aa. Problem der zuverlässigen Kunden-Identifizierung
Die genaue Identifizierung einzelner Kunden ist online allein schon aus technischen Gründen nicht immer durchgängig möglich. Dies liegt daran, dass der Anbieter nicht in jeder Situation erkennen kann, wer gerade seine Seite besucht und sich über Produkte und Preise informiert. Der Anbieter müsste aber, um Preise mit einem gewissen Grad an Komplexität zu personaliseren, mit dem Kunden grundsätzlich bereits in dem Moment das richtige Profil verknüpfen – und dafür ggf. auch Daten von externen Quellen in Echtzeit abrufen –, in dem dieser Preise zu sehen bekommt. Ansonsten kann der irritierende Effekt eintreten, dass demselben Kunden in verschiedenen Situationen verschiedene Preise angezeigt werden.
50
Es gibt zahlreiche technische Möglichkeiten, Webseiten-Besucher über verschiedene Seiten und durchaus auch über verschiedene Endgeräte zu tracken, also zu verfolgen (sog.
Web-Tracking).
51 Dafür ist es nicht mehr zwingend notwendig, Cookies auf dem Endgerät des Nutzers zu speichern.
52 Effizientes Tracking (etwa in der Form des sog.
Browser Fingerprintings) ist mittlerweile auch dergestalt möglich, dass die Verfolgung des Nutzers anhand solcher technischer Informationen ausgeführt wird, die vom Endgerät beim Aufruf einer Webseite zwangsläufig gesendet oder zum Abruf bereitgestellt werden und die u. a. dazu dienen, dass die aufgerufene Webseite richtig dargestellt wird.
53 Aus diesen Informationen wird ein Hashwert generiert, welcher den sog.
Fingerprint darstellt. Dieser
Fingerprint erlaubt es, das im konkreten Einzelfall verwendete Endgerät zuzuordnen und ggf. wiederzuerkennen.
54 Dies bedeutet, dass über die eingesetzten Endgeräte Kunden wiedererkannt und als derselbe Nutzer identifiziert werden können, ohne dass zwingend darüber hinausgehend ihre tatsächliche Identität bekannt ist.
55 Endgeräte von
Apple sind sogar mit einem jeweils individuellen
Identifier for Advertisements versehen, mit dessen Hilfe einzelne Nutzer – ihre Einwilligung vorausgesetzt – über verschiedene Webseiten bzw. Apps hinweg getrackt werden können.
56 Ist die Identität dem Anbieter nicht bekannt, erstreckt sich sein Erkenntnisgewinn aber primär auf das vorhergegangene Surfverhalten eines ihm ansonsten „unbekannten“, anonymen Nutzers. Ein solches Tracking, auch bekannt als
Probabilistic Matching, ist z. B. auch recht leicht möglich beim Verfolgen derjenigen Nutzer, die beim Surfen etwa mit ihrem
Google-Account oder
Facebook-Profil eingeloggt sind.
57 Eine (ziemlich) sichere Identifizierungsmöglichkeit ist etwa auch dann gegeben, wenn der Kunde sein Smartphone per Fingerabdruck oder Gesichtsscan entsperrt hat und dem Anbieter dies bekannt ist. Abgesehen von den letztgenannten und vergleichbaren Fällen, in denen die Identität des Kunden dem Anbieter aufgrund des Log-ins ohnehin offengelegt ist, funktionert Individualisierung aber beispielsweise ggf. schon dann nicht mehr zuverlässig, wenn mehrere Personen das gleiche Endgerät verwenden.
58 Selbst moderne Tracking-Technologien liefern dementsprechend nicht in allen Fällen zuverlässige Ergebnisse.
59 Hinzu kommt, dass Nutzer die Möglichkeit haben, etwa durch das Löschen von Cookies, die Verwendung verschiedener Browser oder den Einsatz speziell dafür gemachter Programme ihre Online-Identität zu einem gewissen Grad zu verbergen oder in ihrem Sinne zu verändern. Anbieter haben damit oftmals das Problem, dass sie nicht sicher wissen, wer gerade ihre Seite besucht. Dies erschwert Formen der Preispersonalisierung, die ein gewisses Maß an Komplexität annehmen sollen.
