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2009 | Buch

Telefonbefragungen über das Mobilfunknetz

Konzept, Design und Umsetzung einer Strategie zur Datenerhebung

herausgegeben von: Michael Häder, Sabine Häder

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Die Methodologie von Befragungen über das Mobilfunknetz

1. Befragungen über das Mobilfunknetz: Eine neue Technik im sozialwissenschaftlichen Methodenarsenal
Bereits 1998 deuteten die Ergebnisse einer Delphi-Befragung an, dass es in der Bundesrepublik zu einem Rückgang der Zahl derjenigen Haushalte komme, die telefonisch über einen Festnetzanschluss erreichbar sind. Stattdessen würde der Mobilfunk das Telefonieren mittels Festnetz verdrängen (vgl. Häder 2000). In der Tat ist inzwischen eine solche Tendenz erkennbar. Sie hat wichtige Implikationen für die empirische Sozialforschung. Insbesondere ist davon naturgemäß das Instrument der telefonischen Befragungen betroffen (vgl. Gabler/Häder 2007:5ff.).
Michael Häder
2. Modell einer Mixed-Mode-Studie mit Mobilfunk- und Festnetzbefragung. Genereller Problemaufriss
Zur Lösung des im Abschnitt 1 dargestellten Problems ist ein Mixed-Mode-Design entwickelt worden, bei dem eine Koppelung von Mobilfunkbefragung und einer Befragung über das Festnetz stattfand (CELLA-Studie). Die Befragungen richteten sich mittels eines ansonsten identischen Frageprogramms an ähnliche Grundgesamtheiten. Bei der Festnetzbefragung handelt es sich um die in Privathaushalten lebende Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland im Alter ab 16 Jahre mit für die Befragung ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen. Bei der Mobilfunkbefragung setzt sich die Grundgesamtheit aus den Besitzern von Mobilfunktelefonen zusammen, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, 16 Jahre oder älter sind und die über für die Befragung ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen (zur weiteren Beschreibung der benutzten Stichprobenstrategie vgl. Abschnitt 3 in diesem Band).
Michael Häder

