Im Interview erläutert Josef Djulic von VisionTools, wie die industrielle Bildverarbeitung mit der virtuellen Inbetriebnahme zu einem wichtigen Tool in der Qualitätssicherung wurde.
springerprofessional.de: KI-basierte Bildverarbeitung hat die Qualitätssicherung enorm vorangebracht. Wo steht diese heute gegenüber dem Stand vor 10 Jahren?
Josef Djulic: 2014 wurden noch ausschließlich regelbasierte Auswertverfahren in der industriellen Bildverarbeitung verwendet. Seit 2018 ist es möglich, künstliche Intelligenz in der industriellen Bildverarbeitung einzusetzen. Den Startschuss gab damals Googles TensorFlow, also ein Framework zur datenstromorientierten Programmierung. In den darauf folgenden Jahren wurde das Produktportfolio zur einfachen Integration künstlicher intelligenter Systeme immer weiter ausgebaut.
Welches waren dabei die wichtigsten Entwicklungen?
Es begann mit einer industriegerechten GPU als Feldgerät, der sogenannten VoE-AIBox, mit hoher Schutzart, gefolgt von der cloudbasierten Anwendung Vision-Cockpit von VisionTools zum schnellen und einfachen Trainieren verschiedener neuronaler Netze. Zwischenzeitlich wurden weitere Prozesse in die Cloudanwendung integriert, sodass mit Vision-Cockpit nun auch Bilddaten gespeichert, archiviert, gelabelt – also annotiert –, neuronale Netze trainiert und seit neuestem auch validiert werden können.
Welche neuen Entwicklungen werden die bildbasierte Qualitätssicherung in Zukunft maßgeblich prägen?
Wie die Vergangenheit immer wieder eindrucksvoll gezeigt hat, können durch zunehmend leistungsfähigere Hardwarekomponenten immer größere Bilddatenmengen in kürzester Zeit verarbeitet werden. Dies ermöglicht zukünftig neue Anwendungen in Bereichen, die heute noch brach liegen. In den etablierten Anwendungen werden höhere Genauigkeiten und kürzere Prüfzeiten realisierbar sein.
In der Produktionstechnik gilt es, immer kleinere Stückzahlen automatisiert herzustellen. Welche Rolle spielt Machine Vision dabei?
Bei unseren Kunden in der Automobilindustrie steigen die Varianten komplexer Baugruppen bei Achse oder Motor nach wie vor. Getrieben ist dieser Trend vom immer höheren Grad der Individualisierung bei den Produkten, aber auch von Leistungsunterschieden und unterschiedlichen Vorschriften in den Zielländern.
Diese Vielfalt und Kombinatorik lässt sich von einem Werker manuell und in der vorgegebenen Zykluszeit nicht mehr prüfen. Industrielle Bildverarbeitung ist hier das Mittel der Wahl und stellt sicher, dass auch bei kleinen Stückzahlen prozesssicher geprüft wird. Die virtuelle Inbetriebnahmen unterstützt dabei, Prüfprozesse ab dem ersten Werkstück aktiv zu haben, sodass bereits bei kleinsten Fertigungslosen die Qualität der Produkte automatisiert geprüft werden kann.