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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

Wie Banken die Klimaziele unterstützen können

verfasst von : Lia Sonvilla

Erschienen in: Im Brennpunkt der Wirtschaftspolitik

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Zuletzt haben sich immer mehr Banken zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens bekannt. Führt diese Selbstverpflichtung dazu, dass Banken Kredite verstärkt von verschmutzenden hin zu grünen Unternehmen lenken? Oder handelt es sich dabei in erster Linie um «Greenwashing»? Die vorliegende Studie zeigt, dass Banken mit einer solchen Selbstverpflichtung tatsächlich weniger Kredite an emissionsstarke Unternehmen vergeben. Allerdings finden die Forscher nur wenig Hinweise dafür, dass die besonders starken Emittenten ihren CO2-Ausstoss deshalb verringern.
Relevanz
Zuletzt haben sich immer mehr Banken zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens bekannt. Führt diese Selbstverpflichtung dazu, dass Banken Kredite verstärkt von verschmutzenden hin zu grünen Unternehmen lenken? Oder handelt es sich dabei in erster Linie um «Greenwashing»? Die vorliegende Studie zeigt, dass Banken mit einer solchen Selbstverpflichtung tatsächlich weniger Kredite an emissionsstarke Unternehmen vergeben. Allerdings finden die Forscher nur wenig Hinweise dafür, dass die besonders starken Emittenten ihren CO2-Ausstoss deshalb verringern.
Quelle
Kacperczyk, M., & Luis Peydró, J. (2021). Carbon emissions and the bank-lending channel, centre for economic policy research, Discussion Paper Series DP16778, S. 1–54.
Die Themen Umweltschutz und Klimawandel sind heute aus gesellschaftlichen und politischen Debatten nicht mehr wegzudenken. Im Zuge internationaler Klimaverhandlungen werden bereits seit den 1970er Jahren wichtige Klimaereignisse und wissenschaftliche Erkenntnisse besprochen und Lösungen beispielsweise in Form von Abkommen verabschiedet. Vor allem im letzten Jahrzehnt nahm die Diskussion eine neue Dynamik an. Dabei spielen die hohen Kohlenstoffemissionen, insbesondere im privaten Sektor, eine zentrale Rolle. Ziel des Pariser-Klimaabkommens von 2015 ist es, diese so weit wie möglich zu reduzieren und damit die durchschnittliche Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu beschränken. Dieser Prozess erfordert den Übergang von fossilen (braunen) zu nachhaltigen (grünen) Technologien.
Bei diesem Strukturwandel kann der Finanzsektor eine bedeutende Rolle spielen. So sind Banken wichtige Kapitalgeber von privaten Unternehmen und können deren Investitionen beeinflussen. Eine prominente Initiative im Bankensektor ist die Net-Zero Banking Alliance, welche von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde. In dieser verpflichtete sich eine globale Gruppe von Banken, die rund 40 % der weltweiten Bankenaktiva repräsentieren, ihre Kreditvergabe bis 2050 auf Netto-Null-Emissionen auszurichten. Jedoch stellt sich die Frage, ob Maßnahmen wie diese Initiative tatsächlich wirkungsvoll sind und zum Erreichen der Klimaziele beitragen. Denn, in Ermangelung klarer Regeln für die Kreditvergabe an emissionsstarke Unternehmen könnten solche Banken-Verpflichtungen ein Instrument für Greenwashing sein.
Die Wirtschaftswissenschaftler Marcin Kacperczyk und José-Luis Peydró vom Imperial College London gehen daher in ihrer Studie der Frage nach, ob Banken, die sich zu den Klimazielen verpflichten, tatsächlich finanzielle Mittel von emissionsstarken zugunsten emissionsarmer Investitionen umverteilen. Welchen Einfluss hat dies in der Folge auf die Klimabilanz? Oder können braune Firmen offene Finanzlücken aus anderen Quellen kompensieren? Eine zentrale Leistung der Studie besteht darin, dass die Forscher den gesamten Transmissionsmechanismus von Bankkrediten auf die Realwirtschaft und Umwelt untersuchen.