Stichprobenziehung, Gewichtung und Realisierung

3. Stichprobenziehung für die CELLA-Studie
Die CELLA-Studie sieht ein Mixed-Mode-Design, bestehend aus einer Festnetz- und einer Mobilfunkbefragung, vor. Die Befunde dieser Studien sollen im Ergebnis zusammengeführt werden. Dazu müssen die Inklusionswahrscheinlichkeiten (auch als Auswahlwahrscheinlichkeiten bezeichnet) für jeden Befragten bekannt sein. Aus stichprobentheoretischer Sicht handelt es sich dabei um eine facettenreiche Herausforderung. Der folgende dritte Abschnitt ist dieser Problematik gewidmet.
Sabine Häder, Siegfried Gabler, Christiane Heckel
4. Gewichtung für die CELLA-Studie
Die Kombination der Stichproben aus im Festnetz und im Mobilfunknetz Befragten mittels Gewichtung stellt ein kompliziertes statistisches Problem dar. Dementsprechend gibt es auf diesem Gebiet bislang auch kaum gesichertes Wissen. So stellt auch die AAPOR Task Force bezüglich der Ratschläge zur Gewichtung im entsprechenden Abschnitt der „Considerations and Guidelines“ fest: „A great deal remains to be learned about how to weight cell phone respondents. Because of this, the discussion in this section raises many questions and concerns without beinig able to provide full and satisfactory guidance given the current limited state of knowledge.“ (AAPOR 2008:43)
Siegfried Gabler, Sabine Häder
5. Stichprobenqualität der CELLA-Studie unter besonderer Berücksichtigung der Mobileonlys
Ein wichtiger Aspekt für die Qualität einer jeden sozialwissenschaftlichen Erhebung ist die Frage nach einer möglichst genauen Abbildung der Gesamtpopulation in der erhaltenen Stichprobe. Damit anhand der erhobenen Daten Rückschlüsse auf und zuverlässige Aussagen über die Grundgesamtheit der untersuchten Population gemacht werden können, sollte die Zufallsstichprobe die Grundgesamtheit in allen Merkmalen möglichst adäquat abbilden (vgl. Rothe/Wiedenbeck 1994:47). Eine häufig verwendete Methode zur Abschwächung des Problems der Unter- oder Überrepräsentation bestimmter Teilpopulationen stellt die Gewichtung der Daten dar. Ziel eines Gewichtungsverfahrens ist die Veränderung der relativen Relevanz eines Befragten, um dadurch systematischen Verzerrungen innerhalb einer Stichprobe entgegenzuwirken. Nach der Gewichtung sollte das Stichprobenprofil der Untersuchung dem Profil der Gesamtbevölkerung ähnlicher sein als zuvor (vgl. Diekmann 2008:427). Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Design-Gewichtung und der Anpassungs-( Adjustment-) Gewichtung (Gabler 2004).
Jennifer Graeske, Tanja Kunz
6. Realisierung der Stichprobe
Ein wichtiger Bestandteil der Beurteilung der Qualität von Stichproben ist die Analyse der Umsetzung der Brutto- in die Nettostichprobe. Hierbei geht es insbesondere um den Anteil der systematischen Ausfälle, die zu einer Verzerrung der Stichprobe führen können. Relevante systematische Ausfallgründe sind die Nichterreichbarkeit (Ineligibility) und die fehlende Teilnahmebereitschaft (Non-Response). Zu diesem Themenkomplex existieren zahlreiche Veröffentlichungen, die Ausschöpfungen von Stichproben in persönlich-mündlichen, postalischen und festnetztelefonischen Befragungen berichten und untersuchen (vgl. zum Beispiel Koch 2002, Schnell 1997, Deutschmann/Häder 2002). Für Umfragen über das Mobilfunknetz gibt es jedoch bislang kaum gesichertes Wissen. So konstatiert zum Beispiel die AAPOR immensen Forschungsbedarf auf diesem Gebiet (AAPOR 2008:33f.). Insbesondere die Übertragbarkeit bestimmter Dispositionscodes von Festnetzbefragungen auf Mobilfunkbefragungen ist ungeklärt.
Sabine Häder, Michael Häder, Jennifer Graeske, Tanja Kunz, Götz Schneiderat

