teilsysteme zueinander in iterativen Schritten optimiert werden müssen, offeriert die erste Demonstration in einem relevanten operativen Betriebsbereich gleichermaßen vielfältiges Potenzial für die Wissenschaft und die Praxis.
Wissenschaftliche Implikationen ergeben sich aus den Entwicklungen von Kerninnovationen hin zu technologischen Grundlagen fahrzeugbasierter Mobilitätskonzepte für den Straßengüterverkehr. Diese Entwicklungen beantworten die Frage nach den technologischen und organisatorischen Bausteinen, um durch die Orchestration existierender Datentechnologien in einer hochkomplexen Straßengüterverkehrsumwelt eine integrierte und durchgängige IT-Infrastruktur aufzubauen und dadurch die Chancen einer durchgängigen Dienstebewirtschaftung für datenbasierte Geschäftsmodelle zu erschließen. Während die Ergebnisse genutzt werden, um die technische Kohärenz zusammen mit den weiteren Projekten aus der Projektfamilie zu fördern, bieten diese der Wissenschaft weitere Möglichkeiten für Forschungen. Die Implikationen adressieren im Einzelnen folgende Aspekte:
1.
Relevante Akteure und Stakeholder: Identifikation weiterer Nutzer und Stakeholder in der intermodalen Transportkette, um ein Daten- und Diensteökosystem zu entwickeln, zu betreiben und zu optimieren, damit die Koordination und das Management automatisierter und vernetzter Fahrzeuge im Gütertransport gewährleistet werden.
 
2.
Intelligentes Gütertransportsystem: Vernetzung automatisierter und vernetzter Fahrzeuge im Straßengüterverkehr mit anderen Bereichen, um den Lebenszyklus von Güter- und Warentransporten mit weiteren Stufen in der Wertschöpfungskette (z. B. Beschaffung, Produktion) domänenübergreifend (z. B. Smart Living) zu erschließen.
 
3.
Diskriminierungsfreie ökonomisch-technische Systemarchitektur: Entwicklung einer Datenplattform für ein Daten- und Diensteökosystem auf der Basis von Rollenmodellen als Referenzarchitektur für zukünftige Implementierungen und Erweiterungen.
 
4.
Kooperationen im föderierten Datenökosystem: Feststellung einer Kooperationsdynamik zwischen den unterschiedlichen Stakeholdern (z. B. OEM, Tier X und weiteren Diensteanbietern), damit ein wirtschaftlicher und informeller Mehrwert aus Sicht des Flottenmanagement entstehen kann.
 
5.
Incentivierungen: Entwicklung finanzieller Anreizstrukturen, um eine Datenbereitstellung im ÖPNV und in der intermodalen Transportlogistik zu erreichen, die nutzenstiftende Mehrwerte durch den Datenaustausch ermöglicht.
 
Durch den innovativen Charakter des Transportkonzepts ergeben sich praktische Implikationen durch die neuen Impulse, die zur Anwendung im Bereich der automatisierten Mobilität den Aufbau eines föderierten Daten- und Diensteökosystems unterstützen. Wenngleich die Umsetzung innovativer digitaler Mobilitätsdienste neue Geschäftsmodelle und Kooperationsstrukturen für das Flottenmanagement hervorbringen werden, müssen einzelne Rollen von unterschiedlichen Anbietern (Stakeholdern) übernommen werden können. Diese Situation ist für den gewerblichen Betrieb von Transportflotten rechtlich notwendig (z. B. Remote Operation) und fördert zusätzlich den Wettbewerb und die Technologieentwicklung. Die nachfolgenden Aspekte bieten Unternehmen wichtige Grundlagen für weitere innovative Anwendungen:
1.
Intelligente Distributionssysteme: Betrachtung eines ganzheitlichen Transports von Paketlieferungen von der ersten Meile über den Hauptlauf bis zur letzten Meile, die mit neuartigen Auslieferungssystemen (ANP) verknüpft werden.
 
2.
Integrierter Flottenmanagementbetrieb: Gestaltungsansätze von neuartigen (digitalen) ANP im Zusammenspiel mit iWT-Flotten für durchgängige und vernetzte Datentechnologien.
 
3.
Systemintegration: Zusammenführung der beteiligten Informationssysteme basierend auf einer neuen Referenzarchitektur, die den horizontalen Datenaustausch für die Disposition der Fahrzeuge sowohl im Zulauf als auch in der Auslieferung im Distributionsgebiet unterstützt.
 
4.
Intelligente Buchungs- und Nachrichtensysteme: Entwicklung eines Systems für eine möglichst umfassende Bündelung von Angebot und Nachfrage des Güter- und Warenverkehrs einschließlich des Status der Objekte in einer Zielregion im Logistiksystem.
 
5.
Multiagentensystem: Entwicklung von Softwareagenten, die weitestgehend autonom die Auftragssteuerung und Kapazitätsverteilung für Fahrzeuge und Umschlagplätze durchführen.
 
