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03.07.2023 | Firmenkunden | Schwerpunkt | Online-Artikel

Zins-Booster im Firmenkundengeschäft ebbt ab

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Die seit Mitte 2022 steigenden Zinsen machen das Geschäft mit Firmenkunden vieler Banken profitabler. Zugleich verteuern sie aber die Refinanzierung der Kredite, zeigt ein aktueller Bain-Report. Ein Mix aus Kostendisziplin und einem strategischen Fokus kann die Institute entlasten.

Die Profitabilität des Sektors war nach Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 massiv abgesackt. Dank der Zinswende im Sommer 2022 haben deutsche Geldhäuser ihre Kreditmarge in der zweiten Hälfte des Vorjahres deutlich erhöht. Sie profitierten laut des aktuellen Corporate-Banking-Index der Unternehmensberatung Bain von einer starken Nachfrage, da die Betriebe nach der Zurückhaltung in den Pandemiejahren vermehrt investierten. So nahm das Firmenkreditvolumen binnen eines Jahres um zwölf Prozent zu und stieg auf knapp 1,5 Billionen Euro. In Verbindung mit einer stabileren Kostenbasis und einer im Vergleich zum Pandemiejahr 2020 moderaten Risikoversorge habe dies zu einem Gewinnschub im zweiten Halbjahr 2022 geführt. Die Eigenkapitalrendite lag dem Report zufolge mit zehn Prozent erstmals seit 2018 wieder über den durchschnittlichen Kapitalkosten. 

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2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

Theoretische Ansätze und Grundlagen des Managements von Zinsänderungsrisiken

Das Buchkapitel stellt zunächst finanztheoretische Ansätze vor, die die Grundlage für das allgemeine Verständnis bilden und bei der Analyse der Entwicklung des Volumens bei variabel verzinslichen Passivprodukten von besonderer Bedeutung sind. Zudem ordnet es den Zins ökonomisch ein und stellt insbesondere dessen makroökonomische Fundierung im Rahmen des IS-LM-Modells dar. 

Zinswende bedeutet Rückkehr zur Normalität

"Die Zinswende bedeutet eine Rückkehr zur Normalität. Sie wird sich grundsätzlich positiv auf die Zinsmargen auswirken und damit die Ertragskraft der Institute stärken. Das ist bereits zu spüren", erläutert Stefan G. Reuß, geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen (SGVHT), in einem Gespräch mit der Zeitschrift "Bankmagazin" (Ausgabe 5 | 2023). So sei im vergangenen Jahr der Zinsüberschuss der Sparkassen in Hessen und Thüringen um über sieben Prozent gestiegen. Auch wenn die Zahl der Darlehenszusagen bei den Instituten des Regionalverbands insgesamt rückläufig sei, habe sich das Firmenkundengeschäft auf einem "sehr hohen Niveau" stabilisiert. "Die Darlehenszusagen lagen hier immer noch um 14 Prozent höher als 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie."

Für ihren Report haben die Bain-Experten Daten führender deutscher Banken analysiert, die rund die Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Banken abdecken, und sich dabei auf Finanzinstitute mit Corporate-Banking- Schwerpunkt und einer entsprechenden Segmentberichterstattung konzentriert. Der Index erfasst Kennzahlen wie den Zins- und Provisionsüberschuss, den Verwaltungsaufwand, die Kreditrisikovorsorge, die Profitabilität Ergebnis vor Steuern sowie das Eigenkapital und das Kreditvolumen. 

Refinanzierung verteuert sich

"Die steigenden Zinsen werden die Refinanzierung der Banken zunehmend verteuern. Zudem sind die Margenspielräume durch den harten Wettbewerb begrenzt", erläutert Bain-Partner Christian Graf die im Juni veröffentlichten Zahlen seines Hauses. Zudem sei das Maß an konjunktureller und politischer Unsicherheit nach wie vor hoch, was das Investitionsverhalten negativ beeinflussen könnte.