Es ist technisch ohne Weiteres möglich, Preise erst dann zu personalisieren bzw. sie dem Kunden erst dann erstmalig anzuzeigen, nachdem der Kunde sich – etwa mit seinem Kundenkonto oder über das Profil eines sozialen Netzwerks – eingeloggt hat. Eine solche Webseitengestaltung ist allerdings in der Regel unpraktikabel, da die damit einhergehende Intransparenz, verbunden mit dem Zwang, ein Kundenkonto anzulegen oder eine Verknüpfung mit dem eigenen Profil auf einem sozialen Netzwerk herzustellen, zahlreiche Kunden abschrecken dürfte.
bb. Verschleierung oder Rechtfertigung der Diskriminierung
Sofern ein online angezeigtes Angebot sich ausschließlich im Preis (und nicht etwa mit Blick auf weitere Konditionen) ändert, bedeutet dies, dass die Situation auftreten kann, dass Kunden realisieren, dass ihnen zum gleichen Zeitpunkt für das identische Produkt auf der Webseite des Anbieters bloß aufgrund ihrer verschiedenen Nutzerprofile und ohne einen darüber hinausgehenden Grund verschiedene Preise angezeigt werden. Hierbei handelt es sich um den zweiten eingangs beschriebenen Problemkreis, denn damit geht die ernsthaft drohende Beeinträchtigung des Rufs des Unternehmens einher.
60 Dies ist für Anbieter hoch problematisch. Für Kunden spielt es nämlich eine bedeutende Rolle, welchen Preis andere Kunden für das gleiche Gut gezahlt haben.
61 Eine offensichtliche „Ungleichbehandlung“ der Kunden wird von diesen in aller Regel als unfair und unethisch empfunden und damit als abzulehnendes unternehmerisches Verhalten bewertet.
62 Dies zeigt, dass die Zahlungsbereitschaft des Einzelnen keine fixe, isoliert bestehende und objektiv feststellbare Größe ist. Sie ist zu einem gewissen Teil relativ, kann im Laufe der Zeit schwanken und ist von – aus ökonomischer Sicht teilweise irrationalen – äußeren Faktoren abhängig. Das Bedürfnis nach Gleichbehandlung ist rein ökonomisch betrachtet irrational, denn aus Kundensicht kommt es eigentlich nur darauf an, wie hoch der zu zahlende Preis im Verhältnis zum persönlichen Nutzen ist, den der Kauf erwarten lässt.
63 Im Kontext dieser Fairness-Erwägungen spielt bei Online-Sachverhalten der Umstand eine prägende Rolle, dass aufgrund der einfachen Kommunikationswege zu erwarten ist, dass eine derart unmittelbare Form der Preispersonalisierung schnell publik wird.
64 So zeigt sich beispielsweise bei verhaltensökonomischen Laboruntersuchungen, bei denen zwecks Simulation verschiedener Kunden-Anbieter-Interaktionen freiwillige Versuchsteilnehmer zum Einsatz kamen, welchen Einfluss Preistransparenz auf die Bereitschaft von Anbietern hat, Preise zu personalisieren.
65 So wurde etwa herausgefunden, dass 77 % der Anbieter Preispersonalisierung betreiben, wenn ihnen bewusst ist, dass ihre Kunden nicht wissen, was andere Kunden für das gleiche Gut gezahlt haben. Wenn auf Kundenseite hingegen Preistransparenz herrscht (d. h. die Kunden wissen, welchen Preis die anderen Kunden zu zahlen haben), sinkt diese Zahl auf 33,7 %.
66 Dies belegt, dass die Aspekte Fairness und Preistransparenz nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können.
Für die öffentliche Wahrnehmung der eingangs beschriebenen, von den Kunden als ungerecht empfundenen Art von Preispersonalisierung gibt es ein prominentes Beispiel. Als in den Medien bekannt wurde, dass
Amazon.com in den USA im Jahr 2000 (laut Unternehmensangabe bloß testweise) für einen kurzen Zeitraum von Bestandskunden höhere Preise für bestimmte DVDs verlangte als von Neukunden, zog dies in der Öffentlichkeit ein denkbar negatives Echo nach sich.
