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Open Access 2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Zusammenarbeit und Führung für hybride Wertschöpfung

Modelle humaner Zusammenarbeit in hybriden Wertschöpfungsnetzwerken

verfasst von : Nicole Ottersböck, Martina Frost, Klaus Helming

Erschienen in: Wertschöpfung hybrid gestalten

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Hybridisierung und die damit einhergehende Digitalisierung haben Auswirkungen auf Zusammenarbeit und Führung in Unternehmen. Es bedarf geeigneter Strukturen sowie einer Führungs- und Unternehmenskultur, die eine erfolgreiche Hybridisierung und Digitalisierung unterstützen. Neben geeigneten Führungsstrukturen und -leitbildern betrifft dies die Kollaboration und Kooperation innerhalb und zwischen Teams sowie betriebsübergreifend. Herausforderungen bestehen im Veränderungsprozess beispielsweise, wenn neue Technologien eingeführt werden oder bei der Zusammenarbeit und Führung auf Distanz. Es werden flache Hierarchien nötig, die ein hohes Maß an Agilität ermöglichen, um möglichst schnell auf sich wandelnde Märkte und Bedarfe reagieren zu können. Zusammen mit allen Arbeits- und Prozessbeteiligten bzw. bei einer sozialpartnerschaftlichen Gestaltung sorgt dies für eine resiliente und wandlungsfähige Gesamtorganisation, die wesentlich für erfolgreiche Innovationsprozesse ist. Im Projekt wurden mögliche Veränderungen der Zusammenarbeit sowie der Führung analysiert und Maßnahmen abgeleitet, die einen erfolgreichen Veränderungsprozess im Zuge der Hybridisierung unterstützen. Der Beitrag thematisiert das Vorgehen und fokussiert die ausgewählten Handlungsfelder und die konzipierten sowie in der Praxis erprobten Maßnahmen.
Hinweise

Ergänzende Information

Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://​doi.​org/​10.​1007/​978-3-662-65130-8_​4.

4.1 Ausgangssituation und theoretischer Hintergrund

Die Digitalisierung und insbesondere die dadurch gestiegene Verfügbarkeit von Daten ermöglichen es Betrieben, neue hybride Dienstleistungen zu entwickeln und dadurch zusätzliche Erträge zu erwirtschaften sowie ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Im Rahmen des AnGeWaNt-Projekts wird in drei Betrieben, welche bisher ausschließlich physische Produkte verkauft haben, jeweils in einem Pilotbereich ein hybrides Geschäftsmodell eingeführt. Die Implementierung eines hybriden Geschäftsmodells bringt neben der technischen Umsetzung auch zahlreiche Veränderungen für die gesamte Organisation mit sich Kap. 1.

4.1.1 Zielsetzungen und Fragestellungen

Im folgenden Beitrag wird vorgestellt, welche Veränderungen und Anforderungen die Implementierung eines hybriden Geschäftsmodells für die Kollaboration und Kooperation innerhalb und zwischen den Abteilungen von Betrieben mit sich bringt. Ebenso wird analysiert, welche Führungsstrukturen und -leitbilder (Führungs- und Kulturentwicklung) für die Einführung eines hybriden Geschäftsmodells förderlich sind. Die zentralen Fragestellungen lauten:
  • Welche Veränderungen und Herausforderungen ergeben sich durch das hybride Geschäftsmodell für Zusammenarbeit und Führung?
  • Anhand welcher Methoden und Maßnahmen können diese erfolgreich bewältigt werden?
  • Welche Potenziale bieten betriebsübergreifende Kooperationen für die effiziente Bewältigung von Herausforderungen durch Hybridisierung?
  • Wie kann eine betriebsübergreifende Zusammenarbeit gestaltet werden?
Ziel ist es, in einem Pilotbereich funktionierende Strukturen der Zusammenarbeit und Führung bei hybrider Wertschöpfung zu etablieren. Hierzu wurde in einem der drei Betriebe ein Pilotbereich definiert, in welchem Methoden für funktionierende Zusammenarbeits- und Führungsstrukturen entwickelt und umgesetzt werden. Als Ergebnis liegen Konzepte für praxiserprobte Methoden (z. B. Workshops und Fragebögen zur Analyse) vor, die Betriebe verwenden können, um erfolgreiche und funktionierende Strukturen der Zusammenarbeit und Führung bei der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells zu definieren und zu etablieren. Im Folgenden werden der Pilotbetrieb, dessen hybrides Geschäftsmodell sowie der ausgewählte Pilotbereich für die Einführung eines hybriden Geschäftsmodells vorgestellt.
Eine weitere Zielsetzung in diesem Arbeitspaket war die Analyse von Potenzialen betriebsübergreifender Kooperationen, um die Herausforderungen, welche durch die hybriden Geschäftsmodelle entstehen, gemeinsam im Unternehmensverbund effizienter meistern zu können. Aufbauend auf der Analyse wurden Maßnahmen zur Ausführung einer betriebsübergreifenden Kooperation in einem Pilotarbeitsbereich der drei Anwenderunternehmen durchgeführt.

4.1.2 Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH und der Pilotbereich

Die Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH (nachfolgend PAUS genannt) am Standort Emsbüren im Emsland entwickelt, konstruiert und produziert seit 50 Jahren Baumaschinen, Industriefahrzeuge, Lifttechnikfahrzeuge sowie Spezialfahrzeuge für den Berg- und Tunnelbau. Dabei besteht immer der Anspruch, eine auf die Kundschaft zugeschnittene, individuelle Qualitätsfahrzeug- und Maschinenlösung zu liefern. Das Familienunternehmen wurde im Jahr 1968 von Hermann Paus gegründet und wird heute von den Brüdern Franz-Josef und Wolfgang Paus geleitet. Das Unternehmen ist daher bezogen auf seine Führungs- und Zusammenarbeitshistorie ein eher traditionell geprägter Betrieb.
Die Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen und ihrer Kundschaft durch die Möglichkeiten des Zugriffs auf Maschinendaten weitere Dienstleistungen anzubieten. Die wesentliche Neuerung bezogen auf die Etablierung eines hybriden Geschäftsmodells bei PAUS besteht darin, dass dem Kunden neben den Baufahrzeugen zukünftig auch digitale Dienstleistungen (z. B. vorausschauende Wartung, Abschalten der Maschine aus der Ferne; Standortortung) basierend auf den Maschinendaten angeboten werden sollen [1].
Als Pilotbereich für die Einführung dieses hybriden Geschäftsmodells wurde der Bereich der Lifttechnikfahrzeuge gewählt. In diesem Produktbereich bietet PAUS ein vielseitiges Produktportfolio für das Heben von Lasten und Personen (z. B. Aluminium-Schrägaufzüge, Hubarbeitsbühnen und Anhängerkranen). Für die prototypische Umsetzung des hybriden Geschäftsmodells fiel die Wahl auf den PTK 31, einen Kran aus dem Bereich der Anhängerkrane, der im Wesentlichen bei Dachdecker- und Hallenbaubetrieben, in der Glasbautechnik und auch bei Vermietungsfirmen zum Einsatz kommt. Der PTK 31 wurde mit Sensorik ausgestattet und an Pilotkundinnen und -kunden ausgeliefert, um erste Erfahrungen mit der Erhebung von Produktnutzungsdaten zu sammeln sowie das Geschäftsmodell und seinen Mehrwert für die Kundschaft zu erproben. Die Daten, die von dem Anhängerkran an den Betrieb übertragen werden, dienen als Grundlage für die Entwicklung konkreter Vertriebs- und Abrechnungsmodelle. Zusätzlich führte PAUS eine Kundenbefragung durch, um zu ermitteln, welche Daten für welches Kundensegment hilfreich sein können. Abb. 4.1 zeigt vereinfacht das hybride Geschäftsmodell der Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH [1].
Das System umfasst unter anderem folgende Funktionen Abb. 4.2 [3]:
  • Einsatzauswertung
  • Nutzerverwaltung
  • Kundenspezifische Konfiguration
  • Geofencing (Ortung des Produkts z. B. als Diebstahlschutz)
  • Offlinefunktionalitäten
  • Diebstahlschutz
Die Firma PAUS verfolgt mit dem neuen Geschäftsmodell die folgenden Ziele [4]:
  • Kunden begeistern
  • Konkurrenzfähig bleiben
  • schnellerer Service
  • Kunden ein Life-Cycle-Cost-Management ermöglichen

4.2 Vorgehensweise zur Entwicklung und Etablierung erfolgreicher Zusammenarbeits- und Führungsstrukturen bei der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells

