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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. Circular Economy und Bioökonomie

verfasst von : Thomas Marzi, Manfred Renner

Erschienen in: Das Weltbild der Circular Economy und Bioökonomie

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Mit dem Begriff Circular Economy warden systemisch angelegte Konzepte zusammengefasst, die den Ressourcenverbrauch durch die Wiederverwendung und Aufbereitung von Produkten und Materialien verringern sollen. Der Begriff Bioökonomie hat mehrere Lesarten. In den 1970-er und 80-er Jahren war er ein Synonym für die Ökologische Ökonomie, einer ökonomischen Richtung, die von einem stofflich geschlossenen Erdsystem ausgeht, das nur über begrenzte Ressourcen verfügt. Die heutige Bioökonomie hat sich jedoch unabhängig von diesem Begriffsverständnis entwickelt. Das Wort Bioökonomie stand hier zunächst für die Vision einer biotechnisch ausgerichteten Wirtschaft, die später um das Ziel ergänzt wurde, fossile Rohstoffe durch nachwachsende zu ersetzen.
Mit dem Begriff Circular Economy werden systemisch angelegte Konzepte zusammengefasst, die den Ressourcenverbrauch durch die Wiederverwendung und Aufbereitung von Produkten und Materialien verringern sollen. Historisch betrachtet sind ihre Methoden ein Merkmal von Volkswirtschaften, die keinen ausreichenden Zugang zu Rohstoffen hatten. Anders als ihre Vorläufer, haben moderne Circular-Economy-Konzepte in der Regel jedoch auch eine ökologische Perspektive. Ihre Entwicklung fiel mit der Zunahme des Umweltbewusstseins und dem Entstehen der Ökologischen Ökonomie zusammen, einer wirtschaftswissenschaftlichen Disziplin, die von einem stofflich geschlossenen Erdsystem ausgeht, das nur über begrenzte Ressourcen verfügt. Manche Konzepte der Circular Economy beziehen sich ausdrücklich auf sie.
Für die Ökologische Ökonomie ist als Pseudonym noch ein weiterer Begriff in Gebrauch. Sie wurde, vor allem in den 1970er- und 80er-Jahren, auch als „Bioökonomie“ bezeichnet. Diese Bedeutung des Begriffs Bioökonomie, die wir hier ihre klassische Variante nennen, steht mit dem, was heute darunter zusammengefasst wird, in keinem direkten Zusammenhang. Die modernen Varianten der Bioökonomie haben sich unabhängig von ihrer klassischen Vorgängerin entwickelt. Sie standen zunächst für die Vision einer biotechnisch ausgerichteten Wirtschaft und wurden später um das Ziel ergänzt, fossile Rohstoffe durch nachwachsende zu ersetzen. Den Entwicklungswegen der Bioökonomie und Circular Economy gehen wir in diesem Kapitel nach.

2.1 Die Entwicklung der Circular Economy und Bioökonomie

Zu den Wirtschaftsformen, die im Rahmen von Nachhaltigkeitsstrategien diskutiert und als Alternativen zur aktuellen Wirtschaft gehandelt werden, gehören auch die Circular Economy und Bioökonomie. Beides sind Sammelbegriffe, die unter ihrem Dach eine Reihe im Detail unterschiedlicher Konzepte vereinen. Während der Begriff Circular Economy Konzepte zusammenfasst, die Produkte, Materialien und Stoffe in Kreisläufen zirkulieren lassen, wird unter einer Bioökonomie heute meistens eine Wirtschaftsform verstanden, die hauptsächlich biologische Ressourcen wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen verwertet.
Sowohl die Bioökonomie als auch die Circular Economy haben historische Vorläufer. Nachwachsende Rohstoffe wurden auch vor der industriellen Revolution intensiv genutzt und Metalle bereits in der Antike zurückgewonnen. Materialkreisläufe waren dabei in der Vergangenheit oft ein Merkmal von „Mangelwirtschaften“, die keinen ausreichenden Zugang zu Rohstoffen hatten. Heute ist zu beachten, dass die Begriffe Circular Economy und Bioökonomie keine homogenen Konzepte bezeichnen. Das gilt, aufgrund der Begriffshistorie, vor allem für die Bioökonomie, mit der unterschiedliche Bedeutungen verbunden werden.
Unterschiede zwischen Bioökonomie und Circular Economy zeigen sich beispielsweise in ihren jeweiligen Hintergründen. Während die Circular Economy von dem Auftreten der Umweltbewegung beeinflusst war und ökologische Ziele von Anfang an eine Rolle spielten, war das in der Bioökonomie, jedenfalls in ihrer modernen Form, nicht der Fall. Sie entwickelte sich zunächst völlig unabhängig von der Circular Economy. Der Ursprung der heutigen Bioökonomie liegt in den Biowissenschaften und fällt mit dem Aufkommen des Neoliberalismus zusammen.1 An Umweltthemen war man hier zunächst kaum interessiert. Ziel war die Generierung von Wirtschaftswachstum. Die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsaspekten kam erst später hinzu. Wir haben diese Entwicklung in Abb. 2.1 zusammengefasst. Als Ausgangspunkt haben wir dabei einen Zeitraum gewählt, der mit dem Entstehen der Umweltbewegung zusammenfällt. In dieser Zeit wurden in der Ökonomie neue Theorien erarbeitet, weil die vorherrschenden Modelle keine Antworten auf ökologische Fragen geben konnten.
Ab den 1960er- und 1970er-Jahren wurden Umwelteffekte zunehmend wahrgenommen und mit der Art und Weise wie wir wirtschaften in Verbindung gebracht. Die Modelle der damaligen Ökonomie, die überwiegend der neoklassischen Wirtschaftstheorie zugerechnet werden, waren allerdings nicht geeignet, diese Problematik abzubilden. Ökologische Grenzen gab es für sie nicht. Wie in Abb. 2.1 dargestellt, entstanden deshalb mit der „Umweltökonomie“ und „Ökologischen Ökonomie“ neue wirtschaftswissenschaftliche Denkschulen, die diesen Mangel beheben sollten. Beide werden durch ihre Querbezüge und ähnlich klingende Bezeichnungen leicht miteinander verwechselt, verfolgen im Grundsatz aber andere Ansätze. Während die Umweltökonomie auf der neoklassischen Theorie aufbaut und sie erweitert, verfolgt die Ökologische Ökonomie einen ganz anderen Ansatz. Sie ist in Bezug auf die Neoklassik mehr als eine Alternative und weniger als eine Ergänzung einzuordnen.2 Leitgedanke der Umweltökonomie ist, dass der Natur, die in der Standardökonomie nicht vorkommt oder eine kostenlos zur Verfügung stehende Ressource ist, ein ökonomischer Wert zugewiesen wird. Die Natur bzw. Umwelt wird sozusagen mit einem Preisschild versehen,3 damit Umweltbelastungen als Kosten in der Bilanz von Unternehmen relevant werden. Die Ökologische Ökonomie versucht dagegen, den Wirtschaftsprozess mithilfe biophysikalischer Modelle zu beschreiben. Für sie ist die Einhaltung ökologischer Randbedingungen zentral. Die Ökologische Ökonomie ist deshalb in Bezug auf die in Abschn. 1.​5 erläuterten Grundpositionen eher einer starken Nachhaltigkeit zuzurechnen, während die Umweltökonomie, die Umwelteffekte in wirtschaftliche Entscheidungen einbeziehen möchte, eher einer schwachen Nachhaltigkeitsposition zugeordnet werden kann.
Einer der Wissenschaftler, die die Anfangszeit der Ökologischen Ökonomie prägten, war der bereits genannte Kenneth Boulding. Seine Raumschiffmetapher, auf die wir in Abschn. 1.​3 eingegangen sind, vermittelt das Bild eines geschlossenen und begrenzten Erdsystems. Es ist das Leitbild der Ökologischen Ökonomie, das oft auch mit dem Ursprung der Circular Economy gleichgesetzt wird.4 Bouldings in Zitat 1.4 (Abschn. 1.​3) wiedergegebene Vision einer „Spaceman Economy“ ist ein alternatives Modell zur konventionellen Wirtschaft, die Boulding „Cowboy Economy“ nennt, weil sie, wie ein Cowboy, der mit seinen Herden immer neues Weideland aufsuchen muss, ständig neue Ressourcen benötigt. In der Spaceman Economy muss die Weltbevölkerung dagegen wie die Besatzung eines Raumschiffs und anders als Cowboys mit den vorhandenen Ressourcen auskommen und sie so lange wie möglich im System zirkulieren lassen.5 Bouldings Spaceman Economy verbindet die Ökologische Ökonomie mit der Circular Economy. Sowohl die Spaceman Economy als auch die Circular Economy bezeichnen eine Wirtschaftsform, die das klassische lineare Wirtschaftssystem, das Ressourcen „verbraucht“ und in Abfälle und Emissionen umwandelt. ablöst und wie in Abb. 2.2 durch ein neues System ersetzt, das auf Wiederverwendung, Recycling und Rückgewinnung beruht.6
Die ersten, die die Bezeichnung Circular Economy verwendeten, waren wahrscheinlich die Ökonomen David W. Pearce und Robert K. Turner. In ihrem 1994 veröffentlichten Buch „Economics of Natural Resources and the Environment“ beschreiben sie im zweiten Kapitel ein Konzept für eine zirkuläre Wirtschaftsweise.8 Die Überschrift des Kapitels, in dem sie sich auch auf Boulding und andere Wissenschaftler beziehen, die der Ökologischen Ökonomie zugerechnet werden, lautet „Circular Economy“. Parallel zu Pearce und Turner und an sie anschließend entstanden weitere Denkschulen der Circular Economy. Wir gehen in Abschn. 2.2.3 auf sie ein. Zu ihnen gehören u. a. die Industrielle Ökologie, die Performance Economy oder Cradle to Cradle.
Die Begriffsgeschichte in der Circular Economy ist mit der historischen Entwicklung des Begriffs Bioökonomie nicht vergleichbar. Letztere verlief anders und war mit einem Bedeutungswandel verknüpft, der dazu geführt hat, dass mit dem Wort Bioökonomie unterschiedliche Konzepte verbunden werden. Es gibt verschiedene Auslegungen des Begriffs, die wir in Abb. 2.1 als Lesarten bezeichnet haben. Wir gehen im Folgenden kurz und in Abschn. 2.3.1 ausführlich auf sie ein.
Lesart 1 geht auf den Ökonomen Nicholas Georgescu-Roegen zurück. Er ist für die Ökologische Ökonomie mindestens ebenso bedeutend wie Boulding und gilt als ihr Begründer.9 Georgescu-Roegen nannte sein ökonomisches Modell „Bioökonomie“, genauer gesagt „Bioeconomics“.10 Der Begriff kann also auch als Synonym für die Ökologische Ökonomie verwendet werden.11 Zur Abgrenzung von anderen, heute bekannteren Lesarten sprechen wir in der Folge von „klassischer Bioökonomie“ oder wie in Abb. 2.1 von einer „Bioökonomie der Lesart 1“, wenn wir uns auf Georgescu-Roegens Verständnis beziehen. Die Konzepte, die heute überwiegend gemeint sind, wenn von einer Bioökonomie die Rede ist, haben sich unabhängig von ihrer klassischen Namensvetterin entwickelt. Wie wir noch sehen werden, haben sie mit ihr, bis auf den Namen, kaum etwas gemeinsam. Sie entstanden in einem anderen Umfeld als ihre klassische Lesart und aus einer anderen Motivation heraus. Treiber waren die biotechnischen Wissenschaften, insbesondere die Gentechnik. Deren Protagonisten verstanden unter Bioökonomie eine auf biologischem Wissen und biotechnischen Verfahren aufbauende Wirtschaft. Sie wird in Abb. 2.1 als „Bioökonomie (Lesart 2)“ bezeichnet.
In der biotechnologisch interpretierten Bioökonomie spielte das Thema Nachhaltigkeit kaum eine Rolle. Das änderte sich erst, als mit der wachsenden Bedeutung, die das Thema Klimawandel bekam, in der Bioökonomie eine Möglichkeit gesehen wurde, klimaschädliche fossile Materialien durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. Das Interesse richtete sich deshalb zunehmend auf die Nutzung von Biomassen. Dabei wurden auch Impulse aus der Ökologischen Ökonomie und Umweltökonomie wie das Konzept der „Ökosystemleistungen“ oder die Bewirtschaftung von „Naturkapital“ (Abschn. 2.3.1) in die Bioökonomie einbezogen. Dieses bioökonomische Verständnis ist in Abb. 2.1 als „Bioökonomie (Lesart 3)“ ausgewiesen.
Es gibt somit mindestens drei Lesarten der Bioökonomie.12 Eine vierte, die sowohl für das Verständnis der heutigen Bioökonomie als auch für das der Circular Economy wichtig ist, behandeln wir in Abschn. 5.​6. Sie passt hier nicht in den Kontext. Abschließend fassen wir noch einmal die in Abb. 2.1 genannten Lesarten zusammen. Sie lauten:
1.
Klassische Bioökonomie oder Ökologische Ökonomie als Wirtschaftsform, die sich an ökologischen Grenzen orientiert (Lesart 1),
 
2.
Bioökonomie als biotechnologisch geprägte Wirtschaft (Lesart 2) und
 
3.
Bioökonomie als biobasierte Kohlenstoffwirtschaft (Lesart 3).
 
Der Wandel in der Auslegung des Begriffs Bioökonomie geht weiter. Wie wir in Abschn. 2.4 beschreiben, wird in den letzten Jahren versucht, die Circular Economy und Bioökonomie in einer „zirkulären Bioökonomie“ aufeinander zu beziehen. Eine allgemeingültige Definition einer Bioökonomie vorzunehmen ist deshalb kaum möglich. Dies schreibt auch der aktuelle Bioökonomierat (Exkurs 1) in seinem ersten Arbeitspapier. Anders als seine Vorgänger verzichtet er darauf, die Bioökonomie zu definieren. Stattdessen hebt er hervor, dass „in der gesellschaftlichen Debatte unterschiedliche Verständnisse der Bioökonomie eine Rolle spielen“13.

