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2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Prospekthaftung nach dem Börsengesetz

verfasst von : Patrick Kozik

Erschienen in: Going Public im Deutschen Reich

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Anhand der Ausführungen vorangegangener Kapitel ist ersichtlich geworden, dass der deutsche Gesetzgeber die gesetzlichen Bestimmungen zur amtlichen Börsenzulassung im Vergleich zur anschließenden Börseneinführung umfangreich festgehalten hat. Im Mittelpunkt der Anordnungen stand der Wertpapierprospekt, auf dessen Grundlage interessierte Kapitalanleger die Möglichkeit hatten, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten zu informieren. Bisher konnten allerdings keine Haftungsansprüche für die Käufer neuer Wertpapiere hergeleitet werden, die aufgrund eines mangelhaften Prospektes finanziellen Schaden genommen hatten.

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Fußnoten
1
Diese Haftungsansprüche zählten nach dem Gesetz aber nur für solche Prospekte, auf deren Grundlage die Zulassung zum amtlichen Börsenhandel ausgesprochen wurde. Vgl. § 46 Abs. 1 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226. Zirkulare, Prospektauszüge oder sonstige Veröffentlichungen, die das Börsenpublikum über die Börseneinführung informieren sollten, waren von der börsenrechtlichen Haftpflicht ausgeschlossen. Vgl. Schmidt (1911), S. 18.
 
2
Die Prospekthaftung erfolgte aufbauend auf die Haftungsregeln des Aktiengesetzes von 1884. Gehlen (2018) beschreibt in diesem Zusammenhang, dass Gesellschaftsgründungen und etwaige Börseneinführungen bereits hierdurch mit der nötigen kaufmännischen Sorgfalt vorzubereiten waren. Gehlen (2018), S. 49 f.
 
3
Die haftenden Personen: Für haftbar erklärt werden konnten die als Emissionshäuser fungierenden Banken, die den Prospekt entweder unmittelbar oder in einer Nachschrift unterschrieben hatten. Darüber hinaus konnten auch die Banken (die sog. „Sitzemittenten“), die andere Banken als Emissionshäuser vorschoben, um selbst nicht den Prospekt unterzeichnen zu müssen, als Ersatzpflichtige belangt werden. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 BörsG, dass „die Ersatzpflicht nicht dadurch ausgeschlossen [wird], daß der Prospekt die Angaben als von einem Dritten herrührend bezeichnet“, war damit überflüssig geworden. § 45 Abs. 2 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226. Vgl. Heim (1909), S. 73. Zwar musste auch die Aktiengesellschaft als Mitunterzeichner des Prospektes nach § 45 Abs. 1 BörsG für den entstandenen Schaden haften, das Reichsgericht kam in verschiedenen Entscheidungen hingegen zu der Ansicht, dass die Aktiengesellschaft aus aktienrechtlichen Gründen nicht zur Haftung verpflichtet werden konnte. Vgl. R. Philipp: Die Zulassung von Wertpapieren und der Zulassungsprospekt, in: Betriebs- und finanzwirtschaftliche Forschungen, II. Serie, 9. Heft, Berlin, 1924, S. 40 f.; Nußbaum (1910), S. 193; Bernstein (1910), S. 170 f.; Bänder (1916), S. 96 ff.
 
4
Voraussetzung der Haftung: Unter dem Begriff „unrichtige Angaben“ waren falsche Informationen zu verstehen, auf dessen Grundlage sich das Börsenpublikum ein Urteil über die Börseneinführung bildete. Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts begründete sich die Haftbarkeit des Emissionshauses z. B. darin, dass aus dem Prospekt hervorging, „den Mehreinnahmen ständen entsprechende Ausgaben gegenüber.“ In Wahrheit standen die Ausgaben aber in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen – Urteil vom 02. Mai 1900, herausgegeben von: den Mitgliedern des Gerichtshofes und der Reichsanwaltschaft, Band 46, Nr. 24, Leipzig, 1901, S. 83 ff. Siehe auch: Nußbaum (1910), S. 194. Die Ersatzpflicht war dagegen ausgeschlossen, sofern es sich bei den vermeintlich falschen Informationen lediglich um eine zweideutige oder unklare Ausdrucksweise handelte. Vgl. Bernstein (1910), S. 171.
 
5
Voraussetzung der Haftung: Unter dem Begriff der Unvollständigkeit waren zum einen die Informationen gemeint, die nach den §§ 6 bis 8 der Bundesratsbekanntmachung im Prospekt enthalten sein mussten, zum anderen gehörten dazu auch Angaben, die über diese Bestimmungen hinaus für die Beurteilung des Wertpapiers wesentlich waren. Entstand die Mangelhaftigkeit des Prospektes darin, dass die Zulassungskommission bei der Überprüfung fortgelassene Angaben nicht nachgefordert hat, die nach den gesetzlichen Bestimmungen aber hätten erwähnt werden müssen, waren die Prospekturheber dennoch zu Haftung verpflichtet. Die Genehmigung eines unvollständigen Prospektes durch die Zulassungsstelle bot demnach keinen Schutz vor der Ersatzpflicht der Emissionshäuser. Vgl. Schmidt (1911), S. 20.
 
