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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Legitimation in der formativen und expansiven Phase der Staatsbildung

verfasst von : Stefan Lüder

Erschienen in: Staatsbildung und Legitimation im Himalaya

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die bisherige Erforschung von Legitimationsstrategien der herrschenden Eliten der Gorkhālī während den Anfängen der staatsbildenden Prozesse und der anschließenden expansiven Phase fokussiert fast ausschließlich das Königtum. Als besonders einflussreich gelten anthropologische, ethnologische und indologische Forschungen in der zweiten Hälfte des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die hauptsächlich von Forschenden aus Europa und Nordamerika durchgeführt wurden.
Die bisherige Erforschung von Legitimationsstrategien der herrschenden Eliten der Gorkhālī während den Anfängen der staatsbildenden Prozesse und der anschließenden expansiven Phase fokussiert fast ausschließlich das Königtum. Als besonders einflussreich gelten anthropologische, ethnologische und indologische Forschungen in der zweiten Hälfte des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die hauptsächlich von Forschenden aus Europa und Nordamerika durchgeführt wurden. Sie waren in erster Linie an der Rolle, den Aufgaben und Funktionen des Monarchen interessiert und ihre Überlegungen waren maßgeblich durch die Debatten zum Königtum in Südasien geprägt. Dabei wurden die göttliche Überhöhung des Rājās und die damit verbundenen Rituale als definierende Kernmerkmale der Herrschaftsideologie und zentrale Legitimationsstrategien verstanden.1
Als besonders einflussreich in den wissenschaftlichen Debatten zur zentralen Himalaya Region gilt bis heute der Beitrag Richard Burgharts (1984), der erstmals auf die multiplen Dimensionen der Herrschaftsideologie der Gorkhālī aufmerksam machte. Ihm zufolge unterschieden die herrschenden Eliten bereits seit dem 17. Jahrhundert kategorisch zwischen territorialen, rituellen und herkunftsbasierten Herrschaftsansprüchen und leiteten aus dieser Unterscheidung auch entsprechende Legitimationsstrategien ab. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden aber hauptsächlich die rituellen Aspekte der Herrschaftsideologie weiter erforscht und es entwickelte sich ein dominanter Fokus auf das Reinkarnationsargument des Hindu-Gottkönigtums sowie damit verbundener Rituale und Prozesse der „Hinduisierung“ oder „Sanskritisierung“.2 Wie Sanjog Rupakheti (2012) den Forschungsstand zusammenfassend beschreibt: „The extant study of Gorkhali kingship is influenced by a dominant anthropological formulation of the auspicious-inauspicious ideology centered on the ritual Hindu kings. Western anthropologists fix Gorkhali kingship in the auspicious-inauspicious continuum.“ (Rupakheti 2012: 19).
Darüber hinaus basiert die bisherige Theoretisierung des Königtums der Gorkhālī empirisch in weiten Teilen auf den Ergebnissen ethnografischer Forschungen, die Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts durchgeführt wurden und tendenziell selten auf der kritisch-hermeneutischen Analyse historischer Quellen. Es ist aber problematisch, wenn Forschende aus der Beobachtung und Analyse ihrer eigenen Gegenwart Rückschlüsse auf die Geschehnisse in der Vergangenheit zu ziehen versuchen. Ganz konkret lässt sich dies am Beispiel der Beiträge von Marie Lecomte-Tilouine (2005; 2009) zur Debatte verdeutlichen. Sie versucht aus ihren Beobachtung der königlichen Beerdigungs- und Krönungsrituale von 2001 Rückschlüsse auf die Ritualpraktiken der Śāha-Dynastie im 18. Jahrhundert zu ziehen, ohne entsprechend historisches Quellenmaterial für ihre Beweisführung heranzuziehen. Dennoch wertet sie ihre Forschungsergebnisse als ausreichenden Beleg für die These, es handele sich im Falle des Königtums der Gorkhālī um eine einzigartige Form des „Hindu Königtums“, die abschließend sogar bis zu den Anfängen der Staatsbildung ins 18. Jahrhundert zurückprojiziert wird. So konzeptioniert Lecomte-Tilouine implizit das Königtum der Gorkhālī als über lange Zeiträume hinweg unverändert, eindimensional und statisch. Und wie Sanjog Rupakheti (2012) eine weitere Problematik treffend zusammenfasst: “To call the post-Rana era a Hindu regime is one thing, but to apply this category to the whole of eighteenth and nineteenth century Gorkhali kingship is ahistorical.” (Ibid.: 21).
Ähnlich stellt sich die Situation im aktuellen Beitrag von Axel Michaels (2018) dar. Er reduziert die Frage nach Macht, Autorität und Legitimation auf die Formel „[…], dass Macht sich außerweltlich legitimieren muss, aber weltlich wirksam sein will und es so zu wechselnden Macht- und Autoritätsansprüchen verschiedener konkurrierender Figuren kommt […]“ (2018: 127). Dabei seien die einzelnen Akteure: „[…] jeweils auf ihre Weise Herrscher über verschiedene Kontexte und»Territorien«: Der Brahmane herrscht über das organische, der Asket über das zeitliche und der König herrscht über das terrestrische Universum.“ (Ibid.: 130). Durch eine fehlende historische Kontextualisierung kann für Lesende der Eindruck entstehen, die Machthabenden würden ihre Herrschaftsansprüche schon seit Beginn der Staatsbildung im zentralen Himalaya hauptsächlich durch die außerweltliche Macht der Brahmanen und Asketen legitimieren lassen. Zudem wird durch die stark vereinfachte Darstellung das Reinkarnationsargument überproportional hervorgehoben und das Gorkhālī-Königtum in der Konsequenz als inhärent und exklusiv „Hindu“ dargestellt.
Auf Grundlage neu erschlossenen Quellenmaterials argumentiert hingegen Sanjog Rupakheti (2012), die Herrschaftsideologie der Gorkhālī sei weitaus komplexer und dynamischer als bisher angenommen. Der Monarch sei eben nicht nur „göttlicher Hindu Herrscher“, sondern gleichermaßen auch Schutzherr über andere Glaubensformen innerhalb seines Herrschaftsgebietes. Nachweislich stifteten die herrschenden Eliten der Gorkhālī nicht ausschließlich Tempel für Gottheiten aus dem Hindu-Pantheon oder schenkten nur Asketen und Brahmanen Land. Sie schützten und förderten ebenso buddhistische Klöster, Moscheen sowie schamanistische und animistische Glaubensformen. Dies seien Rupakheti zufolge Indizien für die Existenz von diversen und vielschichtigen Herrschaftsidentitäten, durch die neue Loyalitäten mit den soziokulturell sehr heterogenen Bevölkerungsgruppen ermöglicht werden sollten. Die Bedeutung dessen fasst er folgendermaßen zusammen:
The prevalence of such eclectic religious and spiritual practices amongst the multitudes of groups in society renders the concept of a ‘Hindu-only’ system rather quixotic. The diversity speaks to a growing cosmopolitanism that marked Gorkha kingdom where people not only of different cultic traditions, but traders from as far as Armenia, Tibet and Indian crisscrossed the region. Kingship had to encompass them all.
(Sanjog Rupakheti 2012: 22)
Diese These von multiplen und flexiblen Herrschaftsidentitäten wird weiter gestützt durch die aktuelle Forschung von Simon Cubelic (2018) zum Herrschaftsverständnis in der Literatur der Śāha-Dynastie Anfang des 19. Jahrhunderts. Am Beispiel des Fürstenspiegels Rājavidhānasāra („Quintessenz der Vorschriften für den König“), in dem der grundsätzliche Staatsaufbau und die Pflichten eines Herrschers (rājadharma) thematisiert werden und durch den Vergleich mit der zeitgenössischen vaṃśāvalī-Literatur, zeigt Cubelic, dass in der politischen Literatur der Gorkhālī im frühen 19. Jahrhundert eine Mehrzahl von Herrscherbildern parallel existierte.3
Daran anknüpfend werden in diesem Kapitel die bislang wenig erforschten Aspekte der Herrschaftslegitimation der Eliten der Gorkhālī in der formativen und expansiven Phase der Staatsbildung in den Blick genommen, um deren Komplexität und Vielschichtigkeit besser verstehen zu können. Dabei bleibt das Reinkarnationsargument der Theorie des Hindu-Gottkönigtums nicht außenvor, aber soll historisiert und im Zusammenhang mit anderen Legitimationsstrategien betrachtet werden. Die zugrundeliegende Hypothese für diesen Ansatz ist: Erst durch das Zusammenwirken von multidimensionalen und dynamisch anpassbaren Strategien konnten die herrschenden Eliten der Gorkhālī ihre Machtansprüche erfolgreich und nachhaltig gegenüber konkurrierenden Fraktionen innerhalb der Elite, der eigenen Bevölkerung sowie anderen lokalen und regionalen Herrschern legitimieren.

4.1 Die Erfindung eines Rājput-Herkunftsmythos

Eine im Himalaya und in Südasien weit verbreitete Legitimationsstrategie von Herrscherdynastien ist die Erfindung von Herkunftsmythen, die als Beleg für ein Verwandtschaftsverhältnis zu den legendären Dynastien Rājputānās dienen sollten.4 Auch im historiografischen Narrativ der Rāṣṭrīya Itihās wurde ein solcher Abstammungsmythos etabliert, demzufolge die Śāha-Familie Nachkommen einer Rājput-Dynastie sei, die aufgrund von religiöser Verfolgung während der muslimischen Expansion irgendwann im 15. Jahrhundert ins Hügelland des zentralen Himalaya geflüchtet waren. Diese Erzählweise beruht allerdings weitestgehend auf Quellen aus der sehr umfangreichen vaṃśāvalī-Literatur. Und ohne an dieser Stelle der lange Zeit dominierenden und stark vereinfachenden Darstellung der vaṃśāvalī als „historical source material that lacks the status of proper historiographical texts.“ (Michael et. al. 2016: 212) anheim zu fallen, können diese Texte bei genauerer Betrachtung nicht einfach als valide Primärquellen für die Herkunft der Śāha-Familie gewertet werden. Denn die vaṃśāvalī der Gorkhālī sind größtenteils erst in der zweiten Hälfte des 18. und im 19. Jahrhundert verfasst worden. Sie sind deshalb auch nicht als Beschreibung historischer Tatsachen, sondern als Interpretationen ihrer Vergangenheit zu verstehen, die bestimmten Interessen dienen.5
Und obwohl es zahlreiche Beiträge von Intellektuellen in den Nepālī-sprachigen Debatten gibt, die einige der zahlreichen vaṃśāvalī editiert und veröffentlicht haben, gibt es noch immer Desiderate bei der Erforschung dieses Quellenkorpus. Theodore Riccardi beschrieb bereits 1986 das dafür wohl grundlegendste Problem:
There are neither adequate texts nor translations in print, and, curiously, where translations are available there are no texts, and where we have texts there are no translation. Much of the discussion therefore is based on reports about texts rather than on the texts themselves, and on outdated translations.