Bei der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells handelt es sich um einen Innovationsprozess, der mit zahlreichen Veränderungen verbunden sein kann, welche die gesamte Organisation betreffen. Häufig stehen in diesem Rahmen Fragen im Raum, welche Führungsmethoden, -prinzipien und Verhaltensweisen Führungskräfte brauchen, um Strukturen zu etablieren, welche zur erfolgreichen Entwicklung und Implementierung der Hybridisierung beitragen und somit den Erfolg des Betriebes und die Leistungsfähigkeit der Belegschaft langfristig sicherstellen.
Eine zentrale Aufgabe der Geschäftsleitung und der Führungskräfte ist es dabei, ausgehend von der aktuellen Situation (Ist-Zustand) des Betriebes (z. B. Führungskräfte, Beschäftigte, Ressourcen, Produkte, Aufbau- und Ablauforganisation, Prozesse etc.) und basierend auf den ebenfalls zu definierenden, angestrebten Zielen (Soll-Zustand) genau festzulegen, welche Führungsmethoden, -kompetenzen, -aufgaben, -persönlichkeiten es braucht, um definierte Ziele zu erreichen. Dabei kann Führung auf zwei Ebenen – der strategischen und der operativen Ebene – ansetzen.
Im Rahmen der strategischen Führung werden die Vision, die Ziele und die Strategien unter Berücksichtigung von Chancen und Risiken sowie Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten (Markt, Wettbewerb, Kunden, Gesetze etc.) definiert. Sie bildet den Rahmen, in dem die operative Führung stattfindet. Demzufolge bedarf es zunächst der Festlegung einer Unternehmensvision, um zu klären, wo sich der Gesamtbetrieb hin entwickeln soll. Die Etablierung eines hybriden Geschäftsmodells kann dann eines der zahlreichen festzulegenden Ziele auf dem Weg zur Vision des Betriebes sein. Ist die Vision festgelegt, gilt es ebenso als Betrieb zu erarbeiten, wie diese Vision erreicht werden soll. Es stellen sich dabei die folgenden Fragen: Welche Ziele wollen wir festlegen? Mit welchen Strategien erreichen wir diese Ziele, wie stellen wir uns als Betrieb auf (Struktur und Organisation) und wie wollen wir miteinander umgehen (Werte und Kultur; vgl. Abb. 4.3).
Der in diesem Beitrag beschriebene Pilotbetrieb geht die Veränderung der Organisation entsprechend ganzheitlich an. Hierzu wurde eine externe Beratung beauftragt, um zunächst die strategische Neuausrichtung des Betriebs gemeinsam mit der Geschäftsführung und dem Führungskreis zu erarbeiten. Es wurden ein neues Leitbild sowie Leitwerte entwickelt. Ebenso wurden sieben neue Zielsäulen mit konkreten Maßnahmen und Verantwortlichen in Form einer Jahreszielplanung festgelegt. Eine dieser Säulen lautet „Digitalisierung“. Im Rahmen dieses Ziels nimmt der Pilotbetrieb am AnGeWaNt-Projekt teil und implementiert prototypisch das hybride Geschäftsmodell im Bereich der Lifttechnik. Die strategische Ausrichtung des gesamten Betriebes steht nicht im Vordergrund des AnGeWaNt-Projekts.
Bei der operativen Führung erfolgt dann die Ausrichtung von Prozessen und Verhaltensweisen der Beschäftigten bzw. ihrer Arbeit an der betriebsspezifischen Vision, den Zielen, Prinzipien und gewählten Strategien. Dabei wirkt Führung auf die Beschäftigten auch durch die Führungsperson, also die Persönlichkeit, das Verhalten und die Kompetenzen der Führungskraft. Dies bedeutet, dass für eine erfolgreiche Umsetzung der zur Neuausrichtung des Betriebes festgelegten Ziele, auch die Kompetenzen der Führungskräfte entsprechend gefördert oder ggf. angepasst werden sollten. Denn je nach Führungssituation (z. B. betriebliche Rahmenbedingungen wie Ressourcen oder Ausmaß der Digitalisierung; Führung auf Distanz) verändern sich die Anforderungen an deren Kompetenzen. Dabei können beispielsweise persönliche Kompetenzen, Fachkompetenzen, Sozialkompetenzen und/oder Methodenkompetenzen fokussiert werden (vgl. Abb. 4.3).
Bezogen auf die Neuausrichtung des Pilotbetriebes wird die Weiterentwicklung der Kompetenzen ebenfalls durch eine externe Beratung begleitet und erarbeitet. Dabei wurde zunächst eine Analyse der Ist-Situation bzw. der aktuell vorliegenden Kompetenzen und Fähigkeiten durchgeführt (z. B. mittels einer Umfrage anhand eines Persönlichkeits- oder Führungsfragebogens). Basierend auf diesen Ergebnissen wurden dann die Schulungs- und Entwicklungsbedarfe festgelegt und im Rahmen von Workshops behandelt. Diese umfassten Themengebiete wie Kommunikation und Feedback, Rolle und Haltung der Führung, hierarchieübergreifende Zusammenarbeit aber auch Verantwortung.
Im Hinblick auf die Implementierung des hybriden Geschäftsmodells bedarf es neuer oder veränderter Führungsverhaltensweisen und Kompetenzen. Schwerpunkt des vorliegenden Beitrags ist die Gestaltung der operativen Führung und Zusammenarbeit bei der Implementierung des hybriden Geschäftsmodells. Die strategische Neuausrichtung des Betriebs wird nicht thematisiert. Alle Maßnahmen und Methoden, die im Rahmen des AnGeWaNt-Projekts entwickelt wurden, beziehen sich demzufolge auf die Unterstützung der operativen Führung (aller beteiligten Führungskräfte) zur Implementierung des hybriden Geschäftsmodells.

4.2.1 Gestaltung organisationsinterner Zusammenarbeit und Führung bei der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells

Zur Beantwortung der Fragestellungen, welche Veränderungen und Herausforderungen sich durch die Einführung des hybriden Geschäftsmodells im Lifttechnikbereich der Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH für die Zusammenarbeit und Führung ergeben und anhand welcher Methoden und Maßnahmen diese erfolgreich gestaltet werden können, wurde ein Methodenbaukasten (z. B. Workshops, Fragebogen, Analyseanaweisungen etc.) zur Etablierung erfolgreicher und funktionierender Strukturen der Zusammenarbeit und Führung bei der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells entwickelt.
Die entwickelten Methoden können hier heruntergeladen werden: https://​www.​angewant.​de/​transferkit/​.
Die Methoden richten sich schwerpunktmäßig an Führungskräfte, da diese für die Prozessgestaltung verantwortlich sind und eine klare Zielvorstellung darüber haben müssen, wozu der Veränderungsprozess bzw. die Einführung des neuen Geschäftsmodells dient sowie welche Veränderungen von Aufgaben und Kompetenzanforderungen auf die eigene Abteilung zukommen. Ist dies erreicht, kann die Führungskraft die Steuerung und Begleitung des Veränderungsprozesses bei den Beschäftigten unterstützen und auch glaubwürdig den Nutzen aufzeigen.
Zur Begleitung des Veränderungsprozesses bei der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells und damit zur Entwicklung und Konzeption geeigneter Methoden für die Zusammenstellung des Baukastens wurde in vier Entwicklungsphasen vorgegangen (vgl. [6]).
1.
Analysephase: Analyse des Ist-Zustandes bezogen auf Führung und Zusammenarbeit Abschn. 4.2.1.1
 
2.
Konzeptionsphase: Festlegung des Soll-Zustandes und Konzeption von Maßnahmen Abschn. 4.2.1.2
 
3.
Umsetzungsphase: Durchführung der entwickelten Maßnahmen Abschn. 4.2.1.3
 
4.
Evaluationsphase: Bewertung der Maßnahmen und Bestimmung von Optimierungsmöglichkeiten Abschn. 4.2.1.4
 
In jeder Entwicklungsphase wurde verschiedene Methoden und Instrumente eingesetzt, welche Bestandteil des Methodenbaukastens sind. Im Folgenden werden die eingesetzten Methoden, deren Ziele und exemplarische Ergebnisse aus der Erprobung im Pilotbetrieb dargestellt.

4.2.1.1 Analysephase

Das Ziel der Analysephase war die Ermittlung des Status-quo (Ist-Zustand). Basis hierzu waren die Einschätzungen der Führungskräfte zu Veränderungen und neuen Anforderungen durch die Einführung eines hybriden Geschäftsmodells. Ebenso sollten deren Erwartungen abgefragt werden. Diese sollten vorab informiert werden, welche konkreten Veränderungen geplant sind. Hierzu wurden folgende Methoden eingesetzt bzw. Maßnahmen durchgeführt:
  • Kick-Off Workshop
  • Führungskräftebefragung mittels halbstandardisiertem Interviewleitfaden
  • Ergebnispräsentation vor der Geschäftsführung
4.2.1.1.1 Ziele, Methoden und Ergebnisse des Kick-Off Workshops
Der Kick-Off Workshop fand mit den Führungskräften und der Geschäftsführung statt (N = 14). Neben einer generellen Einführung und Vorstellung des Projekts AnGeWaNt kam die Methode „Die vier Zimmer der Veränderung“ [16] zum Einsatz. Ziel war es, anhand dieser Methode zu verdeutlichen, dass sich der Veränderungsprozess zur Einführung eines hybriden Geschäftsmodells anhand der folgenden vier Phasen gliedern wird:
I.
Phase der Zufriedenheit
 