6.
Digitale Geschäftsmodelle: Fahrzeugorientierte digitale Geschäftsmodelle werden durch virtuell verifizierte Identitäten und Skalierbarkeit der geschaffenen Dienste für Flottenbetreiber ermöglicht und sichern damit eine hohe Datensouveränität.
 

6 Fazit und Ausblick

In diesem Beitrag wurde das Konzept „Smart Managed Freight Fleet“ für ein automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement vorgestellt und die in der Einleitung formulierte Ausgangsfrage beantwortet. Der Ansatz greift die systemtheoretische Betrachtung eines „Smart Transport Window“ (Heinbach et al. 2020) auf und stellt die dezentrale Datennutzung durch digitale Plattformen und die Integration relevanter Informationssysteme in der Transportlogistik heraus. Durch die erstmalige Konzeption eines flottenübergreifenden und fahrzeugorientierten Ansatzes werden potenzielle Dienste für eine intelligente und integrierte Datennutzung durch die Flottenbetreiber und weiterer Stakeholder in der Transportwirtschaft adressiert. Vor dem Hintergrund der Entstehung einer souveränen und sicheren Dateninfrastruktur in Europa wurde die multiagentenbasierte Umsetzung des innovativen Konzepts als Teil eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts im Rahmen von Gaia‑X beschrieben. Die anwendungsnahe Demonstration liefert erste Grundlagen für die Gestaltung und Umsetzung föderierter Datenökosysteme im Bereich des Straßengütertransports. Eine nachhaltige Entwicklung von Gaia‑X ist davon abhängig, ob eine Domänen-übergreifende und durchgängige Dateninfrastruktur auf allen Anwendungsebenen durch die Teilnehmer akzeptiert und unterstützt wird. Somit ist davon auszugehen, dass sich neben Gaia‑X und IDS mit der Zeit spezifischere Initiativen ergeben werden, die eine durchgängige und vernetzte Datennutzung in einem föderierten Datenraum unterstützen werden. Erste Weiterentwicklungen sind für die Domäne Mobilität und Logistik durch die Entstehung von Catena‑X3 und der Open Logistics Foundation4 bereits verfügbar.
Das datentechnologische Potenzial im Straßengüterverkehr wird durch den Aufbau einer integrierten und durchgängigen IT-Infrastruktur für die Stakeholder im Straßengüterverkehr nutzbar gemacht. Ein bedeutendes Technologieelement bilden dabei Flottentelematiksysteme, die im Kontext digitaler Plattformen eine modulare Dienstebewirtschaftung für den Aufbau eines Daten- und Diensteökosystems unterstützen (Heinbach et al. 2022b) und damit die Wettbewerbsposition von Flottenbetreibern in einem stark fragmentierten Logistikumfeld verbessern können. Bereits diskutierte digitale Geschäftsmodelle, die von Fahrzeugherstellern für den Lkw-Einsatz in Form von „Connected-Truck-Services“ (Bez et al. 2019) forciert werden, ermöglichen die Erschließung weiterer Geschäftsmodelle im Fahrzeugbereich (z. B iWT). Eine Weiterentwicklung könnten folglich cloudbasierte „Transport-Equipment-as-a-Platform“-Modelle sein, die für Hersteller und Flottenbetreiber in einem Gaia-X-konformen Datenraum nutzbar gemacht werden. Ein sicherer und souveräner Datenaustausch bildet die Voraussetzung für die Entstehung eines föderierten, dezentralen und offenen Datenmarkts, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Stakeholdern zu ermöglichen.
Die Herausforderung wird für die Anwender und Stakeholder im Transport- und Flottenmanagement darin bestehen, die demonstrationsfähige Architektur und die entwickelten Datendienste für eigene und branchenspezifische Anwendungsanfälle weiterzuentwickeln, damit die Chancen vernetzter und skalierbarer Datenräume cross-sektoral genutzt werden. Der zukünftige Fokus muss sich daher intensiver mit den Voraussetzungen für ein anwendungsspezifisches und prozessorientiertes Flottenmanagement befassen, damit eine erfolgreiche Integration und Durchgängigkeit der Systeme erreicht werden. Das beinhaltet auch die Festlegung des Betriebsmodells, das die noch offenen Fragen, bspw. zur Verantwortung und weiteren Entwicklung des Daten- und Diensteökosystems auf globaler Ebene, umfasst. Diese Schritte sichern den technologischen Vorsprung in einer zunehmend digital transformierten Transportlogistikbranche und führen zu einer nachhaltigen Entwicklung vernetzter Transportketten für einen fairen und transparenten Datenwettbewerb.

Danksagung

Dieser Beitrag ist im Rahmen des Projekts GAIA-X 4 ROMS – Support und Remote Operation automatisierter und vernetzter Mobility Services (FKZ: 19S21005C) entstanden. Das Verbundprojekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Beitrags liegt bei den Autoren.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Unsere Produktempfehlungen

HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik

HMD liefert IT-Fach- und Führungskräften Lösungsideen für ihre Probleme, zeigt ihnen Umsetzungsmöglichkeiten auf und informiert sie über Neues in der Wirtschaftsinformatik (WI).