2.2 Circular Economy

2.2.1 Vorläufer

Während moderne Circular-Economy-Konzepte unmittelbar mit den Themen Nachhaltigkeit, Ökologie, Klimawandel und Ressourcenschonung verknüpft sind, gilt dieser Zusammenhang nicht für kreislaufwirtschaftliche Strukturen im Allgemeinen. Aufarbeitungstechniken und den Gedanken, Materialien öfter zu verwenden, gab es schon, bevor ökologische Grenzen des Wirtschaftens diskutiert wurden. In der Vergangenheit wurden Materialien hauptsächlich aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz zurückgewonnen oder weil bestimmte Stoffe knapp waren. Die Sammlung von Metall und Glas und deren Einschmelzen wurden deshalb beispielsweise schon in der Antike praktiziert.14 Im Mittelalter wurden Kleidungsstücke möglichst lange getragen und an andere Personen weitergegeben, bevor sie von Lumpensammlern eingesammelt und zu Papier verarbeitet wurden.15 Ein Verfahren zur Wiederaufarbeitung von Papier wurde bereits 1778 entwickelt.16
Auch in der Industrie des 19. Jahrhunderts gab es bereits Bestrebungen, Reststoffe und Nebenprodukte möglichst zu verwerten, wie Zitat 2.1 für die Chemische Industrie zeigt. Laut August Wilhelm Hofmann, der der erste Präsident der britischen Royal Society of Chemistry war,17 gibt es in einer idealen chemischen Fabrik keine Abfälle, sondern nur Produkte. Für Hofmann war sie eine Anlage, in der alle anfallenden Stoffe verwertet werden.
Zitat 2.1: August Wilhelm Hofmann (1818–1892)
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„[…] in an ideal chemical factory there is, strictly speaking, no waste but only products. The better a real factory makes use of its waste, the closer it gets to its ideal, the bigger is the profit.“18
Hofmanns aus dem Jahr 1848 stammende19 Vision klingt bereits sehr modern. Seine Forderung nach abfallfreien Fabriken, die alles wiederverwerten, gibt es auch in Konzepten, die der Circular Economy zugerechnet werden. Im Gegensatz zu deren Zielsetzungen ist Hofmanns Forderung allerdings ausschließlich ökonomisch motiviert. Er möchte, wie es auch in anderen Branchen seiner Zeit üblich war, nur verwerten, um Gewinne zu maximieren. Beispiele sind die Düngung mit Thomasmehl, einem phosphatreichen Nebenprodukt aus der damaligen Eisen- und Stahlerzeugung, die Verwendung von Schlacke in der Zementindustrie und die Herstellung von Farben aus Steinkohlenteer.20
Abfälle wurden aber nicht nur aus ökonomischen Gründen verwertet. Grundsätzlich ergibt sich der Bedarf für Materialkreisläufe auch aus der Geschlossenheit eines Systems. Diese muss sich aber nicht unbedingt wie bei Boulding auf eine globale Begrenzung beziehen, sondern kann auch nationale Grenzen, Branchen oder soziale Gruppen betreffen. Sie muss noch nicht mal objektiv vorliegen. Bereits die Absicht, ein System zu schließen, beispielsweise aus ideologischen Gründen, kann, wie die Rohstoffwirtschaft des Deutschen Reiches zeigt, ausreichen, um zirkuläre Wirtschaftsprozesse zu initiieren.
Zirkuläre Wirtschaftsstrukturen waren während des 1. Weltkriegs für die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung, damit Waffen und Kriegsgerät hergestellt werden konnten. Da die Handelsbeziehungen des Deutschen Reiches kriegsbedingt gestört waren und es nicht genügend Devisen gab, mangelte es an metallhaltigen Erzen. Metallische Gebrauchsgegenstände wie Schmuck, Hausgeräte, Bierkrüge und Kirchenglocken wurden deshalb als sogenannte „Metallspende“ erschlossen.21 Zuständig war die „Kriegsrohstoffabteilung“, namentlich vertreten durch Walther Rathenau und Wichard Georg Otto von Moellendorff. Ihr Ziel war es, rohstoffautark zu werden, was bedeutete, dass Rohstoffe so weit wie möglich durch einheimische Ersatzstoffe substituiert werden sollten. Rathenau und von Moellendorf setzten sich für eine „generelle Verbrauchssenkung bei Rohstoffen und Energieträgern“ ein und sprachen sich für eine „bedarfsorientierte Produktion langlebiger Produkte“ aus. Der Effizienzgedanke war für sie eine „gesellschaftspolitische Zielsetzung“. Später, zur Zeit des Nationalsozialismus, war Rohstoffautarkie auch aus ideologischen Gründen ein nationales Ziel. Der Konstruktionswissenschaftler Hugo Wögerbauer entwarf in dieser Zeit ein Modell für „einen geschlossenen Rohstoff- und Produktzyklus“. Es ähnelte bereits modernen Circular-Economy-Konzepten und berücksichtigte die Prioritätenreihenfolge „Vermeidung, Verringerung und Verwertung“. Auch die Praxis der Metallspenden wurde im 2. Weltkrieg wieder aufgenommen.22
Die Rohstoffpolitik des Deutschen Reiches hatte großen Einfluss auf die Art und Weise, wie Altstoffe in der DDR zunächst verwertet wurden. Gesammelt wurden Schrotte, Holz-, Textil- und Lederreste, Verpackungsmaterialien, Flaschen, Gläser, Knochen und Speisereste, später auch Plaste und Elektronikschrott. Ab 1981 erfolgte die Sammlung über das „Volkseigene Kombinat Sekundärrohstofferfassung (SERO)“. Orientiert am Leitbild der Schrottaufarbeitung, wurden auch Ideen von „vollends geschlossenen Stoffkreisläufen“ verfolgt, um alle Reste vollständig zu verwerten. Dies sollte auch sprachlich durch den neuen Begriff des „Sekundärrohstoffs“ deutlich werden, der die bis dahin übliche Bezeichnung „Altstoff“ ersetzte (Zitat 2.2).
Zitat 2.2: Neues Deutschland (17. Januar 1971)
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„Der Begriff Sekundärrohstoff […] bezieht sich auf den Kreislauf des Metalls im Nutzungsprozess und weist darauf hin, daß sich der Rohstoff nach einer ersten (primären) Nutzung ein zweites (sekundäres) oder wiederholtes Mal einsetzen lässt.“23
Abfallverwertung war in der DDR ein fester „Bestandteil der auf Wirtschaftswachstum und Konsumsteigerung ausgerichteten Politik“24. Es ging darum, Rohstoffe zur Herstellung von Produkten zu gewinnen. Die Verwertung war somit zunächst nicht ökologisch, sondern „materialökonomisch“ motiviert. Diese Zielsetzung änderte sich in den 1970er-Jahren, als die Umwelt durch die Verwertung problematischer Abfälle besser geschützt werden sollte. Zu den ökonomischen Motiven kamen ökologische hinzu. Das Umweltministerium der DDR wollte eine kreislauforientierte Abfallverwertung etablieren und strebte eine „Einheit von Ökonomie und Ökologie“25 an. Ab 1975 musste in einem Betrieb, der Abfallstoffe entsorgen wollte, die Betriebsleitung nachweisen, dass diese Materialien nicht als Sekundärrohstoffe verwendet werden konnten. Da es aber an der erforderlichen Aufbereitungstechnik fehlte, wurden viele Stoffe auf Halden zwischengelagert. Offiziell erfolgte die Lagerung nur vorübergehend, praktisch war sie aber keine Zwischenlagerung, sondern dauerhaft. Bei allen Mängeln, die die Verwertungspraxis in der DDR sicherlich auch hatte, zeigt ihr Beispiel, wie stark technische, ökonomische und soziale Zusammenhänge an den Gegebenheiten einer Kreislaufwirtschaft ausgerichtet sein können. Der Verwertungsgedanke war ständig in Medien, Schule und Alltag präsent und prägte, wie der Historiker Christian Möller schreibt, eine „besondere Kultur“26. Eine besondere Kultur wird auch für eine Circular Economy benötigt. Sie muss mehr als die Anwendung von Recyclingtechniken sein und in einer Systemtransformation bestehen, die den ökonomischen und sozialen Bereich miteinschließt.

2.2.2 Definition und Prinzipien

Im deutschen Sprachraum wird eine Circular Economy oft mit der Verwertung von Abfällen gleichgesetzt. Das liegt daran, dass der Begriff „Kreislaufwirtschaft“, wie die Übersetzung von Circular Economy ins Deutsche lautet, gedanklich mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz aus dem Jahr 1996 in Verbindung gebracht wird. Kreislaufwirtschaft ist dort als „Vermeidung und Verwertung von Abfällen“27 definiert. Eine Circular Economy ist aber mehr als eine Abfallwirtschaft. Der mit ihr verbundene Paradigmenwechsel bezieht sich auf einen Wertstoffkreislauf, der schon beim Produktdesign beginnt. Er umfasst die Art und Weise, wie wir produzieren und konsumieren.28 Eine Circular Economy setzt eine Transformation des Wirtschaftssystems voraus, in die auch gesellschaftliche Veränderungen eingeschlossen sind. Um die Assoziation mit einer reinen Abfallwirtschaft zu vermeiden, ist es deshalb besser, den Begriff Circular Economy nicht als Kreislaufwirtschaft, sondern als „zirkuläres Wirtschaften“ ins Deutsche zu übersetzen oder, wie es hier geschieht, stattdessen den englischsprachigen Ausdruck zu verwenden.29
Was in der Literatur als Circular Economy bezeichnet wird, kann sich im Detail unterscheiden. Dies zeigt auch ein häufig zitiertes Review von Kirchherr et al.,30 auf das auch wir uns im Folgenden beziehen. Es fasst die Ergebnisse einer Analyse von 114 in der wissenschaftlichen Literatur vorkommenden Definitionen zusammen. Wie Kirchherr et al. berichten, wird teilweise bereits von einer Circular Economy gesprochen, wenn lediglich ein Material recycelt wird, während das für andere nur gerechtfertigt ist, wenn es um mehr geht als nur um Recycling. Letztere weisen zurecht darauf hin, dass eine Circular Economy mit einem Systemwandel verbunden sein muss.31 Die von Kirchherr et al. am häufigsten genannten Ziele einer Circular Economy sind wirtschaftlicher Wohlstand (46 %) und eine bessere Umweltqualität (37–38 %).32 Vor allem die ökologische Ausrichtung ist es, was eine Circular Economy von ihren Vorläufern, in denen Umweltaspekte noch keine Rolle spielten, unterscheidet. Aus den Gemeinsamkeiten der von ihnen in der Literatur gefundenen Auslegungen haben Kirchherr et al. die in Zitat 2.3 wiedergegebene Definition für eine Circular Economy erarbeitet.
Zitat 2.3: Julian Kirchherr, Denise Reike, Marko Hekkert (2017)
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„A circular economy describes an economic system that is based on business models which replace the ‘end-of-life’ concept with reducing, alternatively reusing, recycling and recovering materials in production/distribution and consumption processes, thus operating at the micro level (products, companies, consumers), meso level (eco-industrial parks) and macro level (city, region, nation and beyond), with the aim to accomplish sustainable development, which implies creating environmental quality, economic prosperity and social equity, to the benefit of current and future generations.“33
Eine wichtige Rolle in der Circular Economy spielen sogenannte Frameworks. Dabei handelt es sich um eine Bündelung von Prinzipien oder Strategien, mit denen die Transformation zu einer zirkulär organisierten Wirtschaft gelingen soll. Die Frameworks fassen Prinzipien zusammen und gliedern sie hierarchisch, wodurch die unterschiedliche Wertigkeit der Prinzipien in einer Circular Economy zum Ausdruck kommt. Die Hierarchie gibt an, welche gegenüber anderen zu bevorzugen sind. Weil ihre Bezeichnungen in der englischen Sprache alle mit der Silbe „Re-“ beginnen, was für „Wieder-“, „Zurück-“ oder „Rück-“ steht, werden ihre Bündelungen auch als „R-Frameworks“ bezeichnet. Unterschieden werden sie hinsichtlich der Zahl der gebündelten Prinzipien. Kirchherr et al. nennen 3R-, 4R-, 6R- und 9R-Frameworks.
Laut Kirchherr et al. definieren die meisten, d. h. 35–40 % der von ihnen analysierten Publikationen, eine Circular Economy mithilfe des 3R-Frameworks.34 Wie ihre Definition der Circular Economy in Zitat 2.3 zeigt, wenden sie es auch selbst an. Es ist aus den drei Prinzipien „Reduce“ für Reduzieren, „Reuse“ für Wiederverwenden und „Recycling“ für eine stoffliche Wiederaufarbeitung aufgebaut. Das Reduce steht hier an oberster Stelle. Es zielt darauf, weniger Ressourcen zu verbrauchen, was beispielsweise durch effizientere Herstellungsverfahren, längere Produktlebensdauern oder den Verzicht auf bestimmte Produkte wie Verpackungen erreicht werden kann. Der Begriff Reuse steht in der Prioritätenreihenfolge an zweiter Stelle. Er bezieht sich auf eine Um- oder Zweitnutzung durch andere Konsumenten und ist auf das Ziel einer möglichst langen Produktnutzungsphase ausgerichtet. Das Recycling, die stoffliche Wiederaufbereitung von Materialien, ist im 3R-Framework die schlechteste Option. Es sollte erst in Betracht gezogen werden, wenn alle Möglichkeiten des Reduce und Reuse ausgeschöpft sind. Das 4R-Framework ergänzt die Prinzipien des 3R-Frameworks um den Begriff „Recover“ (Rückgewinnung). Er bezeichnet eine energetische Verwertung, die hierarchisch als letzte Option unterhalb des Recyclings eingeordnet wird. Frameworks werden oft wie in Abb. 2.3 das 4R-Framework als auf dem Kopf stehende Dreiecke dargestellt. Oben, an der Basis des Dreiecks, befindet sich das Prinzip mit der höchsten Priorität, das im Sinne einer Circular Economy gegenüber den anderen zu bevorzugen ist.35
In Abb. 2.4 ist eine Darstellung des 9R-Frameworks wiedergegeben. Es enthält die Prinzipien des 3R- bzw. 4R-Frameworks und sechs bzw. fünf weitere. Letztere können grundsätzlich auch den Prinzipien des 3R- bzw. 4R-Frameworks zugeordnet werden. Das in der 9R-Strategie separat aufgeführte „Repair“, das die Reparatur und Wartung von Produkten umfasst, lässt sich beispielsweise auch als Teil eines Reuse auslegen, während der Begriff des Refuse, also der Verzicht auf ein Produkt, im 3R- bzw. 4R-Framework als Teil des Reduce aufgefasst werden kann. Dass sie als eigenständige Prinzipien ausgewiesen werden, ist als konzeptionelle Konkretisierung zu verstehen. Die Differenzierung erhöht ihre Sichtbarkeit und weist ihnen eine größere Bedeutung zu.