II.
Phase der Verleugnung
 
III.
Phase der Verwirrung: über die Realität anstehender Veränderungen
 
IV.
Phase der Erneuerung: durch Verständnis und Akzeptanz der Veränderungen
 
Zu I.:
Zu Beginn von anstehenden Veränderungen befinden sich Beschäftigte und Führungskräfte in der Regel in der Phase der Zufriedenheit. Sie sind zufrieden mit den aktuellen Begebenheiten und dem Status quo im Unternehmen.
Zu II.:
Der Phase der Zufriedenheit folgt die Phase der Verleugnung. In dieser Phase wollen Beschäftigte und Führungskräfte nicht wahrhaben, dass Veränderungen im Unternehmen vollzogen werden. Sie leugnen den anstehenden oder bereits begonnenen Veränderungsprozess.
Zu III.:
In der Phase der Verwirrung wird realisiert, dass die Veränderung tatsächlich stattfindet und es „kein Zurück“ geben wird.
Zu IV.:
Die letzte Phase beschreibt die Erneuerung. Wer in dieser Phase des Veränderungsprozesses angekommen ist, versteht die Notwendigkeit der Veränderung und hat diese akzeptiert Abb. 4.4 [16.
Zielsetzung des Workshops ist es, Führungskräften die Veränderung, in der sich das Unternehmen und sie selbst befinden, bewusst zu machen. Dies geschieht anhand der Reflexion darüber, in welchem Stadium der Veränderung sich die Teilnehmenden aktuell befinden. Darüber hinaus können auf dieser Basis Maßnahmen erarbeitet werden, die dazu dienen, in die „Phase der Erneuerung“ zu gelangen.
Methodisch wurde im Workshop wie folgt vorgegangen: Anhand einer graphischen Veranschaulichung der vier Phasen auf einem Flipchart wurde abgefragt, in welcher Phase der Veränderung sich die Führungskräfte aktuell persönlich befinden. Dafür wurden den Teilnehmenden die Phasen vorab erläutert. Ausgehend von dieser Einschätzung wurden Maßnahmen abgeleitet, welche notwendig sind, um die Veränderung erfolgreich zu gestalten und zu definieren, welche individuellen Maßnahmen gebraucht werden, um in die „Phase der Erneuerung“ (IV.) zu gelangen (vgl. auch [7, 6]).
Am Kick-Off Workshop nahmen insgesamt neun Führungskräfte teil. Die Methode „Die vier Zimmer der Veränderung“ ergab, dass die Führungskräfte bereits Ideen hatten, wie eine Erneuerung im Zuge der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells aussehen kann. Die Einschätzungen hinsichtlich des aktuellen Stands des Unternehmens zeigten, dass die Führungskräfte überwiegend der Meinung waren, dass sich die Belegschaft in der „Phase der Verleugnung“ oder auf der Schwelle zur „Phase der Verwirrung“ befand. Auf die Frage, welche Maßnahmen benötigt werden, um in die „Phase der Erneuerung“ zu gelangen, wurden folgende Punkte genannt ([8, 1]):
  • eine klare Vision,
  • ein einheitliches Grundverständnis,
  • konkrete Ziele, die mit der Einführung des hybriden Geschäftsmodells verfolgt werden,
  • schnelle, positive Erfolgs- und Nutzungserlebnisse,
  • Mut zur Veränderung,
  • Eigenmotivation der Beschäftigten,
  • regelmäßige, aktuelle Informationen zum Entwicklungsstand des hybriden Geschäftsmodells,
  • einen „geschützten Raum“ bzw. Pilotbereich.
4.2.1.1.2 Ziele, Methoden und Ergebnisse der Führungskräftebefragung
Die Führungskräftebefragung hatte zum einen das Ziel, den befragten Führungskräften bewusst zu machen, dass die Einführung eines hybriden Geschäftsmodells auch wirklich im Unternehmen stattfinden wird. Zum anderen sollten konkrete Handlungsfelder abgeleitet werden, welche aus Sicht der Führungskräfte angegangen werden müssen, um Zusammenarbeit und Führung konstruktiv und für das hybride Geschäftsmodell unterstützend zu gestalten.
Anhand einer Literaturrecherche wurde ein Fragebogen zu den fünf Themenbereichen Veränderungsprozess, Technikeinführung, Führung, Unternehmenskultur und Kompetenzentwicklung entwickelt. Der halbstandardisierte Interviewleitfaden enthielt zudem einen Einführungs- und einen Abschlussteil (vgl. Abb. 4.6.)
Der komplette Interviewleitfaden kann hier heruntergeladen werden: https://​www.​angewant.​de/​wp-content/​uploads/​2022/​01/​Leitfragen.​pdf.
Es wurden insgesamt 14 Interviews persönlich vor Ort oder telefonisch geführt, die nach entsprechender Einwilligung aufgezeichnet wurden. Davon entfielen zwei Interviews auf die Geschäftsführung und weitere 12 Interviews wurden mit Führungskräften durchgeführt. Die Auswertung der Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse [9] (siehe Exkurs zur Qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring in Kap. 5, Abschn. 5.​2.​1.​2).
Im Anschluss wurden die Ergebnisse der Geschäftsführung und dem Führungskreis präsentiert, um weitere Maßnahmen zur Begleitung der Zusammenarbeit und Führung bei der Implementierung eines hybriden Geschäftsmodells abzustimmen. Hierzu wurden neben den Ergebnissen auch konkrete Maßnahmenvorschläge präsentiert. Ziel war es, ein abgestimmtes Vorgehen zur Durchführung weiterer Maßnahmen mit den Führungskräften und der Geschäftsführung zu erreichen, sodass auch entsprechende Ressourcen im Betrieb zur Umsetzung dieser Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden können.
Aus der Führungskräftebefragung (N = 14) ergaben sich sieben Handlungsfelder für eine erfolgreiche Einführung eines hybriden Geschäftsmodells ([1] vgl. Abb. 4.7).
Die ermittelten Inhalte der einzelnen Handlungsfelder werden im Folgenden kurz erläutert [6]:
Das Handlungsfeld „Mehrwert durch das hybride Geschäftsmodell“ umfasst im Wesentlichen die Erwartungen der befragten Führungskräfte bezogen auf den Nutzen der Einführung der digitalen Angebote im Lifttechnikbereich. Als Mehrwert wurde beispielsweise genannt, dass die Erkenntnisse aus dem Pilotbereich auch auf andere Produktbereiche übertragen werden können und dass sich der Unternehmenserfolg insgesamt dadurch steigern lässt.
Das Handlungsfeld „Einführung der neuen Technologie“ beinhaltet Aspekte und Fragestellungen, die sich aus der Implementierung der Sensorik und der dadurch zur Verfügung stehenden Datenmenge ergeben. Hier wurden von den Führungskräften konkrete Herausforderungen genannt, wie beispielsweise die Notwendigkeit zur Entwicklung eines geeigneten Vertriebsmodells für digitale Geschäftsmodelle oder die Qualitätsprüfung der zur Verfügung stehenden Daten, welche für das Angebot digitaler Dienstleistungen notwendig sind.
Unter dem Handlungsfeld „Führung“ wurden Inhalte genannt wie die Weitergabe von Verantwortung und Entscheidungskompetenz oder auch die Erfüllung neuer Anforderungen durch die Führungskräfte (z. B. Verwendung agiler Methoden; Altersunterschiede; Führung auf Distanz).
Bezogen auf das Handlungsfeld „Zusammenarbeit“ war es den Führungskräften wichtig zu klären, wie eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Konstruktion – die auch für Entwicklung zuständig ist – Vertrieb und Service in Zukunft aussehen kann, ob ggf. eine neue Fachabteilung für Datenanalyse und -aufbereitung etabliert werden muss und wie die Zusammenarbeit und Kommunikation mit Kunden und Partnern (auch bezogen auf die Weitergabe von Informationen und Daten) gestaltet werden kann.
Beim Handlungsfeld „Kultur“ nannten die Führungskräfte Aspekte, wie die Klärung der Fragen, wie viel Zeit für Innovationen verwendet werden soll, wie Informationen von den Beschäftigten untereinander genutzt und weitergegeben werden und wie mit Fehlern umgegangen werden soll.
Herausforderungen, die von den Führungskräften zum Handlungsfeld „Veränderungsprozess“ genannt wurden, waren z. B. der Umgang mit Widerständen und Blockaden, um die Beschäftigten mitzunehmen, sowie die Entwicklung einer realistischen Einschätzung der Geschwindigkeit des Veränderungsprozesses.
Das letzte Handlungsfeld „Kompetenzen“ umfasste beispielsweise die grundsätzliche Etablierung einer Struktur zur Kompetenzentwicklung und zum Aufbau neuer oder sich wandelnder Kompetenzen.“ Dieses Handlungsfeld wurde im Projekt AnGeWaNt gesondert bearbeitet (vgl. z. B.[10]) (siehe Kap. 5).

4.2.1.2 Konzeptionsphase

Basierend auf den Ergebnissen der Führungskräftebefragung und dem Kick-Off Workshop sowie den Rückmeldungen aus dem Gespräch mit der Geschäftsführung wurden konkrete Maßnahmen abgeleitet und entwickelt. Diese bezogen sich im Wesentlichen auf die Bearbeitung und Begleitung des Veränderungsprozesses im Rahmen der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells. Als erstes wurde ein Workshop zum Thema „Veränderungen begleiten und gestalten“ konzipiert. Die zum Einsatz kommenden Methoden orientierten sich an dem Workshopkonzept von Wippermann „Hurra, ein Befehl!“ [11]. Die Ziele des Workshops waren folgende (vgl. [1]):
  • Erwartungen (Befürchtungen sowie auch Potenziale und Chancen) an die Veränderung beschreiben.
  • Ein einheitliches Verständnis von der Veränderung erreichen und ein gemeinsames Zielbild formulieren (Vision).
  • Konkrete Maßnahmen erarbeiten und vereinbaren, was zu tun ist, damit die Veränderung gelingt.
In der Analysephase wurde deutlich, welche Arbeitsbereiche insbesondere maßgebliche Veränderungen durch die Hybridisierung erfahren. Neben den technischen Arbeitsbereichen sind dies die kundennahen Arbeitsbereiche Vertrieb und Service. Der Vertriebsbereich wurde für tiefergehende Analysen und Maßnahmen als Pilotbereich ausgewählt. In der Konzeptionsphase wurde ein Workshop durchgeführt, der Veränderungen, Herausforderungen und Kompetenzbedarfe im ausgewählten Pilotbereich eruiert und die Beschäftigten in diesem Arbeitsbereich für die Veränderungen, welche durch die Hybridisierung entstehen werden, sensibilisiert. Darüber hinaus bestand das Ziel des Workshops in der Ideensammlung und Identifikation von geeigneten Maßnahmen zur Zusammenarbeit und Kompetenzentwicklung.
Die konzipierten Maßnahmen werden im nachfolgenden Abschnitt im Detail in der praktischen Anwendung vorgestellt.

