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27.10.2021 | Antriebsstrang | Schwerpunkt | Online-Artikel

Verbrenner-Ausstieg: Die Pläne der Nfz-Hersteller

Teil 4: Wer plant wann den Verbrennungsmotor-Ausstieg?

verfasst von: Christiane Köllner

6 Min. Lesedauer

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Auch Nfz-Hersteller setzen immer stärker auf Elektromobilität, einige wollen in der EU von 2040 an nur noch fossilfreie Nutzfahrzeuge verkaufen. Die Antriebsportfolio-Pläne ausgewählter Nfz-Hersteller in der Übersicht. 

Zahlreiche Automobilhersteller haben Pläne für die Antriebswende vorgelegt, immer mehr kündigen den Abschied vom Verbrennungsmotor an. Auch die Hersteller von Nutzfahrzeugen müssen in den nächsten Jahren den CO2-Ausstoß ihrer Flotten deutlich verringern. Was steckt dahinter? Kann es in diesem Sektor überhaupt einen Abschied vom Verbrennungsmotor geben?

Die Lkw-Branche muss ihre CO2-Emissionen bis 2025 um 15 % im Vergleich zu 2019 senken, bis 2030 um 30 %. Um das Ziel der Europäischen Union (EU), bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen, wollen die europäischen Lkw-Hersteller bis zum Jahr 2040 den Verkauf von Nutzfahrzeugen mit fossilem Antrieb in der EU einstellen. Dazu verpflichten sich im Dezember 2020 die im europäischen Automobilverband Acea organisierten Produzenten in einer gemeinsamen Erklärung mit Wissenschaftlern des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Die unterzeichnenden Acea-Mitglieder sind Scania, Daimler Truck, Volvo Group, CNH Industrial, MAN Truck & Bus, DAF Trucks und Ford Trucks. Sie stellen jedoch auch eine Reihe von Bedingungen. Dazu gehört etwa die Frage nach der Einführung von CO2-abhängigen Mautgebühren und ein Energiebesteuerungssystem, das sich am Kohlenstoff- und Energiegehalt orientiert. Entscheidend für den Betrieb von emissionsarmen und emissionsfreien Schwerlastfahrzeugen sei auch ein dichtes Netz an Lastwagen-tauglicher Lade- und Betankungsinfrastruktur und ein System zur Bepreisung von CO2-Emissionen. 

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Systemvergleich CO2-freier Nutzfahrzeugantriebe

Wasserstoff gewinnt in der derzeitigen Diskussion um neue Energieträger für den Nutzfahrzeugbereich an Bedeutung. Meist wird hierbei die Nutzung einer Brennstoffzelle impliziert, wobei auch die Möglichkeit der Nutzung eines Wasserstoff-Verbrennungsmotors besteht. Eine CO2-Emissionsreduzierung ist mit beiden Antriebskonzepten möglich. Im vorliegenden Beitrag werden verschiedene Alternativen zum konventionellen, mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Verbrennungsmotor verglichen: BEV, PEM-BZ und HICE. 

Die Pläne und Strategien ausgewählter Nfz-Hersteller im Einzelnen sind: 

Traton

Traton erwartet in den nächsten Jahren einen rasanten Anstieg des Marktanteils elektrischer Lkw, wie Andreas Kammel, bei der Traton Group verantwortlich für die Strategie zu alternativen Antrieben, auf Anfrage mitteilt. Scania plane, 2030 die Hälfte aller Neuverkäufe mit elektrischen Fahrzeugen zu bestreiten trotz eines durch schwere Lkw dominierten Portfolios. Auch MAN hat sich ambitionierte Elektrifizierungsziele für 2030 gesetzt: 90 % der Stadtbusse, 60 % des Verteiler- und Regionalverkehrs und 40 % des Schwerlastfernverkehrs soll dann elektrisch fahren. 

