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29.05.2020 | Vertriebsmanagement | Interview | Online-Artikel

"Ressourcen in den Aufbau der neuen Vertriebsdenke investieren"

verfasst von: Eva-Susanne Krah

5:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Dr. Herbert Endres

ist Experte und Berater für Marktforschung, Vermarktung & Innovationsmanagement an der Wirtschaftsfakultät der Universität Regensburg sowie Visiting Researcher an der Stanford Graduate School of Business, USA.

Dr. Hajo Rapp

ist Leiter strategisches Kundenmanagement bei TÜV Süd. 

Innovationen sind für den Vertrieb zentral, um Kundenbeziehungen und den Kundennutzen immer wieder neu auszurichten. Wichtige Pfeiler dabei erläutern die Vertriebsexperten Dr. Herbert Endres und Dr. Hajo Rapp im Interview. 

springerprofessional.de: Herr Dr. Rapp, Innovationen sind für Unternehmen unverzichtbar, um am Markt bestehen zu können, stellen Sie in Ihrem aktuellen Sales Excellence-Beitrag fest. Für den Vertrieb bedeutet das oftmals große Veränderungen. Welche sind die gravierendsten aus Ihrer Sicht?

Hajo Rapp: Bei echten Innovationen geht es um ganz neue Angebote, die der Vertriebler verstehen und verkaufen können muss. Da muss man sich reinbeißen. Das kostet Energie und Zeit. Oftmals muss man sich in eine neue Sprachenwelt und Logik einarbeiten, vor allem wenn Produkte digital werden. In diesem Kontext steht dann die Sorge um den Vertrauensverlust bei den bestehenden Ansprechpartnern für Vertriebler im Vordergrund: Kann ich mich auch in dem Kontext als kompetenter Ansprechpartner beweisen? Stimmen Qualität und Lieferfähigkeit zum Produkt? Eine zweite Veränderung ist häufig aber auch die der Ansprechpartner. So habe ich es im B2B-Sales häufig auch mit neuen Ansprechpartnern zu tun.

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Herr Dr. Endres, welche Hürden müssen Vertriebsmanager verschiedener B2B-Industrien dabei meistern? 

Herbert Endres: Wir haben in einer Studie mit Geschäftskunden aus verschiedenen B2B-Industrien drei zentrale Hürden identifiziert, die Vertriebsmanager und deren Mitarbeiter bei der Vermarktung neuer Produkte berücksichtigen sollten.

1. Der Faktor Zeit. Da beim Verkauf von Innovationen viel Zeit aufgewendet werden muss, um den Kunden die Unsicherheit, verbunden mit den Neuerungen am Produkt, zu nehmen, verbringen die Verkäufer im Schnitt 35 Prozent mehr Zeit mit Kunden während des gesamten Verkaufszyklus, als beim Verkauf etablierter Waren und Dienstleistungen.

2. Die verzögerte Resistenz des Kunden. Da aktive Vertriebler mit neuen zu verkaufenden Produkten in der Regel leicht Termine für Erstgespräche bekommen, haben sie schnell das Gefühl, dass sie etwas erreicht haben. Aber im Laufe des Prozesses wird deutlich, dass viele dieser Neugier-Treffen schwer in Verkaufszahlen umzusetzen sind.

3. Der potenzielle Vertrauensverlust beim Kunden. Zudem liegt bei neuen Produkten und Services natürlich noch keine oder nur wenig Erfahrung bezüglich der Akzeptanz des Produktes vor. Das macht auch die Einschätzung zur daraus resultierenden Kundenzufriedenheit schwierig. Die Angst, dass die Beziehung zum Kunden durch das angebotene neue Produkt Schaden nimmt und aufgebautes Vertrauen angegriffen werden könnte, verstärkt die Skepsis bei den Vertriebsmitarbeitern gegenüber dem neuen Produkt.

Der Vertrieb wird oft zum Nadelöhr für den Erfolg von Innovationen, muss Produkte eigentlich dadurch zweimal verkaufen, weil beispielsweise Ansprechpartner und Entscheider bei seinen Geschäftskunden etwa durch neue Serviceangebote wechseln. Wie kann er die Situation dann am besten meistern und was sind die größten Herausforderungen dabei? 

Herbert Endres: Um die drei größten oben genannten Herausforderungen im Verkauf von Neuprodukten zu meistern, empfehlen sich basierend auf unserer B2B-Studie "Vertrieb von Innovationen" drei grundsätzliche Maßnahmen.