(Theodore Riccardi 1986: 248)
Diese Forschungslücken können und sollen im Rahmen dieser Dissertation nicht aufgearbeitet werden. Stattdessen geht es hier um die Frage nach der legitimatorischen Funktion der vaṃśāvalī und dafür sind diese bereits hinreichend erforscht.6 Der hier gewählten Herangehensweise liegt die These zugrunde, die vaṃśāvalī wurden von den herrschenden Eliten der Gorkhālī gezielt als Kommunikationsmittel eingesetzt, um einen legitimierenden Herkunftsmythos zu etablieren durch den die eigentliche lokale Herkunft der Śāha-Familie umgedeutet und aufgewertet werden sollte. Auf diese Funktion der vaṃśāvalī verweisen auch Bajracharya, Gutschow und Michaels (2016): “[…] the Śāha rulers were in need of political and religious legitimation. The Nepālī chronicles […] favoured this legitimation by linking the Śāha Kings to a glorious past, and to deities that protect them and the country.” (2016: VI). Und Leelanateshwar Sharma Baral (1964) mutmaßte schon Jahrzehnte zuvor über die eigentlich lokale Herkunft der der Śāha-Dynastie im Ergebnis seiner ausführlichen Analyse der vaṃśāvalī-Literatur der Gorkhālī:
[…] it can be assumed that the ancestors from whom the Śāh dynasty […] descended were inhabitants of the Kālī (Kṛṣṇā) Gaṇḍakī region inhabited mostly by Magar and Gurung tribes, and that after establishing their sway over these tribes and their principalities, their descendants had come into prominence by the sixteenth century when they were tempted to connect themselves with the illustrious Rajput clans of India.
(Leelanateshwar Sharma Baral 1964: 116)
Daran anknüpfend deuten Rupakheti (2012: 54–55) zufolge beispielsweise auch die vergleichsweise bescheidenen Bauwerke der Gorkhālī noch bis ins 18. Jahrhundert auf eine lokale Herkunft der Śāha-Familie hin. Denn die in den vaṃśāvalī proklamierte königliche Abstammung ließe auch einen gewissen Grad an Wohlstand und einen stilistischen Einfluss in der Architektur vermuten. Außerdem verweigerten eine Reihe von Kleinkönigen in der Region den Herrschern des Gorkhā Rājya mehrfach die Einwilligung zur Heirat ihrer Töchter aufgrund ihrer uneindeutigen Abstammung.7
Die bislang ersten bekannten vaṃśāvalī der Śāha-Familie wurden Mitte des 17. Jahrhunderts in Sanskritversen im Auftrag des damaligen Königs Rāma Śāha von den Brahmanen Citravilāsa und Dharaṇīdhara Śarmā verfasst. Obwohl sich die Anfänge der beiden vaṃśāvalī leicht unterscheiden und verschiedene Zeitpunkte als Beginn ihrer Erzählung wählen, konstruieren sie dennoch beide eine Genealogie, mittels derer sie eine Abstammung der Śāha-Familie von der Sisodiyā-Dynastie des Mevāṛ Rājya aus Cittoṛgaṛh in Rajasthan, also der Sūryavaṃśī-Rājput-Erblinie herleiten. Dabei handelt es sich um eine legendäre Dynastie, die sowohl in der purāṇa-Literatur als auch in den epischen Erzählungen des Mahābhārata und Rāmāyaṇa erwähnt wird.8
Dieser Herkunftsmythos wurde in einem der sogenannten Gorkhāvaṃśāvalī übernommen, das Pṛthvīnārāyaṇa Mitte des 18. Jahrhunderts anfertigen ließ und zusätzliche Details der Erzählung ergänzt. Darin ist von einem muslimischen Herrscher in Delhi die Rede, der eine Tochter des Rājput-Königs von Cittoṛgaṛh zur Frau nehmen wollte. Die Weigerung des Rājput-Königs führte zum Krieg und nur Kronprinz Hīrā Sāhī konnte sich in die Berge des Himalaya retten und wurde dort angeblich vom chinesischen Ming-Kaiser zum Herrscher eines Kleinkönigtums ernannt. Die Genealogie zählt insgesamt siebenundzwanzig Generationen seiner Nachkommen auf, die über verschiedenen Kleinkönigtümer im Hügelland des zentralen Himalaya herrschten, bis Dravya Śāha 1559 schließlich das Gorkhā Rājya eroberte.9
Die Geschichte der Śāha-Familie wurde dann in einem anderen Gorkhāvaṃśāvalī weitererzählt, das ebenfalls aus der Mitte des 18. Jahrhundert stammt.10 Diese Chronologie beginnt mit der Eroberung des Gorkhā Rājya durch Dravya Śāha, widmet sich dann sehr ausführlich der Herrschaft Rāma Śāhas und endet um 1743 mit dem Tod von Narabhūpāla Śāha. Bemerkenswert an diesem vaṃśāvalī sind vor allem die Schilderungen der Bemühungen Rāma Śāhas Botschafter nach Cittoṛgaṛh, Udayapur, Jodhpur, Koṭā, Jayapur und andere Städte des Mevāṛ Rājya zu entsenden, um sich unter anderem seinen eigenen Herkunftsmythos von den Nachkommen der Rājput-Dynastien bestätigen zu lassen. Der Erzählung zufolge war diese Unternehmung letzten Endes erfolgreich und die Gesandten hätten Beweise gefunden, die Rāma Śāhas Behauptung, ein Nachfahre der Sisodiyā-Dynastie zu sein, stützen würden. Als Verweis auf seine angebliche Rājput-Herkunft wurde ihm der Titel girirājacakracūḍāmaṇi11 verliehen und seiner praśasti, der poetischen Eulogie des Herrschertitels, hinzugefügt.12
Eine fast identische Version dieser Erzählung findet sich auch in einem der vaṃśāvalī, das Brian Houghton Hodgson seinerzeit als britischer Resident in Kathmandu (1820–1843) gesammelt hat und heute in der British Library als Teil der Hodgson Collection (HC) verwahrt wird.13 Die Chronologie beginnt ebenfalls mit der Eroberung des Gorkhā Rājya durch Dravya Śāha, berichtet auch von den Gesandten Rāma Śāhas, die den Rājput-Herkunftsmythos der Familie bestätigen ließen und endet aber etwas später um 1764, nach den ersten erfolglosen Versuchen Pṛthvīnārāyaṇas die Stadt Kirtipur im Kathmandu-Tal zu erobern. Wie schon in den früheren vaṃśāvalī wird auch hier eine Abstammung aus der Sūryavaṃśī-Rājput-Erblinie konstruiert und als Fluchtursache die Verfolgung während der muslimischen Expansion in Südasien genannt.14
Von dieser Erzählweise wichen die Autoren des sogenannten Nepālavaṃśāvalī, das zum Ende der Regierungszeit Rāṇabahādura Śāhas (r. 1777–1799) verfasst wurde, zumindest im Hinblick auf die spezifische Rājput-Erblinie ab. Zunächst handelt es sich dabei nicht um ein weiteres Gorkhāvaṃśāvalī, sondern um eine Chronik des Kathmandu-Tals und der zuvor herrschenden Malla-Dynastie. Nach der erfolgreichen Eroberung des Tals durch die Gorkhālī wurde diese Chronik dann ergänzt und so heißt es gegen Ende der Erzählung wörtlich: „The Somavaṃśī King Śrī 5 Pṛthvīnārāyaṇa Śāha Bahādura Samśera Jaṅgadeva conquered Kāsṭhamaṇḍapa, Lalitapaṭṭana, and Bhaktapaṭṭana by defeating the three kings: Śrī Raṇajītmalla, Śrī Jayaprakāśamalla and Śrī Tejanarasiṃhamalla.“ (Malla 1985: 101). An diesem vaṃśāvalī zeigt sich zum einen, dass die Gorkhālī die Chroniken besiegter Herrscherdynastien aufgriffen und weiterführten. Und zum anderen wurden die neuen Herrscher des Kathmandu-Tals hier nicht als Erben der Sūryavaṃśī-Rājput, sondern der Somavaṃśī-Rājput dargestellt. Dabei handelt es sich um die zweite legendäre Rājput-Dynastie, die in der purāṇa-Literatur, im Mahābhārata und im Rāmāyaṇa erwähnt wird.15
Interessanterweise scheinen auch Kirckpatrick (1811) und Buchanan-Hamilton (1819) vom Rājput-Herkunftsmythos der Śāha-Familie erfahren zu haben, da sie diese explizit in ihren Berichten erwähnen. Kirckpatrick scheint die Behauptung zunächst als gegeben hinzunehmen und schreibt lediglich: „Nepaul having been ruled for many centuries past by Rajepoot princes […].“ (1811: 184). An anderer Stelle verweist er dann aber auf die Gemeinsamkeit mit dem Herkunftsmythos der Herrscherdynastien des Marāṭhā Sāmrājya: “The reigning family affects to derive its descent from the Rajepoot princes of Oudipoor, in the same manner that the founders of the Mahratta empire (or their historians for them) appear to have done.” (Ibid.: 269). Er deutet dabei also an, dass es sich bei dem Herkunftsmythos um eine Erfindung der Geschichtsschreibung handeln könnte. Kirkpatricks Darstellung direkt aufgreifend, betont Buchanan-Hamilton weit weniger subtil, dass auch andere Herrscherdynastien Südasiens eine Herkunft aus berühmten Rājput-Dynastien beanspruchen, denen aber kein Glauben zu schenken sei: “They [the Śāhas] indeed called themselves Rajputs, that is, the descendants of princes, but so does the king of Ava, although no one ever imagined that he is descended of the Rajputs in Hindustan.” (1819: 22). Buchanan-Hamilton vermutet bereits Anfang des 19. Jahrhunderts: “The family of Gorkha which now governs Nepal, although it pretends to come from Chitaur, […] is, in reality, of the Magar tribe.” (Ibid.: 26).