4.2.1.3 Umsetzungsphase

In der Umsetzungsphase wurden zur Gestaltung der Zusammenarbeit und Führung in dem Pilotbetrieb folgende begleitende und unterstützende Methoden eingesetzt:
1.
Workshop zum Thema „Veränderungen gestalten und begleiten“
 
2.
Workshop zum Thema „Veränderungen und neue Kompetenzanforderungen durch die Hybridisierung erfassen und meistern“
 
4.2.1.3.1 Maßnahme zur Gestaltung von Veränderungen
In dem Workshop „Veränderungen gestalten und begleiten“ wurden in einem ersten Schritt die Befürchtungen und Chancen, welche die 14 teilnehmenden Führungskräfte aus Vertrieb, Konstruktion, Service, Produktion etc. mit der Einführung eines hybriden Geschäftsmodells verbinden, erfragt. Es zeigten sich folgende Bedenken bzw. vor Implementierung des Geschäftsmodells zu beantwortende Fragestellungen [6]:
  • Sind die Ressourcen im Servicebereich ausreichend?
  • Welche Ressourcen sind im IT-Bereich vorhanden (Programmier- und Entwicklungsaufwand)?
  • Wie kann ein Abrechnungsmodell konkret aussehen?
  • Wie soll die Betreuung eines hochkomplexen technischen Produkts erfolgen?
  • Welche Aspekte müssen bzgl. der Datensicherheit und des Datenschutzes beachtet werden?
  • Welche Rechte und Pflichten gelten im Schadensfall (Regelung der Herstellerverantwortung)?
  • Wie ist das Verhältnis von Ressourcen und Investitionen? Welche Arbeit kommt dazu, welche fällt weg? (Kosten-Nutzen-Analyse)
In einem zweiten Schritt wurden die Chancen, die aus Sicht der Führungskräfte mit dem hybriden Geschäftsmodell verbunden sind, erfragt. Es wurden folgende Aspekte genannt [6]:
  • Umsatzsteigerungen
  • Wettbewerbsvorsprung
  • Steigerung der Innovations- und Zukunftsfähigkeit
  • erhöhte Kundenbindung, Generierung neuer Kunden
  • schnellere Fehleranalyse
  • Aufbau von Know-How
  • Steigerung des Images als attraktiver Arbeitgeber
  • Optimierung der Konstruktion und des Service (z. B. Fernwartung, Fehlerdiagnose)
Des Weiteren erarbeiteten die Führungskräfte in Gruppen eine konkrete Vision, indem sie folgende Fragestellungen beantworteten:
  • Stellen Sie sich vor, dass die Einführung des neuen hybriden Geschäftsmodells (digitaler Zugriff auf Maschinendaten im Bereich Lifttechnik) gelungen ist – wie sieht Ihre Organisation dann in drei bis fünf Jahren aus?
  • Welche Ziele sollen für Ihren Bereich (z. B. Vertrieb, Service, Einkauf) dann erfüllt sein?
Zur Festlegung konkreter Schritte zur Umsetzung dieser Vision wurden die Führungskräfte gebeten, die Frage zu beantworten, welche Ziele in den auf den Zeitpunkt des Workshops folgenden Jahren 2020 bis 2025 und in Bezug auf das hybride Geschäftsmodell (z. B. digitaler Zugriff auf Maschinendaten im Bereich Lifttechnik) umgesetzt werden sollen. Als Ergebnis wurden insgesamt 17 Ziele formuliert. In einem letzten Schritt wurde exemplarisch ein Ziel ausgewählt und konkrete erste Handlungsschritte zu dessen Umsetzung festgelegt (vgl. [5]).
Dabei wurde nach dem ersten Workshop deutlich, dass der Nutzen der Durchführung weiterer Workshops/Methoden eng mit der technischen Umsetzung bzw. Weiterentwicklung des hybriden Geschäftsmodells zusammenhängt. Daher priorisierte der Pilotbetrieb die technische Umsetzung. Das hieß, Ausstattung eines Liftkrans mit Sensoren und Auslieferung an einen ersten Kunden. Auf diese Weise wurden bereits reale Nutzungsdaten des Liftkrans erhoben. Ebenso wurde eine betriebsinterne abteilungsübergreifende Steuerungsgruppe eingerichtet, welche sich monatlich zu den aktuellen Entwicklungen und Bedarfen für die Implementierung eines hybriden Geschäftsmodells austauschte. Zudem wurde für den Lifttechnikbereich eine Kundenbefragung durchgeführt, anhand welcher genau ermittelt wurde, welche Daten bzw. zusätzlichen Informationen und Dienstleistungen für die Kunden der Liftkrane als zusätzliche Dienstleistung von Interesse sind.
Insgesamt war ein ständiger Austausch zwischen den Verantwortlichen für die technische und vertriebliche Umsetzung des hybriden Geschäftsmodells und der Person, welche die Begleitung des Veränderungsprozesses steuerte, wichtig. Hierzu fanden alle zwei Wochen telefonische Absprachetermine statt.
4.2.1.3.2 Maßnahme zur Analyse von Kompetenzanforderungen und Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten
Der Aufbau von Kompetenzen wurde von den Führungskräften als eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung des Geschäftsmodells eingestuft Abschn. 4.2.1.1.2. Insbesondere die Vertriebsbereiche sind im Zuge der Hybridisierung von Veränderungen und neuen Anforderungen betroffen. Daher wurde der Vertrieb der Firma PAUS als Pilotbereich zur Erfassung von neuen Kompetenzanforderungen und Lösungsmöglichkeiten für den Kompetenzaufbau ausgewählt.
Das Vorgehen sah zuerst eine Analyse aktueller Anforderungen im Vertriebsbereich vor. Dazu wurde ein Interview in Anlehnung an das Task-Analysis-Tool TAToo von Koch & Westerhoff 2019 [12] mit der Leiterin und dem Leiter des Vertriebsbereichs durchgeführt. Der erste Teil der Interviews fokussierte die wesentlichen Arbeitsschritte, die im Vertrieb durchgeführt werden. Darauf aufbauend wurde ermittelt, welche Aufgaben und Tätigkeiten mit welchen Kompetenzen in den jeweiligen Arbeitsschritten anfallen. Zudem galt es Schnittstellen zu anderen Arbeitsbereichen und mögliche Herausforderungen in den einzelnen Arbeitsschritten zu identifizieren. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden Kompetenzbedarfe für die Tätigkeit im Vertrieb erhoben. Abb. 4.8 zeigt beispielhafte Arbeitsschritte und die Themen der Analyse.
Das Instrument zur Ermittlung von Kompetenzbedarfen für Hybridisierung kann hier heruntergeladen werden: https://​www.​angewant.​de/​wp-content/​uploads/​2022/​01/​Anforderungsanal​yse.​pdf.
Anschließend wurden die Ergebnisse ausgewertet und dem gesamten Vertriebsteam im darauffolgenden Workshop anhand von Präsentationsfolien vorgestellt. Ziel war es, auf Basis der Ergebnisse mit den Teilnehmenden zu reflektieren, wie sich die Arbeitsschritte zukünftig, wenn das hybride Geschäftsmodell marktfähig ist, verändern werden. Thematisiert wurde, welche neuen Aufgaben entstehen, mit welchen Tätigkeiten diese verbunden sind und ob es neue Schnittstellen und Herausforderungen geben wird. Aufbauend auf diesen Überlegungen galt es zu antizipieren, welche neuen Anforderungen an die Kompetenzen der Beschäftigten im Vertrieb entstehen werden und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Vertrieb der Dienstleistungen zu unterstützen. Darüber hinaus wurde der Workshop genutzt, um das Vertriebsteam umfassend zum Projekt sowie zum aktuellen Stand der Hybridisierung zu informieren und etwaige offene Fragen des Teams zu klären. Darüber hinaus war ein Ziel dieses partizipativen Vorgehens, die Akzeptanz anstehender Veränderungen im Vertriebsbereich zu unterstützen [13].
Zusammengefasst waren die Ziele des Workshops:
  • Informationen zum AnGeWaNt-Projekt und über den aktuellen Stand des neuen, hybriden Geschäftsmodells vermitteln
  • Klärung von Fragen des Vertriebsteams zum neuen Geschäftsmodell
  • Konsolidierung aktueller Anforderungen und Kompetenzbedarfe
  • Erörterung von Veränderungen und zukünftigen (Kompetenz)bedarfen durch die Hybridisierung
  • Akzeptanzförderung anstehender Veränderungen durch die Hybridisierung
Im ersten Teil der Veranstaltung wurde das Projekt AnGeWaNt mittels Präsentationsfolien von Projektverantwortlichen vorgestellt. Im Anschluss stellte der Leiter des Vertriebs gemeinsam mit dem technischen Leiter der IT-Abteilung den aktuellen Entwicklungsstand des Geschäftsmodells von PAUS vor. Dabei wurden die Funktionen der Plattform PausConnect vorgeführt und die Teilnehmenden konnten sehen, welche Informationen die Kundschaft durch die Visualisierung der Produktnutzungsdaten erhalten kann. Die Teilnehmenden wurden aufgerufen, ihre Fragen zu stellen oder auch Verbesserungsvorschläge zu äußern. Nach der thematischen Einführung folgten zwei aufeinander aufbauende Workshopteile. Der erste Workshopteil galt der Vervollständigung und Abstimmung des Status quo der Anforderungen im Vertrieb, während im zweiten Workshopteil der Fokus auf Veränderungen, neuen Anforderungen und zukünftigen Kompetenzbedarfen lag (vgl. Abb. 4.9).
Im ersten Teil des Workshops wurden die Ergebnisse des Interviews mit der Vertriebsleiterin und dem Vertriebsleiter vorgestellt und gemeinsam mit den Teilnehmenden überprüft sowie vervollständigt. Im zweiten Teil wurden die Teilnehmenden in drei Gruppen aufgeteilt. In den Gruppen wurden die Veränderungen der Tätigkeiten im Vertrieb, welche durch die Hybridisierung entstehen, erhoben. Zur Unterstützung wurden die folgenden beispielhaften Fragestellungen genutzt:
  • Welche neuen Aufgaben erwarten Sie durch das neue Geschäftsmodell? Können Sie diese direkt ausführen?
  • Welche Herausforderungen erwarten Sie für den Vertrieb des hybriden Geschäftsmodells?
  • Welche Fragen müssen Sie zukünftig der Kundschaft stellen, um deren Bedarfe hinsichtlich Daten und hybrider Services zu erkennen?
  • Welche Fragen werden Kundinnen und Kunden Beschäftigten im Vertrieb bzgl. der neuen datengetriebenen Services stellen?
  • Welche Vorteile sehen Sie für Ihre Arbeit?
Anschließend präsentierte jede Gruppe den anderen Teilnehmenden ihre Ergebnisse. Diese werden nachfolgend zusammengefasst vorgestellt.
Neue Aufgaben werden vor allem die Betreuung der PausConnect-Plattform sowie der Vertrieb der datenbasierten Services sein. Darüber hinaus wird es die Aufgabe des Vertriebes sein, die Händlerinnen und Händler in der Handhabung der Plattform zu schulen (siehe Abb. 4.10). Hinsichtlich der Veränderung von Arbeitsmitteln gaben die Beschäftigten im Vertrieb an, dass eine Ausstattung mit neuester digitaler Hard- und Software nötig ist, um das digitale Geschäftsmodell entsprechend authentisch vertreiben zu können. Tablets mit Apps, Videotutorials oder Möglichkeiten zur individuellen Konfiguration der Produkte wären hierbei zukünftig hilfreich. Die Zusammenarbeit zwischen den technischen Arbeitsbereichen, wie beispielsweise der Konstruktion, mit den Arbeitsbereichen, die den meisten Kundenkontakt haben, wird sich vermutlich verstärken, um gegenseitig von Erkenntnissen und Erfahrungen zu lernen (siehe hierzu auch Kap. 5 in diesem Band).
Darüber hinaus wurden mögliche Herausforderungen benannt, die das Vertriebsteam hinsichtlich der Vermarktung des digitalen Geschäftsmodells erwartet. Insbesondere wird es als schwierig eingestuft, denjenigen Kundinnen und Kunden den neuen Service zu verkaufen, die bislang kaum digitale Technik nutzen. Zusätzlich wird befürchtet, dass die notwendigen technischen Maßnahmen, wie beispielsweise die Anbindung der Systeme an andere Schnittstellen oder der Kompetenzaufbau zur Analyse der Daten sowie der Umgang mit der Plattform, die Kundschaft abschrecken könnten. Die Vorteile der Datennutzung müssen diese Aufwände wesentlich übertreffen und das Vertriebsteam benötigt die Informationen dazu, um die Kundschaft von den hybriden Leistungen überzeugen zu können.
Die Erhebung von Produktnutzungsdaten erfordert zudem die Beachtung von Datenschutzrichtlinien. Diese müssten mit der Kundschaft vertraglich vereinbart werden, was auch eine Herausforderung darstellen könnte. Auch könnten Bedenken der Kundinnen und Kunden zur Sicherheit der Unternehmensdaten auftreten (siehe dazu auch Kap. 5 in diesem Band und Abb. 4.10.)
Aufbauend auf den Ergebnissen des ersten Workshopteils wurde in einer weiteren Gruppenarbeit erörtert, welche Kompetenzen und unterstützenden Materialien das Vertriebsteam benötigt, um die neuen datenbasierten Services erfolgreich vertreiben zu können. Hierbei wurden insbesondere drei Arten von Wissen identifiziert, die zukünftig relevant sind (siehe hierzu Abb. 4.11):
I.
Produktspezifisches Wissen
 