2.2.3 Konzepte und Denkschulen

Nicht alle Konzepte, die eine in Kreisläufen organisierte Wirtschaft beschreiben, verwenden den Begriff Circular Economy. Im Umlauf sind u. a. der bereits genannte Begriff „Spaceman Economy“ sowie die Bezeichnungen „Loop Economy“, „Circular Industrial Economy“, „Functional Service Economy“, „Performance Economy“, „Industrielle Ökologie“ oder „Cradle to Cradle“. Im Folgenden stellen, wir die Konzepte, denen diese Begriffe zuzuordnen sind kurz vor37.
Walter Stahel: Performance Economy
Einer der ersten, der aus der Vision Bouldings von einer Spaceman Economy ein konkretes Konzept für eine zirkuläre Wirtschaft entwickelte, war der Architekt Walter Stahel.38 In einem 1976 an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel gerichteten Forschungsbericht untersuchte er, gemeinsam mit Geneviève Reday-Mulvey, welche Auswirkungen ein Wirtschaften in Kreisläufen aufgrund der damit verbundenen Substitution von Energie durch menschliche Arbeit auf die Gesellschaft hat. Das Wirtschaften in Kreisläufen bezeichneten sie als Circular Industrial Economy.39 Später, in den 1980er-Jahren, nannte Stahel sein Konzept zunächst „Loop Economy“, anschließend „Functional Service Economy“ und zuletzt Performance Economy. Ein Merkmal der Performance Economy ist, dass die Konsumenten kein Produkt, sondern eine Dienstleistung kaufen. Der Hersteller bleibt während und nach der Nutzungsphase Eigentümer und ist für das Produkt verantwortlich.40 Die Geschäftsmodelle der Performance Economy orientieren sich grundsätzlich an den 3R-Prinzipien. Sie streben eine kommerzielle und private Wiederverwendung von Gütern – z. B. durch Secondhand-Märkte–, eine Verlängerung der Produktlebensdauer durch Wiederaufarbeitung – z. B. durch Reparaturen – und ein Recycling zur Rückgewinnung von Sekundärmaterialien an.41
Zitat 2.4: Walter Rudolf Stahel (*1946)
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„A ‘circular economy’ would turn goods that are at the end of their service life into resources for others, closing loops in industrial ecosystems and minimizing waste. It would change economic logic because it replaces production with sufficiency: reuse what you can, recycle what cannot be reused, repair what is broken, remanufacture what cannot be repaired.“42
Robert A. Frosch: Industrielle Ökologie
Zu den Denkschulen der Circular Economy kann auch die Industrielle Ökologie gerechnet werden.43 Als maßgeblicher Impuls für ihre Entwicklung gilt der 1989 veröffentlichte Fachartikel „Strategies for Manufacturing“ von Robert A. Frosch und Nicholas Gallopoulos. Vergleichbare Überlegungen, für die auch bereits die Bezeichnung Industrielle Ökologie verwendet wurde, gab es zwar schon vorher, aber erst seit der Veröffentlichung von Frosch und Gallopoulos steht der Begriff für ein eigenständiges Fachgebiet. In der Industriellen Ökologie wird eine Analogie zwischen ökologischen und industriellen Systemen hergestellt. Dabei werden, über die Analogiebildung hinaus, Ökosystemmodelle auf industrielle Systeme übertragen, um eine linear organisierte industrielle Produktion in ein zirkuläres System zu transferieren (Abschn. 6.​2). Durch die Orientierung an Ökosystemen sollen industrielle Systeme nachhaltiger44 und Abfälle zu Rohstoffen für neue Produkte werden45.
Zitat 2.5: Robert A. Frosch (1928–2020)
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„The idea of an industrial ecology is based upon a straightforward analogy with natural ecological systems. […] The system structure of a natural ecology and the structure of an industrial system, or an economic system, are extremely similar. This may be a somewhat trivial and banal idea, but when consciously addressed it can help us to discover extremely useful directions in which the industrial system might develop.“46
David W. Pearce und R. Kerry Turner: Circular Economy
Soweit bekannt, wurde die Bezeichnung Circular Economy, wie bereits oben geschrieben, erstmals von den britischen Ökonomen David Pearce und Kerry Turner in ihrem 1990 erschienenen Buch „Economics of Natural Resources and the Environment“ verwendet.47 Darin entwerfen Pearce und Turner ein an einen Regelkreis erinnerndes Wirtschaftsmodell, das zwischen erneuerbaren und nicht erneuerbaren Rohstoffen unterscheidet. Ihre Argumentation leiten sie u. a. ausdrücklich aus den Arbeiten von Boulding und Georgescu-Roegen ab. Ein Ressourcenverbrauch führt in ihrem Modell durch den Nutzwert der hergestellten Produkte einerseits zu einem Gewinn, durch den Verbrauch von Ressourcen und Emissionen andererseits aber auch zu einem Verlust.
Zitat 2.6: David W. Pearce (1941–2005), R. Kerry Turner
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„We are now in a position to complete our picture of the circular economy. Instead of being an open, linear system, it is closed and circular. The laws of thermodynamics ensure, that this must be so.“48
John T. Lyle: Regenerative Design
Das Regenerative-Design-Konzept wurde 1994 von dem Landschaftsarchitekten John T. Lyle entwickelt. Sein Ansatz richtete sich gegen eine industrielle Landnutzung, die im Gegensatz zu den, wie er sich ausdrückt, einzigartigen Plätzen in der Natur, durch einfache Muster und Strukturen sowie eine „managementfähige Gleichförmigkeit“ geprägt ist.49 Die lineare Organisation des industriellen Systems, so Lyle, zerstört die Natur und damit seine eigene Lebensgrundlage. Lyle fordert einen grundlegend anderen Ansatz, der anstelle linearer Systeme auf „zyklischen Strömen“ beruhen sollte. In diesen zirkulär organisierten Systemen erfolgt durch systemeigene Funktionsprozesse eine kontinuierliche Erneuerung von Energie und Materialien. Ziel des Regenerative Design ist die völlige Abfallfreiheit. Wie Mang et al. schreiben, ist das Regenerative Design ein System aus Technologien und Strategien, das sich, ähnlich wie die Industrielle Ökologie, an der Funktionsweise von Ökosystemen orientiert.50
Zitat 2.7: John T. Lyle (1934–1998)
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„Regenerative design means replacing the present linear system of throughput flows with cyclical flows at sources, consumption centers, and sinks.“51
P. Hawken, A. B Lovins, L. H. Lovins: Natural Capitalism
Paul Hawken, Amory B. Lovins und L. Hunter Lovins veröffentlichten Ende der 1990er-Jahre ihr Konzept eines „Natural Capitalism“52. Darin weisen sie Naturressourcen sowie den „Erträgen“ dieses „Naturkapitals“ einen ökonomischen Wert zu. Für das Natural-Capitalism-Konzept formulierten sie vier Prinzipien: Ressourceneffizienz, Orientierung am Vorbild Natur, neue Geschäftsmodelle und Investitionen in Naturkapital. Das Natural-Capitalism-Konzept kann als Denkschule der Circular Economy bezeichnet werden, weil Materialien nach dem Vorbild natürlicher Kreisläufe in kontinuierlichen und geschlossenen Kreisläufen wiederverwendet werden sollen. Weiterhin gibt es Überschneidungen mit anderen Konzepten, beispielsweise mit der Performance Economy, der Industriellen Ökologie und Cradle to Cradle. Wie in der Performance Economy sollen Hersteller für den gesamten Lebenszyklus eines Produktes Verantwortung übernehmen; wie in der Industriellen Ökologie sollen sich industrielle Systeme am Vorbild von Ökosystemen orientieren und wie bei Cradle to Cradle gibt es keine Abfälle, sondern nur Nährstoffe für ökologische Kreisläufe oder Rohstoffe für neue Waren. Der Begriff des Naturkapitals wurde auch von Pearce und Turner sowie von Costanza und Dalys verwendet.53 Es liegen deshalb auch Bezüge zur Umweltökonomie und Ökologischen Ökonomie vor.
Zitat 2.8: Paul Hawken (*1946*), Amory B. (*1947), L. Hunter Lovins (*1950)
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„This approach is called natural capitalism because it’s what capitalism might become if its largest category of capital – the “natural capital“ of ecosystem services – were properly valued. The journey to natural capitalism involves four major shifts in business practices, all vitally interlinked: Dramatically increase the productivity of natural resources. […], Shift to biologically inspired production models. […], Reinvest in natural capital.“54
Michael Braungart, William McDonough: Cradle to Cradle
Der Begriff Cradle to Cradle (C2C) wurde erstmals von Walter Stahel verwendet.55 Als eigenständiges Circular-Economy-Konzept ist der Ausdruck aber erst durch das 2002 erschienene Buch „Cradle to Cradle: Remaking the way we make things“ von William McDonough und Michael Braungart bekannt geworden.56 Cradle to Cradle zielt nicht wie viele andere Konzepte darauf ab, Prozesse oder Produkte effizienter herzustellen, sondern, wie Braungart und McDonough in Zitat 2.9 schreiben, darauf, es „richtig“ zu machen. Umweltfreundliche Materialien sollen so verwendet werden, dass sie durch ihre Herstellung und Nutzung nicht nur keinen Schaden an der Natur verursachen, sondern ihr sogar nutzen. Braungart und McDonough setzen nicht auf Ökoeffizienz, sondern auf Ökoeffektivität. An die Stelle eines linearen Materialflusses, von der „Wiege“ (engl. „cradle“) zur Bahre, soll ein zirkulärer Prozess „von der Wiege zur Wiege“ (engl. „cradle to cradle“), treten, in dem aus einem Material am Ende einer Produktlebenszeit ein Rohstoff für neue Produkte wird (Abschn. 7.​2.​1).
Zitat 2.9: Michael Braungart (*1958), William McDonough (*1951)
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„Bei unserem Konzept der Öko-Effektivität geht es […] um die Arbeit an den richtigen Dingen – an den richtigen Produkten und Dienstleistungen und Systemen – statt darum, die falschen Dinge weniger schlecht zu machen. Sobald man die richtigen Dinge macht, kann es dann auch vollkommen vernünftig sein, sie „richtig“ zu machen, unter anderem mithilfe der Effizienz.“57
Das Cradle-to-Cradle-Konzept ist von ökologischen Stoffwechselprozessen inspiriert.58 Wie im Natural-Capitalism-Konzept, das auf frühere Arbeiten von Braungart Bezug nimmt, existieren für Braungart und McDonough keine Abfälle, sondern nur „Nährstoffe“, die entweder in ökologische Stoffkreisläufe eingebracht werden oder als „technischer Nährstoff“ Teil eines technischen Kreislaufs sind. Wichtig ist die Nutzung erneuerbarer Energiequellen.59 Cradle to Cradle ist auch der Name einer 2012 gegründeten Organisation, die das Ziel verfolgt, unterschiedliche an einer Circular Economy interessierte Partner zu vernetzen.60
Gunter Pauli: Blue Economy
Ein weiteres Konzept, das der Circular Economy zugerechnet wird, ist die sogenannte Blue Economy. Der auf Gunter Pauli zurückgehende Begriff grenzt sich bewusst gegenüber der „Green Economy“ (Abschn. 1.​6) ab. Das „Blau“ in der Konzeptbezeichnung soll sich auf die Farbe des Ozeans und Himmels beziehen.61
Auch die Blue Economy nimmt sich die Natur zum Vorbild. Wie im Cradle-to-Cradle- und Natural-Capitalism-Ansatz gibt es keine Abfälle, sondern ausschließlich Nährstoffe, die Stoff- und Energiekaskaden durchlaufen. Produktabfälle werden zum Rohstoff für neue Wertschöpfungen. Ein von Pauli häufig genanntes Beispiel ist ein Kaffeeunternehmen, das drei Einnahmequellen generieren kann. Kerngeschäft ist der Kaffeeverkauf, zusätzliche Einnahmen können aber mit Pilzen, die auf Kaffeeabfällen wachsen, und aus Tierfutter, das aus Resten der Pilzproduktion hergestellt wird, generiert werden.62 Die Blue Economy orientiert sich an 21 unterschiedlichen Prinzipien.63 Geissendorf et al. heben aus diesen die Folgenden hervor64:
1.
Nutzung lokal verfügbarer Ressourcen
 