Diese Zweifel am Rājput-Herkunftsmythos werden auch von anderen Autoren wie Lévi (1905: 254–256), Baral (1964: 116) und Rupakheti (2012: 54–55) geteilt und insbesondere durch inhaltliche Widersprüchlichkeiten in den verschiedenen Gorkhāvaṃśāvalī aus ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hinsichtlich der spezifischen Rājput-Erblinie sowie den Gründen für die Migration weiter untermauert. Beispielsweise weist ein vaṃśāvalī, das um 1814 im Auftrag Bhīmasena Thāpās während der Regierungszeit Girvāṇayuddhavikrama Śāhas (r. 1799–1816) verfasst wurde, eine inhaltliche Parallele zur Darstellung des Nepālavaṃśāvalī auf. In der einleitenden Genealogie dieser Chronik wird ein Rājput-König Cittoṛgaṛhs namens Ayutam Rāṇājī aus der Somavaṃśī-Erblinie als Vorfahr der Śāha-Familie identifiziert. Die unbekannten Autoren verwenden zudem nicht das sonst gängige Vertreibungsnarrativ während der muslimischen Expansion, sondern nennen innerfamiliäre Konflikt als Fluchtursache.16
Dahingegen orientieren sich die Autoren zwei anderer vaṃśāvalī wieder stärker an den Gorkhāvaṃśāvalī von Citravilāsa und Dharaṇīdhara Śarmā aus dem 17. Jahrhundert. Die Texte wurden um 1833 und 1834 während der Regierungszeit Rājendravikrama Śāha (r. 1816–1847) verfasst. In den einleitenden Genealogien wird ein Rājput-König der Sisodiyā-Dynastie des Mevāṛ Rājya aus Cittoṛgaṛh als Vorfahre benannt und eine Verbindung zur Sūryavaṃśī-Erblinie impliziert. Und anstatt der Streitigkeiten innerhalb der Familien führen die unbekannten Autoren dieser Chroniken wieder den Konflikt zwischen dem Rājput-König und Sultan Alaud-Dīn Khaljī um die Hand einer Prinzessin Cittoṛgaṛhs als Grund für die Flucht in Himalaya an.17
Die beiden bekanntesten und in vollständiger Übersetzung vorliegenden vaṃśāvalī sind das Nepālikabhūpavaṃśāvalī und Padmagiri’s Chronicle. Letzteres wurde von Hasrat (1970) unter dem Titel An Account of Nepal veröffentlicht und basiert weitestgehend auf einem Gorkhāvaṃśāvalī der Hodgson Collection, das um 1837 verfasst wurde.18 Das Nepālikabhūpavaṃśāvalī wurde ebenfalls in den 1830er Jahren verfasst, aber bereits 1877 von Daniel Wright mit Hilfe von Munshi Shew Shunker Singh and Pandit Sri Gunanand als History of Nepal veröffentlicht.19 Im Unterschied zu anderen Chroniken beginnt diese mit einer Einleitung buddhistischer Mythen und Legenden über den Anbeginn der Zeit, die Entstehung des Kathmandu-Tals, der Ankunft verschiedener Gottheiten und der Herrschaft legendärer Könige. Daran anschließend folgt eine Auflistung aller Herrscherdynastien, die jemals über das Kathmandu-Tal herrschten. Die Chronik endet 1829 mit der Geburt Surendravikrama Śāhas.20 Im Unterschied dazu beginnt Padmagiris Chronik mit einer Mischung buddhistischer und brahmanischer Ursprungslegenden des Kathmandu-Tals und mythischen Erzählungen über legendäre Herrscher. Sie endet auch etwas früher um 1825.21 Von kleineren Abweichungen in der Auflistung der Dynastien abgesehen, weisen beide Chroniken zahlreiche inhaltliche Gemeinsamkeiten auf.22 Im Kern konstruieren beide Texte keine genealogische Verbindung zwischen den Śāhas und den Somavaṃśī-, Sūryavaṃśī- oder Rājput-Königen, sondern präsentieren sie stattdessen implizit als legitime Nachfolger aller vorangegangenen Herrscherdynastien.
Ein weiteres Gorkhāvaṃśāvalī, das zur selben Zeit verfasst und ins Englische übersetzt von Hasrat (1970) unter dem Titel Rise and Fulfillment of Gorkha Power veröffentlicht wurde, enthält hingegen keine genealogische Einleitung oder Auflistungen von Herrscherdynastien. Die unbekannten Autoren orientieren sich an der Struktur der vaṃśāvalī aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und beginnen ihre Erzählung mit der Prophezeiung eines Brahmanen, der die Eroberung des Gorkhā Rājya durch Dravya Śāha voraussagt. Der Rājput-Herkunftsmythos wird erst später, durch die Schilderung der Mission der Gesandten Rāma Śāhas zu den Machtzentren der Rājput-Dynastien etabliert. Aus dieser Chronik geht allerdings nicht hervor, ob die Śāha-Familie Nachkommen der Somavaṃśī- oder der Sūryavaṃśī-Erblinie sind.23 Viel expliziter ist dahingegen die genealogischen Einleitung einer weiteren Chronik, die Māthavara Siṃha Thāpā um 1843 kurz nach seiner Amtsübernahme als mukhtiyāra in Auftrag gab, und inhaltliche Gemeinsamkeiten mit dem vaṃśāvalī von 1814 aufweist. Hier werden wieder unmissverständlich die Rājput-Herrscher der Somavaṃśī-Erblinie als Vorfahren der Śāha-Familie benannt und anstelle des Vertreibungsmotiv während der Expansion des Sultanats von Delhi wird hier erneut das Narrativ vom Nachfolgekonflikten innerhalb der Rājput-Dynastie Cittoṛgaṛhs bedient.24
Auf Grundlage dieser Betrachtung der zahlreichen vaṃśāvalī der Gorkhālī, die zwischen Mitte des 17. und Mitte des 19. Jahrhunderts verfasst worden sind, lassen sich folgende zentrale Elemente des Herkunftsmythos identifizieren: Im Kern versuchen alle vaṃśāvalī einen Bezug zu den Rājput-Dynastien herzustellen und der Großteil versucht dies durch die Konstruktion einer Genealogie. Dabei gibt es widersprüchliche Angaben, ob die Śāha-Familie Nachkommen der Somavaṃśī- oder der Sūryavaṃśī-Erblinie sind. Ebenso gibt es verschiedene Begründungen für die Migration ins Himalaya: entweder die Flucht vor den muslimischen Herrschern oder innerfamiliäre Konflikte. Hier kann und soll keine Bewertung vorgenommen werden, ob und welche Inhalte tatsächlich historische Tatsachen beschreiben. Vielmehr werden die herausgearbeiteten inhaltlichen Variationen als Hinweis darauf interpretiert, dass eine exakte Beschreibung historischer Fakten nicht das eigentliche Hauptanliegen der Autoren war. Denn wie schon Hamilton (1819), Lévi (1905), Baral (1964), Rupakheti (2012) sowie Bajracharya, Gutschow und Michaels (2016) vermuteten, erfüllten die Texte trotz der inhaltlichen Widersprüche eine legitimatorische Funktion für die Herrscherdynastien.
Und in dieser Hinsicht stellen die Śāhas keinen Einzelfall dar. Sich mit Hilfe der Geschichtsschreibung in der Nachfolge legendärer Herrscherdynastien zu präsentieren und durch einen historiografisch konstruierten Herkunftsmythos die eigene Vergangenheit umzudeuten und aufzuwerten ist im zentralen Himalaya bereits länger gängige Praxis. Schon in der bislang ältesten erhaltenen Chronik aus dem Kathmandu-Tal, im Gopālarājavaṃśāvalī, präsentieren sich die damals herrschende Malla-Dynastie zum Ende des 14. Jahrhunderts als legitime Nachfolger vorheriger Herrscherdynastien und beziehen sich dabei ebenfalls auf die legendären Somavaṃśī- und Sūryavaṃśī-Dynastien.25 Im Verlauf der Expansionsphase ließen auch einige Familien der bhāradāra mittels eigener Familien-vaṃśāvalī ihren jeweils eigenen Beitrag zu militärischen Erfolgen dokumentieren und im Zuge dessen auch eigene Herkunftsmythen erfinden. Dazu gehören beispielsweise die nicht genau datierten Thāpā- und Guruṅgvaṃśāvalī.26 Und zur selben Zeit wurden vaṃśāvalī auch bei konkurrierende Herrscherdynastien in benachbarten Kleinkönigtümern ein immer beliebteres Mittel der Herrschaftslegitimation, die mit dem Verfassen eigener Chroniken zur Konstruktion genealogischer Rājput-Herkunftsmythen begannen. Bis heute erhalten, aber noch fast völlig unerforscht, sind beispielsweise vier Senavaṃśāvalī. Diese Chroniken wurden zwischen 1752 und 1802 im Auftrag der Sena-Dynastie angefertigt, die über viele Kleinkönigtümer der Chaubisi herrschten und, genau wie die Śāha-Familie, mit Hilfe eigener vaṃśāvalī versuchten, ihre Abstammung von den legendären Rājput-Dynastien zu begründen.27
Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nachvollziehbar, warum sich heutzutage die wohl umfangreichste Sammlung von vaṃśāvalī-Manuskripten Südasiens nach dem aktuellen Stand der Forschung, in Nepal befindet. Im Katalog des Nepal-German Manuscript Preservation Project sind insgesamt 110 vaṃśāvalī in den Beständen des Rāṣṭriya Abhilekhālaya aufgelistet und weitere 65 Manuskripte sind Teil der Hodgson Collection der British Library. Davon stammt der weitaus größte Teil, wie einleitend bereits erwähnt, aus der zweiten Hälfte des 18. und dem 19. Jahrhundert.28 Neben den zuvor beschriebenen Inhalten ausgewählter Beispiele verdeutlicht auch der Umfang dieser Sammlung, welche herausgehobene Bedeutung diese Texte im Hinblick auf die darin implizierte Legitimationsstrategie für die herrschenden Eliten des Gorkhā Rājya und anderer Kleinkönigtümer im Himalaya vermutlich hatten.
Aber auch in anderen Teilen des Himalayas und Südasiens wussten viele andere Herrscherdynastien die Geschichtsschreibung strategisch für sich zu nutzen, um die Legitimität ihres Herrschaftsanspruches zu erhöhen. Darauf deuten die zahlreichen noch heute erhaltenen Chroniken hin, wie unter anderem das Rājataraṅginī aus Kaschmir, das Chambavaṃśāvalī aus Himachal Pradesh, das Kṣitīśavaṃśāvalīcaritam aus Bengalen, das Gaṅgavaṃśāvalī aus Orissa oder das Dīpavaṃśa and Mahāvaṃśa aus Sri Lanka belegen.29 Diese Legitimationsstrategie war demnach also im regionalen Kontext Südasiens keine Seltenheit, sondern Teil eines langfristigen und recht weit verbreitenden Trends in den Staatsbildungsprozessen, die sich auch in anderen Regionen des Subkontinents beobachten lässt und den Surajit Sinha (1962) mit dem Begriff der „Rajputisierung“ zu beschreiben versuchte: “State formation in the tribal belt of central India is very largely a story of Rajputisation of the tribes.” (Sinha 1962: 36).30 Am Beispiel verschiedener Herrscherdynastien Südasiens mit tribalen Ursprüngen zeigt Sinha, wie diese darum bemüht waren durch die „[…] creation of a flattering and miraculous myth of origin […]“ (Ibid.: 42) mit Hilfe von Brahmanen die eigene lokale Herkunft umzudeuten und aufzuwerten.