II.
Datenspezifisches Wissen
 
III.
Kundenspezifisches Wissen
 
Zu I. Produktspezifisches Wissen:
Die Kenntnisse des Vertriebsteams zum physischen Produkt des Baukrans PTK 31 und den technischen Funktionen sind bereits gegenwärtig nötig und vorhanden. Es wurde diskutiert, dass möglicherweise mehr technisches Know-how benötigt wird, um der Kundschaft beispielsweise die Ausstattung des Produkts mit der Technik zur Datenerhebung oder die Handhabung der Plattform erläutern zu können, um die Daten in Echtzeit abzurufen. Insbesondere diesbezüglich müssen die Händlerinnen und Händler geschult werden.
Zu II. Datenspezifisches Wissen:
Sowohl die Maschinendaten von PAUS, als auch die Daten von anderen Baumaschinenherstellern sollten dem Vertriebsteam bekannt sein. Es gilt zu erfassen, wo Daten erhoben werden können und in welchem Maße diese Daten der Kundschaft einen Mehrwert bieten (beispielsweise zur Optimierung ihrer Prozesse, vorausschauende Wartung, Diebstahlschutz etc.).
Zu III. Kundenspezifisches Wissen
Damit die Potenziale der Daten kundenspezifisch und erfolgreich vertrieben werden können, müssen die Kundschaft und deren Beweggründe für die Nutzung bekannt sein. Die Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH bedient zudem viele unterschiedliche Kundensegmente. Die Kundinnen und Kunden der unterschiedlichen Segmente benötigen die Produkte für unterschiedliche Zwecke. Es wurde im Workshop gefolgert, dass nicht alle Daten der Maschinen für jede Kundin und jeden Kunden gleichermaßen relevant sind. Beispielsweise interessieren Vermieterinnen und Vermieter die Standortdaten ihrer Maschinen, da damit Diebstähle verhindert, bzw. Fahrzeuge aufgefunden werden können. Im Bereich der Minenfahrzeuge sind Daten für Service auf Distanz wesentlich (siehe Wissensarten Abb. 4.11). Eine Befragung der Kundschaft dazu wurde bereits im Rahmen des Projektes AnGeWaNt durchgeführt (siehe Kap. 2 in diesem Band).
Insgesamt wird es das Ziel von PAUS sein, zukünftig mit der Kundschaft gemeinsam Optimierungspotenziale zu identifizieren und zu erörtern, wo die datengetriebenen Dienstleistungen einen Mehrwert zur Effizienzsteigerung bieten können (siehe Abb. 4.11).

4.2.1.4 Evaluationsphase

In der Evaluationsphase wurden sowohl einzelne Maßnahmen und Methoden von den am Projekt beteiligten Beschäftigten und Führungskräften von PAUS als auch das komplette Vorgehen und die durchgeführten Maßnahmen durch alle drei Anwenderunternehmen bewertet.
Für die formative Evaluation der Maßnahmen erhielten die Führungskräfte und beteiligten Beschäftigten nach der Durchführung von einzelnen Maßnahmen (insb. Workshops) entsprechende Fragebögen zur Beurteilung. Die Teilnehmenden gaben Rückmeldung zu folgenden Aspekten:
  • Gesamteindruck
  • Inhalte und Konzept
  • Referentinnen und Referenten
  • Methode und Präsentation
  • Sonstige Anmerkungen/Kritik/Verbesserungsvorschläge
Darüber hinaus wurden die durchgeführten Maßnahmen und Methoden von den beteiligten Projektleitern der Unternehmen bei einem Projekttreffen im November 2021 bewertet. Der Fokus der Evaluation lag auf den folgenden vier Fragestellungen:
  • Wurden die wesentlichen Aspekte sozio-technischer Arbeitsgestaltung behandelt?
  • Wird deutlich, warum die jeweiligen Aspekte/Themen relevant sind?
  • Gibt es Aspekte, die noch intensiver beschrieben werden müssen oder bestehen Informationslücken?
  • Welche Tipps oder Fallstricke sollten ergänzt werden?
Dabei wurden alle Maßnahmen und ihre Ergebnisse auf einer Metaplanwand visuell dargestellt und mittels einer Präsentation durch Verantwortliche der jeweiligen Arbeitspakete mündlich erläutert. Die beteiligten Unternehmensvertreter konnten anhand farblicher Klebepunkte alle durchgeführten Maßnahmen und Methoden hinsichtlich folgender Aspekte und vor dem Hintergrund der vorab benannten Fragestellungen bewerten (siehe Methode und Ergebnisse exemplarisch in Abb. 4.12):
  • Methode/Maßnahme war hilfreich/sinnvoll (grüner Punkt Abb. 4.12)
  • Methode/Maßnahme wäre hilfreich/sinnvoll gewesen (da nicht alle Maßnahmen in jedem der drei Unternehmen sowie der PTB durchgeführt wurden) (blauer Punkt Abb. 4.12)
  • Maßnahme/Methode ist für andere Unternehmen transferierbar (roter Punkt Abb. 4.12)
Die Maßnahmen und eingesetzten Methoden wurden von den Unternehmen als hilfreich und sinnvoll bewertet. Diejenigen Unternehmen und die, ebenfalls am Projekt beteiligte, Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) (mehr Informationen zur Rolle der PTB im Projekt verfügbar in Kap. 6 in diesem Band), bei denen die Maßnahmen nicht durchgeführt worden sind, gaben an, dass die Durchführung in ihrem Unternehmen beziehungsweise in ihrer Institution auch sinnvoll sein könnte. Weitere Erkenntnisse aus der Evaluation sind (siehe dazu auch Abb. 4.12):
  • Die Visualisierungen der Vision halfen den Unternehmen bei der internen Kommunikation der Geschäftsidee.
  • Es werden weitere Methoden zum Umgang mit Veränderungen durch Hybridisierung benötigt, insbesondere Methoden zur Förderung der Akzeptanz in der Belegschaft für die Einführung neuer Technologien.
  • In die Führungskräftebefragung sollten Fragen zu Befürchtungen und Ängsten hinsichtlich anstehender Veränderungen integriert werden.
  • Der betriebsübergreifende Austausch ist hilfreich, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.
  • Der Einsatz verschiedener Methoden, Workshops und Interviews wurde positiv bewertet. Workshops unterstützen den Austausch, während in den Interviews auch die Meinung und Bedarfe von introvertierten Beschäftigten berücksichtigt werden.