Teilnahmebereitschaft an Mobilfunkbefragungen, Design der Studie und Befunde

7. Teilnahmebereitschaft und Teilnahmeverhalten bei Telefonumfragen der Allgemeinbevölkerung über das Mobilfunknetz
Die Teilnahmebereitschaft und das Teilnahmeverhalten der kontaktierten Personen an Umfragen werden von unterschiedlichen Aspekten bestimmt. Neben der an die soziale Lage der Person gebundenen Interessenlage und den Wertorientierungen der Befragten ist die Akzeptanz einer Untersuchung und damit auch das Teilnahmeverhalten beispielsweise abhängig davon, um welches Thema die Personen um Auskunft gebeten werden sollen, wer die Umfrage durchführt und wie viel Zeit die Beantwortung der Fragen voraussichtlich in Anspruch nehmen wird. Eine weitere wesentliche Facette ist die Art und Weise, in der die Zielperson um Auskunft gebeten wird. So liegen Erfahrungen dazu vor, wie sich die Teilnahmebereitschaft bei persönlich-mündlichen, bei postalischen Erhebungen und auch bei Internet- und telefonischen Umfragen über das Festnetz gestaltet. Faktisch nichts ist jedoch dazu bekannt, mit welchen Reaktionen die Umfrageforscher rechnen können, wenn sie ihre Zielpersonen über den Mobilfunk zur Teilnahme an einer Befragung auffordern.
Götz Schneiderat, Tino Schlinzig
8. Das Mobilfunktelefonverhalten in der Allgemeinbevölkerung
Ende der 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts hatte das (Festnetz-) Telefon eine Verbreitung gefunden, die es ermöglichte, fast alle Bürger der damaligen Bundesrepublik über das Telefon zu kontaktieren. Ab dieser Zeit war es möglich, telefonische Bevölkerungsumfragen zu realisieren. Etwa 100 Jahre hatten seit der Einführung des Telefons vergehen müssen, bis dieses auch ein Instrument für die Umfrageforschung werden konnte. Nachdem die telefonische Befragung als eine wissenschaftlich legitimierte Methode eingeführt worden war und damit ihr negatives Image eines schnellen und ungenauen Erhebungsverfahrens abgelegt hatte, wuchs sie innerhalb weniger Jahre zur am häufigsten verwendeten Erhebungsmethode.
Götz Schneiderat, Tino Schlinzig
9. Die Anwesenheit Dritter als intervenierende Größe für die Response-Rate
Vor Beginn der CELLA-Studie war weitgehend unklar, wie Personen reagieren, wenn sie über das Mobiltelefon zu einem Interview aufgefordert werden. Die Teilnahmebereitschaft, so der Stand des sozialwissenschaftlichen Wissens, wird von einer Vielzahl an Größen bestimmt. Eine dieser Bestimmungsgrößen ist die Anwesenheit dritter Personen zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme. Weitere Größen sind die Lokalität, in der der Anruf erfolgt (vgl. dazu Abschnitt 7.2.1 in diesem Band) oder auch die Art und Weise, in der die Befragung dem Respondenten angekündigt wird (vgl. dazu Abschnitt 7.2.4 in diesem Band). Im Weiteren gilt das Interesse dem Einfluss, den dritte Personen auf den Verlauf des Interviews nehmen können.
Götz Schneiderat, Tino Schlinzig
10. Nonrespondenten: Auswertung der Ergebnisse der Kurzbefragung
Bei der Generalisierung der Ergebnisse von Befragungen der Allgemeinbevölkerung müssen die folgenden vier möglichen Fehlerquellen in Betracht gezogen werden: erstens Stichprobenfehler, zweitens Noncoverage-Fehler, drittens Messfehler und viertens Nonresponse- Fehler (vgl. Dillman 1991:227). Insbesondere letzterer Fehler stellt in der Praxis ein erhebliches Problem dar. Die Qualität von Befragungen der Allgemeinbevölkerung leidet neben dem Anteil an nicht erreichbaren Personen und an Personen, die nicht dazu in der Lage sind an einer Befragung teilzunehmen, auch unter einem zunehmenden Anteil von Kontaktierten, die eine Teilnahme verweigern (vgl. Curtin/Presser/Singer 2005, Däubler 2002, Schnell 1997).
Götz Schneiderat, Tino Schlinzig
11. Pretest und Vorstudien
Im Rahmen der CELLA-Studie sind eine Reihe von Pretests durchgeführt worden. Konkret waren ein Pretest und zwei Vorstudien mit Pretestcharakter sowie einige kognitive Tests der Hauptstudie vorgelagert. Der erste Pretest wurde im Frühsommer 2006 durchgeführt. Die Feldzeit der ersten Vorstudie lag in den Jahren 2006 / 2007 und die der zweiten im Jahr 2007. Die kognitiven Pretests wurden im September 2007 durchgeführt. Im Folgenden sollen diese vier Module und deren Befunde skizziert werden.
Götz Schneiderat, Tino Schlinzig