Als sich also im Zusammenhang der sich verändernden Dynamiken der Staatsbildung in Südasien im 18. Jahrhundert und der damit verbundenen Verschiebung vom ungeteilten, pyramidenartig-hierarchischen hinzu einem multilateral geteilten Herrschaftsmodell, die Kleinkönige immer mehr Autonomie vom Pādshāh der Gurkaniya sichern konnten, erfanden zahlreiche lokale Herrscherdynastien eigene Herkunftsmythen, um die Legitimität ihrer Herrschaftsansprüche zu erhöhen. Im Fall der Śāha-Familie des Gorkhā Rājya hat sich gezeigt, dass diese nachweislich erstmals Mitte des 17. Jahrhunderts über ausreichende wirtschaftliche Ressourcen verfügte, um Brahmanen am Hofe zu beschäftigen, die durch das Verfassen eigener vaṃśāvalī einen Rājput-Herkunftsmythos der Dynastie konstruierten. Mit dem wachsenden wirtschaftlichen Wohlstand in der expansiven Phase der Staatsbildung ab Mitte des 18. Jahrhunderts und der Entstehung des Gorkhā Rāj, gewinnt diese Legitimationsstrategie zunehmend an Bedeutung, worauf die steigende Anzahl der zu dieser Zeit verfassten vaṃśāvalī hindeutet.
Darüber hinaus wurden die Rājput-Dynastien in den nördlichen Regionen Südasiens sowie im Hügelland des zentralen Himalayas als idealtypische Verkörperung der kṣatriya angesehen, deren Lebensführung in der Herrschaftsphilosophie der vedischen Literatur zum rājadharma umfassend definiert wird. Und im Zuge sich ständig wandelnder Dynamiken der Staatsbildung im 17. und 18. Jahrhundert versuchten die vielen Kleinkönige Südasiens sich durch die Erfindung eigener Ursprungsmythen und Konstruktion von Genealogien, die Inanspruchnahme der rituellen Dienste von Brahmanen und Asketen, sowie durch eine spezifische Lebensführung als Nachfahren der einst mächtigen Rājput-Familien darzustellen und auf diese Weise ihre Machtansprüche religiös und herkunftsbasiert zu legitimieren.31 Oder anders formuliert, zur dieser Zeit waren auch im Gorkhā Rājya Legitimationsdiskurse und -praktiken zur „Brahmanisierung“ und „Rajputisierung“ komplementäre Bestandteile einer übergreifenden Legitimationsstrategie.

4.2 Der varṇa-jāt-thara-Nexus

Prozesse zur „Brahmanisierung“ lassen sich am Beispiel der herrschenden Eliten des Gorkhā Rājya veranschaulichend anhand der Aneignung einer Gesellschaftsordnung nach einem brahmanischem Weltbild und deren Verflechtung mit bereits bestehenden sozialen Ordnungssystemen der ortsansässigen Bevölkerungsgruppen und Familiennetzwerken nachvollziehen. Denn um ihren Herrschaftsanspruch legitimieren zu können, versuchten die Eliten des Gorkhā Rājya eine gesellschaftliche Ordnung zu konstruieren, die möglichst alle Gruppen der sehr heterogenen Bevölkerung mit einbezogen. Dazu verwendeten sie im Kern drei zentrale Identitätskategorien: varṇa, jāt und thara. Alle drei Kategorien tauchten bereits in einer der wenigen heute noch erhaltenen Primärquellen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, den königlichen Edikten von Rāma Śāha auf. Im ersten Teil des 26. Ediktes heißt es wörtlich:
[…] Alle diejenigen, ob arm oder reich,32 die Untertanen und Teil der cār varṇa chattis jāt sind und gegen die von mir als Rājā erlassenen Gesetzte zuwiderhandeln, sollen von mir und meinen Nachfahren bestraft werden […].
(26. Edikt Rāma Śāha, zitiert in Riccardi 1977: 64)33
Das hier verwendete Kompositum „cār varṇa chattis jāt“ kann mit „vier varṇa und sechsunddreißig jāt übersetzt werden. Die „vier varṇa“ beziehen sich dabei auf die idealtypischen Gesellschaftsordnung nach einer brahmanischen Auslegung der śāstra-Literatur Südasiens und der darin enthaltenen sozialen Hierarchie von brāhmana, kṣatriya, vaiśya und śūdra.34 Sie stehen konzeptionell für verschiedene Modelle der Lebensführung und werden meist mit der Ausübung bestimmter gesellschaftlicher Funktionen und Aufgaben versinnbildlicht. Demzufolge wird brāhmana mit dem Beruf des Priesters oder Lehrers, kṣatriya mit dem des Herrschers oder Kriegers, vaiśya mit dem des Handwerkers oder Händlers und śūdra mit der Lebensführung von Bauern und Bediensteten veranschaulicht. Die Kategorien des varṇa-System sind zumindest in der vedischen Literatur als durchlässig konzipiert. Das bedeutet, Individuen können durch eine Veränderung ihrer Lebensführung entsprechend von einem ins andere varṇa wechseln.35
Die Bezugnahme des königlichen Ediktes auf das varṇa-System zeigt, dass die Śāha-Dynastie bereits in der formativen Phase der Staatsbildung damit begann, sich dieses gesellschaftliche Ordnungssystem anzueignen. Wie in anderen Regionen Südasiens, hat diese Aneignung im Gorkhā Rājya einen „[…] perpetual craze for social upgrading […]“ (Sinha 1962: 36) zur Folge. Und in diesem Zusammenhang lassen sich auch die zuvor aufgezeigten Bemühungen der herrschenden Eliten, sich selbst mittels erfundener Genealogien als Nachfahren der legendären Dynastien Rājputānās zu präsentieren, besser nachvollziehen. Denn diese Dynastien galten schon damals als Repräsentanten des ursprünglichen kṣatriya varṇa. Wenn es also einer Herrscherdynastie gelang, einen glaubwürdigen Rājput-Herkunftsmythos zu etablieren, zu verbreiten und von der Bevölkerung und anderen Herrscherdynastien als Rājput-Familie anerkannt zu werden, konnten sie dadurch ihren sozialen Status als kṣatriya in der varṇa-Ordnung beanspruchen und somit ihre Legitimität weiter erhöhen.
Andererseits konnten die Śāhas aber die zuvor bereits bestehenden Identitätskategorien und gesellschaftliche Strukturen nicht einfach ignorieren und der eignen Bevölkerung das angeeignete varṇa-System aufzwingen. Stattdessen versuchten sie beides durch die Verwendung des jāt-Begriffs miteinander zu kombinieren. Dieser leitet sich aus dem Sanskrit-Wort jān ab und kann kontextspezifisch verschiedenste Bedeutungen haben. Er kann mit „Leben“, „Geburt“, „Herkunft“, aber auch mit „Typ“, „Art“ oder sogar „Spezies“ übersetzt werden.36 Da die Quellenlage keinen spezifischeren Schluss zulässt, wird hier davon ausgegangen, dass der jāt-Begriff in den Edikten Rāma Śāhas grundsätzlich die Zugehörigkeit von Menschen zu jenen ortsansässigen Bevölkerungsgruppen ausdrückte, die sich nicht den Identitätskategorien des varṇa-Schemas zuordnen ließen. Diese These wird durch die Tatsache gestützt, dass es schon zu dieser Zeit im Gorkhā Rājya verschiedene Subkategorien gab und beispielsweise im 16. und 17. Edikt zwischen „khas magar nevār prabhaṛti jāt […] (zitiert in Riccardi 1977: 54–55) unterschieden wurde. Mit dem Kompositum cār varṇa chattis jāt sollte also vermutlich das gesamte gesellschaftliche Spektrum der Bevölkerung im Gorkhā Rājya Mitte des 17. Jahrhunderts abgebildet werden, das sowohl brahmanisch geprägte als auch eine Vielzahl unterschiedlicher ortsansässiger Gruppen umfasste.
Allerdings finden sich in den Edikten auch klare Hinweise auf eine Hierarchisierung zwischen und innerhalb dieser beiden zentralen Identitätskategorien. Insbesondere Brahmanen und Asketen wurde eine herausgehobene gesellschaftliche Rolle zuerkannt und weitreichende Privilegien eingeräumt. Beispielsweise regelte gleich das erste Edikt, dass das wichtige Amt des rājaguru („königlicher Präzeptors“) ausschließlich einer bestimmten Brahmanen-Familie vorbehalten war. Dem 15. Edikt zufolge konnten Rechtsvergehen von Brahmanen und Asketen nur mit Verbannung als Höchststrafe geahndet werden, keinesfalls aber mit der Todesstrafe. Diese Ausnahmeregelung galt aber nicht für die anderen Subkategorien der varṇa-Ordnung oder die jāt-Gruppen, wie im 16. Edikt klargestellt wurde und damit implizit die privilegierte Rolle der Brahmanen und Asketen in der Gesellschaft des Gorkhā Rājya unterstreicht.37 Im 19., 20. und 21. Edikt wurden schließlich die Aufgaben und Verpflichtungen der Brahmanen und Asketen, insbesondere ihre rituellen Verantwortlichkeiten gegenüber dem Herrscher genauer definiert, die sie als Gegenleistung für ihren Status an der Spitze der sozialen Ordnung zu erbringen hatten.38 Abgesehen von diesen Regelungen, offenbart sich der gehobene Status der Mitgliedern der varṇa-Ordnung gegenüber den jāt auch durch die wiederholte Bezugnahme auf die vedische Literatur Südasiens, insbesondere auf die Textsammlungen der śāstra, sowie in der Verwendung der daraus abgeleiteten sanskritisierten Terminologie zur Beschreibung des eigenen Gesellschaftssystems.39
Die dritte Identitätskategorie thara stellt eine Abweichung von diesen Tendenzen zur „Rajputisierung“, „Brahmanisierung“ und „Sanskritisierung“ dar. Etymologisch betrachtet ist der Begriff weder sanskritischen noch persisch-arabischen Ursprung. Wahrscheinlich handelt es sich um eine lokale Begrifflichkeit, welche wörtlich mit „Familie“ übersetzt werden kann. Im 11. Edikt wurden die Rechte und Funktionen der sogenannten cha thara („sechs Familien“), namentlich die Familien Pāṇde, Paṇtha, Aryāl, Khanāl, Rāṇā und Bohorā beschrieben. Ihnen wurde die Verantwortung übertragen, den Rājā vor potenziellen Bedrohungen zu schützen, insbesondere vor Intrigen durch männliche Angehörige der Śāha-Familie. Im 22. Edikt wurden die wichtigen Positionen der Administration aufgelistet, die ausschließlich Angehörigen von bestimmten thara vorbehalten waren. Den Grāṃjā Thāpā wurde das Amt des dadā anvertraut und sie sollten zusätzlich mit den Familien Gyāmi Rāṇā und Turukakṣāki Āle auf Rotationsbasis als kapardār der Śāhas dienen. Die drei Familien der Pāṇde, Paṇtha, Aryāl wiederum waren im Wechsel als für die Finanzverwaltung verantwortlich. Zudem durften nur Familienmitglieder der Aryāls als dharmādhikār, sardār und bhānsyā dienen.40 Das 24. Edikt ist nur in Fragmenten erhalten, aber darin werden die sogenannten bhāra thara („zwölf Familien“) und aṭṭhāra thara („achtzehn Familien“) erwähnt.41
Aufgrund der detaillierten Listung von spezifischen Familienamen in den Edikten wird hier davon ausgegangen, dass die Zughörigkeit eines Individuums zu einem bestimmten thara auf der Grundlage von verwandtschaftlichen Beziehungen beruhte und es Überschneidungen mit den anderen beiden Identitätskategorien gab. Jedes Mitglied der Gesellschaft des Gorkhā Rājya war demnach gleichermaßen Teil eines thara, eines jāt oder varṇa. Darüber hinaus lässt sich daraus schließen, dass die Śāha-Dynastie sich also bereits im 17. Jahrhundert eine administrative Elite aufbaute, die im Kern auf familiären Netzwerken beruhte. Die Loyalität dieser Familien versuchte die Śāha sich durch die Vergabe von Schlüsselpositionen in der Verwaltung zu sichern.