4.2.2 Zusammenfassung der Methoden und Ergebnisse

Entsprechend der bereits geschilderten Entwicklungsphasen werden nun die Methoden und Ergebnisse zusammenfassend vorgestellt. Eine Übersicht über die entwickelten Methoden liefert Tab. 4.1.
Tab. 4.1
Überblick über die zur organisationsinternen Zusammenarbeit und Führung entwickelten Methoden
Intervention, Aktivität, Methode
Zielgruppe
Angestrebtes Ergebnis/Zielsetzung
Kick-Off Workshop
Führungskräfte, Geschäftsführung (N = 9)
Bewusstseinsbildung; Erfragen der Erwartungen
Führungskräftebefragung mittels halbstandardisiertem Interviewleitfaden; Interviews (vor Ort und telefonisch)
Führungskräfte (N = 14); Geschäftsführung
Bewusstseinsbildung Status-quo; Erarbeitung von Handlungsfeldern
Ergebnispräsentation; Diskussion
Geschäftsführung, Führungskräfte (N = 14)
Information über die neuen Erkenntnisse; Planung und Lenkung des Veränderungsprozesses
Workshop zum Thema „Veränderungen gestalten und begleiten“
Führungskräfte, (N = 14)
Entwicklung einer Vision; Willensbildung; emotionale Veränderungen begleiten; Umsetzung vorbereiten
Workshop zum Thema „Veränderungen und Kompetenzbedarfe durch das hybride Geschäftsmodell“
Leitung Vertrieb und Beschäftigte des Vertriebs im Lifttechnik-Bereich (N = 5)
Informieren über die Veränderungen der tägl. Arbeit durch das hybride Geschäftsmodell; emotionale Veränderungen begleiten; Umsetzung vorbereiten und planen
Der Kick-off Workshop mit insgesamt neun Führungskräften zu Beginn des Projektes hatte zum Ziel, die Führungskräfte mit dem Projekt AnGeWaNt und den erstrebten Zielsetzungen betriebsintern und betriebsübergreifend vertraut zu machen und darüber hinaus die Erwartungen der Führung hinsichtlich der Geschäftsidee sowie der Auswirkungen auf die Organisation aufzunehmen (siehe Abschn. 4.2.1.1.1 und Tab. 4.1). Der Workshop diente damit zur Bewusstseinsbildung und gilt als Basis für den anstehenden Veränderungsprozess im Zuge der Hybridisierung. Aufbauend auf dem Kick-off Workshop wurde im nächsten Schritt, anhand einer Führungskräftebefragung mittels leitfadengestützter Interviews eine tiefergehende Analyse zu Veränderungsbedarfen durchgeführt (siehe Abschn. 4.2.1.1.2 und Tab. 4.1). Durch den Kick-off Workshop war der Großteil der Führungskräfte auf dem gleichen Wissenstand zum Projektvorhaben und auf weitergehende (Analyse)Maßnahmen vorbereitet. Durch die Befragung konnten die wesentlichen Handlungsfelder für eine erfolgreiche Hybridisierung im Betrieb herausgearbeitet werden. Durch die Ergebnispräsentation vor der Geschäftsführung und den Führungskräften wurden die Ergebnisse konsolidiert und es konnten gemeinsam darauf aufbauend Maßnahmen abgeleitet werden, die die Hybridisierung unterstützen (siehe Abschn. 4.2.1.2 und Tab. 4.1). Die Maßnahme „Veränderungen gestalten und begleiten“, hatte zum Ziel, im Führungskreis eine gemeinsame Zukunftsvision zu entwickeln und die Führungskräfte für den emotionalen Prozess der Veränderung zu sensibilisieren. Des Weiteren wurde das Handlungsfeld des Kompetenzaufbaus für Hybridisierung von den Führungskräften als wesentlich erachtet. Dies insbesondere hinsichtlich der Vertriebsarbeit, da die Beschäftigten im Vertrieb zukünftig die datengetriebenen Services neben den Produkten vertreiben müssen. Dies bedeutet eine wesentliche Veränderung der Vertriebstätigkeit, die mit neuen Anforderungen an die Beschäftigten einhergeht. Dies bestätigen auch die Analysen in den anderen beiden Anwenderunternehmen (siehe Abschn. 4.2.1.3.2 sowie Kap. 4 in diesem Band und Tab. 4.1).

4.3 Potenziale betriebsübergreifender Kooperationen für eine erfolgreiche Hybridisierung erschließen und nutzen

Die Hybridisierung und die damit einhergehende Digitalisierung stellen die Betriebe vor zahlreiche Neuerungen. Insbesondere die kundennahen Arbeitsbereiche (beispielsweise Vertrieb und Kundenservice) in allen drei Anwenderunternehmen sehen sich im Zuge der Veränderungen mit Herausforderungen konfrontiert, die sie meistern müssen, damit eine erfolgreiche Realisierung der datengetriebenen, hybriden Geschäftsmodelle gelingen kann. Dabei kann eine betriebsübergreifende Kooperation hilfreich sein [14].
Zur Erörterung der Potenziale betriebsübergreifender Kooperationen für Hybridisierung kann entweder von einzelnen Themen (z. B. Qualifizierung, Datenanalyse, Datenschutz, technische Entwicklung) ausgegangen werden oder von Arbeitsbereichen. Insbesondere eignen sich hier Bereiche, in welchem aufgrund der Hybridisierung und Digitalisierung maßgebliche Veränderungen erfolgen werden. In AnGeWaNt wurden aus diesem Grunde die Servicebereiche der drei Anwenderunternehmen zur Pilotierung ausgewählt, da sich in diesem Bereich maßgebliche Neuerungen wie beispielsweise Betreuung von Cloudservices, Zusammenarbeit und Kommunikation auf Distanz (z. B. Service auf Distanz, Aufbau von Webshops, Betreuung von Plattformen für den Datentransfer und -austausch) ergeben. Um die konkreten Auswirkungen und Herausforderungen der Hybridisierung auf Unternehmen und Arbeitsbereiche sowie die Potenziale der Zusammenarbeit zur erörtern, können diverse Maßnahmen von der Analyse bis hin zur Maßnahmenplanung und -umsetzung dienlich sein (vgl. [14]). Diese werden nachfolgend dargestellt.

4.3.1 Analyse von Veränderungen, Herausforderungen und Kooperationsmöglichkeiten

Um das genaue Ausmaß der Veränderungen sowie die Auswirkungen der anstehenden Hybridisierung auf Arbeitsbereiche sowie Kooperationsmöglichkeiten zu erfassen, können leitfadengestützte Interviews beispielsweise mit den Bereichsleitern und Bereichsleiterinnen eine gute Informationsquelle sein. Dazu wurde im Rahmen von AnGeWaNt ein Interviewleitfaden entwickelt, der die wesentlichen Themen einer betriebsübergreifenden Kooperation im Zuge der Hybridisierung abdeckt. Es gilt beispielsweise zu ermitteln, welche Veränderungen sich durch die Hybridisierung in dem ausgewählten Arbeitsbereich ergeben werden, was zukünftige Anforderungen sein werden, welche neuen Kompetenzbedarfe entstehen werden sowie wie der aktuelle Stand der Digitalisierung und zukünftig geplante Maßnahmen aussehen könnten. Zusätzlich können in den Gesprächen bereits Möglichkeiten einer betriebsübergreifenden Kooperation zur Bewältigung entstehender Herausforderungen und zur Effizienzsteigerung erörtert werden [14]. Abb. 4.13 zeigt die wesentlichen Themen der Analyse, zur Identifikation der Potenziale betriebsübergreifender Kooperationen für Hybridisierung, im Überblick.
Auszüge aus dem Interviewleitfaden zur Erfassung von Potenzialen betriebsübergreifender Kooperationen für Hybridisierung
Der Interviewleitfaden wurde für die Analyse von Kooperationspotenzialen im Bereich Kundenservice entwickelt, ist jedoch auch auf andere Arbeitsbereiche übertragbar. Der komplette Interviewleitfaden kann hier heruntergeladen werden: https://​www.​angewant.​de/​wp-content/​uploads/​2022/​02/​Leitfaden_​betriebsuebergre​ifend.​pdf.
Nachfolgend werden in Abschn. 4.3.2 die Ergebnisse der Analyse vorgestellt.