67 Diese negative Kundenreaktion ist damit zu erklären, dass es aus Verbrauchersicht zwar ohne Weiteres akzeptiert ist, dass verschiedene Anbieter für das gleiche Gut oder die gleiche Dienstleistung verschiedene Preise verlangen. Kunden empfinden es allerdings als gravierenden Verstoß gegen gesellschaftliche, und damit ungeschriebene soziale Normen, wenn ein Anbieter von verschiedenen Kunden im gleichen Zeitpunkt für das gleiche Gut oder die gleiche Dienstleistung unterschiedliche Preise verlangt.
68 Es wurde empirisch nachgewiesen, dass Kunden dergestalt personalisierte Preise als unfair empfinden, womit ein Vertrauensverlust und eine gesunkene Kaufbereitschaft einhergehen.
69 Kunden erwarten grundsätzlich, dass ein Anbieter für ein bestimmtes Produkt von vergleichbaren Kundengruppen die gleichen Einheitspreise verlangt.
70 Es geht ihnen bei der Bewertung der Fairness des Preises also nicht nur um dessen Höhe
per se. Stattdessen spielt – auch dies rein ökonomisch betrachtet teilweise irrational – der Vergleich mit Referenzpreisen, und hierbei vor allem mit den von anderen Kunden gezahlten Preisen, eine bedeutende Rolle.
71 Anders formuliert hängt die Kundenwahrnehmung, ob ein Preis fair ist oder nicht, nicht nur von dessen Höhe, sondern auch von den Motiven ab, welche den Anbieter zur Preissetzung veranlassen. Dabei spielt es auch eine Rolle, inwieweit er z. B. die Gründe für einen Preisanstieg selber zu vertreten hat. Preiserhöhungen aus purem Gewinnstreben werden als unfair, solche, die „unverschuldet“ aufgrund externer Faktoren notwendig sind, eher als fair rezipiert.
72
Anbieter haben daher ein besonderes Interesse daran, die Preisanpassung dem Kunden gegenüber so gut wie möglich zu verschleiern, sodass dieser die in seiner Person begründete Preisgestaltung möglichst gar nicht mitbekommt. Je weniger vergleichbar zwei Transaktionen sind, desto eher werden Preisunterschiede von den Kunden als „fair“ akzeptiert.
73 Der Idealfall ist aus Anbietersicht demzufolge gegeben, wenn die Transaktionen so unterschiedlich erscheinen, dass sie gar nicht miteinander verglichen werden können. Dieses Ziel kann z. B. dergestalt erreicht werden, dass nicht nur der Preis, sondern das ganze an den Kunden gerichtete Angebot an diesen angepasst wird. Der Anbieter kann das Produkt als solches personalisieren oder den Kauf mit verschiedenen Rahmenbedingungen kombinieren, etwa einer erweiterten Garantie. Dies verringert die Möglichkeit, dass Kunden Preise unmittelbar miteinander vergleichen.
74 Zudem wird mit Preisunterschieden typischerweise das Einhergehen von qualitativen Unterschieden assoziiert, womit der (in Wahrheit personalisierte) Preis eher gerechtfertigt erscheint.
75 Der „Trick“ liegt also neben der Absenkung der Vergleichbarkeit darin, dass der Kunde das Produkt anders wahrnimmt und ihm eine andere Wertigkeit zuordnet.
76
Eine andere, für den Anbieter etwas praktikablere Methode ist es, den Preis dann anzupassen, wenn der Kunde sich eines Preisvergleichsportals bedient und dort nach einem bestimmten Produkt sucht. Manche Anbieter bieten ihre Produkte innerhalb dieser Portale günstiger an. Dies hat für sie den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs durch einen besseren Platz in der Reihung der Suchergebnisse steigt. Nach der Weiterleitung vom Preisvergleichsportal auf die Seite des Anbieters sieht der Kunde dann also einen Preis, der niedriger ist als derjenige, den Kunden sehen, die die Seite direkt ansteuern.