2.
Effizienz
 
3.
Systemische Nachahmung der Natur
 
4.
Multiple Geschäftsmodelle wie im o. g. Kaffeebeispiel
 
5.
Befriedigung aller Grundbedürfnisse
 
6.
Innovative Kultur
 
Zitat 2.10: Gunter Pauli (*1956)
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„The circular economy is a basic reflection on how we should cascade matter, nutrients and energy. We have to change the concept of our production and consumption from a linear input output to a circular one where everything has a new life and whatever is not consumed in the process is taken up in another process. I call it the Blue Economy, but the name is not important, the key is what we are doing to make it happen.“65
Ellen Mac Arthur Foundation
In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Circular Economy oft mit den Aktivitäten der 2010 von der ehemaligen Weltumseglerin Dame Ellen MacArthur gegründeten Ellen MacArthur Foundation (EMF) in Verbindung gebracht. Sie bündelt verschiedene Konzepte wie die Performance Economy, Cradle to Cradle, Industrielle Ökologie und Regenerative Design zu einem systemischen Ansatz.66 Aufsehen erregte vor allem der Bericht „Toward the circular economy: Accelerating the scale-up across global supply chain“, den die Stiftung 2014 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos präsentierte.67 Eine acatech-Studie bezeichnet ihre Arbeiten „als Keim des modernen Konzepts der CE“68,69 und Walter Stahel schreibt, dass die Aktivitäten der Stiftung durch Publikationen, Konferenzen und die Gründung des Wirtschaftsklubs CE100 wesentlich dazu beigetragen haben, das Thema Circular Economy in der Europäischen Union zu verankern.70Wie die Ellen Mac Arthur Foundation die Circular Economy definiert, ist in Zitat 2.11 wiedergegeben.
Zitat 2.11: Ellen MacArthur Foundation (2013)
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„A circular economy is an industrial system that is restorative or regenerative by intention and design. It replaces the end-of-life concept with restoration, shifts towards the use of renewable energy, eliminates the use of toxic chemicals, which impair reuse and return to the biosphere, and aims for the elimination of waste through the superior design of materials, products, systems and business models.“71
Einen hohen Bekanntheitsgrad hat auch die in Abb. 2.5 gezeigte, von der Ellen MacArthur Foundation stammende Darstellung einer Circular Economy. Sie ist, wie von ihren Urhebern im Bild vermerkt wurde, an das Cradle-to-Cradle-Konzept angelehnt. Wegen ihrer an Schmetterlingsflügel erinnernden Form wird sie auch als „Schmetterlingsdiagramm“ bezeichnet. Die „Flügel“ des Schmetterlings bilden zwei unterschiedliche Kreislaufsysteme ab. Sie trennen, wie für Cradle to Cradle typisch, biologisch und nicht biologisch entstandene Materialien voneinander. Der von uns aus gesehen linke „Flügel“ umfasst einen biologisch-basierten Wertschöpfungskreislauf, in dem nachwachsende Rohstoffe landwirtschaftlich erzeugt, geerntet, zur Herstellung von Produkten verwendet und gebraucht werden. Nachdem sie ggf. verschiedene Nutzungs- und Verwertungskaskaden durchlaufen haben, dienen sie als „Nährstoffe“ in der Biosphäre, wo eine stoffliche Regeneration durch natürliche Kreisläufe erfolgt. Der rechte „Flügel“ umfasst die Kreislaufführung nicht biologisch-basierter Materialien.72Er besteht aus einem Framework aus vier Prinzipien. Sie sind als konzentrische Kreisläufe dargestellt, deren Priorität von innen nach außen abnimmt. Je enger der Kreis ist, umso weniger muss ein Produkt verändert werden, damit es wieder verwendet werden kann und umso geringer, so die These der Ellen MacArthur Foundation, ist der Verbrauch an Arbeit, Energie, Kapital, Ressourcen und Emissionen. Höchste Priorität hat im Schmetterlingsdiagramm mit dem „Share“ eine Ökonomie des Teilens (Abschn. 1.​5). Ihr folgt das Reuse, womit im 2014er-Bericht der Stiftung eine kaskadische Weiterverwendung von Materialien gemeint ist. Als weiteres Prinzip ist mit der Priorität drei ein Reparatur- bzw. Wiederaufarbeitungskreislauf („Refurbish/Remanufacturing“) eingezeichnet. Die schlechteste und am wenigsten anzuwendende Option ist auch hier das Recycling.73
Europäische Union
Die Entwicklung des Circular-Economy-Gedankens in der Europäischen Union wurde, wie der EU-Beamte Hugo-Maria Schally schreibt, maßgeblich von der Ellen Mac Arthur Foundation und einem Bericht der European Ressource Efficiency Platform vorangetrieben. Letztere bestand aus einer Gruppe von Wirtschafts- und Umweltexperten und -expertinnen, die auf Basis einer 2011 entwickelten Roadmap der Europäischen Kommission Handlungsempfehlungen für ein ressourcenschonendes Europa erarbeitete.75
Eine erste Mitteilung der EU, in der eine Transformation zu einer Circular Economy thematisiert wurde, wurde 2014 verabschiedet. Sie enthielt u. a. Vorschläge zur Überarbeitung von Richtlinien. 2015 legte die Europäische Kommission einen Aktionsplan vor, der das Ziel verfolgt, die Transformation zu einer Circular Economy zu fördern.76 Abfälle und der Ressourcenverbrauch sollen minimiert und Materialien so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf gehalten werden.77 Der Aktionsplan ist Teil des sogenannten „Green Deals“, ein Konzept, das 2019 mit dem Ziel verabschiedet wurde, die Netto-Emissionen von Treibhausgasen in der Europäischen Union bis 2050 vollständig zu vermeiden.78 Die Circular Economy wird als wirksames Mittel angesehen, diese Ziel zu erreichen.79 2020 wurde ein neuer Aktionsplan für die Circular Economy verabschiedet (Zitat 2.12). Formuliert werden Ziele, Rahmenbedingungen und Effekte. Unter anderem soll der Anteil kreislauforientierter Materialien bis 2030 verdoppelt werden.80 Als „zentrale Produktionswertschöpfungsketten“ nennt der Plan die Branchen Elektronik und IKT, Batterien und Fahrzeuge, Verpackungen, Kunststoffe, Textilien, Bauwirtschaft und Gebäude, Lebensmittel, Wasser und Nährstoffe.81
Zitat 2.12: Europäische Kommission (2020)
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„Das Kreislaufprinzip ist wesentlicher Bestandteil eines umfassenderen Wandels der Industrie hin zu Klimaneutralität und langfristiger Wettbewerbsfähigkeit. Es kann erhebliche Materialeinsparungen in allen Wertschöpfungsketten und Produktionsprozessen bewirken, einen Mehrwert schaffen und wirtschaftliche Chancen eröffnen.“82 […] „Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft wird innerhalb und außerhalb der EU systemisch, tief greifend und transformativ sein.“83

2.2.4 Welcher Nachhaltigkeitsstrategie folgt die Circular Economy?

Welcher Nachhaltigkeitsstrategie die Circular Economy zugeordnet werden kann, hängt von der Ausrichtung des jeweiligen Konzepts ab. Wie Kirchherr et al. festgestellt haben, wird in manchen Fällen, wenn auch zu Unrecht, bereits von einer Circular Economy gesprochen, wenn nur ein Material recycelt wird.84 Solche Konzepte wären lediglich einer technologieorientierten Effizienzstrategie zuzuordnen. Wie u. a. der World Wildlife Fund (WWF) schreibt, soll die Circular Economy jedoch auch „soziale Teilhabe, Gesundheit und lokale Vernetzung in der Gemeinschaft“ initiieren.85 Ein reiner Effizienzansatz reicht hierzu nicht aus. Von einer Circular Economy sollte deshalb nur gesprochen werden, wenn die Konzepte auch andere Strategien adressieren als Effizienz. Die in Abschn. 2.2.3 genannten Konzepte gehen über den Effizienzansatz hinaus. Cradle to Cradle operiert beispielsweise mit dem Begriff der Ökoeffektivität (Zitat 2.9) und adressiert damit eine Substitutions- bzw. Konsistenzstrategie.
Auch die „R-Frameworks“ beziehen sich nicht nur auf den Faktor Effizienz. Ein geringerer Ressourcenverbrauch (Reduce) kann durch Effizienz, aber auch durch Subsistenz und Suffizienz erreicht werden. Die Prinzipien Reuse (Wiederverwendung) und Repair (Reparieren) lassen sich beispielsweise Subsistenz- und Kooperationsstrategien zuordnen. Eine Studie der acatech sortiert die Circular Economy in punkto Nachhaltigkeitsstrategien deshalb zwischen reinen Effizienzansätzen auf der einen und Suffizienz sowie Postwachstumsökonomien auf der anderen Seite ein.86

2.3 Bioökonomie

2.3.1 Bioökonomische Lesarten

Wie in Abschn. 2.1 bereits beschrieben wurde, hat der Begriff Bioökonomie verschiedene Bedeutungen. Wir hatten dort zwischen drei Lesarten unterschieden: die klassische Bioökonomie (Lesart 1), Bioökonomie als biotechnologisch geprägte Wirtschaft (Lesart 2) und Bioökonomie als biobasierte Kohlenstoffwirtschaft (Lesart 3). Sie werden im Folgenden erläutert.

2.3.1.1 Lesart 1: Klassische Bioökonomie

Der Begriff „klassische Bioökonomie“ bezeichnet in unserem Text eine Lesart, in der das Wort Bioökonomie als Synonym für die Ökologische Ökonomie verwendet wird. Wir hatten sie als „klassische“ Variante bezeichnet, um sie sprachlich von den moderneren Auslegungen, die durch die Lesarten 2 und 3 wiedergegeben werden, abzugrenzen. Lesart 1, die klassische Bioökonomie, respektive die Ökologische Ökonomie, bezeichnet somit ein ökonomisches System, das sich an ökologischen Grenzen orientiert. Der Wirtschaftsprozess hat für sie eine physikalische und ökologische Basis, die nicht ignoriert werden darf. Wie historische Beispiele zeigen, ist dieser Ansatz jedoch nicht vollständig neu.
Erwähnenswert ist beispielsweise eine ökonomische Denkschule, die im Frankreich des 18. Jahrhunderts als Reaktion auf einen Niedergang der Landwirtschaft entstand. Die „Physiokraten“, wie sich ihre Vertreter nannten, stellten anstelle einer Geldwirtschaft die materiellen Grundlagen des ökonomischen Prozesses in den Vordergrund. Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort Physiokratie „Herrschaft der Natur“. Nach Ansicht der Physiokraten wird der wirtschaftliche Prozess durch objektive physikalische und moralische Naturgesetze bestimmt. Quelle materiellen Reichtums sind für sie natürliche Ressourcen, insbesondere fruchtbares Ackerland.87
Weitere ökonomische Theorien, die in diesem Zusammenhang zu nennen sind, weil sie die materiellen Grundlagen des Wirtschaftens betonen, sind die „Bevölkerungstheorie“ von Thomas Robert Malthus und die in Abschn. 1.​2 bereits erwähnte Gleichgewichtstheorie von John Stuart Mill. Malthus, dessen Überlegungen auch Charles Darwin bei seiner Evolutionstheorie inspirierten, ging davon aus, dass sowohl das Bevölkerungswachstum als auch die limitierte Verfügbarkeit und Qualität fruchtbarer Böden dem ökonomischen Wachstum Grenzen setzen. Nach Malthus kann die Bevölkerung nicht ewig wachsen, weil irgendwann zu wenig Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Auch Mill war der Ansicht, dass wirtschaftliches Wachstum aufgrund natürlicher Grenzen irgendwann endet. Nach einer Wachstumsphase erwartete er einen stationären Zustand, in dem weder die Produktions- und Kapitalmenge noch die Bevölkerungszahl weiter zunehmen. Technische Verbesserungen sollten laut Mill nach Erreichen des Gleichgewichtszustandes zur Verkürzung von Arbeitszeiten sowie für kulturelle und soziale Fortschritte genutzt werden.
Einer der ersten, der den ökonomischen Prozess mithilfe der Thermodynamik beschrieb und somit physikalisch deutete, war der Physiker Sergei Andreević Podolinsky. Er verknüpfte 1883 die „Arbeitswerttheorie“ der klassischen Nationalökonomie mit einer auf physikalischen Grundlagen beruhenden Analyse. Nach der Arbeitswerttheorie ergibt sich der ökonomische Wert einer Ware aus der Arbeitszeit, die zu ihrer Herstellung benötigt wird. Podolinsky kam jedoch zu dem Schluss, dass dem Wirtschaftswachstum nicht durch die verfügbare Arbeit, sondern durch physikalische und ökologische Zusammenhänge Grenzen gesetzt werden.88
Als Bezeichnung für eine an ökologischen und physikalischen Grenzen orientierte Wirtschaftsform wurde der Begriff Bioökonomie wahrscheinlich erstmals von dem Fischbiologen Fedor Ilʹich Baranov verwendet. Im Vorwort seines 1916 erschienenen Artikels „On the question of the biological basis of fisheries“ bezeichnete er seine Arbeit, in der er die Auswirkungen der Fischerei auf Fischpopulationen untersuchte, als „Bionomics“89 und „Bioökonomik“ („Bio-economics“90). Laut Giampietro wollte Baranov mit dieser Bezeichnung verdeutlichen, dass eine Überfischung, die langfristige Produktivität der Wirtschaft verringert. Die Grenzen der wirtschaftlichen Nutzung waren für Baranov von der Geschwindigkeit abhängig, mit der sich Ressourcen erneuern (Zitat 2.13).91
Zitat 2.13: Fedor Ilʹich Baranov (1886–1965)
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„As we see, a picture is obtained which diverges radically from the hypothesis which has been favoured almost down to the present time, namely that the natural reserve of fish is an inviolable capital, of which the fishing industry must use only the interest, not touching the capital at all. Our theory says, on the contrary, that a fishery and a natural reserve of fish are incompatible, and that the exploitable stock of fish is a changeable quantity, which depends on the intensity of the fishery. The more fish we take from a body of water, the smaller is the basic stock remaining in it; and the less fish we take, the greater is the basic stock, approximating to the natural stock when the fishery approaches zero. Such is the nature of the matter.“92
Nach Baranov wurde die Bezeichnung Bioökonomie unserer Kenntnis nach zunächst nicht mehr in diesem Zusammenhang verwendet. Eine Identifikation des Begriffs mit einer an ökologischen Grenzen orientierten Wirtschaftsform erfolgte erst wieder durch Jirì Zeman, der ihn in einem in den 1960er-Jahren verfassten Brief verwendete, um auf „die bio-(physikalische) Basis allen Wirtschaftens“ hinzuweisen. Seine Anregung wurde von Nicolas Georgescu-Roegen aufgenommen, um seine ökonomische Theorie zu bezeichnen (Zitat 2.14).93 Die Bezeichnung der Ökologischen Ökonomie als Bioökonomie hat hier ihren Ursprung.
Zitat 2.14: Nicholas Georgescu-Roegen (1906–1994)
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„That was an apropos conclusion of a broad theme – the biological substance of the economic process in almost every respect – that was to become my life creed. Jirì Zeman of the Czechoslovakian Academy, enchanted by it, properly labeled it bioeconomics and I thoroughly welcomed it.“94
“The term [bioeconomics] is intended to make us bear in mind continuously the biological origin of the economic process and thus spotlight the problem of mankind’s existence with a limited store of accessible resources, unevenly located and unequally appropriated.“95
Ebenso wie Baranov und Zeman betont Georgescu-Roegen, dass endliche biophysikalische Ressourcen der Wirtschaft Grenzen setzen. In seinem 1971 erschienenen Hauptwerk „The Entropy Law and the Economic Process“ übertrug er den 2. Hauptsatz der Thermodynamik (Abschn. 5.​5.​2) auf den Wirtschaftsprozess und kam, anders als andere Ökonominnen und Ökonomen seiner Zeit, zu dem Schluss, dass der Wirtschaftsprozess zu irreversiblen Veränderungen führt und dass unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum nicht mit den Naturgesetzen vereinbar ist.96 Wirtschaftliche Aktivitäten, so Georgescu-Roegen, nutzen Energie und Materie und verwandeln deren verfügbare Anteile in nicht mehr verfügbare. Rohstoffe werden zunächst in Produkte und zuletzt in Abfälle und Emissionen umgewandelt. Vollständiges Recycling hielt Georgescu-Roegen für unmöglich (Zitat 2.15, Abschn. 5.​5.​2 und 8.​1). Er plädierte für die Nutzung von Sonnenenergie und Biomasse, gab aber zu bedenken, dass auch deren Verfügbarkeit aufgrund limitierter nutzbarer Flächen eingeschränkt ist.
Zitat 2.15: Nicholas Georgescu-Roegen (1906–1994)
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„Ich möchte zu bedenken geben, […] daß Materie […] in zwei Zuständen existiert, nämlich verfügbar und unverfügbar und daß sie genau wie Energie ständig und unwiderruflich von dem einen in den anderen Zustand abnimmt. Materie löst sich ebenso wie Energie in Staub auf […]. Es gibt jedoch hervorragende Autoren, die von der Wiederaufbereitbarkeit aller Materie ausgehen, vorausgesetzt genügend verfügbare Energie steht bereit. […] Vielleicht könnten wir sogar alles wiedergewinnen, aber nur unter der Bedingung, daß wir nicht nur über eine grenzenlose Menge an Energie, sondern auch noch über unendliche Zeit verfügen könnten […]. Die Schlußfolgerung drängt sich auf: Gerade wie ständige Arbeit nur dann auf unbegrenzte Zeit fortgesetzt werden kann, wenn sie fortwährend mit verfügbarer Energie versorgt wird, so benötigt solche Arbeit einen kontinuierlichen Nachschub an verfügbarer Materie. Der springende Punkt dabei ist, daß sowohl verfügbare Energie als auch verfügbare Materie unwiderruflich in nicht mehr verfügbare Zustände umgesetzt werden.“97
Weitere Vertreter der klassischen Bioökonomie bzw. Ökologischen Ökonomie sind, neben dem bereits genannten Kenneth Boulding, u. a. Hermann Daly und Robert Costanza. Daly entwickelte, aufbauend auf den Arbeiten von Mill, Boulding und Georgescu-Roegen, ein Modell für eine „Steady State-Economy“98. In dieser hat sich ein stabiler Wert für die Weltbevölkerung eingestellt und der Material- und Energieverbrauch nimmt nicht weiter zu.99 Im Unterschied zu Mills Theorie stellt sich der Gleichgewichtszustand in Dalys Steady-State-Economy nicht von selbst ein. Daly forderte deshalb politische Maßnahmen, um den Ressourcenverbrauch zu begrenzen.
Auf Costanza geht der Begriff des Naturkapitals und damit letztlich auch das in Abschn. 2.2.3 beschriebene „Natural-Capitalism-Konzept“ zurück. Hawken sowie Hunter und Amory Lovins, die das Konzept entwickelten, beziehen sich auf ihn.100 Nach Costanzas Definition besteht „Naturkapital aus einem natürlich vorhandenen Ressourcenvorrat, der wie andere Kapitalarten auch regelmäßige Erträge“101liefert. Dies können Güter wie Holz, aber auch „Ökosystemleistungen“ wie die Reinigung von Wasser und Luft sein. 1997 veröffentlichte Costanza eine Arbeit, in der der ökonomische Wert des Naturkapitals der Erde geschätzt wurde.102 Hier ist anzumerken, dass der Begriff Naturkapital sowohl in der Ökologischen Ökonomie als auch in der Umweltökonomie verwendet wird. Er wird jedoch unterschiedlich ausgelegt. Während in der Umweltökonomie schwindendes Naturkapital durch wirtschaftlich hergestelltes Kapital ersetzt werden kann, geht die Ökologische Ökonomie davon aus, dass ein Ersatz nicht möglich ist und dass es deshalb unbedingt erhalten werden muss.

