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2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

1. Wozu „Transformationsfinanzierung“?

Implikationen eines Transformationsvorhabens auf die Kreditwürdigkeit, die Finanzierungsmöglichkeiten und die Finanzierungskonditionen von Unternehmen

verfasst von : Thilo Grundmann

Erschienen in: Transformationsfinanzierung

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Die nachhaltige und digitale Transformation wird tendenziell bei Unternehmen einen erheblichen zusätzlichen Finanzierungsbedarf auslösen. Zur Wahrung der Bonität wird voraussichtlich ergänzend zur Fremdkapitalaufnahme ein nennenswerter Teil dieser Transformationsfinanzierung durch zusätzliches Eigenkapital gedeckt werden müssen. Es ist zu erwarten, dass eine Transformationsfinanzierung mit deutlich höheren Risiken und Ungewissheiten verbunden ist als eine klassische Finanzierung von Change-Vorhaben oder auch Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in bestehende Geschäftsmodelle. Dies kann sich tendenziell in einer Verringerung der Finanzierungsmöglichkeiten und einem signifikanten Anstieg der Finanzierungskosten niederschlagen. Ursächlich hierfür ist insbesondere, dass die in nachhaltigen und digitalen Geschäftsmodellen meist dominierenden immateriellen Vermögensgegenstände aus Sicht von Kreditinstituten keine guten Kreditsicherheiten darstellen. Zudem haben gerade innovative Geschäftsmodelle oft höhere Risiken, was unter sonst gleichen Bedingungen zu einer höheren Insolvenzwahrscheinlichkeit und damit zu einem entsprechend schlechteren Rating führt. Eine wesentliche Voraussetzung für die Mittelaufbringung im Rahmen eines Transformationsvorhabens ist der glaubwürdige Nachweis, dass das betreffende Unternehmen sich nicht in der Position einer fragilen Organisation befindet oder in diese getrieben wird. Über die drei Dimensionen Orientierungskompetenz, Kontext Design sowie Resonante Kommunikation kann ein Unternehmen seine dynamische Anpassungsfähigkeit aktiv beeinflussen und diese im Rahmen einer Transformation Scorecard anhand von Kenngrößen messen und steuern.

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Fußnoten
1
Dies sind sicherlich wesentliche, jedoch vermutlich nicht die einzigen übergreifenden Herausforderungen für Unternehmen in Deutschland im 21. Jahrhundert. So können sich beispielsweise aus der Sicherstellung der Energie- und Rohstoffversorgung, der demografischen Entwicklung (vgl. Budliger 2021, Goodhart und Pradhan 2020 sowie Schirmer 2016), der (geo-)politischen Instabilität (s. Suder und Kallmorgen 2022) sowie der Reduktion der wirtschaftlichen Abhängigkeit von einzelnen Ländern (Stichworte: resiliente Lieferketten (vgl. Kleemann und Frühbeis 2021) und Exportrisiken (vgl. Haber und Ogertschnig 2020 sowie Sternad 2020, S. 48 ff.)) weitere (strategische) Handlungsbedarfe (strategische Lücken) für Unternehmen ergeben.
 
2
Vgl. Helmcke et al. (2021, S. 8).
 
3
Im Net Zero 2050-Szenario wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahr 2050 eine globale Klimaneutralität im Sinne des 1,5 Grad Celsius-Zieles aus dem Pariser Klimaabkommen erreicht wird (vgl. Deutsche Bundesbank 2021a, S. 92 f.).
 
4
Vgl. Deutsche Bundesbank (2021a, S. 94 f.).
 
5
Vgl. Zimmermann (2021, S. 3 f.).
 
6
Als kurzfristig gelten Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr (vgl. Deutsche Bundesbank 2022b, S. 7).
 
7
Vgl. Deutsche Bundesbank (2022b, S. 15).
 
8
Aktuelle Schätzungen gehen sogar von einem jährlichen Investitionsbedarf für die nachhaltige und digitale Transformation in Deutschland von rd. 500 Mrd. EUR bis zum Jahr 2045 aus (vgl. Habdank 2023, S. 4). In diesem Fall hätten sich im Jahr 2021 die Verbindlichkeiten aller Unternehmen in Deutschland gegenüber Kreditinstituten sogar um rd. 84 % erhöhen müssen.
 