Mode-Effekte

12. Theoretischer Rahmen und Untersuchungsdesign
Es ist bekannt, dass zwei Befragungen, die sich an dieselbe Grundgesamtheit beziehungsweise dieselbe Stichprobe richten und die dabei auch dieselben Frageformulierungen benutzen, nicht zwingend auch zu den selben Befunden führen, vor allem dann nicht, wenn sie sich dazu jeweils eines anderen Erhebungsmodes bedienen. Beispielsweise erbrachte eine Untersuchung zum eigenen Gesundheitszustand mit einem von der Zielperson selbst auszufüllenden Fragebogen, dass 15 Prozent der so Befragten ihre Gesundheit mit der besten ihnen für ihre Antwort zur Verfügung gestellten Antwortkategorie „sehr gut“ bewerteten. Nur kurze Zeit später gaben jedoch sogar 27 Prozent derselben Personen bei einem persönlich-mündlichen Interview an, ihre Gesundheit sei „sehr gut“ (vgl. Biemer 1997). Dies stellt offenbar einen deutlichen Unterschied dar, der kaum mit einer tatsächlichen Veränderung des Gesundheitszustandes begründet werden kann.
Michael Häder, Mike Kühne
13. Die Prägung des Antwortverhaltens durch die soziale Erwünschtheit
Für die Umfrageforschung stellt sich, und dies gilt unabhängig vom Modus der Erhebung, generell das Problem, inwieweit sich die Zielpersonen bei ihren Antworten an den von ihnen vermuteten sozialen Normen beziehungsweise alternativ an einem so genannten wahren Wert orientieren. Die Abgabe sozial erwünschter Antworten und deren Konsequenzen findet bereits seit längerem eine ausführliche Beachtung durch die Umfrageforschung. Vor allem bei Auskünften über jene Sachverhalte, die als besonders heikel gelten – hierzu zählen in den westlichen Industrieländern beispielsweise die Einkommensfrage, aber auch Angaben zum eigenen Gesundheitsverhalten (vgl. zum Beispiel Béland/St-Pierre 2008:297ff.) – ist damit zu rechnen, dass es bei den Zielpersonen zu gewissen Beschönigungstendenzen und damit zu sozial erwünschten Antworten kommt. Auch das Verweigern einer Antwort kann unter Umständen auf die genannte Tendenz zurückgeführt werden.
Michael Häder, Mike Kühne
14. Das Kriterium Antwortlatenzzeiten
Anrufe beziehungsweise konkret Befragungen über den Mobilfunk können die Zielperson an nahezu allen beliebigen Orten auf dieser Welt und zu nahezu allen beliebigen Tageszeiten erreichen. Dies stellt einen Unterschied zu telefonischen Befragungen über das Festnetz dar, die in der Regel an den Aufenthalt im eigenen Haushalt gebunden sind. Daraus erwächst nun die Vermutung, dass Mobilfunkbefragungen von Seiten der Zielpersonen gegebenenfalls auch unter einem stärkeren Zeitdruck absolviert werden als solche, die zuhause stattfinden. Weiter ist aufgrund der unbekannten Umgebung, in der die Zielperson befragt wird (nicht jeder reagiert wahrscheinlich so cool wie der Geschäftsreisende auf dem Flughafen im Abschnitt 12.1), nicht auszuschließen, dass diese einer stärkeren psychologischen Ablenkung durch die Umgebung unterliegt. Die Folge könnte sein, dass sich der Befragte darum bemüht, das Interview möglichst rasch zu absolvieren. Schließlich können auch mangelnde Erfahrungen im Umgang mit dem Mobilfunkgerät dazu führen, dass von der Zielperson subjektiv ein Zeitdruck wahrgenommen und damit die Beantwortung der Fragen beschleunigt wird. Sollte dies zutreffen, so handelte es sich um einen klaren Kritikpunkt am Instrument Mobilfunkbefragungen beziehungsweise um einen Mode-Effekt, der weiter zu untersuchen ist.
Mike Kühne, Michael Häder
15. Mode-Effekte bei Einstellungsfragen mit direktem inhaltlichen Bezug