6
R. Philipp: Die Zulassung von Wertpapieren und der Zulassungsprospekt, in: Betriebs- und finanzwirtschaftliche Forschungen, II. Serie, 9. Heft, Berlin, 1924, S. 42.
 
7
Vgl. Muth (1928), S. 47.
 
8
Dieser ursächliche Zusammenhang zwischen dem unvollkommenen Prospekt und dem entstandenen Schaden ist im BörsG dadurch berücksichtigt worden, dass für den Schaden gehaftet werden musste, welcher dem Besitzer „aus der von den gemachten Angaben abweichenden Sachlage erwächst.“ § 45 Abs. 1 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226. Vgl. Muth (1928), S. 51 f.
 
9
Die klageberechtigten Personen: Als klageberechtigt galt jede Person, die zum Zeitpunkt der Klage im Besitz des Wertpapiers war. Dabei war es nicht relevant, ob die Aktie direkt vom Emissionshaus oder vom vorherigen Besitzer erworben worden war. Vgl. Bänder (1916), S. 84 f. Zwar wurde zur Zeit der Börsen-Enquête-Kommission darüber diskutiert, ob die Emissionshäuser nur gegenüber den Ersterwerbern zur Haftung verpflichtet sein sollen und eine Ersatzpflicht gegenüber denjenigen ausgeschlossen werden soll, die die Wertpapiere zu einem späteren Zeitpunkt und vielleicht zu einem niedrigeren Kurs erworben haben. Die Kommission argumentierte jedoch, dass die Emissionshäuser die Wertpapiere in einem solchen Fall zunächst an Strohmänner ausgeben könnten, die wiederum ihrerseits auf jede Haftungsansprüche verzichten würden. Somit bestünde die Gefahr, dass die Wertpapiere anschließend aus dem Besitz der Strohmänner an das Börsenpublikum verkauft werden könnten und die gesetzlich festgelegte Haftung des Klägers somit gänzlich unwirksam würde. Vgl. Bericht der Börsen-Enquête-Kommission, Berlin, 1893, S. 69. Aus diesem Grund galt jeder Besitzer, der durch einen mangelhaften Prospekt Wertpapiere durch ein im Inland abgeschlossenes Rechtsgeschäft erworben hatte, als klageberechtigt.
 
10
§ 46 Abs. 1 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226.
 
11
Vgl. § 46 Abs. 3 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226. Siehe auch: Palyi/Quittner (1933), S. 117; Muth (1928), S. 55.
 
12
§ 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches vom 18. August 1896, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 24.08.1896, Nr. 21, S. 238.
 
13
Als Einführungskurs wurde derjenige Kurs bezeichnet, der nach der amtlichen Börsenzulassung beim Abschluss der ersten Geschäfte durch die Kursmakler der Börse festgestellt worden ist. Vgl. Bergmann (1919), S. 65. Kam es im Laufe des ersten Handelstages zu Kursänderungen, wurde nur der erste, amtlich festgestellte Börsenkurs für die Berechnung der Ersatzpflicht in Betracht gezogen. Wurde dieselbe Aktie am gleichen Tag an mehr als einer deutschen Börse und zu unterschiedlichen Kursen eingeführt, entschied nach Schmidt (1911) der höchste Kurs über die Schadenssumme. Vgl. Schmidt (1911), S. 27.
 
14
Vgl. § 46 Abs. 2 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226.
 
15
Grundsätzlich sollte nach § 252 BGB der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn beinhalten (lat. lucrum cessans). Unter diesen Umständen mussten gezahlte Dividenden oder Kursanstiege, die infolge einer positiven Unternehmensentwicklung zustande gekommen waren, als auch Kurserholungen bei der Bestimmung der Schadenssumme berücksichtigt werden. Aus der Schwierigkeit heraus, einen passenden Haftungsumfang zu ermitteln und die Beklagten vor zu hohen Zahlungen zu schützen, genügte es dem Gesetzgeber, wenn das Emissionshaus „das Wertpapier gegen Erstattung des von dem Besitzer nachgewiesenen Erwerbspreises oder desjenigen Kurswerts übernimmt, den die Wertpapiere zur Zeit der Einführung hatten.“ Heim (1909), S. 86; Bernstein (1910), S. 175; Bäßler (1914), S. 83; § 46 Abs. 2 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226.
 
16
Vgl. § 47 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226.
 
17
Vgl. Bäßler (1914), S. 91.
 
18
Vgl. Begründung des Entwurfs eines Börsengesetzes, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags: IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1. Anlageband, Aktenstück Nr. 14, Berlin, 1896, S. 24. Siehe auch: Bernstein (1910), S. 179.
 