2.3.1.2 Lesart 2: Bioökonomie als biotechnologisch geprägtes Wirtschaftssystem

In den 1970er- und 80er-Jahren war die Idee einer Bioökonomie mit der Lesart identisch, die in den vorangehenden Abschnitten beschrieben wurde. Sie galt als eine Lebensweise, die wirtschaftliche Aktivitäten an ökologischen und physikalischen Rahmenbedingungen orientiert. Als Synonym für eine Ökologische Ökonomie war sie ein wachstumskritisches Konzept. Dieses Verständnis wandelte sich ab den 1990er-Jahren grundlegend, als das Wort Bioökonomie zu einer Bezeichnung für eine neue Life-Science-Industrie wurde. Nun ging es darum, mithilfe von biologischem Wissen und Knowhow wirtschaftliches Wachstum zu erzeugen. Die „neue Bioökonomie“ entwickelte sich aus den dynamischen Entwicklungen der biotechnischen Wissenschaften und war zunächst in erster Linie auf die wirtschaftliche Nutzung der Gentechnik ausgerichtet, in die in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre nahezu alle chemischen und pharmazeutischen Großunternehmen investiert hatten. Ein wichtiger Faktor bei diesem Boom war die neue Möglichkeit, Lebewesen zu patentieren.103
Vielleicht die Erste, die den Begriff Bioökonomie in diesem Kontext verwendete, war Bernadine Healy. Die damalige Direktorin des U.S. National Institutes of Health (NIH) ging aufgrund enormer Wissenszuwächse auf medizinischem und biologischem Gebiet davon aus, dass die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts durch biotechnische Verfahren geprägt sein würde. Diese neue Wirtschaft nannte sie Bioökonomie. Healy erwartete eine „Revolution“ in den Life Sciences, die ihrer Ansicht nach nicht nur die Medizin, sondern auch die Bereiche Landwirtschaft, Chemische Industrie, Umweltwissenschaften und Mikroelektronik erfassen würde.104
Obwohl Healy das Wort Bioökonomie bereits 1994 für eine biotechnologisch ausgerichtete Wirtschaft verwendete, wird der Beginn des neuen bioökonomischen Denkens in der Literatur meistens nicht mit ihr, sondern mit Juan Enríquez-Cabot und Rodrigo Martinez in Verbindung gebracht.105 Genannt wird in der Regel ein schriftlich nicht weiter dokumentierter Vortrag106, den die beiden Genetiker 1997 auf einer Veranstaltung der American Association for the Advancement of Science hielten. Ihm folgte 1998 ein Science-Artikel von Enríquez-Cabot mit dem Titel „Genomics and the world’s economy“107, in dem er die von ihm erwarteten fundamentalen Veränderungen durch die wirtschaftliche Nutzung genetischer Kenntnisse beschreibt. Er geht von einer umfassenden Transformation industrieller Strukturen aus, durch die traditionelle Branchen wie Pharmazie, Biotechnologie, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Chemische Industrie und Informationstechnologie zu einer neuen Life-Science-Industrie konvergieren. Als deren „Rohstoff“ gelten genetische Daten bzw. genetisches Wissen.
Den Begriff Bioökonomie verwendete Enríquez in seinem Science-Artikel nicht. In einer späteren Veröffentlichung von 2003, die er zusammen mit Martinez und Jonathan West verfasste, wird die neue Life-Science-Industrie jedoch als „Biotechonomy“ bezeichnet. Die Wortschöpfung setzt sich aus den vorderen Silben des Wortes Biotechnology und den hinteren des Wortes Economy zusammen.108 Der Begriff Biotechonomy bezeichnet also grundsätzlich dasselbe wie Healys Bioökonomie.
Das Konzept einer biotechnisch ausgerichteten Bioökonomie wurde in der Folgezeit immer populärer. Von internationalen Organisationen wie der OECD, Ländern wie den USA und Deutschland sowie Staatengemeinschaften wie der Europäischen Union wurden Strategien entwickelt, die wirtschaftlich auf Biotechnologie setzen und eine Bioökonomie zum Ziel haben. Die OECD veröffentlichte beispielsweise 2009 das Dokument „The Bioeconomy to 2030. Designing a policy agenda“109 (Zitat 2.16). Ihm gingen andere OECD-Publikationen voraus, die das wirtschaftliche Potenzial der Biotechnologie behandelten und in denen die Vision einer biobasierten Wirtschaft formuliert wurde.110
Zitat 2.16: OECD (2009)
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„[…] the bioeconomy can be thought of as a world where biotechnology contributes to a significant share of economic output. […] A bioeconomy involves three elements: biotechnological knowledge, renewable biomass, and integration across applications.“111
In den USA wurde 2012, zur Zeit der Obama-Regierung, vom Weißen Haus der „National Bioeconomy Blueprint“ veröffentlicht. Er orientiert sich an den Ideen, die zuvor die OECD und der US-amerikanische National Research Councils (NRC) formuliert hatten.112 Letzterer hatte wie die OECD vorgeschlagen, die wissenschaftlichen und technischen Fortschritte der Biowissenschaften mehr als zuvor wirtschaftlich zu nutzen.113 Unter anderem ging es darum, Nutzpflanzen an sich verändernde Umgebungen anzupassen, um so Nahrungsmittel effizienter herstellen zu können. Durch die Anwendung von biologischem Wissen sollten Ökosysteme nicht nur besser verstanden werden, das Wissen sollte auch dazu verwendet werden, sie zu schützen, neu zu gestalten und wiederherzustellen. Es ging jedoch auch darum, sie gezielt umzugestalten.114 Von der Biotechnologie wurde erwartet, dass sie Alternativen zu fossilen Brennstoffen entwickelt und in Form einer personalisierten Medizin individuelle Behandlungen ermöglicht.115 Neu im Vergleich zum NRC-Dokument war, dass der Energiesektor im Blueprint als eigener Zielbereich definiert wurde. Pflanzen sollten auf ihre energetische Nutzung hin gentechnisch optimiert werden116 (Zitat 2.17).
Zitat 2.17: National Bioeconomy Blueprint (USA 2012)
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„A bioeconomy is one based on the use of research and innovation in the biological sciences to create economic activity and public benefit.“117
In Europa wurden in den 2000er-Jahren Konzepte für eine „wissensbasierte Bioökonomie“ entwickelt. Zu nennen sind hier die Konferenzen in York (2004)118, Brüssel (2005)119 und Köln (2007)120. Der Bericht der Kölner Veranstaltung wurde auch als „Cologne Paper“ oder „Kölner Erklärung“ bekannt. Bis sich der Begriff Bioökonomie aber sprachlich etablierte, verging Zeit. In dem Bericht, den die EU zur York-Konferenz herausgab, ist zwar im Titel von einer Bioökonomie die Rede, ansonsten aber wird stattdessen von einer biobasierten Wirtschaft gesprochen. In dieser sollten, insbesondere mithilfe gentechnischer Verfahren, vermarktbare Produkte aus Pflanzen hergestellt werden121 (Zitat 2.18).
Zitat 2.18: York-Konferenz (2004)
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„Any research agenda or plant genomics and biotechnology platform developing biobased products would have to be a concerted marriage of the ‘white’ together with the ‘green’ and ‘blue’ biotechnology sectors as bioprocessing in all its formats would be a key element of any planned biobased economy.“122
Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der europäischen Bioökonomie spielte die 2005er-Konferenz in Brüssel. Hier wurde das Konzept einer wissensbasierten Bioökonomie formuliert und die Bioökonomie als Teil der „Lissabon Strategie“ ausgewiesen. Letztere stand für die Vision einer wissensbasierten Gesellschaft, in der Wissen gezielt hergestellt wird, um es wirtschaftlich zu nutzen123. In einer wissensbasierten Bioökonomie sollten dementsprechend mit den Erkenntnissen der Biowissenschaften neue, nachhaltige, ökoeffiziente und wettbewerbsfähige Produkte entwickelt werden (Zitat 2.19). Es galt die Wettbewerbsfähigkeit Europas durch eine geringere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und durch neue Waren und Dienstleistungen zu verbessern. Die Entwicklung der Bioökonomie wird, nach den Vorstellungen der Brüsseler Konferenz, durch das Zusammenwachsen von Biotechnologie und anderen Wissensbereichen wie die Nano- und Informationstechnologie vorangetrieben.124
Zitat 2.19: Brüsseler Konferenz (2005)
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„When we speak about the knowledge economy in general, we should obviously discuss one of its important components – the knowledge-based bio-economy. I understand it as finding ways to maximize the potential of biotechnology for the benefit of our economy, society and environment.“125
Aus dem Titel der Brüsseler Konferenz „New Perspectives on the Knowledge-Based Bio-Economy (KBBE)“ und ihrem Untertitel „Transforming life sciences knowledge into new, sustainable, eco-efficient and competitive products“ entwickelte sich in der Folge die in der Kölner Erklärung formulierte Definition einer wissensbasierten Bioökonomie (Zitat 2.20). Dabei handelt es sich um die Generierung von Wissen in den Life Sciences und dessen Überführung in die Entwicklung neuer, nachhaltiger, ökoeffizienter und wettbewerbsfähiger Produkte.
Zitat 2.20: Kölner Erklärung (2007)
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„Knowledge-Based Bio-Economy (KBBE) can be concisely defined as transforming life sciences knowledge into new, sustainable, eco-efficient and competitive products.“126
Ebenso wie der Konferenzbericht von 2005 hebt die Kölner Erklärung die wirtschaftliche Bedeutung der Biotechnologie hervor. Es wurde erwartet, dass sie bis 2030 einer der wichtigsten europäischen Wirtschaftsbereiche sein und zur Bewältigung globaler Herausforderungen beitragen würde. Zu diesen rechnet die Kölner Erklärung eine wachsende und alternde Bevölkerung, begrenzte Rohstoff-, Energie- und Wasserressourcen sowie den Klimawandel. Die Biotechnologie, so die Kölner Erklärung, würde die Entwicklung einer Wirtschaft mit nachhaltigem Wachstum erleichtern, die Beschäftigung und Energieversorgung sicherstellen und den europäischen Lebensstandard sichern. Ermöglicht werden soll das durch die biomassebasierte Herstellung von chemischen Produkten, Biokraftstoffen, Polymeren und Fasern sowie von Pharmazeutika. Konflikte mit der Lebensmittelproduktion, die sich durch limitierte Ackerflächen ergeben, können laut Kölner Erklärung u. a. durch gentechnisch veränderte Pflanzen gelöst werden.127
Zu erwähnen ist noch, dass die Kölner Erklärung die Themenfelder, die der Bioökonomie zugerechnet werden, im Vergleich zum Bericht der 2005er-Konferenz deutlich erweitert. Beispielsweise wird dort die Bionik, da sie biologisches Wissen nutzt, auch zur Bioökonomie gerechnet.215 Dabei wird der Begriff Bionik weit ausgelegt. Neben bionischen Materialien werden beispielsweise auch Roboter, die das Verhalten von Menschen nachahmen, und Schnittstellen, die Gehirnzellen mit Computern verbinden, als mögliche bionische bzw. bioökonomische Anwendungen genannt.128 Mehr als zwei Jahre zuvor bei der Brüsseler Konferenz werden in der Kölner Erklärung auch eine Biomassenutzung und ökologische Aspekte wie der Klimawandel angesprochen.129 Begründet wird die Bekämpfung des Klimawandels aber ausschließlich mit wirtschaftlichen Argumenten215 (Zitat 2.21).
Zitat 2.21: Kölner Erklärung (2007)
https://static-content.springer.com/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-68230-2_2/MediaObjects/602102_1_De_2_Figu_HTML.png
„The most urgent and challenging issue is climate change which calls for effective measures to reduce the release of greenhouse gases and to promote the transition from conventional fossil fuels to alternative and renewable sources […] Early action on the issue of climate change is mandatory as it is the only cost-effective strategy.“130
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Lesart 2 die Bioökonomie als eine auf biologischem Wissen aufbauende Wirtschaftsform beschreibt. Sie ist hauptsächlich dazu da, wirtschaftliches Wachstum zu generieren. Der Ersatz fossiler Rohstoffe durch Biomassen wird zwar angesprochen, ist aber noch von untergeordneter Bedeutung. Insgesamt gilt, je neuer die Dokumente sind, die sich mit der Bioökonomie befassen, desto wichtiger werden ökologische Argumente. Ab dem Jahr 2010 ist in offiziellen Dokumenten, die zum Thema Bioökonomie herausgegeben wurden, deshalb eine Veränderung der Ausrichtung festzustellen. Der Fokus verlagerte sich von einer biotechnologisch bzw. gentechnischen Ausrichtung auf die Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