Literatur
Zurück zum Zitat Asdecker B (2020) How dare you replace my deliveryman⁈ acceptance of last-Mile transportation innovations—a qualitative perspective Asdecker B (2020) How dare you replace my deliveryman⁈ acceptance of last-Mile transportation innovations—a qualitative perspective
Zurück zum Zitat BIEK (2022) KEP-Studie 2021 – Analyse des Marktes in Deutschland. Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK), KE-CONSULT Kurte&Esser GbR, Berlin, Köln BIEK (2022) KEP-Studie 2021 – Analyse des Marktes in Deutschland. Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK), KE-CONSULT Kurte&Esser GbR, Berlin, Köln
Zurück zum Zitat Bousonville T (2017) Anwendungsfälle im Transport. In: Logistik 4.0. Springer, Wiesbaden, S 27–34 Bousonville T (2017) Anwendungsfälle im Transport. In: Logistik 4.0. Springer, Wiesbaden, S 27–34
Zurück zum Zitat Boysen N, Schwerdfeger S, Weidinger F (2018) Scheduling last-mile deliveries with truck-based autonomous robots. Eur J Oper Res 271:1085–1099MathSciNetCrossRefMATH Boysen N, Schwerdfeger S, Weidinger F (2018) Scheduling last-mile deliveries with truck-based autonomous robots. Eur J Oper Res 271:1085–1099MathSciNetCrossRefMATH
Zurück zum Zitat Gaia‑X (2021) Gaia‑X architecture document. European Association for Data and Cloud AISBL Gaia‑X (2021) Gaia‑X architecture document. European Association for Data and Cloud AISBL
Zurück zum Zitat Heinbach C, Schwemmer M, Thomas O (2021) Logistics platform strategies for freight technology-enabled smart services. In: Kersten W, Ringle CM, Blecker T (Hrsg) Adapting to the future: how digitalization shapes sustainable logistics and resilient supply chain management Proceedings of the Hamburg International Conference of Logistics (HICL)—31, Hamburg, S 611–636 Heinbach C, Schwemmer M, Thomas O (2021) Logistics platform strategies for freight technology-enabled smart services. In: Kersten W, Ringle CM, Blecker T (Hrsg) Adapting to the future: how digitalization shapes sustainable logistics and resilient supply chain management Proceedings of the Hamburg International Conference of Logistics (HICL)—31, Hamburg, S 611–636
Zurück zum Zitat Jennings D, Figliozzi M (2019) Study of sidewalk autonomous delivery robots and their potential impacts on freight efficiency and travel. Transp Res Rec 2673:317–326CrossRef Jennings D, Figliozzi M (2019) Study of sidewalk autonomous delivery robots and their potential impacts on freight efficiency and travel. Transp Res Rec 2673:317–326CrossRef
Zurück zum Zitat Leerkamp B, Soteropoulos A, Berger M (2021) Zustellroboter als Lösung für die letzte Meile in der Stadt? In: Mitteregger M, Bruck EM, Soteropoulos A et al (Hrsg) AVENUE21. Politische und planerische Aspekte der automatisierten Mobilität. Springer, Berlin, Heidelberg, S 107–130CrossRef Leerkamp B, Soteropoulos A, Berger M (2021) Zustellroboter als Lösung für die letzte Meile in der Stadt? In: Mitteregger M, Bruck EM, Soteropoulos A et al (Hrsg) AVENUE21. Politische und planerische Aspekte der automatisierten Mobilität. Springer, Berlin, Heidelberg, S 107–130CrossRef
Zurück zum Zitat Recknagel R, Beisswenger P (2020) Trotz Control Tower und Digitalisierung – Der Transportplaner bleibt. In: Voß PH (Hrsg) Logistik – die unterschätzte Zukunftsindustrie. Springer, Wiesbaden, S 33–46 Recknagel R, Beisswenger P (2020) Trotz Control Tower und Digitalisierung – Der Transportplaner bleibt. In: Voß PH (Hrsg) Logistik – die unterschätzte Zukunftsindustrie. Springer, Wiesbaden, S 33–46
Metadaten
Titel
Smart Managed Freight Fleet: Ein automatisiertes und vernetztes Flottenmanagement in einem föderierten Datenökosystem
verfasst von
Christoph Heinbach
Henning Gösling
Pascal Meier
Oliver Thomas
Publikationsdatum
07.07.2022
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik / Ausgabe 1/2023
Print ISSN: 1436-3011
Elektronische ISSN: 2198-2775
DOI
https://doi.org/10.1365/s40702-022-00887-4

Weitere Artikel der Ausgabe 1/2023

HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 1/2023 Zur Ausgabe

Premium Partner