Das kognitionspsychologische Modell der Antwortfindung geht davon aus, dass sich die Zielpersonen, nachdem sie die Frage verstanden haben, auf die Suche nach relevanten Informationen im Gedächtnis begeben, um daraus dann ein Urteil zu bilden, welches von ihnen schließlich noch zu editieren ist (vgl. Sudman/Bradburn 1996, Tourengeau et al. 2005). Gerade bei Einstellungsfragen ist es nicht zu erwarten, dass zu allen Sachverhalten bereits ein fertiges Urteil abrufbereit vorhanden ist, vielmehr muss dieses erst in der beschriebenen Weise gebildet werden. Sollte dies aber doch so sein, so könnte der Prozess der Antwortfindung deutlich abgekürzt werden (vgl. auch Abschnitt 14 in diesem Band).
Michael Häder, Mike Kühne
16. Skaleneffekte
In der Umfrageforschung geht man davon aus, dass die Zielpersonen bei ihrer Suche nach Informationen zur Beantwortung einer Frage sehr verschiedene Quellen benutzen. Natürlich ist dabei zunächst das eigene Gedächtnis als Ressource zu nennen. Neben den hier abgelegten Informationen werden aber auch solche genutzt, die beispielsweise aus den präsentierten Antwortvorgaben abgeleitet werden können. Bekannt geworden und viel zitiert ist in diesem Zusammenhang ein Experiment zur Ermittlung der Fernsehdauer. Schwarz und Kollegen (1985) fragten dazu nach dem durchschnittlichen Fernsehkonsum. Der Text der Frage lautete: „Wie viele Stunden sehen Sie an einem normalen Werktag fern? Bitte benutzen Sie für Ihre Antwort das folgende Schema.“ Es kamen zwei Varianten (A und B) zum Einsatz. Die Tabelle 16.1 zeigt die beiden verschiedenen jeweils den Zielpersonen vorgelegten Antwortschemata und die dabei ermittelten empirischen Befunde.
Michael Häder, Mike Kühne
17. Fragereihenfolgeeffekte
Bereits 1948 ist die Umfrageforschung in einer sozialwissenschaftlichen Erhebung auf Fragereihenfolgeeffekte aufmerksam geworden. Damals stellten Hyman und Sheatsley (vgl. 1950) einer Reihe Personen die Frage, ob es einem kommunistischen Reporter gestattet sein sollte, über seinen Besuch in den Vereinigten Staaten zu berichten. Platzierten sie einen entsprechenden Indikator, nachdem Auskunft darüber eingeholt wurde, ob es denn einem amerikanischen Reporter erlaubt sein sollte, über die Sowjetunion zu berichten, so antworteten 73 Prozent der Befragten mit Ja. Wurde die Fragereihenfolge jedoch verändert, so betrug die Zustimmung nur noch 37 Prozent.
Michael Häder, Mike Kühne
18. Konsistenzen und Inkonsistenzen im Antwortverhalten
Die Hoffnungen der Umfrageforschung gehen dahin, dass die Antworten der Respondenten bei einer Befragung vor allem den vom Veranstalter gesuchten „wahren“ Wert ausdrücken. Es gibt jedoch zahlreiche Einflussfaktoren, die – neben beispielsweise der sozialen Erwünschtheit (vgl. dazu Abschnitt 13.1 in diesem Band) und dem „wahren“ Wert – das Antwortverhalten der Zielpersonen bei einer Befragung maßgeblich bestimmen. Auch die Erklärung von Konsistenzen und Inkonsistenzen im Antwortverhalten der Zielpersonen stellt eine Herausforderung an die Umfrageforschung dar. Allgemein gilt zunächst, dass vor allem eine hohe Reliabilität und eine zugleich gegebene Validität der Instrumente zu einem konsistenteren Antwortverhalten in einer Befragung führen. An dieser Stelle gilt das Interesse vordergründig der Einstellungsstärke und deren Einfluss auf das Antwortverhalten der Zielpersonen. Dabei ist konkret zu fragen, ob es zwischen den beiden Modes in dieser Hinsicht Unterschiede gibt oder ob Inkonsistenzen im Antwortverhalten gleichermaßen bei Befragungen über das Festnetz und den Mobilfunk auftreten. Sollte es hier Differenzen zwischen den beiden Modes geben, so würde dies für die Wirkung unterschiedlicher Vermittlungsinstanzen des Antwortverhaltens sprechen. Sollten sich solche Differenzen nicht ausmachen lassen, so spricht dies für eine hohe Ähnlichkeit bei der Bildung der Antworten in beiden Modes.