2.3.1.3 Lesart 3: Bioökonomie als neue Kohlenstoffwirtschaft

Die dritte Lesart der Bioökonomie bezieht sich auf den Ersatz fossiler durch nachwachsende Rohstoffe. Der Ansatz setzt eine intensivere landwirtschaftliche Biomasseproduktion als heute voraus, um nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch genügend Rohstoffe für die Industrie zur Verfügung zu haben.
Biomassen nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch zur Herstellung von Produkten zu nutzen, ist allerdings keine neue Idee. Bevor mit der industriellen Revolution fossile Rohstoffe ihre heutige Bedeutung erlangten, waren sie eine unentbehrliche ökonomische Ressource, und der wichtigste Rohstoff war Holz. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die US-amerikanische „Chemurgy“-Initiative. Sie wurde in den 1930er-Jahren von dem damaligen Dow-Chemical-Direktor William Jay Hale initiiert. Hayles Konzept hatte bereits große Ähnlichkeit mit heutigen Bioökonomiestrategien: Die Chemurgy-Initiative suchte nach Nutzungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Überschüsse. Aufmerksamkeit erregte 1941 die Vorstellung eines „Sojabohnenautos“ durch Henry Ford, dessen Kunststoffkarosserie zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt worden war. Wie auf der Homepage des Benson Ford Research Centers angegeben wird, ist die genaue Rezeptur heute unbekannt. Sojabohnen, Flachs, Hanf, Chinagras und Weizen könnten bei ihrer Entwicklung eine Rolle gespielt haben, wahrscheinlich aber bestanden die Kunststoffteile aus mit Phenolharz imprägnierten Sojabohnenfasern.131 Das Sojabohnenauto erinnert an das „Bioconcept-Car“, einen Sportwagen, der 2014 in Berlin als bioökonomisches Produkt präsentiert wurde und ebenfalls über Bauteile verfügte, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurden.132 Weiter lassen sich auch Parallelen institutioneller Art erkennen. So gab es mit dem „National Farm Chemurgic Council“ ein staatliches Gremium, das vielleicht an den heutigen deutschen Bioökonomierat (Exkurs 1) erinnert.133
Exkurs 1: Der Bioökonomierat
Seit 2009 wird die Bundesregierung in Sachen Bioökonomie durch den Bioökonomierat beraten. Seine Institutionalisierung geht auf das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das damalige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zurück.134 Bis 2012 war der Rat bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaft (acatech) angesiedelt.135 Er galt als sehr industrienah und technologieorientiert.136 Nach einer Neubesetzung, die auch 2012 erfolgte, galt seine Zusammensetzung als ausgewogener, weil neben den Vertretern und Vertreterinnen großer Konzerne auch Angehörige mittelständischer Biotechnologiefirmen vertreten waren und die Ausrichtung insgesamt interdisziplinärer wurde.137 Der dritte Bioökonomierat nahm 2020 seine Arbeit auf. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, öffentliche Debatten zur Bioökonomie zu fördern, die Zivilgesellschaft zu beteiligen und Konflikte zu thematisieren.138
Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Erdöl die chemische Produktion dominierte, wurde das Chemurgy-Konzept nicht mehr weiterverfolgt. Heute ist der Begriff weitgehend unbekannt. Dass das Konzept bei der Entwicklung von Bioökonomiestrategien keine Rolle spielte, ist auch daran erkennbar, dass der Wandel in der Ausrichtung der Bioökonomie und die damit verbundene Fokussierung auf nachwachsende Rohstoffe in den USA später eintrat als in Europa, obwohl es sich bei Chemurgy um eine amerikanische Initiative handelte. Der National Bioeconomy Blueprint von 2012139 ist im Wesentlichen noch an Biotechnologie interessiert, und erst der „Federal Activities Report on the Bioeconomy“ von 2016140 setzt einen seiner Schwerpunkte bei der Biomassenutzung. Diese Entwicklung ist in Europa früher erkennbar. Unserer Ansicht nach kann die Kölner Erklärung bereits als eine Art Übergangsdokument angesehen werden, in dem sich der Bedeutungswandel ankündigt. Obwohl in ihr noch eine auf gentechnischem Wissen aufbauende Bioökonomie im Vordergrund steht, wird die Nutzung von Biomasse bereits intensiver diskutiert als auf der Brüsseler Konferenz zwei Jahre zuvor.141 In den Bioökonomiestrategien Deutschlands von 2010 und der EU von 2012 setzt sich dieser Trend dann fort. Beide Dokumente zielen bereits hauptsächlich auf die Nutzung nachwachsender Rohstoffe (Zitat 2.22). Bio- bzw. gentechnische Verfahren haben in beiden Strategien ihre zentrale Stellung verloren, die sie auf der Brüsseler Konferenz von 2005 noch hatten. In der deutschen Strategie sind sie nur noch „Impulsgeber“, die helfen sollen, Produktionsprozesse mit Biomassen ressourceneffizient und umweltfreundlich zu gestalten142 (Zitat 2.23).
Zitat 2.22: Europäische Kommission, Bioökonomiestrategie (2012)
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„The bioeconomy encompasses the production of renewable biological resources and their conversion into food, feed, bio-based products and bioenergy. It includes agriculture, forestry, fisheries, food and pulp and paper production, as well as parts of chemical, biotechnological and energy industries.“143
Zitat 2.23: Deutsche Bioökonomiestrategie (2010)
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„Als einer der wichtigsten Impulsgeber für bio-basierte Innovationen gilt die Biotechnologie. […] So eröffnet die Biotechnologie der Wirtschaft die Möglichkeit, ressourcenschonender und effizienter, also nachhaltiger zu wirtschaften, und damit Alternativen zu erdöl-basierten Rohstoffen zu entwickeln.“144
Die Gründe für diese Neuausrichtung waren unterschiedlich. In den USA wurde beispielsweise auch die nationale Sicherheit genannt.145 Die EU und Deutschland wollten vor allem vom Import fossiler Rohstoffe unabhängiger und wettbewerbsfähiger werden.146 Hinzu kam, dass der Klimawandel in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem immer größer werdenden Problem wurde und der Ersatz fossiler Stoffe durch nachwachsende Rohstoffe hier einen Ausweg anzubieten schien. Biomassen gelten als CO2-neutral, weil sie bei ihrer energetischen oder stofflichen Nutzung theoretisch nur so viel CO2 freisetzen, wie sie während ihres Wachstums aus der Atmosphäre aufgenommen haben. Dies gilt jedoch nur in einer idealen Betrachtung, die auf die reale landwirtschaftliche Biomasseproduktion nicht in Gänze angewendet werden kann. Ziel der europäischen Strategie war, ähnlich wie bei der deutschen, aus nachwachsenden Rohstoffen biobasierte Materialien, Bio- und Kraftstoffe sowie Nahrungs- und Futtermittel für eine postfossile Wirtschaft herzustellen.147 In der 2012er-Strategie ist Bioökonomie ein Schlüssel für „intelligentes und grünes Wachstum“148. Sie kann deshalb auch als Teil in eine Green Economy eingeordnet werden (Abschn. 1.​6).
In der deutschen Strategie werden auch Zielkonflikte benannt, die bei der Erzeugung von Biomasse eine Rolle spielen, allerdings ohne die Rohstoffsubstitution durch Biomasse grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Stattdessen sollte auf einer durch den Klimawandel kleiner werdenden landwirtschaftlichen Nutzfläche mehr Biomasse produziert werden.149 Die hierfür erforderliche Steigerung des Flächenertrags glaubte man mithilfe gentechnisch veränderter Pflanzen, dem Einsatz digitaler Technologien und dem Ersatz tierischer Proteine durch pflanzliche bei der Ernährung erreichen zu können.150 Ein wichtiges Argument zur Begründung einer Bioökonomie liefert in der deutschen Strategie auch das Kreislaufmotiv. Sie wird mit seiner Hilfe sogar definiert und als eine am „natürlichen Stoffkreislauf orientierte Wirtschaft“ beschrieben (Zitat 2.24).
Zitat 2.24: Deutsche Bioökonomiestrategie (2010)
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Bioökonomie: „Eine am natürlichen Stoffkreislauf orientierte, nachhaltige bio-basierte Wirtschaft, deren vielfältiges Angebot die Welt ausreichend und gesund ernährt sowie uns mit hochwertigen Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen versorgt.“151