9
Die Eigenmittelquote wird von der Deutschen Bundesbank definiert als das Verhältnis von Eigenmitteln der Unternehmen zur Bilanzsumme (vgl. Deutsche Bundesbank 2023, S. 74). Die Eigenmittel entsprechen dabei dem um Sonderposten mit Rücklageanteil berichtigten Eigenkapital (vgl. Röhl 2020, S. 7).
 
10
Vgl. Deutsche Bundesbank (2023, S. 79).
 
11
[1835,9 Mrd. EUR/(5940,3 Mrd. EUR + 390,0 Mrd. EUR)] = 29,0 %.
 
12
Gemäß der Unsicherheitskonzeption von Frank Hyneman Knight können im Fall der Ungewissheit (true uncertainty) die mit einer Entscheidung verbundenen Unsicherheiten nicht mehr objektiv kalkuliert werden (vgl. Knight 1921, S. 232). Ungewissheit bedeutet somit, dass die Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen nicht abgeschätzt werden können und möglicherweise noch nicht einmal mehr alle zukünftigen (wesentlichen) Ereignisse zum Entscheidungszeitpunkt erkennbar sind (unbekanntes Nichtwissen, vgl. Zeuch 2011, S. 13). Demgegenüber unterstellt der im Finanzbereich meist benutzte Begriff Risiko, dass zwar nicht bekannt ist, welche Ereignisse sich genau realisieren werden, jedoch welche grundsätzlich möglich und wie wahrscheinlich diese sind.
 
13
Vgl. Kay und King (2020).
 
14
„Kerngedanke der Employability ist ein neuer sozialer Kontrakt zwischen Unternehmen und Mitarbeitern. In Zukunft werden der Erwerb und die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit im Mittelpunkt stehen. Der Mitarbeiter wird zum Unternehmer in eigener Sache. Durch permanente Erweiterung seines Kompetenzportfolios erhält er sich dauerhaft seine Marktfähigkeit“ (Speck 2004, S. 31).
 
15
Ziel des Kontext Designs ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein gewünschtes Verhalten von Menschen ermöglichen und fördern (vgl. hierzu ausführlich Grundmann und Gleißner 2023, Abschn. 2.​3).
 
16
Die Transformation Scorecard dient der strategischen Analyse und Steuerung von Unternehmenstransformationen und basiert konzeptionell auf der von Robert Samuel Kaplan und David P. Norton entwickelten Balanced Scorecard (vgl. Grundmann und Gleißner 2023, Kap. 3).
 
17
Vgl. Hahn (2018, S. 19 ff.).
 
18
Für eine ganzheitliche Darstellung des betrieblichen Wertschöpfungsprozesses siehe Stopka und Urban (2017, S. 3 ff.).
 
19
Vgl. Grundmann und Gleißner (2023, Abschn. 2.​1).
 
20
Hiermit sind im Wesentlichen die Annahmen verbunden, dass der Aufwandsanteil dem Anteil der grundlegend neu zu gestaltenden Wertschöpfungskette entspricht und dass ab einem Anteil von 50 % (nach der Etablierung der neuen Strukturen und Prozesse in einem Zeitraum von fünf Jahren) von einer grundlegenden und umfassenden Veränderung der bestehenden Wertschöpfungsprozesse auszugehen ist.
 
21
Dies gilt unter der Prämisse, dass der Ertragsanteil mit dem Anteil des neu zu etablierenden Geschäftsmodells korrespondiert.
 
22
Hierbei handelt es sich um einen aus der Analyse der Abhängigkeit der Unternehmensbonität von der Eigenkapitalquote deduzierten Grenzwert.
 
