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16.04.2024 | Unternehmensführung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Fehlende Unternehmensnachfolge birgt Risiken

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Die Zahlen sind alarmierend: Je nach Studie erwägt bis zu einem Drittel der Unternehmer, den Betrieb vorzeitig zu schließen, da eine Nachfolge fehlt. Das hat gravierende Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
 

Nicht immer läuft es so glatt wie bei Trigema. In dem Textilunternehmen mit Sitz in Burladingen hat der Stabswechsel geklappt. Hier hat Wolfgang Grupp nach 54 Jahren als persönlich haftender Inhaber und Geschäftsführer die Firma zum 1. Januar an seine Frau Elisabeth, seine Tochter Bonita und seinen Sohn Wolfgang übergeben. Das Unternehmen bleibt also in der Familie.

Ohne Nachfolger drohen Betriebsschließungen

Doch die Staffelübergabe an geeignete neue Eigentümer gelingt in Deutschland immer seltener. Das geht unter anderem aus dem aktuellen Report Unternehmensnachfolge 2023 hervor, den die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) im Dezember 2023 vorgestellt hat. Ein Viertel erwägt demnach, den Betrieb vorzeitig zu schließen. Der Report, für den rund 24.000 IHK-Berater-Kontakte im Jahr 2022 ausgewertet wurden, zeichnet ein düsteres Bild. Hochgerechnet auf sämtliche Geschäftsinhaber ab 60 Jahren könnten in den kommenden fünf Jahren etwa eine Viertelmillion Unternehmen von vorzeitigen Schließungen betroffen sein, prognostizieren die DIHK-Experten.

"Das sind einschneidende Entwicklungen für den Standort Deutschland", warnt DIHK-Präsident Peter Adrian. "Immer mehr Unternehmen - gerade kleine und mittlere - verschwinden so und hinterlassen Lücken in Wirtschaft und Gesellschaft." Natürlich spiele die demographische Entwicklung für diesen Negativtrend eine Rolle, wodurch sich die Zahl potenzieller Nachfolger einfach verringere. Doch das allein reiche nicht als Erklärung. Die DIHK-Berater nennen auch starke Verunsicherung über die wirtschaftliche Zukunft, steigende Kosten für Energie, Fachkräftemangel sowie die Regulierungsdichte als Gründe.

Zukunft vieler Unternehmen ungewiss

Die zehnte Unternehmerkunden-Studie im Auftrag der Commerzbank, für die das Meinungsforschungsinstitut Ipsos rund 1.600 Interviews mit Firmen geführt hat, kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Demzufolge will jedes dritte Unternehmen in Deutschland schließen, wenn kein Nachfolger gefunden wird. Rund ein Drittel der Betriebe hat sich zudem noch gar nicht mit der Unternehmensnachfolge beschäftigt. 

Sollte die Suche nach einem Rechtsnachfolger fehlschlagen, will jeder Fünfte die Organisation solange weiterführen, bis die Stabsübergabe geklärt ist. Aber 37 Prozent der Befragten kündigen bereits an, die Pforten zu schließen, wenn sich niemand findet, der den Betrieb fortführen möchte. "Sich nicht rechtzeitig um die Unternehmensnachfolge zu kümmern, kann für das Unternehmen also fatale Folgen haben", warnt Guido Groß, Bereichsvorstand Unternehmerkunden der Commerzbank.

Diese prekäre Situation hat eine KfW-Umfrage, die Anfang 2023 erschienen ist, bereits offengelegt. Bis Ende 2026 wollten demnach rund 560.000 der insgesamt 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmer ihre Firma an einen Nachfolger übergeben oder sie verkaufen. Weitere 190.000 Inhaber planen, "ohne eine Nachfolgeregelung aus dem Markt auszutreten".

Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen schwierig

Die Nachfolgesituation von Familienunternehmen bietet besonderes viel Konfliktpotenzial, schreiben Wolfgang und Lukas Nadvornik zum Thema. In Deutschland sind nach Schätzungen 90 Prozent aller deutschen Unternehmen familienkontrolliert, so die Stiftung Familienunternehmen. Diese erwirtschaften 55 Prozent der Umsätze und stellen rund 57 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Sie bilden damit den dominierenden Unternehmenstyp. 

Das verschärft die Gemengelage und macht reibungslose Nachfolgelösungen wie im Fall des Textilunternehmens Trigema oft unmöglich. Denn hier "treffen insbesondere (familiäre) soft-facts auf objektive (unternehmensbezogene) hard-facts", so Wolfgang und Lukas Nadvornik weiter. Sie weisen nach, "dass das betriebswirtschaftliche Instrument der kundenorientierten Co-Creation einen wesentlichen Beitrag zu einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge - auch - in Familienbetrieben zu leisten vermag. Nicht zuletzt auch deshalb, da es erlaubt, sowohl relevante soft-facts als auch maßgebliche hard-facts zu eruieren und damit dem Kundenbeziehungsmanagement als Schlüsselaufgabe im Übergabeprozess eine wesentliche Unterstützung bietet."

Nachfolge muss früh vorbereitet werden

Doch das ist nur ein Aspekt von vielen im komplexen Übergabegeschehen, wo unter anderen die Art der Übernahme, die Kaufpreisfindung und Bewertung des Unternehmens wie auch bestehende Mietverträge, steuerliche Fragen oder pensionsrechtliche Aspekte geklärt werden müssen. Die Unternehmensnachfolge muss also gut vorbereitet und frühzeitig geplant werden. Es gilt schließlich, den Nachfolger zu suchen, auszuwählen und einzuarbeiten. Dabei spielen auch psychologische und soziale Komponenten eine große Rolle, betont Sophie Ruckau. 

Insofern alle, mit diesem Prozess verbundenen Hürden zu Lebzeiten des Unternehmers erfolgreich gemeistert wurden und das Unternehmen nach der Übertragung von Eigentum und Führung an den Unternehmensnachfolger eine positive Unternehmensleistung und -rentabilität aufweist, kann von einem erfolgreichen Nachfolgeprozess gesprochen werden.

Aufgrund der Komplexität des Verfahrens sollten Geschäftsführer gegebenenfalls besser auf kompetente Beratung zurückgreifen, damit die Nachfolgeplanung und die emotionale Loslösung vom Unternehmen - etwa durch Coaching - in jeden Fall gelingt.

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