19
Vgl. Heim (1909), S. 87.
 
20
Vgl. § 48 Abs. 1 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 227; Bänder (1916), S. 131; R. Philipp: Die Zulassung von Wertpapieren und der Zulassungsprospekt, in: Betriebs- und finanzwirtschaftliche Forschungen, II. Serie, 9. Heft, Berlin, 1924, S. 45.
 
21
Vgl. § 46 Abs. 1 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 226.
 
22
Bspw. schrieb die Bergschlossbrauerei AG in ihrem Börsenprospekt, dass die „Generalversammlung vom 17. Januar 1923 beschlossen [hat], zum Zwecke der Verstärkung der Betriebsmittel das Stammkapital um M 3.000.000 […] zu erhöhen. Die neuen Aktien wurden an ein Konsortium unter Führung des Herrn Kaufmann Oskar Hopf, Berlin, begeben mit der Verpflichtung, hiervon nom. M 1.500.000 den bisherigen Aktionären der Gesellschaft in der Weise zum Bezuge anzubieten, daß auf je M 2000 alte M 1000 neue Aktien zum Kurse von 100 % bezogen werden konnten. Die restlichen M 1.500.000 Aktien wurden dem gleichen Konsortium zum Kurse von 100 % überlassen. Diese Aktien sollen durch das Bankhaus Carsch & Co. Kommanditgesellschaft bei der Einführung der Aktien der Gesellschaft an der Berliner Börse ihre Verwendung finden. An dem durch die Veräußerung der Aktien erzielten Gewinn soll die Gesellschaft mit mindestens 90 % teilnehmen.“ Wertpapierprospekt der Bergschlossbrauerei AG, veröffentlicht in: Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 405 vom 01.09.1923, Berlin, S. 8. Nachdem die Aktien am 28. August 1923 zum amtlichen Handel an der Berliner Börse zugelassen wurden, veröffentlichte die Berliner Börsen-Zeitung den Wertpapierprospekt am 01. September 1923. Daraufhin kam es nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist (§ 17 BRBek. von 1910) am 05. September 1923 zur Börseneinführung der Bergschlossbrauerei AG.
 
23
Vgl. A. Lansburgh: Prospekthaftung, in: Die Bank, 2. Semester, Berlin, 1912, S. 1027.
 
24
Vgl. Lansburgh, a. a. O., S. 1027.
 
25
Vgl. Bäßler (1914), S. 104 ff.
 
26
Es ist zu beachten, dass nach dem Börsengesetz von 1896 der Wertpapierprospekt vor der Zulassung zu veröffentlichen war. Nach dem Börsengesetz von 1908 wurde der § 38 dahingehend abgeändert, dass fortan der Prospekt nicht mehr vor der Zulassung, sondern vor der Einführung veröffentlicht werden musste. Vgl. § 38 Abs. 2 des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 24.06.1896, Nr. 15, S. 166; § 38 Abs. 2 des Börsengesetzes vom 08. Mai 1908, RGBl. – ausgegeben zu Berlin, den 30.05.1908, Nr. 27, S. 224. Die Abänderung der gesetzlichen Bestimmung hatte allerdings keinen Einfluss auf die Wahl der Emissionsmethode, denn die Emissionshäuser konnten sich nicht nur bei der Börseneinführung durch eine Verzögerung der zur Verfügung gestellten Menge vor Haftungsklagen schützen, auch bei der Subskription bestand die Möglichkeit, nicht den gesamten zur Zeichnung aufgelegten Betrag zuzuteilen. Siehe Kapitel 3. Die zu beobachtende Verschiebung der Einführungsmethode – weg von der öffentlichen Zeichnung und hin zum freihändigen Verkauf – hat demnach nichts mit der Veränderung des § 38 BörsG und der Tatsache zu tun, dass sich die Emissionshäuser durch den eigenen Handlungsspielraum vor Haftungsklagen schützen konnten.
 
27
A. Lansburgh: Prospekthaftung, in: Die Bank, 2. Semester, Berlin, 1912, S. 1025.
 
28
Hiermit waren Angaben gemeint, die von den Gründern in Bezug auf die Zeichnung oder Einzahlung des Grundkapitals „oder in Ansehung der im § 186 vorgesehenen Festsetzungen zum Zwecke der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister“ gemacht wurden. § 203 des Handelsgesetzbuches für das Deutsche Reich mit Einführungsgesetz vom 10. Mai 1897, Stuttgart 1922, S. 66.
 
29
Vgl. Bäßler (1914), S. 102 ff.; Heim (1909), S. 88 ff.
 
30
Vgl. Nußbaum (1910), S. 201.
 
31
Vgl. Schmidt (1911), S. 34 f.; § 823 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich nebst dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18. August 1896, Leipzig, 1921, S. 218.
 
Metadaten
Titel
Prospekthaftung nach dem Börsengesetz
verfasst von
Patrick Kozik
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-34113-8_4

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