Diese grundlegenden Identitätskategorien von varṇa, jāt und thara bleiben bis in die expansive Phase der Staatsbildung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten, worauf einige Abschnitte in der sogenannten upadeś („Botschaft“) hindeuten. Dabei handelt es sich um ein recht umfangreiches, aber auch in der historischen Forschung umstrittenes Dokument.42 Lange Zeit wurde von Vertretern der Rāṣṭrīya Itihās behauptet, es handele sich um eine Rede, die Pṛthvīnārāyaṇa Śāha noch kurz vor seinem Tod, im Dezember 1774 gehalten haben soll.43 Diese Darstellungsweise ist problematisch. Denn die upadeś wurde erst in den 1950er Jahren erstmals als ein zusammenhängendes Dokument im Zusammenhang mit der Erfindung des Narratives der Rāṣṭrīya Itihās veröffentlicht.44 Zudem ist kaum nachvollziehbar auf welche Primärquellen sich die Autoren bei ihren Übersetzungen und Interpretationen beziehen. Angeblich stammt der Originaltext aus dem Nachlass eines bedeutenden Offiziers Pṛthvīnārāyaṇas.45 Doch überprüft werden kann diese Behauptung nicht und deshalb gibt es einige HistorikerInnen, die das Dokument als nutzlos für die historischen Wissenschaften erachten.46 Doch ebenso wenig wie das Dokument ohne ausreichende Problematisierung als Quelle verwendet werden sollte, ist es aufgrund dieser problematischen Quellenlage nicht gänzlich zu verwerfen. Viele der in der upadeś enthaltenen Ideen und Begriffe können durch andere Quellen, wie beispielsweise Verwaltungsdokumente oder offizielle Korrespondenzen validiert werden.47 Deshalb wird hier davon ausgegangen, dass es sich bei der upadeś zwar nicht um eine zusammenhängende Rede Pṛthvīnārāyaṇas handelt, sondern viel eher um eine Sammlung von uprānta („Erkenntnis“), die er im Lauf seines Lebens von verschiedenen Verwaltungsbeamten schriftlich dokumentieren ließ.48
In einer dieser uprānta, in der Pṛthvīnārāyaṇa seine Vision vom expandierenden Königreich beschrieb, heißt es wörtlich: „Dies ist der Garten der großen wie kleinen vier varṇa und sechsunddreißig jāt.“ (upadeś: 6).49 In diesem in der historischen und anthropologischen Forschungsliteratur sehr häufig zitierten Abschnitt wird eindeutig das Kompositum der beiden Kategorien varṇa und jāt aus den Edikten Rāma Śāhas aufgegriffen und durch die Metapher des „Gartens“ ergänzt. Dies deutet darauf hin, dass die herrschenden Eliten der Gorkhālī auch zur Zeit der Expansion in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sowohl brahmanisch geprägte Gruppen als auch jāt außerhalb der varṇa-Ordnung als Teil ihrer Gesellschaft erachteten. Allerdings führte Pṛthvīnārāyaṇa im Anschluss daran weiter aus: „Dies ist das wahrhaftige Hindusthānā“ (upadeś: 6)50 und bekräftigte damit die implizite Hierarchisierung zwischen den Identitätskategorien jāt und varṇa. Auch an anderer Stelle wird erneut die besondere Wertschätzung der Werte und Symbole des Hindu Dharma deutlich. Im Gespräch mit zwei königlichen Astrologen bestärkten diese Pṛthvīnārāyaṇa in seinem Expansionsvorhaben mit dem Argument: „Ihr, König, habt der Kuh, den Brahmanen, Gästen und Asketen sowie die Gottheiten großen Respekt erwiesen. […] Eines Tages werdet ihr der König Nepāls sein.“ (upadeś: 2).51 Die beschriebenen Verhaltensweisen sollten wahrscheinlich seine Herrschaft gegenüber allen Teilen der Bevölkerung legitimieren, die sich als Teil des varṇa-Systems begriffen und für die die Symbolik des respektvollen Verhaltens gegenüber Kühen, Brahmanen, Gästen und Asketen von großer Bedeutung waren.
Der Begriff jāt und dessen Subkategorien tauchen in der upadeś hingegen hauptsächlich im Zusammenhang mit der Organisation des Militärs auf. Im Gespräch mit seinem Onkel erläuterte Pṛthvīnārāyaṇa er habe „[…] vier kriegerische jāt […], die bāhun, khas, magar und ṭhakuri […]“ (upadeś: 2).52 Seinen Offizieren wiederum gab Pṛthvīnārāyaṇa den Rat, die „guruṅ, magar und khas sind besonders loyal“ und daher sollten „[…] ausschließlich Soldaten der khas, magar, guruṅ und ṭhakuri jāt […]“ rekrutiert werden und in ihren jeweils eigenen Kompanien dienen. Darüber hinaus solle aber „bāhun und khas aus dem Osten und Westen der Zugang zum darbār („Hof“) nicht gestattet sein, denn Menschen von außerhalb werden nicht die Gesetze des darbār befolgen.“ (upadeś: 7–8).53 An diesen Auszügen zeigt sich einerseits, dass es in der upadeś häufig Überschneidungen zwischen den Kategorien jāt und varṇa, und andererseits regionale Unterschiede zwischen den jeweiligen Identitätskategorien gibt. Denn die Begriffe bāhun und khas werden eigentlich als Synonyme für die varṇa-Kategorien brāhmana und kṣatriya verwendet. Hier konstituieren sie jedoch gemeinsam mit den jāt der magar und ṭhakuri die Gruppe der sogenannten „kriegerischen jāt“. Zusätzlich wird auch noch eine regionale Unterscheidung zwischen verschiedenen Gruppen von bāhun und khas vorgenommen. Die bāhun und khas aus dem zentralen Hügelland des Himalaya, also dem Kernland des Gorkhā Rājya und der näheren Umgebung stammen, wurden als loyal und kriegerisch angesehen. Dahingegen galten die bāhun und khas aus den Regionen östlich und westlich des Gorkhā Rājya, trotz ihrer identischen Position innerhalb der varṇa-Ordnung, in der upadeś als Außenseiter, denen misstraut wurde.
Abgesehen davon kommt in diesen Abschnitten der upadeś die hierarchisierte Differenzierung zwischen kriegerischen und nicht-kriegerischen jāt zum Ausdruck. Es wurde begrifflich sehr genau unterschieden, welche jāt zur Gruppe der kriegerischen jāt gehörte. Diesen jāt wurde pauschal ein größeres Maß an Loyalität zugesprochen und aufgrund dessen eine Bevorzugung bei der Rekrutierung eingeräumt. Das impliziert wiederum, dass die Gruppe der nicht-kriegerischen jāt mangelnde Fähigkeiten aufwies und weniger loyal sei, weshalb ihnen auch keine vorteilhafte Behandlung bei der Rekrutierung zugestanden wurde. Diese Differenzierung in der upadeś weist außerdem darauf hin, dass die gesellschaftliche Ordnung zur Grundlage der militärischen Organisation gemacht wurde. Die Streitkräfte der Gorkhālī schienen demnach zur Zeit der Expansion auf Basis der Zugehörigkeit eines Soldaten zu einem bestimmten jāt organisiert gewesen zu sein.54
Am Ende der upadeś findet sich ein besonders interessanter Abschnitt. Darin bezeichnet sich Pṛthvīnārāyaṇa selbst als „magarātko rājā“, also wörtlich als „König des Landes der magar“ (upadeś: 8). Zwar wurde schon in den Edikten Rāma Śāhas und auch in der upadeś die Existenz der jāt als Teil der gesamtgesellschaftlichen Ordnung anerkannt, einigen wurde sogar eine besondere militärische Leistungsfähigkeit, ein außergewöhnliches Maß an Loyalität zugesprochen und auch wichtige Positionen in der Administration anvertraut. Aber die an dieser Stelle gewählte Formulierung legt die These nahe, dass Pṛthvīnārāyaṇa sich nicht einfach als über die magar herrschend verstand, sondern ganz gezielt eine lokal konnotierte Herrscheridentität als Teil dieses spezifischen jāt annahm oder möglicherweise sogar auf seine eigentliche lokale Herkunft verwies. Diese Vermutung hatte ja auch bereits Buchanan-Hamilton (1819: 26) geäußert. Auf diese Weise erhoffte er sich vermutlich die Loyalität dieser Bevölkerungsgruppe zu sichern und die Legitimität seines Herrschaftsanspruchs auch gegenüber den anderen ortsansässigen jāt-Gruppen erhöhen zu können.