77 In diesem Fall hat der Kunde sich wohl häufig schon (zumindest auch) aufgrund des Preises für den Kauf bei einem bestimmten Händler entschieden, die Suche abgeschlossen und den Preisvergleich beendet. Die Gefahr des Vorwurfs der „Kundenungleichbehandlung“ ist in dieser Konstellation zwar weiterhin gegeben. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass diese Praxis den Kunden auffällt.
Alternativ kann ein „offener Normverstoß“, den ein Anbieter durch personalisierte Preissetzungsmethoden begeht, aus Sicht der Verbraucher auch ganz oder zumindest teilweise legitimiert sein. Es geht hier in erster Linie darum, wie der Anbieter dem Kunden gegenüber die Preise kommuniziert und diesen mit den Informationen versorgt, welche notwendig sind, um negative Kundenreaktionen von vornherein zu unterbinden.
78 Wenn dies gelingt, werden die negativen Effekte, die das Unternehmen zu fürchten hat, abgeschwächt oder gänzlich aufgehoben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Anbieter nachvollziehbare Gründe für die Preisunterschiede präsentiert, sodass diese gar nicht als abzulehnende Ungleichbehandlung aufgefasst werden.
79 Wenn Preisunterschiede begründet werden, erhöht dies generell ihre Akzeptanz und sie werden von Kunden eher als „fair“ rezipiert. Der Anbieter kann z. B. versuchen zu suggerieren, dass die unterschiedlichen Preishöhen die Folge ihm entstehender unterschiedlicher Kosten sind.
80 Auch lassen sich statusbezogene Rabatte, wie etwa solche für besonders treue Kunden oder Senioren, schlüssig erklären.
81 Stammkundenrabatt erfährt generell hohe Akzeptanz.
82 Die soziale Akzeptanz von Rabatten zugunsten bestimmter finanziell im Durchschnitt schwächer gestellter Gruppen (Senioren, Studenten, Arbeitslose, Schwerbehinderte etc.) ist bereits aus der analogen Welt im Kontext von Preisdiskriminierung 3. Grades hinlänglich bekannt.
83 Es handelt sich um faktisch und sozial leicht nachvollziehbare Sachverhalte. Dies ermöglicht Anbietern die Umsetzung dieser finanziellen Privilegierung.
Die Akzeptanz von Gruppenpreisen kommt allerdings dann an ihre Grenzen, wenn Kunden den Preissetzungsmechanismus nicht nachvollziehen können und ihn als intransparent empfinden.
84 Komplexe, undurchschaubare Preissetzungsmechanismen, an deren Ende individualisierte Preise stehen, wirken auf Kunden abschreckend und zeitigen damit einen deutlich erhöhten Begründungsaufwand auf Seiten des Anbieters. Zum einen fehlt diesen Preisen die leicht erkennbare soziale Legitimation. Zum anderen kann die Methode, wie sie zustande kommen, auf die Betroffenen aufgrund ihrer Intransparenz bedrohlich wirken. Der berechnete Reservationspreis ist das Ergebnis einer Hochrechnung. Es handelt sich also um ein indirekt ermitteltes personenbezogenes Datum, welches vom Betroffenen als solches nicht bewusst und freiwillig preisgegeben, sondern ohne sein Zutun berechnet wurde.
85 Die Interaktion zwischen dem Kunden und dem Anbieter hat demnach eine andere Qualität als eine (vom Kunden gewünschte) Preisanpassung aufgrund aktiv mitgeteilter Informationen: Der Kunde hat sich weder „seinen“ Preis selber ausgesucht (wie es bei Preisdiskriminierung 2. Grades der Fall ist), noch hat er seine Gruppenzugehörigkeit selber preisgegeben oder konnte die Zuordnung zu einer bestimmten, im Vorhinein definierten Gruppe im Vorfeld absehen (wie es bei Preisdiskriminierung 3. Grades der Fall ist).
86 Der Kunde verliert damit die Kontrolle über die Preisgestaltung, da diese ihm ohne seine Zustimmung „von außen“ aufoktroyiert wird. Diese Form von „Objektivierung“ führt, sofern sie als solche wahrgenommen wird, in aller Regel zu Ablehnung.