Sobald sich Banken zu Klimazielen verpflichten, sollten sie weniger Kredite an emissionsstarke Firmen vergeben. Alternativ könnten die Kredite an spezifische, grüne Investitionen gebunden werden. In weiterer Folge sollte der Wandel in der Kreditvergabe reale Effekte, zum Beispiel mehr Investitionen in grüne Technologien und niedrigere Emissionswerte, nach sich ziehen. Um diese Hypothese zu überprüfen, vergleichen die Forscher Finanzierung und Investitionen im Zeitraum vor und nach der Verpflichtung von Banken auf Klimaziele.
Außerdem analysieren Kacperczyk und Peydró, weshalb Banken die Kreditvergabe an braune Firmen reduzieren. Zum einen könnten Banken die finanziellen Risiken von umweltverschmutzenden Unternehmen höher einschätzen und deshalb weniger Kredite vergeben. Zum anderen könnten sie ihre Entscheidungen aber rein anhand der eigenen Präferenzen für grüne oder braune Technologien oder Aktivitäten treffen.
Banken sind die wichtigsten Kreditgeber der Unternehmen. Welches Unternehmen einen Kredit erhält hing bisher oft von der Risikobewertung ab. Doch Banken-Präferenzen für grüne oder braune Technologien werden immer wichtiger.
Für die Analyse nutzen die Forscher einen Datensatz mit Informationen zu Emissionen, Investitionen und Finanzierung von 2112 internationalen Firmen zwischen 2013 und 2018. Dieser umfasst auch Daten zu ihren Kreditgebern. Knapp ein Drittel der Firmen befindet sich in den USA, ein weiteres Viertel in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich. Unter den Kreditgebern sind 59 Banken, welche sich entweder bereits zu Emissionsreduzierungen verpflichtet haben oder aber Ziele festgelegt haben. Diese sind an circa 60 % der erfassten Kredite beteiligt.
Die Selbstverpflichtungen der Banken fand in zwei Schritten statt. Im zweiten Quartal 2015 sowie im zweiten Quartal 2016 beschloss eine Vielzahl, sich den Klimazielen der Politik zu verpflichten. Rund drei Viertel der untersuchten Firmen hatte eine Kreditbeziehung zu mindestens einer Bank mit Klima-Verpflichtung. Diese hohe Zahl liegt vor allem daran, dass jene Banken sehr aktiv im Markt für syndizierte Kredite sind, die jeweils von mehreren Banken gemeinsam vergeben werden. Der Anteil der verpflichteten Banken unter allen Kreditgebern eines Unternehmens ist jedoch mit 15 % eher gering.
Für die Analyse der finanziellen Lage der Unternehmen zieht das Forscherteam eine Vielzahl von Größen wie beispielsweise Verschuldung, Vermögenswerte und Risikobewertung heran. Im Durchschnitt verfügt ein Unternehmen über ausstehende Schulden von 1,28 Mrd. US$. Das entspricht den Autoren nach etwa 30 % seiner Vermögenswerte. 40 % davon sind Bankschulden, der Rest ist vorwiegend über den Kapitalmarkt finanziert. Vor der ersten Runde der Klima-Verpflichtungen betrugen die Vermögenswerte durchschnittlich 4,4 Mrd. US$.
Die betrachteten Firmen hatten eine durchschnittliche Verschuldung von 1,28 Mrd. US$. 40 % davon waren Bankenschulden. Die Gesamtschulden machten etwa 30 % der Vermögenswerte aus.
Zudem betrachten Kacperczyk und Peydró die CO2-Emissionen der Unternehmen. Direkte Emissionen (Scope-1) stammen aus Quellen, welche direkt von den Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Im Durchschnitt emittierte eine Firma zwischen 2013 und 2014 etwa 3,56 Mio. Tonnen Treibhausgase pro Jahr. Ihre jährlichen Umweltinvestitionen waren mit bloß knapp einem Prozent des Gesamtvermögens gering.
Die ökonometrischen Schätzungen zeigen, dass Banken ihre Kreditvergabe veränderten, nachdem sie sich auf die Klimaziele verpflichten. Die Autoren betrachten jene Firmen genauer, welche überdurchschnittlich viele Treibhausgase (d. h., um 13,8 Mio. Tonnen mehr als der Durchschnitt) emittieren. Betriebe mit überdurchschnittlichen Emissionswerten erhalten ihren Analysen zufolge nach den Klima-Verpflichtungen weniger Kredite als zuvor. Im Schnitt reduzierten sich somit die Gesamtschulden einer Firma mit überdurchschnittlich hohen Emissionen nach der Klima-Verpflichtung einer Bank um 6,4 Prozentpunkte.