Die dritte Identitätskategorie thara wird in der upadeś in zweierlei Zusammenhängen verwendet. Einmal taucht sie in dem Kompositum tharaghara auf, welches wörtlich als „Haus der Familien“ übersetzt werden kann und als Sammelbegriff für die einflussreichsten Familien des Gorkhā Rājya verwendet wurde. Stiller (1968) folgt in seiner Übersetzung der upadeś der Argumentation Naraharināths (1959) und behauptet, die Bezeichnung würde bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts als Synonym für die cha thara, die sechs Familien verwendet werden, die Dravya Śāha bei der Eroberung des Gorkhā Rājya unterstützt hatten und auch in den Edikten Rāma Śāhas erwähnt wurden. Allerdings taucht der Begriff tharaghara in den Edikten Rāma Śāhas nur im Zusammenhang mit Regularien der Landvergabe auf, in denen nicht genauer definiert wird, welche Familien zu dieser Gruppe gehörten.55 Sylvain Lévi (1905) argumentiert, tharaghara beziehe sich Mitte des 18. Jahrhunderts nicht nur auf die cha thara, sondern schließe auch die verbleibenden dreißig Familien der bhāra thara und aṭṭhāra thara mit ein:
Cependant la tradition confère un droit de remontrance à trente-six chefs de clans, dénommés Thargars (habitants de nids) ; ces clans qui se prétendent les uns kṣatriyas, les autres brahmaniques, ont leurs fiefs situés dans le domaine patrimonial de Prithvi Narayan. C’est entre eux que le gouvernement doit répartir les principaux emplois, mais tous n’ont pas des droits égaux ; ils forment une hiérarchie à trois degrés ; le groupe le plus élevé en dignité comprend six familles qui reçoivent à raison de leur nombre le nom de Chattra.
(Sylvain Lévi 1905: 286)56
In Anlehnung an das rudimentäre Verständnis der Edikte Rāma Śāhas betont Mahesh C. Regmi (1971) die Funktion der tharaghara und definiert sie als: „Chiefs of selected castes who were in charge of such functions as demarcation of Birta boundaries.“ (Regmi, M.C. 1971: 229). Riccardi (1977) schließt sich stattdessen eher der Definition von Lévi an und schreibt selbst: “The word appears to have originally referred to the leaders of the thirty-six clans in which the nobility of Gorkha was divided.” (1977: 47).
Auf Grundlage vorhandener Quellenmaterialien kann nicht geklärt werden, ob der Begriff tharaghara sich nur auf die cha thara bezieht oder alle sechsunddreißig Familien miteinschließt. Das ist auch für das Erkenntnisinteresse dieser Forschung nicht weiter relevant. Tatsächlich von Interesse ist aber der Hinweis Lévis, dass die bedeutendsten Ämter in der Verwaltung des Gorkhā Rājya während der expansiven Phase der Staatsbildung stets an die Familien der cha thara vergeben wurde. Demnach genossen auch unter Pṛthvīnārāyaṇa bestimmte Familien weiterhin großen Einfluss und einige Passagen in der upadeś unterstützten diese These. Ähnlich wie im 22. Edikt Rāma Śāhas sind der upadeś zufolge einige wichtige administrative Ämter ausschließlich an ausgewählte Familien zu vergeben. Beispielsweise sollten ausnahmslos Familienmitglieder der Kālus als kapardār dienen. Die außenpolitischen Beziehungen mit dem Herrschenden im Süden sollte den Śivarām Basnyāts und zu den Herrschenden Tibets den Kālu Pāṇdes vorbehalten bleiben (upadeś: 6).57
Anhand dieser Analyse der Identitätskategorien des varṇa-jāt-thara-Nexus wird deutlich, dass es sich dabei im Kern um eine Kombination aus lokalen und regionalen Legitimationsstrategien handelt. Ähnlich wie die Qing-Kaiser oder andere Kleinkönige Südasiens, instrumentalisierten auch die herrschenden Eliten des Gorkhā Rājya in der formativen und expansiven Phase der Staatsbildung multiple Identitätskategorien, um ihren Herrschaftsanspruch gegenüber den verschiedenen Teilen einer heterogenen Bevölkerung legimitieren zu können. Bereits seit dem 16. Jahrhundert nutzten sie die jāt-Identitäten zur Legitimation gegenüber der lokalen Bevölkerung. Die varṇa-Identitätskategorien dienten ihnen hingegen zur Legitimation gegenüber jenen Gruppen, die sich einer hinduistisch geprägten Gesellschaftsordnung nach brahmanischer Auslegung zugehörig fühlten. Die Grundlage des Herrschaftsanspruchs aber bildet die mutmaßlich älteste Identitätskategorie thara, mittels derer sich die Śāhas ein Familiennetzwerk zur Schaffung einer politisch-administrativen Elite aufbauten. Die Loyalität dieser Familien sicherten sie sich durch die Vergabe von Schlüsselpositionen und konnten dadurch ihre Legitimität gegenüber potenziell rivalisierenden Fraktionen innerhalb der Elite erhöhen.

4.3 Die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums

Mit der Erfindung eines Rājput-Herkunftsmythos und dem varṇa-jāt-thara-Nexus ist noch eine weitere Legitimationsstrategie eng verflochten: die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums. Wie in vielen anderen Teilen Südasiens, rückte mit zunehmender Autonomie des Kleinkönigs im expandierenden Gorkhā Rājya, das Königtum in den Fokus der Legitimationsbemühungen. Aufgrund unzureichender Quellen lassen sich aber nur Mutmaßungen darüber anstellen, welche Rolle die Idee eines Hindu-Gottkönigtums in der formativen Phase der Staatsbildungsprozesse spielte. Bislang wurden noch keine schriftlichen Quellen erschlossen, die auf ein Selbstverständnis der Könige Gorkhā Rājya als Reinkarnation von Gottheiten aus dem Hindu-Pantheon im 16. Jahrhundert hinweisen.
Die frühen vaṃśāvalī aus dem 17. Jahrhundert enthalten erste subtile Andeutungen, dass nach den ersten territorialen Zugewinnen unter der Herrschaft Rāma Śāhas und einhergehend mit den Anfängen von „Brahmanisierung“, „Sanskritisierung“ und „Rajputisierung“ allmählich auch die Bedeutung des Hindu-Gottkönigtums zunahm. Konkrete Hinweise lassen sich in den Edikten Rāma Śāhas finden. Beispielsweise wurde im 17. Edikt geregelt, dass nur dem König und der Königin das Tragen von Goldschmuck gestattet war und nur diese es auch anderen Mitgliedern der Eliten erlauben konnten. In der Begründung des Ediktes hieß es, Gold sei ein Symbol der Gottheit Nārāyaṇa, einer Form von Viṣṇu. Und weil der König Teil Nārāyaṇas und die Königin Teil der Göttin Lakṣmī seien, dürften auch nur diese beiden Goldschmuck tragen. Hier wird zwar nicht direkt argumentiert, König und Königin seien Reinkarnationen von Gottheiten, aber sie werden als Bestandteil von Gottheiten beschrieben. Den Gorkhāvaṃśāvalī aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zufolge waren die Śāhas Mitte des 17. Jahrhunderts noch „[…] unaware of their tutelary deity […].“ (Rupakheti 2012: 54). Stattdessen war es ein Ziel der Abgesandten Rāma Śāhas auf ihrer Reise zu den Herrschern des Mevāṛ Rājya neben der Rājput-Herkunft auch die Frage nach der Schutzgottheit der Śāha-Dynastie zu klären.58
Die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums durch die Śāhas und der damit verknüpften Vorstellung, der König sei nicht nur Bestandteil, sondern die Reinkarnation einer Hindu-Gottheit, ist eng mit der Eroberung der Stadtkönigtümer der Malla-Dynastie im Kathmandu-Tal verbunden. Denn das Königtum der Mallas drückte sich hauptsächlich in Symbolen und Ritualen aus. Der König selbst galt als Reinkarnation der Gottheit Viṣṇu und in allen Inschriften bis ins 18. Jahrhundert wurden die Könige nur selten als „Malla“ („Ringer“, „Sieger“) bezeichnet, sondern fast immer mit dem Namenssuffix -devā („Gott“) oder dem Titel nepāleśvara („Herrscher von Nepāla“).59 Nach der erfolgreichen Eroberung des Tals begann Pṛthvīnārāyaṇa sich die rituelle und symbolische Macht der besiegten Herrscherdynastie und die damit verknüpften Legitimationsdiskurse und -praktiken sukzessive anzueignen und in die eigenen Strategien zu integrieren.
Ein Aspekt dieses Aneignungsprozesses findet sich in den Gorkhāvaṃśāvalī aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die früheren Chroniken enthielten zwar schon Ansätze eines göttlichen Ursprungsmythos, aber keine Andeutung eines Reinkarnationsarguments. Im Kern lag das Augenmerk der Autoren auf der Konstruktion der Abstammung der Śāhas von den berühmten Dynastien Rājputānās, insbesondere von der Sisodiyā-Dynastie des Mevāṛ Rājya. In den späteren vaṃśāvalī wurde diese religiöse Komponente hingegen immer deutlicher herausgearbeitet, indem durch die Bezugnahme auf die Dynastien der Sūryavaṃśī und Somavaṃśī auch eine Assoziation mit Rāma und Kṛṣṇa impliziert wurde. Dabei handelt es sich um zentrale Figuren des Hindu-Götterpantheon, die im Mahābhārata und Rāmāyaṇa eine wichtige Rolle spielen und den Erzählungen zufolge der siebte und achte Avatar Viṣṇus sind.
Zusammenhänge zwischen übernatürlichem Ursprungsmythos, göttlichen Charakteren der südasiatischen Literatur und der Herrscherdynastie des Gorkhā Rājya lassen sich auch in Abschnitten der upadeś finden. Gleich in den ersten Zeilen des Dokuments wird ein göttlicher Ursprungsmythos kreiert und Pṛthvīnārāyaṇa als pāṇḍavāko avatār vorgestellt (upadeś: 1). Die pāṇḍavās sind ebenfalls bedeutende Figuren des Mahābhārata, deren Relevanz sich bei der näheren Betrachtung ihrer Herkunft offenbart. Denn die fünf Brüder Yudhiṣṭhira, Bhīma, Arjuna, Nakula und Sahadeva sind als Prinzen von Hastināpura von königlicher Herkunft und repräsentieren in der brahmanischen Lesart das varṇa der kṣatriya. Doch der Erzählung zufolge ist Pāṇḍu, der König Hastināpuras, nicht der leibliche Vater der fünf Brüder, sondern verschiedene Gottheiten aus dem Hindu-Pantheon. In dem Konzept der pāṇḍavās sind demnach sowohl königliche als auch übernatürliche Ursprungsmythen miteinander verwoben.60 Und durch die Darstellung von Pṛthvīnārāyaṇa in der upadeś als avatār der pāṇḍavās wird impliziert, dass auch der Herrscher der Gorkhālī sowohl königlicher als auch göttlicher Herkunft sei.