1. Unternehmen sollten Vertriebsmitarbeiter bei der Steuerung dieser Herausforderung im Verkaufsprozess unterstützen. Dies können sie zum Beispiel durch die Bereitstellung eines Profils des typischen Kunden für das neue Produkt sowie mithilfe situations- und zielgruppenspezifischer Argumentationsmuster tun.

2. Im Verlauf des Verkaufsprozesses muss die üblicherweise zunehmende Zurückhaltung der Kunden vom Verkäufer adressiert werden. Dies kann zum Beispiel durch eine transparente und im Verkaufsprozess zunehmend spezifischere Darstellung der Eigenschaften des Neuproduktes erfolgen. Dadurch wird die Unsicherheit beim Kunden reduziert und das Vertrauen gestärkt.

3. Unternehmen sollten Vertriebsmitarbeitern bei der Steuerung dieser Herausforderung im Verkaufsprozess unterstützen, etwa indem ihnen begleitende technische Kundenberater zur Seite gestellt werden, um die Erfolgsaussichten der Neueinführung zu erhöhen.

Inwieweit können Kundenprofile und Buyer Personas ein Stück weit das Problem des Vertriebs lösen, passgenau Kunden anzusprechen, um sich auch besser vom Wettbewerb zu differenzieren?

Hajo Rapp: Die besten Vertriebler haben ein hohes Detailverständnis zu dem was sie verkaufen. Sie sind in der Lage, den Nutzen für einen Kunden in seiner Welt zu verstehen und das dann auch zu kommunizieren. Nur dann kann ich in der Sprache des Kunden mein Angebot platzieren und mich möglichst noch vom Wettbewerb differenzieren. Nun kann ich das sehr wohl individuell machen, wenn ich einzelne Kundentermine vorbereite. Aber um diese vorzubereiten, um Vertriebsmannschaften aufzumanteln und insbesondere für die mediale Kommunikation mit größeren Personenkreisen lassen sich Effizienz und Effektivität gewaltig steigern, wenn man für sich die wesentlichen Profile von Käufern, zum Beispiel nach organisatorischer Ebene und Rollen, skizziert und so wesentliche Elemente zum Beispiel einer Differenzierung zum Wettbewerb formuliert. Das sind dann zum Beispiel für den Manager eines Großkonzerns vielleicht eher die globale Lieferfähigkeit und ein funktionierendes Account Management. Für den Experten im Fachbereich desselben Kunden sind es die smartere Lösung und die technischen Ansprechpartner.

Der Wandel hin zum lösungsorientierten statt rein produktorientierten Verkauf ist ein weiterer Veränderungsprozess im Verkauf. Sind Vertriebsorganisationen hier schon durchgängig genug in ihren Verkaufsstrategien? Und was sind die größten Herausforderungen?

Herbert Endres: Die Veränderungen im Verkauf hin zu weniger greifbaren Produkten, wie softwarebasierte Lösungen anstatt reiner Hardware, machen es den Verkäufern schwerer, da sie dem Kunden das Produkt nicht zeigen können und somit Eigenschaften und Vorteile neuer Produkte schwerer zu erkennen sind. Unternehmen können dem begegnen, indem sie den Vertrieb frühzeitig in lösungsorientierte Neuproduktentwicklungen mit einbinden. Darüber hinaus sollten sie aber auch Ressourcen in den Aufbau der neuen Vertriebsdenke investieren. Das ist aus meiner Sicht unabhängig davon, ob es sich um eine Vertriebsorganisationen oder eine andere Organisationsform handelt.

Eine Corona-Frage zum Schluss: Ein treffendes Schaubild zeigt, dass wohl die derzeitige Corona-Krise die digitale Disruption und den Wandel in Unternehmen vorantreibt, nicht die CEOs oder CTOs. Können Sie das bestätigen, und mit welchem Rezept kann der Vertrieb hier als Gewinner vom Platz gehen?

Hajo Rapp: Absolut. Ich erlebe gerade, dass Kunden Remote-Services und automatisierte Dienstleistungen aktiv nachfragen, wo sie vorher resistent gegen unsere Angebote waren. Aber auch intern steigert sich das Wissen zu digitalen Werkzeugen, zum Beispiel Conferencing, und was man damit machen kann, in einem nie geahnten Tempo. Dabei wächst dann auch die Akzeptanz und die Arbeitnehmervertreter zeigen eine neue Flexibilität. Damit wird ein Resultat der Corona- Krise die Aussicht auf einen objektiveren und auf mehr Wissen basierten Umgang mit Digitalisierung im "new normal". Das wird uns alle ein großes Stück nach vorn bringen.

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