87
Die Akzeptanz auf Kundenseite kann zudem nicht (nur) durch eine inhaltliche Begründung des preislichen Unterschieds geschaffen werden, sondern auch durch das Setzen verschiedener Anreize für Käufer aus verschiedenen Gruppen, so z. B. indem Bestandskunden mit „Treuepunkten“ belohnt werden und Neukunden bei ihrer ersten Bestellung einen „Neukundenbonus“ erhalten.
88 Die
de facto stattfindende Personalisierung wird damit verschleiert und wirkt aus Kundensicht nicht mehr wie eine grundlose Ungleichbehandlung ansonsten „gleicher“ Kunden. Mit Blick auf diese Beispiele ist es zudem bemerkenswert, dass die Kundenempfindungen oftmals inkonsistent bzw. irrational sind. So bewerten Kunden Rabatte für Neukunden gleichermaßen als fair wie Rabatte für besonders loyale Bestandskunden und akzeptieren diese Art der Preispolitik – und dies, obwohl im ersten Fall die Bestandskunden mehr zahlen als Neukunden und im zweiten Fall weniger.
89
Personalisierte Preissetzungsmethoden sind nicht unbedingt statisch und erschöpfen sich darin, einzelnen Kunden einmalig einen bestimmten Preis zuzuweisen und diesen dann „durchzusetzen“. Es handelt sich stattdessen häufig um flexible Verfahren, wodurch Preise situativ – und vor dem Hintergrund des bereits Gesagten auf möglichst subtile Art und Weise – angepasst werden können. So verwenden Anbieter online zumeist Einheitspreise, welche grundsätzlich allen Webseitenbesuchern zunächst in gleicher Höhe angezeigt werden.
90 Dies hat den Vorteil, dass Preisanpassungen (unabhängig davon, wie sie umgesetzt werden) aus Kundensicht in der Regel die Reduktion eines Referenzpreises darstellen.
91 Diese Vorgehensweise verbinden Kunden grundsätzlich mit positiven Assoziationen. Die individualisierte Anpassung des Preises erfolgt somit indirekt. Oftmals anzutreffen sind z. B. Rabatte, welche mittels Coupons/Gutscheinen oder anderen individualisierten Ermäßigungen eingeräumt werden. Wenn z. B. bei einem Kunden eine eher höhere Preissensitivität vermutet wird, kann die Personalisierung des Preises dadurch realisiert werden, dass dieser per E-Mail oder als Pop-up-Fenster in seinem Browser einen Gutschein erhält, womit der letztlich tatsächlich verlangte Preis seinem Reservationspreis entspricht oder sich diesem zumindest annähert. Ein Hinweis auf die erhöhte Preissensitivität eines Kunden und dementsprechender Anlass, diesem einen Gutschein zukommen zu lassen, kann z. B. dann angenommen werden, wenn dieser ein bestimmtes Produkt für einen längeren Zeitraum in seinem Online-Warenkorb behält, den Kaufvorgang aber nicht abschließt.
92
Solche flexiblen Verfahren sind vor allem auch dann hilfreich, wenn zunächst nur unzureichende Daten über die Preissensitivität eines Kunden vorliegen. Das Austesten der individuellen Zahlungsbereitschaft kann dann z. B. dergestalt ablaufen, dass einem erkennbar unentschlossenen Kunden, welcher mehrmals eine Seite besucht hat, ohne dort etwas zu kaufen, ein Gutschein angeboten wird. Diese Vorgehensweisen haben für den Anbieter auch den Vorteil, dass die Personalisierung der Preise von den Kunden nicht unbedingt als solche erkannt und das Vorgehen in der Regel weder vom Kunden selbst noch von Dritten als unfair bewertet wird.
93 Hinzu kommt, dass aus verhaltenspsychologischer Sicht ein „reduzierter Preis“, also ein solcher, der von einem Referenzpreis (hier: der einheitlich angezeigte Standardpreis) nach unten abweicht, einen besonderen, irrationalen Kaufanreiz schafft.
94 Die Personalisierung erfolgt dann also in Verbindung mit einer psychologischen Beeinflussung der Kunden.