23
Gemäß David J. Teece, Gary Pisano und Amy Shuen sind Dynamic Capabilities von Unternehmen zu definieren als “[…] the firm’s ability to integrate, build and reconfigure internal and external resources to address rapidly changing environments. Dynamic capabilities thus reflect an organization’s ability to achieve new and innovative forms of competitive advantage given path dependencies and market positions” (Teece et al. 1997, S. 516).
 
24
So definiert die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung Resilienz als „die Fähigkeit sozio-technischer Systeme, Schocks und Störereignisse zu absorbieren und Kernfunktionalitäten aufrecht zu erhalten bzw. schnell wiederherzustellen sowie aus Erfahrungen zu lernen und sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen“ (Hiermaier et al. 2021, S. 4). In ähnlicher Weise konkretisiert Markus Konrad Brunnermeier in seiner vielbeachteten Publikation Die resiliente Gesellschaft Resilienz als „eine »Fähigkeit, zurückzufedern«“ (Brunnermeier 2021, S. 13). „Die Resilienz, das Zurückfedern, bezeichnet – in formaler mathematischer Sprache – die Rückkehr zum Mittelwert“ (ebenda, S. 25).
 
25
Als komplex ist eine Situation bzw. ein System nach Franz Reither, einem Schüler von Dietrich Dörner, dann zu bezeichnen, wenn sie/es unüberschaubar, vernetzt, eigendynamisch, undurchsichtig, wahrscheinlichkeitsabhängig und/oder instabil ist (vgl. Reither 1997, S. 14). Dietrich Dörner selber fokussiert sich in seiner Komplexitätsdefinition stark auf den Vernetzungsaspekt. Komplexität zeichnet sich demnach insbesondere durch eine wechselseitige Abhängigkeit einer Vielzahl von Einflussfaktoren aus (vgl. Dörner 2003, S. 60). Für eine tiefgehendere Erläuterung des Einflusses einer nachhaltigen Transformation auf die von Unternehmen zu bewältigende Komplexität siehe Grundmann und Gleißner (2023, Abschn. 1.1).
 
26
So finanzierte der deutsche Mittelstand seine Investitionen im Jahr 2020 zu 52 % aus Eigenmitteln und nur zu 29 % aus Bankkrediten (ferner zu 13 % aus Fördermitteln sowie zu 5 % aus sonstigen Finanzierungsquellen, vgl. Schwartz und Gerstenberger 2021, S. 21).
 
27
Einen guten Überblick bezüglich grundsätzlicher Finanzierungsoptionen von Innovationsvorhaben bieten Hoppe (2021) sowie Kampe und Uphaus (2021).
 
28
So geben beispielsweise im Jahr 2022 42 % der institutionellen Investoren an, über die gesamte Laufzeit ihres Private-Equity-Portfolios eine Netto-Rendite von mehr als 15 % zu erzielen (vgl. Ruhrkamp 2022).
 
29
Ein Basispunkt entspricht dabei einem Hundertstel eines Prozentpunktes (Beispiel: 1 Basispunkt = 0,01 %-Punkte).
 
30
So wird beispielsweise von der Deutschen Bank eine Zinsverbilligung für Investitionen mit Nachhaltigkeitsfokus von bis zu 25 Basispunkten (ESG Note A) diskutiert. Hinzu kommt gemäß dem von der Deutschen Bank angeregten Förderprogramm Transformation Deutschland ein Tilgungszuschuss von bis zu 5 % sowie eine Haftungsfreistellung für die finanzierende Bank von bis zu 80 % (vgl. hierzu Deutsche Bank 2021, S. 14 f.).
 
31
Gemäß einer weitgefassten Definition sind unter dem Begriff Venture Capital eigenkapitalähnliche Finanzierungsinstrumente zu verstehen, die eine haftende Funktion für das Zielunternehmen erfüllen (vgl. Heuzeroth 2022, S. 34).
 
32
Unter Private Debt sind Fremdfinanzierungsinstrumente zu subsumieren, die vorwiegend von privatwirtschaftlichen (institutionellen) Investoren außerhalb des Bankensektors zur Verfügung gestellt werden.
 