Vom Boom im Kreditgeschäft mit Unternehmen profitierten 2022 neben den Privatbanken auch die Landesbanken. Über alle Institutsgruppen hinweg stieg der Zinsüberschuss innerhalb eines Jahres um 18 Prozent, der Provisionsüberschuss legte im gleichen Zeitraum um fünf Prozent zu, heißt es im Report. Im Ertragsmix liegt der Anteil des Zinsüberschusses nun wieder deutlich über der 70-Prozent-Marke. Darin sieht Bain-Partnerin Stefanie Jacobsen allerdings ein Risiko: 

Die Banken waren in den vergangenen Jahren gut beraten, ihre Abhängigkeit vom Kreditgeschäft zu verringern und provisionsbasierte Geschäftsfelder wie das Transaction Banking und Advisory Services auszubauen. Denn so können sie die Effizienz des Einsatzes der Aktiva erhöhen und die Profitabilität des Corporate Bankings unabhängig vom Zinszyklus steigern."

Strukturelle Kostenoptimierungen notwendig

Außerdem haben Effizienz- und Sparprogramme den Verwaltungsaufwand reduziert und zu den höheren Gewinnen im vergangenen Jahr beigetragen. "Bislang haben sich zahlreiche Kreditinstitute auf kurzfristig wirkende Sparmaßnahmen konzentriert. Doch nur mit einer strukturellen Kostenoptimierung können sie ihr Corporate Banking langfristig zukunftssicher aufstellen", resümiert Jacobsen. 

Hierzu gehöre auch, die Komplexität im Geschäfts- und Betriebsmodell zu verringern. Zu viele Geschäftsfelder und ein zu umfassendes Leistungsspektrum führen der Expertin zufolge häufig zu Prozesskomplexität, binden Mitarbeiterkapazitäten und erhöhen Durchlaufzeiten. Vorreiter-Institute "konzentrieren sich mit einer schlanken Struktur auf ausgewählte, wertschaffende Tätigkeitsbereiche". Damit lasse sich der Vertriebserfolg steigern und die Kunden- sowie Mitarbeiterzufriedenheit verbessern. 

"Neben ihren Bemühungen, Komplexität zu reduzieren, sind Banken gefordert, die Balance zwischen anhaltender Kostendisziplin und fokussierten Investitionen zu finden", so Graf. Chancen bieten sich seiner Meinung nach unter anderem in der Dekarbonisierung der Wirtschaft. Das gelte sowohl für das Kredit- als auch das Beratungsgeschäft. 

Nachhaltigkeitsberatung bietet Chancen

Dass Nachhaltigkeit und die unter der Abkürzung ESG bekannten Aspekte Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sich künftig zu einem der wichtigsten Themen für Finanzdienstleister entwickeln, davon geht auch Tobias Keser, Head of Banking bei Sopra Steria Next, aus. Im Bankmagazin-Beitrag "Die Zinswende ist ein Lichtblick" (Ausgabe 9 | 2022) erläutert der Experte, dass sich aus dieser Entwicklung Chancen für neue Geschäftsmodelle wie die ESG-Beratung von Firmenkunden ergeben. "Durch die starke Präsenz in den Medien und im Alltag schafft das Thema viele Kontaktpunkte für die Kreditinstitute", erläutert Keser. 

Neben anderen hat zum Beispiel die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ihr Angebot an nachhaltigen Finanzierungs- und Anlageprodukten in den vergangenen Jahren ausgebaut und entsprechende Beratungsteams für Unternehmenskunden, Banken, Sparkassen und Stiftungen geschaffen, schreibt Autorin Barbara Bocks. 

Vier Gefahren beeinträchtigen Bankgeschäft

Insgesamt sollten sich die deutschen Banken aber darauf vorbereiten, dass sich nach dem Höhenflug im zweiten Halbjahr 2022 kurzfristig die Rahmenbedingungen verschlechtern werden, heiß es im Bain-Report. Aktuell drohten Gefahren aus vier Richtungen:

  1. Die schwache Konjunktur, hohe Unsicherheit über den weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs und der Deglobalisierungstrend machen die künftige Kreditnachfrage der Unternehmen nur schwer einschätzbar.
  2. Je nach Konjunkturverlauf lasse sich eine erneute Zinswende 2023 oder 2024 nicht ausschließen. Die Kreditmarge könne nach ihrem zuletzt erreichten Zehnjahreshoch wieder sinken.
  3. Die günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten bei der Europäischen Zentralbank laufen nach und nach aus, was die Profitabilität schmälere.
  4. Durch das Vordringen der Auslandsbanken verschärfe sich der Wettbewerbsdruck. Mit ihrem Zugang zum Kapitalmarkt und einem weltumspannenden Transaction Banking entsprechen sie den Bedürfnissen insbesondere exportorientierter Unternehmen.

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