Etwas expliziter lässt sich die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums aber an der praśasti, der poetischen Eulogie des Herrschertitels, verdeutlichen. In der praśasti eines lālamohara von Pṛthvīnārāyaṇa aus dem Jahr 1769 wird folgende Herrschertitulierung verwendet:
śrīgirirājacakracuḍāmaṇinārāyaṇetyādivividhavirudāvalīvirājamāna-
mānonnataśrīmanmahārājādhirājaśrīśrīśrīmatpṛthvīnārāyaṇasāhadevānāṃsadāsam aravījayinām
(lālamohara, Pṛthvīnārāyaṇa Śāha, 1769)61
Den Kern des Titels bildet der Name des Herrschenden, also pṛthvī. Dem Namen vorangestellt werden mehrere Präfixe, die durch ehrerbietende Formulierungen der vedischen Literatur geprägt sind. Der erste Präfix girirājacakracūḍāmaṇi ist bereits aus den Gorkhāvaṃśāvalī aus Mitte des 18. Jahrhundert bekannt und wurde den Chroniken zufolge zur praśasti Rāma Śāhas in Anerkennung seiner Rājput-Herkunft hinzugefügt. Es ist also anzunehmen, dass dessen Verwendung einerseits den Zweck erfüllt, Pṛthvīnārāyaṇa als Nachfolger der Śāha-Dynastie darzustellen und andererseits die damit verknüpfte Rājput-Herkunft zum Ausdruck bringen soll. Die für die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums aussagekräftigsten Elemente des Herrschertitels sind aber der Präfix nārāyaṇa, der Namenssuffix -devā sowie der letzte Suffix der praśasti, die Formulierung sadāsamaravījayinām. Durch nārāyaṇa wird Bezug auf Kṛṣṇa und damit auch wieder implizit auch auf Viṣṇu genommen, während der Namenssuffix -devā auf die Könige der Malla-Dynastie zurückgeht. Die Kombination der beiden religiös aufgeladenen Bestandteile in der praśasti lässt sich als Ausdruck göttlicher Überhöhung des Herrschenden interpretieren. Der Suffix sadāsamaravījayinām lässt sich wörtlich mit „stets siegreich im Kriege“ übersetzen und soll dem Herrschenden militärische Führungskompetenz attestieren, die zu den zentralen Herrscherpflichten im Sinne des rājadharma gehören. Die göttliche Überhöhung des Herrschenden sowie die implizierte Referenz der Pflichten des rājadharma finden sich in identischer Form auch in den praśasti von Pṛthvīnārāyaṇas Nachfolgern.62
Die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums durch die Śāhas lässt sich aber nicht nur an der Konstruktion eines übernatürlichen Ursprungsmythos, der göttlichen Überhöhung der Herrschenden und der Bezugnahme auf das rājadharma nachvollziehen, sondern auch anhand der Aufnahme und Integration bestimmter Rituale oder Symbole der Macht. Ein besonderes Symbol hinduistischer Glaubensformen, an dessen Beispiel sich dieser Prozess der Aneignung veranschaulichen lässt, ist die als heilig geltende Kuh. In der hinduistischen Vorstellung wird die Kuh aus verschiedensten Gründen verehrt. Beispielsweise soll sich die Gottheit Śiva sich ausschließlich von Kuhmilch ernähren. Kṛṣṇa soll in seiner Kindheit ein Kuhhirte gewesen sein und im Leib einer Kuh stecke die Gottheit Lakṣmī.63
Auch im Kathmandu-Tal war die Verehrung der Kuh als heilig zur Zeit der Malla-Dynastie etabliert. Angeblich wurde bereits im 17. Jahrhundert vom König Pratāpa Malla (1641–1674) im Kathmandu-Tal die sogenannte Gāijātrā („Kuhprozession“) für die Verstorbenen des vergangenen Jahres eingeführt. Die Prozession symbolisiert die Durchquerung des Höllenfluss Vaitaraṇī. Indem sich die Verstorbenen am Schwanz einer Kuh festhalten, können sie von der diesseitigen in die jenseitige Welt übergehen.64 Der Kuh wurden auch in der hinduistischen Dichotomie zwischen ritueller Reinheit und Unreinheit eine reinigende Funktion zugeschrieben. Der Kapuzinermönch Ippolito Desideri berichtete von seiner Reise ins Kathmandu-Tal um 1722, dass Händler, die das Tal verlassen hatten, nach ihrer Rückkehr im Urin einer Kuh baden, diesen auch trinken und gelegentlich sogar Kuhdung verzehren mussten, um ihre rituelle Reinheit wiederherzustellen.65 Einige Inschriften aus der Malla-Zeit belegen darüber hinaus, dass die Kuh nicht nur als heilig verehrt, sondern auch besonders geschützt wurde. Das Töten einer Kuh (gohatyā) gehörte zu den fünf mahāparādha („große Vergehen“) und wurde mit dem Töten eines Kindes, einer Frau, eines Lehrers und des eigenen Vaters gleichgesetzt.66 Weitere Berichte der Kapuzinermönche aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestätigen, dass die Rindertötung auch mit der Todesstrafe geahndet wurde.67
In der Historiografie und Forschungsliteratur hält sich bis heute die Behauptung, auch im Gorkhā Rājya hätten die Śāhas das Verbot der Rindertötung seit Beginn ihrer Herrschaft durchgesetzt: „Es galt im ganzen Königreich und es war Teil der Staatsideologie“ (Michaels 2018: 235). Dafür fehlen aber bislang hinreichende Quellen. Es fällt stattdessen auf, dass trotz zahlreicher religiöser Referenzen im Zusammenhang des Hindu Dharma in den Edikten Rāma Śāhas das Verbot der Rindertötung oder die Kuh als heiliges Symbol keine Erwähnung finden. Im 12. Edikt wurde lediglich festgelegt, dass jedes Dorf Weidegründe für Kühe bereitstellen musste.68 Auch in der upadeś gibt es nur eine einzige Bezugnahme auf die Symbolik der Kuh in der Prophezeiung der beiden königlichen Astrologen, die Pṛthvīnārāyaṇa voraussagen, er werde eines Tages über das Tal herrschen, weil er unter anderem der Kuh großen Respekt erwiesen habe (upadeś: 2). Sonstige schriftliche Quellen, die auf eine Verehrung der Kuh oder das Verbot der Rindertötung im Gorkhā Rājya vor der Eroberung des Kathmandu-Tals hindeuten, sind bislang nicht erschlossen worden.
Aus einigen Briefen, die Raṇabahādura Anfang der 1790er Jahre verfasste, geht hervor, dass sich der Śāha-König um das Wohlergehen der Kühe in seinem Königreich sorgte. Zur Pflege der Tiere stiftete er im Tarai, im Hügelland, den Bergregionen des Landes und später auch im Kathmandu-Tal große Ländereien, um sogenannte gośālā („Kuhstall“) errichten zu lassen.69 Zudem belegen Verwaltungsdokumente aus den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts die Fortführung der Gāijātrā.70 Erst als auf dem Höhepunkt der expansiven Phase der Staatsbildung zu Beginn des 19. Jahrhunderts Raṇabahādura aus seinem Exil in Benares zurückkehrte und kurzzeitig die Regentschaft für seinen noch minderjährigen Sohn Girvāṇayuddhavikrama übernahm, wurde begonnen die Rindertötung mit dem Tod sowie Enteignung und Versklavung der direkten Verwandten eines Übeltäters zu bestrafen.71 In der Folge des entsprechenden lālamohara von 1805 wurden lokale Verwaltungsbeamte instruiert, Beschuldigte hinzurichten, häufig unter Anwendung äußerst grausamer Gewalt.72
Andererseits benötigten die herrschenden Eliten im Kathmandu-Tal vor allem für die Waffenproduktion und -lagerung auch weiterhin Kuhhäute sowie Yak- und Büffelfelle. Und so wurde kurz nach dem Inkrafttreten des Rindertötungsverbotes auch Ausnahmeregelungen für das Töten von Yaks und Büffeln erlassen. Bestimmten Bevölkerungsgruppen wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich von der Schuld der Rindertötung und dem Verzehr von Rindfleisch durch die Auslieferung von Häuten und Fellen freizukaufen. Die herrschenden Eliten vermochten es ihren Machtanspruch religiös zu legitimieren, indem sie sich durch das juristische Verbot der Rindertötung als besonders fromme Hindus präsentieren konnten, ohne aber zu strenge Regularien zu erlassen, die sie in den entlegenen und schwer zugänglichen Landesteilen ohnehin kaum durchsetzen konnten und das Risiko erhöhte, nicht dominant hinduistisch geprägten Bevölkerungsteile gegen sich aufzubringen.73
Anders als in der Forschungsliteratur häufig behauptet, scheint die „[…] Kuh als Symbol, als Insignie und Instrument der Nationenbildung durch Hinduisierung […]“ (Michaels 2018: 238) nicht von Beginn der Staatsbildungsprozesse im Gorkhā Rājya eine wichtige Rolle eingenommen zu haben. Dahingegen waren die Symbolik der Kuh und damit verbundene Rituale im 17. und 18. Jahrhundert identitätsstiftender Bestandteile des Hindu-Gottkönigtums der Mallas. Die aktuelle Quellenlage lässt daher die Formulierung der Hypothese zu, dass die Śāha-Dynastie nach dem Sieg über die Malla-Könige sich deren Symbole und Rituale in einem recht langwierigen Prozess sukzessive aneigneten und in ihr eigenes Repertoire von Legitimationsdiskursen und -praktiken integrierten. Erst auf dem Höhepunkt der Expansion des Gorkhā Rāj und der Eskalation von internen Machtkämpfen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden hinduistische Symbole und Rituale zum hilfreichen Instrument der herrschenden Eliten, um ihren Herrschaftsanspruch gegenüber den Menschen in der eroberten Peripherie als im Sinne des Hindu Dharma „zivilisierendes Zentrum“ (Burghart 1996: 263) legitimieren zu können.
Diese Hypothese wird durch ein weiteres Argument unterstützt. Denn abgesehen von einer dynastischen Schutzgottheit, der Vorstellung der König selbst sei ein Avatar Viṣṇus mit übernatürlichem Ursprungsmythos, der den Pflichten des rājadharmas nachkommen muss, ist die Verknüpfung mit Symbolen der Hindu-Orthodoxie durch die Begehung bestimmter Festlichkeiten und Rituale der letzte essenzielle Bestandteil des Hindu-Gottkönigtums der Śāha-Dynastie. Denn im Hindu Dharma gibt es für alle Identitätskategorien der varṇa-Ordnung entsprechende Festivitäten und Rituale. Während des Śrāvaṇa Pūrṇimā wird die jährliche Erneuerung der yajñopavīta („heilige Schnur“) das varṇa der brāhmana gefeiert. Mit dem varṇa der vaiśya wird Dīpāvalī und mit dem der śūdra das Fest Holī assoziiert. Wie die meisten Kleinkönige Südasiens, versuchen die Śāhas in der Ordnung des varṇa-Systems als kṣatriya wahrgenommen zu werden und deshalb liegt der Fokus der Diskussion im folgenden Abschnitt auf dem Fest Navarātra („Neun Nächte“).