Für alle Marken der Traton Group gelte, dass der allergrößte Teil dieser Fahrzeuge mit einem rein batterieelektrischen Antrieb ausgestattet wird, gerade auch im Schwerlastfernverkehr. Die derzeit noch bestehenden Einschränkungen – etwa die geringe Nonstop-Reichweite – eines batterieelektrischen Lkw seien nicht von Dauer. Für batterieelektrische Lkw sprächen vor allem die klaren Kostenvorteile: Durch die hohe Energieeffizienz sei Strom deutlich günstiger als Diesel oder klimaneutrale Brennstoffe. Selbst im Fall stagnierender Batteriepreise könne keine andere Option preislich oder in Bezug auf die CO2-Emissionen mit batterieelektrischen Lkw mithalten, so Kammel. Voraussetzung dafür sei jedoch die nötige Ladeinfrastruktur – im Falle eines schnellen, effizienten und flächendeckenden Ausbaus seien auch ambitioniertere Ziele als die obengenannten im Jahr 2030 möglich. Eine sehr weitgehende Elektrifizierung wäre dann bereits Mitte der 2030er-Jahre denkbar.

Daimler Truck 

Daimler Truck hat die Ambition, bis zum Jahr 2039 in Europa, Japan und Nordamerika nur noch Neufahrzeuge anzubieten, die im Fahrbetrieb ("tank-to-wheel") CO2-neutral sind, wie der Nutzfahrzeug-Hersteller auf Anfrage mitteilt. Das Unternehmen setze hierfür auf die Elektrifizierung seiner Fahrzeuge und verfolge dabei eine Doppelstrategie ("dual-track strategy"): Bis zum Jahr 2022 soll das Fahrzeugportfolio der Daimler Truck AG in den Hauptabsatzregionen Europa, USA und Japan Serienfahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb umfassen. Ab 2027 will das Unternehmen sein Fahrzeugangebot zusätzlich um Serienfahrzeuge mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb ergänzen. 

Ultimatives Ziel sei ein CO2-neutraler Transport auf den Straßen bis 2050. Dabei funktioniere für Daimler Truck ein wirklich CO2-neutraler Transport nur mit batterieelektrischem Antrieb oder auf Basis von Wasserstoff: Je leichter die Ladung und je kürzer die Distanz, desto eher werde die Batterie zum Einsatz kommen. Je schwerer die Ladung und je länger die Distanz, desto eher soll die Brennstoffzelle das Mittel der Wahl sein.

Volvo Trucks

Das Portfolio des schwedischen Lkw-Herstellers Volvo Trucks besteht aktuell aus Diesel-Lkw, LNG/Bio-LNG-Lkw und elektrischen Lkw, später soll die Brennstoffzelle hinzukommen, wie das Unternehmen auf Springer-Professional-Anfrage mitteilt. Ab 2040 sollen neu verkaufte Nutzfahrzeuge frei von fossilen Brennstoffen sein. Volvo geht von einem allmählichen Übergang zu Elektrofahrzeugen (BEVs und FCEVs) aus. Selbst wenn künftig die Mehrheit der Fahrzeuge elektrisch ist, sieht Volvo Anwendungsfälle für Verbrennungsmotoren vor, die mit nachhaltigen Biokraftstoffen oder anderen fossilfreien Kraftstoffen betrieben werden. Es sei Ziel, dass bis 2030 mindestens 35 % der Fahrzeugverkäufe auf Elektrofahrzeuge entfallen.