4.3.2 Kooperationsbedarfe und -möglichkeiten

Nach der Durchführung der Interviews wurden diese in tabellarischer Form dokumentiert, um die Gemeinsamkeiten der kooperierenden Unternehmen nach Themen herauszuarbeiten. Um einen Überblick zu Überschneidungen von Themen zu erhalten, kann zugeordnet werden, welche Unternehmen sich zu den Themen geäußert haben. Dies kann beispielsweise farblich markiert werden, wobei jedem Unternehmen eine Farbe zugeordnet wird. Die nachfolgende Abb. 4.14 zeigt eine beispielhafte Auswertung der Interviewergebnisse aus AnGeWaNt:
Die Auswertung der Interviewergebnisse in AnGeWaNt hat ergeben, dass die Unternehmen vor zahlreichen Herausforderungen stehen. Dabei wurden generelle, das gesamte Unternehmen betreffende sowie spezifische, auf den Servicebereich bezogene Herausforderungen benannt. Die Ausprägung der Herausforderungen ist demnach unterschiedlich stark. Insbesondere die Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen im Zuge der Hybridisierung (z. B. Reduktion von Papier und Anrufen mittels Cloudservices und Webshops sowie Service und Support auf Distanz, Verarbeitung und Transfer von Informationen) wird im Servicebereich, aber auch in anderen Arbeitsbereichen, Veränderungen der Tätigkeiten hervorrufen. Damit gehen Qualifizierungsbedarfe sowie die Notwendigkeit einer Neugestaltung von Prozessen einher.
Insbesondere die Sensibilisierung und Qualifizierung von Beschäftigten, die im Umgang mit digitalen Technologien nicht versiert sind, ist für die Betriebe mit Herausforderungen verbunden. Hier stellt sich die Frage der Etablierung eines sogenannten Digitalen Mindsets in der Belegschaft, also der Bereitschaft für Veränderung sowie die Neugier auf Neues und die Anwendung digitaler Technologien. Auch die Etablierung einer geeigneten agilen Unternehmenskultur ist relevant, um schneller auf sich wandelnde Kundenbedarfe eingehen zu können.
Der Grad der Digitalisierung der Prozesse der Kundschaft kann zudem eine Herausforderung für die erfolgreiche Etablierung hybrider Geschäftsmodelle auf dem Markt darstellen. Denn je ausgeprägter der Digitalisierungsgrad der Prozesse der Kundschaft ist, desto eher können digitale, datengetriebene Geschäftsmodelle auf Anklang stoßen. Bei geringeren Digitalisierungsgraden hingegen ist davon auszugehen, dass ein höherer Aufwand für den Vertrieb sowie den Service und Support zur Betreuung dieser Kundinnen und Kunden entsteht. Darüber hinaus können sich auch gänzlich neue, komplexe Aufgaben in Arbeitsbereichen ergeben, wie beispielsweise die Analyse sehr großer Datenmengen. Die Unternehmen in AnGeWaNt stehen zusätzlich vor der Herausforderung, geeignete Abrechnungsmodelle für ihre jeweiligen hybriden Dienstleistungen zu finden. Diskutiert wurden beispielsweise sogenannte Pay-per-use- oder Freemium-Modelle. Bei Pay-per-use Abrechnungsmodellen vergütet die Kundschaft nur die abgerufenen, hybriden Leistungen, während bei den sogenannten Freemium-Modellen Grundfunktionen der Portale oder Applikationen kostenlos sind und die Kundschaft nur für weitere „Premiumfunktionen“ bezahlen muss (vgl. [15]).
Darüber hinaus stehen die Unternehmen gleichermaßen vor der Herausforderung juristischer Regelungen hinsichtlich der Datenerhebung und des Datentransfers. Abb. 4.15 zeigt exemplarisch und im Überblick die Herausforderungen der Unternehmen aus AnGeWaNt, die sich durch die Hybridisierung ergeben [14].

4.3.3 Gestaltung des Auftakts zur betriebsübergreifenden Kooperation

Auf Basis der Analyseergebnisse aus den Interviews wurde im Projekt AnGeWaNt ein Auftaktworkshop zur betriebsübergreifenden Kooperation durchgeführt. Dieser Workshop diente dazu, ein gegenseitiges Kennenlernen der betrieblichen Akteure zu unterstützen und die aus den Interviews resultierenden, identifizierten Themen zur Kooperation zu konsolidieren sowie zu priorisieren. Im ersten Teil des Workshops stand somit das gegenseitige Kennenlernen im Fokus. Dafür haben die Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen eine Präsentation vorbereitet und durchführt. Die Präsentationen beinhalteten folgende Aspekte:
  • Vorstellung der Person und des Unternehmens
  • Überblick zu den aktuellen Geschäftsmodellen und das zukünftig geplante hybride Geschäftsmodell
  • aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich (z. B. Veränderungen, neuer Technikeinsatz) [14]
Im zweiten Teil des Workshops hat es sich in AnGeWaNt bewährt, die Ergebnisse der Analyse, insbesondere die identifizierten, gemeinsamen Herausforderungen sowie die Kooperationsmöglichkeiten, vorzustellen. Es hat sich gezeigt, dass viele der, von den Unternehmen benannten, Herausforderungen sowie die favorisierten Kooperationsmöglichkeiten vergleichbar sind [14] (siehe dazu auch Abb. 4.16).
Beispielsweise wurde von allen drei Unternehmensvertreterinnen und -vertretern angegeben, dass die betriebsübergreifende Zusammenarbeit im Kundenservice und die Mitnutzung von Servicekapazitäten Entlastung bieten und das Serviceversprechen der 24-h Service-Verfügbarkeit unterstützen könnten. Ein Unternehmen verfügt zudem über ein sehr großes Servicenetz, was den anderen Betrieben helfen könnte, einen schnelleren Kundenservice zu bieten. Ein anderer Betrieb sieht die geteilte Nutzung von ausländischen Sprachkompetenzen als hilfreich an. Darüber hinaus sind alle drei Unternehmen daran interessiert, langfristig in einem betriebsübergreifenden Austausch zu bleiben und gemeinsam Ideen im Servicebereich auszutauschen und weiterzuentwickeln. Alle drei Unternehmen befassen sich derzeit mit rechtlichen und juristischen Regelungen zu Datensicherheitsaspekten. Hierzu könnte ein Austausch ebenfalls eine effiziente Möglichkeit sein, um schneller zu möglichen Lösungen für Vorgehensweisen und Vereinbarungen zu gelangen. Des Weiteren ist es für die Betriebe herausfordernd die große Datenmenge zu handhaben. Dazu gehört beispielsweise die Sicherung der Datenqualität und der Analyse der Daten, um daraus wesentliche Informationen für die Kundschaft gewinnen zu können. Die gegenseitige Unterstützung bei der Analyse der Daten sowie ein betriebsübergreifender Austausch zu Möglichkeiten zur Sicherung der Qualität der Daten wurde von allen drei Unternehmen als hilfreich erachtet. Ein Austausch über Praxiserfahrungen zu digitalen Tools im Service sowie zur Handhabung von großen Daten- und Informationsflüssen wird ebenfalls von allen drei Betrieben als nützlich angesehen. Abb. 4.16. gibt einen Überblick über die identifizierten, wesentlichen Kooperationsmöglichkeiten in AnGeWaNt.
Im Anschluss an die Präsentation, Konsolidierung und Vervollständigung der Ergebnisse aus den Interviews hat es sich bewährt, die Themen von den Teilnehmenden priorisieren zu lassen, um relevante Themen für eine vertiefende Kooperation auszuwählen Abb. 4.17.
Am höchsten priorisiert wurde das Thema Digitalisierung, insbesondere der Austausch zu digitaler Soft- und Hardware für Servicezwecke. Die Priorisierung zeigte, dass die Qualifizierung ebenfalls ein wesentliches Thema für die Beteiligten darstellt. Auch der Gedanke, sich gemeinsam um Service und Support der Kundschaft zu kümmern und durch regelmäßigen Austausch Innovationen im Servicebereich gemeinsam zu entwickeln, fanden die Teilnehmenden für eine Kooperation geeignet. Wohingegen die Themen Digitalisierung der Kunden vorantreiben, sich zu Erfahrungen mit Kundenplattformen auszutauschen, juristische, vertragliche Themen und das Veränderungsmanagement als weniger relevant angesehen wurden (siehe Abb. 4.17).
Zur exemplarischen Vertiefung der Kooperation im Rahmen des Projekts AnGeWaNt wurde das am höchsten priorisierte Thema, die Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen, ausgewählt. Diesbezüglich wurden drei sogenannte Vertiefungsworkshops gestaltet, die nachfolgend vorgestellt werden.

4.3.4 Vertiefung der betriebsübergreifenden Kooperation

Auf Basis der Priorisierung der Themen im Auftaktworkshop zur betriebsübergreifenden Kooperation einigten sich die Bereichsleiterinnen und Bereichsleiter der drei Serviceabteilungen auf das Thema der Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen für einen vertieften Austausch. Unter das favorisierte Thema fallen diverse Unterthemen, die es in einem ersten etwa zweistündigen Vertiefungsworkshop zu priorisieren galt. Es wurde wie folgt vorgegangen:
I.
Sammlung von Unterthemen (siehe Abb. 4.18)
 
II.
Priorisierung der Themen und Festlegung des Themas zum vertiefenden Austausch
 
III.
Sammlung von Soft- und Hardware, die gegenwärtig in den Unternehmen zum Einsatz kommen (siehe Abb. 4.19)
 
IV.
Sammlung von Soft- und Hardware, die zukünftig in den Unternehmen eingesetzt werden sollen (siehe Abb. 4.19)
 
V.
Diskussion von Herausforderungen und Potenzialen der betriebsübergreifenden Kooperation zur Unterstützung von Lösungen
 