2.3.2 Bioökonomie ist umstritten

Mittlerweile152wurden weltweit von etwa 50 Staaten Bioökonomiestrategien entwickelt.153 In den meisten wird die Notwendigkeit einer Bioökonomie mit globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der wachsenden Weltbevölkerung begründet. Die Bioökonomie soll zur Sicherung der Ernährungssicherheit beitragen, die Energie- und Wasserversorgung gewährleisten und fossile Rohstoffe ersetzen.154 Aufgrund der unterschiedlichen Bedeutungen, die ihr zugeschrieben werden, ist es nicht überraschend, dass sich die Strategien in ihrer Schwerpunktsetzung unterscheiden. Oft liegt eine Mischung aus den Lesarten 2 und 3 vor. Der Ersatz fossiler Rohstoffe durch Biomassen spielt jedoch inzwischen in fast allen Dokumenten eine Rolle, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung.
Welches Potenzial aber hat die Bioökonomie und welche Risiken sind mit ihr verbunden? Dieser Frage geht auch Christiane Grefe in ihrem 2016 erschienenen und vielbeachteten Buch „Global Gardening“155 nach, auf das wir uns bereits im Vorwort bezogen haben. Die Autorin zeichnet in ihrer Recherche ein differenziertes Bild, in dem sowohl die Bioökonomie ablehnende als auch befürwortende Stimmen zu Wort kommen. An der Bioökonomie scheiden sich tatsächlich die Geister. Für die einen ist sie ein Hoffnungsträger im Bemühen um eine nachhaltige Gesellschaft, für die anderen schafft sie mehr ökologische Probleme, als sie lösen kann (Zitat 2.25).
Zitat 2.25: Christiane Grefe (*1957)
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„Teufel versus Beelzebub: Wie nachhaltig ist die Bioökonomie? Trotz des politischen Wandels, den das Bioökonomie-Projekt durchlaufen hat, vom Fokus auf Biotechnologie und der schieren Substitution fossiler Quellen zum Bemühen um ein globales Ressourcenmanagement: Viele Kritiker sehen die Bioökonomie noch immer als Teil des Problems […]. Denn was in den neuen, nachdenklicheren Papieren des Bioökonomierates, der Bundesregierung und auch der EU-Kommission steht, ist eine Sache – eine andere aber ist die Realität der Märkte und durchsetzungsfähiger ökonomischer Interessen […]. So löst, was für die Verfechter der Bioökonomie den weitsichtigen Durchbruch ins postfossile Zeitalter verheißt, vor allem bei Umwelt- und Entwicklungsorganisationen und auch bei vielen Wissenschaftlern noch immer erhebliche Befürchtungen aus. Biomasse sei keineswegs vorbehaltlos ‚der Stoff, aus dem die Zukunft wächst‘, heißt es in einem kritischen Kommentar der Welthungerhilfe. Einige Umwelt- und Entwicklungsorganisationen halten sie überdies für die Ummäntelung einer langfristigen Einführung neuer gentechnischer Verfahren. […] Eine Bioökonomie, die diese Richtung einschlage, verstärke die fatale Entwicklung, das Lebendige zum Material zu degradieren.“156
Befürworter wie das BMBF wollen mit der Bioökonomie „Ökonomie und Ökologie für ein nachhaltiges Wirtschaften […] verbinden“157. Sie erwarten, dass fossile Rohstoffe ersetzt werden und die Wirtschaft trotzdem mit Ressourcen versorgt wird. Die Bioökonomie soll „Lösungen zur Bewältigung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ liefern, „die Welt […] mit hochwertigen Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen“ versorgen, „die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft […] stärken“ und zu einer klimaneutralen Entwicklung“ beitragen158.
Die Kritik an ihr setzt an mehreren Stellen an. Unter anderem wird darauf aufmerksam gemacht, dass zwar Begriffe aus dem Umwelt- und Nachhaltigkeitsdiskurs verwendet werden, die die bioökonomische Wirklichkeit aber nicht wiederspiegeln. Statt die Natur zu schützen, so der Vorwurf, wird sie wirtschaftlichen Interessen untergeordnet, beispielsweise, indem natürliche Anbauzyklen in der Landwirtschaft an industrielle Bedürfnisse angepasst werden. Kritikerinnen und Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Kommerzialisierung“ oder „Neoliberalisierung von Natur“. Die Bioökonomie, so der Vorwurf, folge den Interessen großer Unternehmen, um umstrittene Technologien wie die Gentechnik oder die synthetische Biologie gesellschaftsfähig zu machen.159 Gottwald und Krätzer vergleichen sie deshalb sogar mit einem trojanischen Pferd.160
Bemängelt wird auch, dass die Bioökonomie auf globale Herausforderungen ausschließlich technologische Antworten gibt. Sie setze auf wirtschaftliches Wachstum, heißt es, und orientiere sich nicht an Suffizienzstrategien.161 In der Praxis, so die Kritik, wird oftmals nur ein biologischer Ausgangsstoff statt eines fossilen verwendet, ohne die Produktions- und Konsummuster zu verändern. Der Begriff Suffizienz kommt zwar in der deutschen Bioökonomiestrategie von 2020 vor,162 ein erkennbarer Teil der Strategie ist Suffizienz aber nicht.
Ein weiterer Kritikpunkt besteht in der Aussage, dass eine Bioökonomie, die Biomassen für die Nahrungsmittelherstellung, biobasierte Produkte und Bioenergie bereitstellen will, ökologische Grenzen nicht einhalten kann. Diese ergeben sich aus der begrenzten Belastbarkeit von natürlichen Lebensräumen und Ressourcen sowie aus der Zeit, die diese für ihre Regeneration benötigen.163 In der Strategie der Bundesregierung von 2020 wird zwar darauf hingewiesen, dass die Bioökonomie diese Grenzen berücksichtigen soll, welchen Umfang sie aber dann noch haben kann, bleibt unklar. Durch den Klimawandel, Bodendegradierung und Ausdehnung der Siedlungsflächen ist damit zu rechnen, dass die landwirtschaftlich nutzbare Fläche kleiner wird164 und dass die Herstellung von biobasierten Produkten zunehmend in Konkurrenz zu anderen Flächenfunktionen gerät, sei es als Raum für Lebewesen oder zur Herstellung von Nahrungsmitteln165. Obwohl in der Kölner Erklärung noch erwartet wurde, dass die Produktion von Biomasse in Entwicklungsländern höhere Einkommen, mehr Unabhängigkeit und politische Stabilität schafft,166 führt die Flächenkonkurrenz in der Praxis auch zu Zielkonflikten. Sie kann, wie Tittor schreibt, bereits heute zu Landflucht, Erkrankungen, Entwaldung und Artenverlust führen.167 Laut Bundesregierung soll Biomasse aber „unter Berücksichtigung ökologischer und ethischer Kriterien produziert und effizient eingesetzt“168 werden. Trotz des klaren Bekenntnisses in den neueren Strategien, dass die Sicherung der weltweiten Ernährung stets Vorrang habe, bleibt aber unklar, wie diese Vorgabe in einer globalen Marktwirtschaft sichergestellt werden kann.169 Vorgeschlagen wird eine Ertragssteigerung und die effizient und „verantwortungsbewusste“ Nutzung von Biomassen,170 beispielsweise durch eine kaskadische Nutzung von biologischen Abfällen.171 Weitere Optimierungsmöglichkeiten werden in der Rekultivierung degradierter, ungenutzter oder nicht effizient genutzter Flächen gesehen.
Der Kritik an der Bioökonomie stellt sich auch der aktuelle Bioökonomierat (Exkurs 1). Er konstatiert, dass es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ob eine am Wachstumsmodell der aktuellen Wirtschaft orientierte Bioökonomie nachhaltig sein kann (Zitat 2.26).
Zitat 2.26: 3. Bioökonomierat (2022)
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„Es gibt allerdings nach wie vor unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Bioökonomie Nachhaltigkeitsziele erreichen kann, wenn sie einer traditionellen Orientierung an Parametern wirtschaftlichen Wachstums folgt oder die Verwirklichung der SDGs stärker als bisher auf einer veränderten Wirtschaftsweise und Suffizienz beruhen sollte, was auch Konsequenzen für die Ausgestaltung der Bioökonomie hätte.“172

2.3.3 Welcher Nachhaltigkeitsstrategie folgt die Bioökonomie?

Welche Nachhaltigkeitsstrategien von der Bioökonomie adressiert werden, ist bei ihren jeweiligen Lesarten unterschiedlich. Lesart 1, in der Bioökonomie mit der Ökologischen Ökonomie gleichzusetzen ist, hat eine große inhaltliche Nähe zu Postwachstumsökonomien. Sie integriert zusätzlich zu Effizienz- auch Suffizienz-, Subsistenz- und Kooperationsstrategien. Lesart 2 (Bioökonomie als biotechnologische Revolution) und 3 (Bioökonomie als Nutzung nachwachsender Rohstoffe) sind überwiegend technisch ausgerichtet. In der deutschen Bioökonomiestrategie von 2010 wird beispielsweise Technologieführerschaft durch Bioökonomie angestrebt,173 und in anderen Dokumenten heißt es, „bioökonomische Innovationen vereinen biologisches Wissen mit technologischen Lösungen“174. Sie sind deshalb auch Teil der deutschen Hightechstrategie.175 Auch wenn die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften als wichtig für die Bioökonomie bezeichnet werden und eine Kooperation zwischen ihnen und den Technik- und Naturwissenschaften angemahnt wird, dominieren insgesamt technische Disziplinen. Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Nanotechnologie, Miniaturisierung, Robotik und Automatisierung sollen als konvergierende Technologien für die Bioökonomie genutzt werden.176 Der Wandel zu einer biobasierten Wirtschaft soll mithilfe technologischer Innovationen gelingen.177 Lesart 2 lässt sich, sofern sie überhaupt auf das Ziel Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, als Effizienzstrategie verstehen, da gentechnisch hergestellte „High-Tech-Pflanzen“ eine effizientere Landwirtschaft ermöglichen sollen.178 Lesart 3 hat eine inhaltliche Nähe zur Green Economy. Sie folgt einer Substitutions- bzw. Konsistenzstrategie, die fossile Rohstoffe durch Biomassen ersetzt.
Insgesamt haben alle uns bekannten Bioökonomiestrategien eine technikoptimistische Perspektive. Sie gehen auch davon aus, dass ökonomisches Wachstum und Nachhaltigkeit vereinbar sind.179 Je neuer aber die Dokumente zur Bioökonomie sind, desto mehr scheint die technische Fokussierung von ihren Autorinnen und Autoren als Manko erkannt worden zu sein. Ein Bemühen um die Einbeziehung weiterer Nachhaltigkeitsstrategien ist erkennbar. Wie der aktuelle Bioökonomierat in seinem ersten Arbeitspapier schreibt, müssen „neue Technologien zusammen mit sozialen Innovationen“ interagieren. Er fordert deshalb auch Suffizienz ein.180

2.4 Zirkuläre Bioökonomie

2.4.1 Annäherung von Circular Economy und Bioökonomie

In den letzten Jahren waren Entwicklungen zu beobachten, die Circular Economy und Bioökonomie aufeinander zu beziehen. Diese Tendenz lässt sich gut an der Entwicklung der europäischen Bioökonomiestrategie nachvollziehen.
Die 2012er-Strategie enthielt, neben einer Erläuterung, was unter einer Bioökonomie zu verstehen ist und warum Europa die Bioökonomie braucht, eine Reihe von Maßnahmen, die, wie die Kommission schreibt, dabei helfen sollen, Europa zu einer innovativeren, ressourceneffizienteren und wettbewerbsfähigeren Gesellschaft zu entwickeln.181 Ihr Erfolg sollte ab 2016 überprüft und die Strategie entsprechend aktualisiert werden. Das Ergebnis dieser Evaluation, das die Europäische Kommission 2018 präsentierte, war jedoch mehr als eine Aktualisierung. Es definiert die Bioökonomie neu und bezieht sie auf kreislaufwirtschaftliche Motive.
Grund für diese Neudefinition war einerseits, wie wir vermuten, die zunehmende Kritik an einer nicht nachhaltigen Biomassenutzung, andererseits aber auch, dass 2015 ein Aktionsplan für die Circular Economy verabschiedet wurde, der sich u. a. auch damit auseinandersetzte, welche Rolle Biomassen in einer Circular Economy spielen.182 Damit war aus Sicht derjenigen, die in der Europäischen Union für die Circular Economy zuständig waren, die Verbindung zwischen der Circular Economy und Bioökonomie hergestellt. Die Bioökonomie könne einen Beitrag zur Circular Economy leisten, heißt es im Circular-Economy-Aktionsplan. Der „Rat Umwelt der Europäischen Union“183 forderte daraufhin die Europäische Kommission auf, zu prüfen, wie dieser Beitrag aussehen kann, und die Bioökonomiestrategie entsprechend anzupassen.184 Im Strategiedokument von 2018 wird deshalb ein anderes Bioökonomieverständnis formuliert als 2012. Während in der 2012er-Strategie von der Circular Economy noch keine Rede ist, spielt sie 2018 eine herausgehobene Rolle. Die Bioökonomie wird sogar als Teil der Circular Economy definiert (Zitat 2.27). Auffällig ist, dass Nachhaltigkeit und Kreislaufführung dabei gleichgesetzt werden.185
Zitat 2.27: EU-Bioökonomiestrategie (2018)
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„A sustainable bioeconomy is the renewable segment of the circular economy.“186
“To be successful, the European bioeconomy needs to have sustainability and circularity at its heart.“187
Als neuen Begriff führt die EU den Ausdruck „zirkuläre Bioökonomie“ („Circular Bioeconomy“) ein,188 der im selben Jahr auch von der OECD verwendet wurde.189 In Deutschland wurde eine Bioökonomie bereits in der 2010er-Strategie als eine „am natürlichen Stoffkreislauf orientierte, nachhaltige biobasierte Wirtschaft“190 beschrieben. In einem Dokument, das die Bundesregierung 2014 veröffentlichte, wurde darauf verwiesen, dass bereits die 2010er-Strategie darauf setzt, „den Kohlenstoff-Kreislauf der Natur“, wie in Abb. 2.6 dargestellt, „in einer künftigen biobasierten Industrie abzubilden“191.
Die Zusammenführung der Bioökonomie und Circular Economy wird von der EU damit begründet, dass mit der Aufarbeitung von biomassestämmigen Abfällen bereits „von Anfang an“ ein wichtiges Prinzip der Circular Economy in ihrer Bioökonomiestrategie enthalten war.193 Ähnliche Formulierungen finden sich in der deutschen Strategie von 2020. Hier wird von einer „Kreislauffähigkeit biogener Rohstoffe“194 gesprochen, die „von Natur aus“195 vorhanden ist. Bioökonomie wird aus dieser Perspektive als eine Art Circular Economy der Natur ausgelegt (Zitat 2.28). Dieser Aspekt ist mit Blick auf die Rolle, die der Natur in der Bioökonomie und Teilen der Circular Economy zugewiesen wird, von großer Bedeutung. Er wird uns im Folgenden, d. h. in Abschn. 5.​6, 7.​1.​6 und 7.​2.​3, noch beschäftigen.
Zitat 2.28: Kathryn Sheridan (2016)
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„The bioeconomy presents a solution for circularity in materials design and production. Biomaterials are circular by nature as they rely on renewable resources.“196

2.4.2 Was ist eine zirkuläre Bioökonomie?

Eine zirkuläre Bioökonomie in einer allgemein anerkannten Form zu definieren ist ausgesprochen schwierig. Ein Vorschlag stammt von einem Team um Martin Junginger von der Universität Utrecht.197 Es untersuchte neun unterschiedliche Publikationen, in denen eine zirkuläre Bioökonomie beschrieben wird. Ihre hieraus abgeleitete Definition ist in Zitat 2.29 wiedergegeben. Zirkuläre Bioökonomie ist demnach die nachhaltige, ressourceneffiziente Verwertung von Biomasse.
Zitat 2.29: Paul Stegmann, Marc Londo, Martin Junginger (2020)
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„The circular bioeconomy focuses on the sustainable, resource-efficient valorization of biomass in integrated, multi-output production chains (e.g. biorefineries) while also making use of residues and wastes and optimizing the value of biomass over time via cascading. Such an optimization can focus on economic, environmental or social aspects and ideally considers all three pillars of sustainability. The cascading steps aim at retaining the resource quality by adhering to the bio-based value pyramid and the waste hierarchy where possible and adequate.“198
Dass es so schwierig ist, eine konsensfähige Definition für eine zirkuläre Bioökonomie zu finden, liegt daran, dass Bioökonomie und Circular Economy für sich genommen schon unscharf definiert sind.199 Wenn beide konzeptionell vermischt werden, wird es nicht leichter, eine Definition zu verabreden.200 Dementsprechend gibt es unterschiedliche Verständnisse, was mit dem Begriff gemeint ist. Stegmann et al. haben sie zu den drei in Abb. 2.7 dargestellten Perspektiven zusammengefasst.201
Perspektive 1 betrachtet die zirkuläre Bioökonomie als eine Schnittmenge aus Circular Economy und Bioökonomie.203 Sie wird darüber definiert, was beide Konzepte gemeinsam haben. Hierzu gehören die Ziele Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und ein geringer CO2-Fußabdruck.204 Als weitere Gemeinsamkeiten gelten die Herstellung biobasierter Produkte, die Prinzipien Instandsetzung, Wiederverwendung, Aufbereitung und Recycling, eine Kaskadennutzung, die Verwertung organischer Abfälle, ressourceneffiziente Verwertungsketten und eine biologische Kreislaufführung.205
Aus Perspektive 2 ist die (zirkuläre) Bioökonomie „mehr als nur Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft“206 zusammen. Sie fokussiert sich auf Synergien, die zwischen den beiden Konzepten bestehen. Eine Bioökonomie kann aus dieser Perspektive dazu beitragen, unabhängiger von nicht erneuerbaren Ressourcen zu werden, und eine Circular Economy kann helfen, die Bioökonomie ressourceneffizienter zu gestalten. Beide Konzepte verstärken sich hier gegenseitig.207
Für Betrachter und Betrachterinnen mit Perspektive 3 ist die Bioökonomie Teil eines übergreifenden Circular-Economy-Konzepts, wie es beispielsweise durch das „Schmetterlingsdiagramm“ der Ellen MacArthur Foundation wiedergegeben wird (Abb. 2.5 in Abschn. 2.2.3).208 Carrez et al. bezeichnen Bioökonomie mit Verweis auf die Ellen MacArthur Stiftung als den erneuerbaren Teil des Circular-Economy-Konzepts.209 Der linke Teil des Diagramms wäre dann mit Lesart 3 der Bioökonomie gleichzusetzen.210
Trotz der beschriebenen Gemeinsamkeiten bestehen jedoch nach wie vor Unterschiede zwischen beiden Konzepten. Das Recycling von Metallen ist Teil der Circular Economy, gehört aber nicht in die Bioökonomie. Umgekehrt ist es bei Kunststoffen, die aus Biomassen hergestellt werden, die aber nicht biologisch abbaubar sind. Sie können der Bioökonomie zugerechnet werden, genügen dann aber nicht den Anforderungen, die an eine zirkuläre Bioökonomie zu stellen sind.211 Gleiches gilt für viele Bereiche der Biotechnologie, die zwar zur Bioökonomie, aber nicht zur Circular Economy gehören.212
Wie wir im nächsten Kapitel noch sehen werden, bleibt es nicht bei den hier genannten Gemeinsamkeiten und Unterscheidungen. Wir betrachten die Circular Economy und Bioökonomie dort aus einer anderen Perspektive und betrachten die Erzählungen, mit denen uns die beiden Wirtschaftsformen nähergebracht werden.
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Fußnoten
1
Birch et al. 2010; Cooper 2014.
 