Iveco

Iveco, Teil des Konzerns CNH Industrial, will bis 2040 ohne fossile Brennstoffe auskommen und damit das EU-Ziel der Klimaneutralität um zehn Jahre vorziehen, wie der italienische Nfz-Hersteller auf Springer-Professional-Anfrage mitteilt. Für Iveco stellt LNG eine Alternative zum Diesel dar. Man setze auf Bio-LNG und Bio-CNG als Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren und sorge somit bilanziell für bis zu 95 % CO2-Reduktion. Während der Elektro- und Brennstoffzellenantrieb hinsichtlich Technologie und Infrastruktur noch in den Kinderschuhen stecke, stellten LNG-betriebene Fahrzeuge schon heute eine ausgereifte, saubere und zukunftsfähige Alternative zum Diesel dar. In absehbarer Zeit plane aber auch Iveco batterieelektrische und brennstoffzellenbetriebene Lkw. Es empfehle sich, "entlang realistischer Zeitlinien marktreife Produkte zu etablieren", heißt es. Jede Antriebsart habe dabei ihre Daseinsberechtigung. Im Fernverkehr soll nach Meinung Ivecos der LNG-Antrieb noch lange eine wichtige Rolle spielen, da vor allem die große Reichweite von in der Regel 1.600 km – gerade im Vergleich zu anderen alternativen Antrieben – viele Kunden überzeugen werde.

DAF Trucks

"DAF wird batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, Hybridtechnologie und später Wasserstofflösungen einführen", wie Ron Borsboom, Leitung Produktentwicklung DAF Trucks, erläutert. Um die Ziele für 2030 zu erreichen, will der niederländische Lkw-Hersteller DAF, der zum US-amerikanischen Paccar-Konzern gehört, Elektro- und Hybrid-Antriebsstränge in größerem Umfang produzieren. DAF geht davon aus, dass die Gesetzgebung voraussichtlich vorsehen wird, 20 % der Produktion bis 2030 emissionsfrei zu machen. Daher werde Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen. DAF will aber auch den Diesel-Verbrennungsmotor weiter verbessern und auf E-Fuels und hydriertes Pflanzenöl (HVO) setzen, da Hybrid- und E-Lkw weiterhin sehr teuer seien und die Nachfrage am Markt begrenzt bleiben könnte.

DAF denkt an unterschiedliche Lösungen für die einzelnen Anforderungsbereiche der Transportbranche: vollelektrische Lkw für Fahrten in Stadtgebieten mit niedrigen Nutzlasten sowie schwere und mittelschwere Hybrid-Lkw für Fahrten außerhalb von Stadtgebieten. Die Dieseltechnologie eigne sich für maximale Reichweite und Flexibilität außerhalb der Städte, der Elektromotor für emissionsfreie Stadtfahrten. Für den schweren und mittelschweren Transport über lange Strecken bleibe laut DAF der Dieselmotor vorläufig der wichtigste Antrieb, zum Teil in Kombination mit Hybridtechnologie und künftig mit neuen CO2-freundlichen Kraftstoffen.

Ford Trucks

Während Ford Trucks den Kraftstoffverbrauch seiner Dieselfahrzeuge und damit den CO2-Ausstoß bis 2030 weiter verbessern will, soll ein erster Schritt in eine fossilfreie Zukunft aus batterieelektrischen Fahrzeugen bestehen, gibt ein Sprecher auf Nachfrage bekannt. Danach sollen Wasserstofftechnologien für Fahrzeuge mit höherem Energiebedarf – wie zum Beispiel Langstreckenzugmaschinen – folgen. Um diesen Wandel zu unterstützen, sei eine erhebliche Zunahme von Strom- und Wasserstofftankstellen erforderlich. Im Rahmen der Acea-Verpflichtung sollen alle neu verkauften Lkw bis 2040 frei von fossilen Brennstoffen sein. Ford strebt weltweit an, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Serie: "Wer plant wann den Verbrennungsmotor-Ausstieg?"

Der vorliegende Artikel "Verbrenner-Ausstieg: Die Pläne der Nfz-Hersteller" ist der vierte Teil unserer Serie, die sich mit Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor beschäftigt. Im ersten Teil geben wir eine Übersicht über die Ausstiegs- und Mobilitätspläne der Politik, der zweite Teil befasst sich mit den Antriebsstrategien ausgewählter Automobilhersteller und der dritte Teil ordnet die Länder- und Herstellerstrategien kritisch ein

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