Im Schnitt reduzierten sich die Gesamtschulden einer Firma mit überdurchschnittlich hohen Emissionen, nach der Klima-Verpflichtung einer Bank, um 6,4 Prozentpunkte.
Abb. 1 stellt dar, wie sich über die Zeit die CO2-Emissionen eines Unternehmens auf seine Bankfinanzierung auswirkten. Links in der Grafik sind jene Firmen abgebildet, welche keine Kreditbeziehung zu Banken mit Klima-Verpflichtung haben. Entsprechend wirken sich stärkere Emissionen nicht signifikant auf die Finanzierung aus. Rechts sind jene Firmen dargestellt, die bereits mindestens einmal einen Kredit von einer verpflichteten Bank erhalten haben. Tatsächlich haben stärkere CO2-Emissionen einen negativen Effekt auf deren Bankschulden, nachdem die Banken 2015 und 2016 solche Selbstverpflichtungen eingegangen waren.
Weitere wichtige Studienergebnisse betreffen das Interesse, das Banken vor und während der Kreditvergabe hegen. Ein wesentlicher Entscheidungsfaktor ist die Kreditwürdigkeit der Unternehmen. Wenn Banken unabhängig davon ihre Kreditvergabe ändern, liegt es an anderen Faktoren wie ihren Präferenzen darüber, mit welchen Unternehmen sie Kreditbeziehungen eingehen möchten. Tatsächlich zeigen die Ergebnisse, dass Banken unabhängig vom Ausfallrisiko Kredite an emissionsstarke Betriebe reduzierten. Unter Berücksichtigung des Risikobewertung reduzierten sich die Kredite einer Firma mit überdurchschnittlichen Emissionswerten (13,8 Mio. Tonnen mehr) um 5,1 Prozentpunkte, wenn sie Beziehungen zu einer verpflichteten Bank hatte, verglichen mit einer Firma, die keine Beziehung zu einer solchen Bank hatte.
Können emissionsstarke Betriebe den Kreditrückgang durch andere Finanzmittel kompensieren? Die Autoren zeigen, dass sich der Verschuldungsgrad jener Firmen nur unwesentlich verringerte. Jedoch gingen der Schuldenstand und die Investitionen signifikant zurück. Das bedeutet, dass emissionsstarke Firmen im Schnitt keine Wandel zu grünen Technologien vornehmen, sondern schrumpfen. Die grünsten Firmen hingegen konnten ihre Kredite im Vergleich zu den restlichen Unternehmen um 15 % erhöhen und ihre Investitionen sogar um rund 18 % steigern.
Beeinflussen Banken nun durch die Umlenkung der Kredite das Emissionsgeschehen? Die über ihre Bank indirekt an Klima-Verpflichtungen gebundenen Firmen verringern ihre Emissionen im Schnitt um 35 Prozentpunkte, verglichen zu davor. Unter den überdurchschnittlich starken Emittenten finden die Forscher hingegen keine realen Effekte. Dieses Ergebnis könnte ein Hinweis darauf sein, dass die betroffenen, emissionsstarken Firmen Greenwashing betreiben.
Zusammengefasst zeigt diese Studie, dass die (Selbst-)Verpflichtung von Banken auf Klimaziele dazu beiträgt, Kredite an emissionsstarke Betriebe zu verringern. Die Resultate sind konsistent mit der Hypothese, dass Banken Präferenzen über Technologien und Firmen haben und dementsprechend Kredite vergeben. Für sehr grüne und sehr braune Firmen finden die Forscher stärkere Effekte, für den Rest milde. Allerdings gibt es keine Evidenz für einen Emissionsrückgang der braunen Firmen. Die Banken stellen jenen Firmen dafür nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung. Grüne Firmen gehen auf der anderen Seite als Gewinner hervor, denn sie erhalten mehr Kredite.
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Metadaten
Titel
Wie Banken die Klimaziele unterstützen können
verfasst von
Lia Sonvilla
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44415-0_10

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