Mike Kühne, Michael Häder
19. Erinnerungsleistung der Befragten in beiden Modes
Eine ganze Reihe von Autoren ist sich darüber einig, dass bei der Bildung einer Antwort auf eine Frage der Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis eine wichtige Rolle spielt (für eine Übersicht siehe zum Beispiel Schwarz 2000:374ff. und Häder 2006:191ff.). Auch in den vorangegangenen Abschnitten ist bereits wiederholt auf dieses Modell zurückgegriffen worden. Es gewinnt vor allem dann an Evidenz, wenn die befragte Person keine fertige Antwort parat hat. Es ist auch kaum strittig, dass für die Bildung des Urteils zumeist nur eine Teilmenge aus der Gesamtheit potenziell zur Verfügung stehender Informationen herangezogen wird. An einer (von außen sicherlich schwierig vorher zu bestimmenden Stelle) bricht die Zielperson ihre Informationssuche ab und antwortet. Nun ist es naheliegend, die Qualität einer gegebenen Antwort mit der Intensität der Informationssuche und diese wiederum mit dem Erhebungsmodus in Verbindung zu bringen. Es erscheint deshalb plausibel, davon auszugehen, dass die Erinnerungsleistung einer Zielperson auch ein geeigneter Indikator für die Informationssuche und damit für die Antwortqualität ist. Somit erscheint es nun angezeigt, Mobilfunk- und Festnetzbefragungen daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie sich in Bezug auf die Erinnerungsleistungen der jeweiligen Befragten und damit wiederum in Bezug auf die Datenqualität unterscheiden.
Michael Häder, Mike Kühne
20. Weitere Anhaltspunkte für Mode-Effekte
Mit der Intensität beziehungsweise mit dem Umfang, in dem die Befragten auf offene und auf halboffene Fragen antworten, sowie mit der direkten Bewertung des Interviews durch die Zielperson stehen zwei weitere Anhaltspunkte zur Verfügung, um im Rahmen der CELLA-Studie nach Mode-Effekten zu fahnden.
Michael Häder, Mike Kühne
21. Zusammenfassung zu Mode-Effekten
Gegenwärtig kommt die empirische Sozialforschung nicht mehr ohne Mixed-Mode- Designs aus. Dass es bei deren Einsatz zu Mode-Effekten kommen kann, ist bereits seit einiger Zeit bekannt. Auch zu den Ursachen solcher Mode-Effekte und zu deren Wirkungsmechanismen liegt bereits einiges Wissen vor. Dieses veranlasste konkret zu der Annahme, dass es in der CELLA-Studie zwar bestimmte Differenzen zwischen den beiden Modes geben wird, dass diese aber nicht zu grundlegenden Differenzen im Antwortverhalten führen werden. Um diese Vermutung abzusichern, wurden in der Studie verschiedene Kontrollmöglichkeiten eingebaut.
Michael Häder, Mike Kühne
22. Zusammenfassung zu den Ergebnissen der CELLA-Studie
Eine Stichprobe für eine telefonische Befragung zu ziehen, die zugleich im Festnetz und im Mobilfunknetz durchgeführt wird, konfrontiert den Forscher mit einigen neuen Herausforderungen, die in der CELLA-Studie größtenteils erfolgreich bewältigt werden konnten und nun als Empfehlungen der Scientific Community zur Verfügung gestellt werden können.
Antonius Schönberg
Backmatter
Metadaten
Titel
Telefonbefragungen über das Mobilfunknetz
herausgegeben von
Michael Häder
Sabine Häder
Copyright-Jahr
2009
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91490-9
Print ISBN
978-3-531-15790-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91490-9

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