2
Wir gehen im Folgenden nur kurz auf die Umweltökonomie und Ökologische Ökonomie ein, kommen aber in Abschn. 2.3.1 auf die Ökologische Ökonomie und in Abschn. 5.​5.​2 auf beide Denkschulen zurück.
 
3
Bauer 2008, 212 f.; Leipprand und Moore 2012, S. 188.
 
4
Z. B. von Sillanpää und Ncibi 2019, S. 4.
 
5
Boulding 1966.
 
6
Kirchherr et al. 2017, 224 f.
 
7
In Anlehnung an Sillanpää und Ncibi 2019, S. 18.
 
8
Pearce und Turner 1994.
 
9
Mayumi 2001.
 
10
Georgescu-Roegen 2011, S. 158.
 
11
Bonaiuti 2011, S. 52.
 
12
Die genannten Lesarten wurden auch von Bugge et al. 2016 identifiziert.
 
13
Bioökonomierat 2022, S. 10.
 
14
Brumme 2016a.
 
15
Brumme 2016b.
 
16
Berlin Recycling 2018.
 
17
Osterath 2017.
 
18
Lancaster 2007, S. 26 zitiert Hofman, gibt aber keine Quelle für das Zitat an.
 
19
Lancaster 2007, S. 26.
 
20
Möller 2014.
 
21
Brumme 2016c.
 
22
Hellige 1994.
 
23
Möller 2014, S. 79.
 
24
Möller 2014, S. 77.
 
25
Möller 2014, S. 79 zitiert hier den ehemaligen Umweltminister der DDR Hans Reichelt.
 
26
Möller 2014, S. 88.
 
27
KrWG 2020.
 
28
Prieto-Sandoval et al. 2018.
 
29
Müller et al. 2020, S. 7; DKE – VDE 2022.
 
30
Kirchherr et al. 2017.
 
31
Kirchherr et al. 2017, 226 f.
 
32
Kirchherr et al. 2017, 223 ff.
 
33
Kirchherr et al. 2017, 224 f.
 
34
Kirchherr et al. 2017, S. 226.
 
35
Kirchherr et al. 2017, S. 223.
 
36
Angelehnt an Kirchherr et al. 2017, S. 224; Potting et al. 2017, S. 5.
 
37
Eine ausführlichere Beschreibung erfolgt in Band 3.
 
38
Murray et al. 2017.
 
39
Stahel 2020, S. 8.
 
40
Stahel 2020.
 
41
Wautelet 2018.
 
42
Stahel 2016, S. 435.
 
43
EMF 2021.
 
44
Bauer 2008, S. 266; Garner, Andy und Keoleian 1995, S. 2.
 
45
Garner, Andy und Keoleian 1995, S. 2.
 
46
Frosch 1992, S. 800.
 
47
Pearce und Turner 1994.
 
48
Pearce und Turner 1994, S. 40.
 
49
Mang und Reed 2012.
 
50
Mang und Reed 2012; Geisendorf und Pietrulla 2018.
 
51
Lyle 1994, Chapter 1.
 
52
Hawken et al. 2000; Lovins et al. 1999.
 
53
Costanza und Daly 1992; Pearce und Turner 1994.
 
54
Lovins et al. 1999, S. 147–148.
 
55
Hawken et al. 2000, S. 17.
 
56
Braungart und McDonough 2014.
 
57
Braungart und McDonough 2014, Kap. 3.
 
58
Braungart und McDonough 2014, Kap. 4.
 
59
Braungart und McDonough 2014, Kap. 5.
 
60
Cradle to Cradle NGO 2020.
 
61
Geisendorf und Pietrulla 2018, S. 774.
 
62
Wautelet 2018.
 
63
The Blue Economy 2021.
 
64
Geisendorf und Pietrulla 2018, S. 774.
 
65
Europäische Kommission 2014.
 
66
Zwiers et al. 2020.
 
67
EMF 2014.
 
68
CE = Circular Economy
 
69
Weber und Stuchtey 2019.
 
70
Stahel 2020.
 
71
EMF 2014, S. 15.
 
72
Sillanpää und Ncibi 2019, 3 ff.; EMF 2014, S. 15.
 
73
EMF 2014, S. 15.
 
74
EMF 2019.
 
75
Schally 2020.
 
76
Schally 2020.
 
77
Europäische Kommission 2015a.
 
78
Sillanpää und Ncibi 2019, 8 ff.
 
79
Europäische Union 2020, S. 20.
 
80
Europäische Union 2020, S. 4.
 
81
Europäische Kommission 2015a, S. 10–15.
 
82
Europäische Union 2020, S. 9.
 
83
Europäische Union 2020, S. 24.
 
84
Kirchherr et al. 2017, 226 f.
 
85
World Wildlife Fund (WWF) 2022.
 
86
Weber und Stuchtey 2019.
 
87
Wagner 2015, S. 60; Cleveland 1999.
 
88
Cleveland 1999.
 
89
Mit Bionomik sind die Wirkungen von Organismen in der Umwelt gemeint, Naef 1923, S. 330.
 
90
Baranov 2014.
 
91
Giampietro 2019, S. 145.
 
92
Gordon 1954, S. 128 zitiert hier Baranov 1925.
 
93
Bonaiuti 2015, S. 52.
 
94
Georgescu-Roegen 2011, S. 158.
 
95
Georgescu-Roegen 1977, S. 361.
 
96
Mayumi 2009, S. 1236; Georgescu-Roegen 1987; Bonaiuti 2015, S. 52.
 
97
Georgescu-Roegen 1987, 8 f.
 
98
Daly 1968, 2012; Daly 2015.
 
99
Kerschner 2010.
 
100
Hawken et al. 2000, 5, 154 ff.
 
101
Costanza und Daly 1992.
 
102
Costanza et al. 1997.
 
103
United Nations Conference on Trade and Development – Intelectual Property Unit 1980.
 
104
Frisvold et al. 2021, S. 4; Healy 1994, S. 13.
 
105
Braun 2017; Gottwald und Krätzer 2014, S. 12.
 
106
Persönliche Mitteilung von Martinez.
 
107
Enriquez 1998.
 
108
The Conversation 2013; Martinez et al. 2003. Der Artikel Martinez et al. 2003 ist mit dem Satz „Welcome to the Biotechonomy“ übertitelt.
 
109
OECD 2009.
 
110
OECD 2002, 2004.
 
111
OECD 2009, S. 22.
 
112
National Research Council 2009; The White House 2012, S. 1.
 
113
National Research Council 2009, S. 1.
 
114
„Design of ecosystems“, The White House 2012, S. 12.
 
115
National Research Council 2009, 4 ff.
 
116
The White House 2012, S. 10.
 
117
The White House 2012, S. 7.
 
118
Europäische Kommission 2005b.
 
119
Europäische Kommission 2005a.
 
120
Europäische Union 2007.
 
121
Europäische Kommission 2005b, S. 5.
 
122
Europäische Kommission 2005b, S. 6.
 
123
Heidenreich 2002, S. 336.
 
124
Potočnik 2005, 4 f.
 
125
Potočnik 2005, S. 3.
 
126
Europäische Union 2007, S. 2.
 
127
Europäische Union 2007, S. 7.
 
128
Europäische Union 2007, S. 12.
 
129
Europäische Union 2007, 6 ff.
 
130
Europäische Union 2007, 6 f.
 
131
Benson Ford Research Center 2015.
 
132
Grefe 2016, 17 f.; Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) 2013.
 
133
Kamm et al. 2016, 5 f.; Bud 1995, S. 62.
 
134
Bundesregierung 2014, S. 97.
 
135
Grefe 2016, S. 30; Gottwald und Krätzer 2014, S. 38.
 
136
Vertreten waren Repräsentanten der BASF, der KWS SAAT SE & Co. KGaA und der DOW-AgroSciences LLC, dem Deutschen Bauern- und Waldbesitzerverband und industrienahe Forschungsinstituten. Grefe 2016, S. 30, Gottwald und Krätzer 2014, S. 36.
 
137
Grefe 2016, S. 31; Gottwald und Krätzer 2014, S. 41.
 
138
Bundesregierung 2020b, S. 50; bioökonomie.de 2020.
 
139
The White House 2012.
 
140
Biomass R&D Board 2016.
 
141
Europäische Union 2007, S. 7.
 
142
BMBF 2010, 3,10.
 
143
Europäische Kommission 2012, S. 16.
 
144
BMBF 2010, S. 10.
 
145
Backhouse et al. 2017, S. 16.
 
146
BMBF 2010, S. 2.
 
147
Europäische Kommission 2012, S. 4.
 
148
Europäische Kommission 2012, 1,9.
 
149
BMBF 2010, 4,18.
 
150
BMBF 2010, 20 f.
 
151
BMBF 2010, S. 3.
 
152
Stand 2020
 
153
Bundesregierung 2020b, S. 17.
 
154
Backhouse et al. 2017, S. 26.
 
155
Grefe 2016.
 
156
Grefe 2016, S. 34–35.
 
157
Bundesregierung 2020b, S. 4.
 
158
Bundesregierung 2020b, 10, 14; BMBF 2010, S. 2.
 
159
Birner 2018, S. 24; Gottwald und Krätzer 2014, S. 17; Kiresiewa et al. 2019, 104 111.
 
160
Gottwald und Krätzer 2014, 42 ff., 112.
 
161
Kiresiewa et al. 2019, S. 103; Ober und Huwe 2020.
 
162
Bundesregierung 2020b, S. 33.
 
163
Bundesregierung 2020b, S. 60.
 
164
Bundesregierung 2020b, S. 4; BMBF 2010, S. 4.
 
165
Kiresiewa et al. 2019, S. 99.
 
166
Europäische Union 2007, S. 4.
 
167
Tittor 2020.
 
168
Bundesregierung 2020a, 4, 10.
 
169
Bundesregierung 2020b, S. 10; Kiresiewa et al. 2019, S. 100.
 
170
Bundesregierung 2020b, S. 15.
 
171
Bundesregierung 2020b, S. 39.
 
172
Bioökonomierat 2022, S. 9.
 
173
BMBF 2010, S. 2.
 
174
Bundesregierung 2020b, S. 4.
 
175
BMBF 2014b, S. 20.
 
176
Bundesregierung 2020b, 16,32.
 
177
Backhouse et al. 2017, S. 20–21.
 
178
Europäische Union 2007, 7,17.
 
179
Backhouse et al. 2017, S. 29.
 
180
Bioökonomierat 2022, 4,9.
 
181
Europäische Kommission 2012, 4, 8, 12 ff.
 
182
Europäische Kommission 2015b, 20 f.
 
183
Europäischer Rat 2022.
 
184
Europäischer Rat 2016; Europäische Kommission 2017, S. 7.
 
185
Europäische Kommission 2018, S. 4.
 
186
Europäische Kommission 2018, S. 6.
 
187
Europäische Kommission 2018, S. 4.
 
188
Europäische Kommission 2017, S. 6.
 
189
Philp und Winickoff 2018.
 
190
BMBF 2010, S. 3.
 
191
Bundesregierung 2014, S. 81.
 
192
In Anlehnung an Bundesregierung 2014, S. 81.
 
193
„From the start“, Europäische Kommission 2017, S. 27.
 
194
Bundesregierung 2020b, S. 4,
 
195
Bundesregierung 2020b, S. 10.
 
196
Sheridan 2016, S. 339.
 
197
Stegmann et al. 2020.
 
198
Stegmann et al. 2020, S. 5.
 
199
Temmes und Peck 2020, S. 2.
 
200
Temmes und Peck 2020, S. 10.
 
201
Stegmann et al. 2020, 4 f.
 
202
Stegmann et al. 2020, S. 4.
 
203
Carus und Dammer 2018a; Falcone et al. 2020; Philp und Winickoff 2018; Mohan et al. 2019.
 
204
Falcone et al. 2020, S. 1.
 
205
Carus und Dammer 2018b.
 
206
„Circular bioeconomy is more than bioeconomy or circular economy alone“, Hetemäki et al. 2017, S. 14.
 
207
Hetemäki et al. 2017, S. 14; D’Amato et al. 2020.
 
208
Stegmann et al. 2020, S. 4.
 
209
Carrez und van Leeuwen 2015, S. 34.
 
210
Europäische Kommission 2017, S. 28.
 
211
Fröhling 2020.
 
212
Carus 2017.
 
Metadaten
Titel
Circular Economy und Bioökonomie
verfasst von
Thomas Marzi
Manfred Renner
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-68230-2_2