Zu I. und II.: Sammlung, Priorisierung, Festlegung von Unterthemen
Zu Beginn des virtuellen Vertiefungsworkshops wurden die bereits in den Interviews und im Auftaktworkshop identifizierten Unterthemen bezüglich der Digitalisierung auf einer Präsentationsfolie aufgeführt (siehe Abb. 4.18). Dabei wurden die Teilnehmenden befragt, welche der Themen sie für besonders relevant einschätzen. Dabei hat sich gezeigt, dass Service auf Distanz (Remote Service) und dafür bereits erprobte Hard- und Software, Erfahrungen mit Webshops zur automatisierten Produktauswahl, Möglichkeiten zur Begeisterung der Kundschaft für Digitalisierung sowie der Beschäftigten von besonderer Relevanz für alle drei Betriebe sind. Einzelne Themen, wie beispielsweise digitale Mittel zur Kommunikation oder die Nutzung der mobilen, digitalen Wiegeeinrichtungen der Firma PFREUNDT als Informationscockpit wurden von einzelnen Unternehmen als relevant benannt (siehe Abb. 4.18 und Informationen zur PFREUNDT GmbH in Kap. 5 in diesem Band).
Für einen vertieften überbetrieblichen Austausch wurde zunächst das Unterthema bereits erprobter oder zum Einsatz geplanter Hard- und Software für Kundenservice auf Distanz und weitere Servicezwecke ausgewählt.
Zu III. und IV.: Sammlung gegenwärtiger und zukünftiger Soft- und Hardware
Um sich dem Thema des Einsatzes von Soft- und Hardware zu nähern, wurde im Workshop zunächst erhoben, welche Technik derzeit mit welchem Zweck in den Betrieben im Einsatz ist. Die Beschäftigten in den Betrieben sind mit Laptops, Smartphones und Tablets ausgestattet. Für die digitale Kommunikation benutzen sie unterschiedliche Softwaresysteme. Diese werden auch für Online-Schulungen genutzt. Zusätzlich sind Ticketsysteme im technischen Bereich, gesonderte Softwareprogramme für Monteure, die beispielsweise die Funktion der digitalen Signatur ermöglichen, Datenmanagementsysteme und Systeme mit Informationen zu Prozessen im Einsatz. Onlineersatzteilkataloge enthalten wesentliche Informationen zu Produkten. Darüber hinaus nutzen die Betriebe für die interne Kommunikation sogenannte digitale schwarze Bretter. Des Weiteren nutzt ein Teil der Unternehmen bereits eine Cloud, die den Zugriff auf Daten über das Internet unabhängig vom Ort ermöglicht (vgl. Abb. 4.19).
Zu V.: Diskussion von Herausforderungen
Die Betriebe stehen vor der Herausforderung, eine große Menge an Daten und Informationen zu bewältigen. Im Laufe der Jahre haben sich in den Betrieben Daten und Informationsmaterialien zu Produkten, Dienstleistungen und Abläufen angehäuft. Dazu kommt, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Software für unterschiedliche Zwecke in den Unternehmen im Einsatz ist, über die jedoch, zumindest teilweise, auf dieselben Informationen zugegriffen werden muss. Dabei ergeben sich Schnittstellenproblematiken und weitere Herausforderungen. Diese werden durch die regelmäßige Einführung neuer Soft- und Hardware verstärkt. Somit ergibt sich bei den Betrieben die Notwendigkeit der Auswahl einer Software, die es ermöglicht, intuitiv auf viele unterschiedliche Informationen aus unterschiedlichen Systemen zugreifen zu können und die durch ihre Funktionalitäten die Digitalisierung der Betriebe (wie beispielsweise Service auf Distanz) unterstützt. Die Auswahl einer geeigneten Software ist dabei eine Herausforderung, da es eine Vielzahl an Angeboten dafür auf dem Markt gibt. Empfehlungen und Hinweise aus der betrieblichen Praxis zu geeigneter Software für Servicezwecke können daher bei der Auswahl sehr hilfreich sein.
In weiterführenden Vertiefungsworkshops stellten sich die Betriebe gegenseitig bereits in der Praxis erprobte oder gerade in der Auswahl befindliche Software vor. Dabei präsentierten Vertreterinnen und Vertreter der Serviceabteilungen in den virtuellen Veranstaltungen das von ihnen erprobte oder ausgewählte Tool anhand einer Führung durch das System. Funktionalitäten wurden aufgezeigt, und die Teilnehmenden konnten zwischendurch Fragen an die Expertinnen und Experten stellen.

4.3.5 Szenario-Modell zur Gestaltung betriebsübergreifender Kooperation zur Unterstützung von Hybridisierungsvorhaben

Aufbauend auf den Ergebnissen der Analyse wurden im Projekt Kooperationsmodell mit vier aufeinander aufbauende Szenario-Level der betriebsübergreifenden Kooperation im Service entwickelt (siehe Abb. 4.20). Die Betriebe in AnGeWaNt befinden sich aktuell auf dem ersten Level der Kooperation. Im Rahmen des Auftaktworkshops wurde eine Kennenlernphase angestoßen und es wurden erste Maßnahmen zur Vertiefung von priorisierten Themen der Kooperation getroffen. Der Auftaktworkshop hat gezeigt, dass es viele Themen gibt, für die sich allein schon ein überbetrieblicher Austausch als gewinnbringend erweist. Insbesondere Aspekte rund um die Digitalisierung von Prozessen und Informationen eignen sich für einen überbetrieblichen Austausch. Es gibt beispielsweise eine große Vielfalt an digitaler Soft- und Hardware (digitale Tools) für den Servicebereich. Die Auswahl fällt den Betrieben daher nicht leicht und ist in der Regel sehr zeitaufwendig. Im Projekt wurden dazu weitere Workshops durchgeführt, die zum Ziel hatten, dass sich die Unternehmen gegenseitig ihre ausgewählten digitalen Tools vorstellen. Die Partner können so die Vor- und Nachteile der Soft- und Hardware für ihre betrieblichen Zwecke beurteilen und die betrieblichen Expertinnen und Experten dazu befragen [14].
Die Ergebnisse der Analyse in AnGeWaNt zeigen, dass die Betriebe daran interessiert sind, Ressourcen zu teilen, beispielsweise zur gemeinsamen Qualifikation oder zum gemeinsamen Marketing. Das betriebsübergreifende Teilen von Ressourcen wäre eine Vertiefung der Kooperation und wird im vorliegenden Kooperationsmodell in Szenario-Level 2 eingestuft. Eine Vertiefung der Kooperation könnte zum Beispiel durch den Austausch der Produktnutzungsdaten (Szenario Level 3) sowie durch die gemeinsame Entwicklung und Etablierung von Plattformen zum Datenaustausch und Datenanalyse erfolgen. Level 4 wäre ein gemeinsamer Service und Support im Rahmen der Hybridisierung (beispielsweise für die Betreuung der Plattformen) und darüber hinaus. Abb. 4.20 zeigt ein mögliches Modell zur betriebsübergreifenden Zusammenarbeit in hybriden Wertschöpfungsnetzwerken [14].

4.4 Lessons learned

Durch die Hybridisierung ergeben sich Veränderungen in den Unternehmen, die es sozio-technisch zu gestalten gilt. Zu nennen sind hierbei beispielsweise veränderte Formen der Zusammenarbeit und der Führung, aber auch die Entstehung neuer Teamkonstellationen im Rahmen der Entwicklung und Umsetzung der Hybridisierung sowie die Veränderung von Kompetenzanforderungen.
Im Projekt wurden verschiedene Methoden konzipiert und in der Praxis erprobt, um einen erfolgreichen Veränderungsprozess zu unterstützen. Abb. 4.21 gibt einen Überblick über die durchgeführten Analysen und Maßnahmen in diesem Arbeitspaket.
Als wesentlich wurden Maßnahmen identifiziert, die den Umgang mit den Veränderungen reflektieren. Der Kick-off-Workshop, der die Führungskräfte dafür sensibilisierte, in welchem Stadium sie sich selbst im Veränderungsprozess befinden bzw. wie sie selbst zu den anstehenden Veränderungen stehen sowie der Workshop zum Thema „Veränderungen gestalten“ konnten den teilnehmenden Führungskräften eine Unterstützung bieten. Die Workshops sowie die leitfadengestützte Befragung der Führungskräfte zum Status quo (siehe Abschn. 4.2.1.1.2) verhalfen kritische Aspekte zu identifizieren und Maßnahmen zur Bewältigung dieser abzuleiten (siehe Abschn. 4.2.1.1.1 und 4.2.1.3.1).
Durch die Führungskräftebefragung konnten die wesentlichen Handlungsfelder, die es für eine erfolgreiche Hybridisierung zu gestalten gilt, identifiziert werden (siehe Abschn. 4.2.1.1.2). Darüber hinaus verhalf die Befragung dem Interviewteam zu einem Einblick in die Werte und Unternehmenskultur der Betriebe sowie in den Umgang mit Veränderungen und Technikeinführung. Hier gilt es aus bereits guten Erfahrungen und Fallstricken aus der Vergangenheit zu lernen, um Hinweise daraus für die optimale Gestaltung des anstehenden Veränderungsprozesses nutzen zu können.
Ein wesentliches Handlungsfeld ist in allen drei Unternehmen die Kompetenzentwicklung. Im Unternehmen PAUS wurde in einem Pilotbereich, dem Vertrieb, ein Workshop zur Ermittlung von Veränderungen und neuen Kompetenzanforderungen sowie der Erarbeitung von Maßnahmen durchgeführt (siehe Abschn. 4.2.1.3.2). Dieser Workshop diente neben der Analyse auch zur Information und Sensibilisierung der Beschäftigten im Vertriebsbereich zu den anstehenden Veränderungen durch die Hybridisierung. Mögliche Ideen zu Maßnahmen, zur Unterstützung des Kompetenzaufbaus sowie des zukünftigen Vertriebs der Dienstleistungen, wurden von den Beteiligten entwickelt.
Durch die Hybridisierung entstehen zahlreiche Herausforderungen. Betriebsübergreifende Kooperationen bieten Potenziale diese Herausforderungen gemeinsam effizienter zu lösen (siehe Abschn. 4.3). Im Rahmen des Projektes wurden exemplarisch in den Servicebereichen der Anwenderunternehmen Maßnahmen zur Gestaltung einer betriebsübergreifenden Kooperation konzipiert und durchgeführt. Darüber hinaus kooperieren die Unternehmen bei der technischen Umsetzung ihrer hybriden Geschäftsmodelle. Insgesamt konnte durch die Analyse und darauf aufbauenden Maßnahmen festgestellt werden, dass die Herausforderungen der Unternehmen nahezu identisch sind und dass es dadurch auch einige Kooperationsmöglichkeiten gibt. Die Unternehmen planen auch im Nachgang zum Projekt in Kontakt zu bleiben und sich bei Bedarf auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Die nachfolgende Abb. 4.21 bietet einen Überblick über die beschriebenen, wesentlichen Methoden und Maßnahmen im Projekt:
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Zurück zum Zitat Tschönhens A, Bissegger E (2012) Die vier Zimmer der Veränderung. In: Rohm A (Hrsg) Change Tools. Erfahrene Prozessberater präsentieren wirksame Workshop-Interventionen (S 73–82). ManagerSeminare Verlags GmbH, Bonn Tschönhens A, Bissegger E (2012) Die vier Zimmer der Veränderung. In: Rohm A (Hrsg) Change Tools. Erfahrene Prozessberater präsentieren wirksame Workshop-Interventionen (S 73–82). ManagerSeminare Verlags GmbH, Bonn
Metadaten
Titel
Zusammenarbeit und Führung für hybride Wertschöpfung
verfasst von
Nicole Ottersböck
Martina Frost
Klaus Helming
Copyright-Jahr
2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65130-8_4

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