33
Vgl. Heuzeroth (2022, S. 39 ff.).
 
34
Eine strategische Lücke gibt die Differenz zwischen einer Fortschreibung des Status quo (inkl. Schließung einer ggf. vorhandenen operativen Lücke i. S. einer Realisation eines operativen Optimierungspotenzials) sowie einem wünschenswerten bzw. einem für das Fortbestehen des Unternehmens erforderlichen strategischen Zukunftsbild an (vgl. Nagel und Wimmer 2014, S. 122 f.).
 
35
Vgl. hierzu Reinemann (2019, S. 50 ff.) sowie Wäber (2008).
 
36
Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Handwerks und der Industrie sterben im Durchschnitt erst nach fast 25 Jahren. Fast die Hälfte der Unternehmen (rund 45 %) sind höchstens zehn Jahre alt, nur 3,5 % (1,2 %) der noch existierenden Unternehmen wurden vor über 50 (100) Jahren gegründet (vgl. Creditreform 2019). Bezogen auf den Deutschen Mittelstand kommt eine Untersuchung der Commerzbank zu einem Durchschnittsalter der Unternehmen von 44 Jahren (vgl. Commerzbank 2018). Andere Untersuchungen, wie beispielsweise Forschungsergebnisse von Rafael Weißbach von der Universität Rostock, kommen bezogen auf alle Unternehmen in Deutschland mit 8 bis 10 Jahren zu einer deutlich kürzeren durchschnittlichen Lebensdauer (vgl. Weißbach 2016).
 
37
Zur risikogerechten Bewertung und Erfolgswahrscheinlichkeitenbestimmung von Restrukturierungsstrategien siehe Gleißner (2018, S. 1343 ff.); Ansatzpunkte für eine fallstudienbasierte Reflexion wesentlicher Risikofaktoren einer Restrukturierung bietet Berner (2015, S. 163 ff.).
 
38
Eine Übersicht bezüglich Risiko- und Erfolgsfaktoren unterschiedlicher Sanierungstypen und -formen bietet Hohberger (2019, S. 88 ff.); Gestaltungsoptionen für ein Krisenmanagement aus Finanzierersicht sind zu finden bei Ringelspacher (2021, S. 465 ff.); für eine fallstudienbasierte Darstellung der Herausforderungen und Risiken im Rahmen einer Sanierung siehe Berner (2015, S. 95 ff.).
 
39
Vgl. Knight (1921).
 
40
Exploitatives Lernen bedeutet die Aneignung bestehenden Wissens, während exploratives Lernen sich durch eine Wissens- und Kompetenzerweiterung auszeichnet (vgl. Guth 2021, S. 11).
 
41
Vgl. Knight (1921, S. 232).
 
42
Eine ausführlichere Erläuterung aller organisationalen Positionierungen ist Grundmann und Gleißner (2023, Abschn. 2.​2) zu entnehmen.
 
43
Vgl. Teece et al. (1997, S. 516); zur Einordnung der Dynamic Capabilities in den übergeordneten Bereich der organisationalen Kompetenzen s. Hutterer (2013, S. 181 ff.) sowie Schreyögg und Eberl (2015, S. 156 ff.).
 
44
Vgl. hierzu ausführlich Grundmann und Gleißner (2023, Kap. 3).
 
45
Für eine detailliertere Erläuterung exploitativen und explorativen Lernens, der organisationalen Kompetenzen sowie des Kompetenz-Dilemmas siehe Grundmann und Gleißner (2023, Abschn. 2.​3).
 
46
Vgl. Schreyögg und Eberl (2015, S. 131 f.).
 
47
So beläuft sich der Anteil von Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten an den gesamten langfristigen Verbindlichkeiten von Unternehmen in Deutschland im Jahr 2021 auf rund 44 % (vgl. Deutsche Bundesbank 2022b, S. 15). Europaweit finanzieren sich die Unternehmen sogar zu rd. 70 % über Banken (vgl. Habdank 2023, S. 4).
 
Metadaten
Titel
Wozu „Transformationsfinanzierung“?
verfasst von
Thilo Grundmann
Copyright-Jahr
2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-67383-6_1