In der Sanskrit-Literatur wird Navarātra, im zentralen Himalaya auch häufig als Dasaĩ und in anderen Teilen Südasiens als Daśaharā bekannt, zum beispielhaften Fest des varṇa der Krieger und Herrscher stilisiert. Heutzutage gilt Navarātra als prominentestes Ritual im Zusammenhang mit dem Königtum Südasiens. Das Fest wird während der ersten Hälfte des Herbstmonats Āśvina und, im kleineren Rahmen, im Frühlingsmonat Caitra gefeiert. In zahlreichen rituellen Aktivitäten wird im Verlauf der Feierlichkeiten die Kriegergottheit Durgā für ihren Kampf und Sieg über den Büffeldämon Mahiṣāsura als Durgā Mahiṣāsuramardinī („Siegerin über den Büffeldämon“) verehrt. “These rituals produce a sacred and divine king and kingship, as well as sacred space, by establishing the king’s connection (bandhu) and identification with many sources of power.” (Chaulagain 2013: iii). Oder wie Astrid Zotter die Funktion dieser Rituale versinnbildlichend zusammenfasst: „[…] the divine battery running the realm gets its annual check-up and is recharged.“ (Zotter 2018: 493).
Lange Zeit basierte die sehr umfangreiche Forschungsliteratur zu Navarātra weitestgehend auf der anthropologischen und ethnologischen Erforschung des Festes. Diese konnten aber oft nur eine sehr begrenzte Perspektive einnehmen, da viele bedeutende Rituale des Festes unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt wurden.74 Die anthropologische und ethnologischen Forschungsergebnisse wurden mitunter durch indologische Textanalysen der entsprechenden Sanskritliteratur ergänzt. Aber die Erkenntnisse die aus der Untersuchung Jahrhunderte alte Textquellen sowie aus der Beobachtung von Ritualen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewonnen wurden, haben kaum Aussagekraft hinsichtlich der Durchführung der Rituale im 18. und 19. Jahrhundert. Deshalb sind die Beiträge von Chaulagain (2013, 2019) und Zotter (2018) eine sehr wertvolle Ergänzung des Forschungsfeldes, da sie sich hauptsächlich mit schriftlichen Quellenmaterialien von denjenigen auseinandersetzen, die zur damaligen Zeit als Akteure in die Rituale involviert waren.
Chaulagain (2013: 274) zufolge sei Navarātra schon im 17. Jahrhundert im Gorkhā Rājya gefeiert worden, aber die zentrale identitätsstiftende Funktion bekam das Fest erst im Verlauf der expansiven Phase der Staatsbildung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Gorkhā Rāj. Es finden sich zahlreiche Indizien, dass die Gottheit Durgā aufgrund ihrer Assoziation mit siegreicher Kriegsführung und Eroberung während der Expansionsphase eine zunehmend bedeutendere Rolle spielte. Beispielsweise wurden strategisch wichtige Militäraktionen an besonders Erfolg verheißenden Tagen durchgeführt. Durgā gewidmete Tempeln in eroberten Kleinkönigtümern wurden Ländereien gestiftet, durch deren Bewirtschaftung die Durchführung von Navarātra-Ritualen finanziert werden sollte. Auf Münzen der Gorkhālī wurden der Name Durgā und die kriegerische Darstellung der Gottheit geprägt. Und das königliche Siegel auf Verwaltungsdokumenten enthielt den Schriftzug śrīdurgā bhavānī sowie zusätzlich noch eine symbolische Bezugnahme auf die Gottheit durch die Abbildung eines Schwertes.75
Auch im Kathmandu-Tal wurde das Fest zwar bei den Malla-Königen gefeiert, aber war nicht so populär wie die Prozessionsfeierlichkeiten von Indrayātrā and Biskeṭyātra. Infolge der Eroberung des Kathmandu-Tals begannen die Śāhas nach und nach auch rituelle Elemente der Durgā-Verehrung und des Navarātra-Festes der Malla-Könige zu vereinnahmen, mit ihren eigenen zu vermischen und die Feierlichkeiten insgesamt zu reorganisieren. Als neue Machthabende übernahmen sie als erstes die Finanzierungsverantwortung für die Navarātra-Rituale und so wurde der neue König zum yajamāna, dem obersten rituellen Schutzherr des Königreichs. In dieser Funktion war er für die Bereitstellung ausreichend finanzieller Ressourcen verantwortlich und musste bei der Durchführung einiger Rituale mitwirken.76
Doch es war für den König unmöglich an allen Ritualen teilzunehmen, die in seinem Namen überall in seinem Herrschaftsterritorium durchgeführt worden. Um aber trotzdem die Funktion als yajamāna ausüben zu können, nutzte man andere Möglichkeiten. So wurden beispielsweise die Zeitpunkte für die Durchführung bestimmter Rituale, die sāita, zentralisiert von den Astrologen am darbār im Kathmandu bestimmt und landesweit synchronisiert. Durch die temporale Synchronisierung konnte der König also durch seine Mitwirkung an den Ritualen in Kathmandu symbolisch auch in seiner Funktion als yajamāna an allen anderen Ritualen im Land mitwirken. Eine weitere Strategie zur Ausübung der Schutzherrschaft über die Navarātra-Rituale war das Empfangen von prasāda, also von Opfergaben, die nach der Segnung durch lokale Gottheiten zum König nach Kathmandu gesandt wurden.77
He was thereby uniting the blessings from the major deities of his realm within his own person, and so certifying the ritual efficacy of the Navarātra rituals performed “on the ground” as part of a long hereditary tradition.
(Astrid Zotter 2018: 509)
Und weil sich die Rolle der Śāha-Könige auf die zentralisierte Festsetzung der Ritual-Zeitpunkte und das Empfangen von prasāda beschränkte, wurden lokalen Akteuren ausreichende Freiräume zugestanden, um ihre eigenen Ritualtraditionen beizubehalten. Anstatt also ein vollständig vorgegebenes Modell für Navarātra vom Zentrum in der Peripherie zu exportieren und der Bevölkerung in eroberten Gebieten aufzuoktroyieren, wurden bestehende lokale Traditionen in einen übergreifenden Rahmen integriert.78
Bei der kritischen Bertachtung der Quellen lässt sich allerdings eine gewisse Diskrepanz zwischen den Darstellungen in der vaṃśāvalī-Literatur und den Verwaltungsdokumenten feststellen. Die Autoren der Chroniken sind durchweg bemüht, die Kontinuität der Navarātra-Rituale zu betonen.79 Auch Chaulagain (2013) argumentiert basierend auf vaṃśāvalī-Quellen, Navarātra sei schon Mitte des 17. Jahrhunderts von den Königen Gorkhā Rājya gefeiert worden und deshalb sei das Hindu-Gottkönigtum seitdem als Bestandteil ihrer Herrschaftsideologie auch etabliert. Er führt weitere Anekdoten aus der vaṃśāvalī-Literatur an, die belegen sollen, dass die Expansionsbestrebungen Pṛthvīnārāyaṇas von Anfang an unzertrennlich mit der Verehrung Durgās verbunden waren.80 Diesen Behauptungen widersprechend hat Zotter (2018) im Rahmen ihrer Forschungen bislang nur Verwaltungsdokumente aus dem späten 18. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts finden können. Diese lassen aber keinerlei Rückschlüsse auf die Durchführung der Navarātra-Rituale im 17. oder frühen 18. Jahrhundert zu. Vielmehr deutet dieser Umstand auf eine Unterbrechung der Ritualpraxis nach der Eroberung des Kathmandu-Tals hin.81
Ähnlich wie schon im Zusammenhang mit Symbolik der Kuh bleibt weiterhin unklar, welche Rolle die Aneignung Navarātras als Legitimationsstrategie bei den Gorkhālī vor Ende des 18. Jahrhunderts spielte. Die Anekdoten der vaṃśāvalī aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind, wie bereits zu Beginn des Kapitels dargelegt wurde, aufgrund ihrer legitimatorischen Funktion nur bedingt glaubwürdig. Und bislang sind noch keine Quellen erschlossen worden, die Aufschluss über die Bedeutung der Navarātra-Rituale für die herrschenden Eliten des Gorkhā Rājya, während der formativen und zu Beginn der expansiven Phase der Staatsbildung geben könnten. Es gilt allerdings gleichermaßen zu berücksichtigen, dass bisher nur ein Bruchteil der Verwaltungsdokumente untersucht wurde und daher neue Erkenntnisse diesbezüglich in Zukunft zu erwarten sind.
Ausgehend von der aktuellen Quellenlage lässt sich allerdings nur belegen, dass sowohl das Reinkarnationsargument, die Navarātra-Rituale als auch die Symbolik der Kuh erst auf dem Höhepunkt der territorialen Expansion des Gorkhā Rāj und der Zuspitzung von Konflikten zwischen konkurrierenden Fraktionen innerhalb der Elite ab Ende des 18. Jahrhunderts an Relevanz gewinnen. Vermutlich war die damit verknüpfte Vorstellung des Hindu-Gottkönigtums schon vor und während der expansiven Phase der Staatsbildung für bestimmte Teile der Elite sowie für diejenigen Bevölkerungsgruppen, die sich mit dem Hindu Dharma identifizierten, wichtig. Es ist daher anzunehmen, dass diese Legitimationsstrategie in erster Linie der Anerkennung ihres Herrschaftsanspruchs gegenüber anderen lokalen Herrscherdynastien von Kleinkönigtümern im zentralen Himalaya diente. Erst auf dem Zenit der Expansion des Gorkhā Rāj zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird das Hindu-Gottkönigtum zum identitätsstiftenden Bestandteil der Staatsideologie und einer zentralen Legitimationsstrategie der herrschenden Eliten.

4.4 Regionalmächte Asiens als Legitimationsquellen

Wie viele andere Kleinkönige Südasiens, beziehen sich auch die Könige des Gorkhā Rājya in der formativen und expansiven Phase der Staatsbildung auf verschiedene Aspekte des rājadharma. Und dazu gehört, wie Gordon (1998) erläutert, neben den Funktionen des Königs als Schutzherr, Ordnungsstifter und militärischer Anführer, die Anerkennung seines Herrschaftsanspruchs durch eine übergeordnete Herrschaftsinstanz. Deshalb waren die Śāhas nach der Eroberung des Gorkhā Rājya Mitte des 16. Jahrhunderts zunächst um die Anerkennung ihrer Herrschaft durch bereits etablierte Dynastien anderer Kleinkönigtümer im zentralen Himalaya bemüht. Nachdem sie sich aber im lokalen Machtgefüge der Chaubisi etabliert hatten, zu Beginn des 17. Jahrhunderts erste territoriale Zugewinne erzielen konnten und erste Versuche unternahmen, die Kontrolle über die Handelsrouten des Kathmandu-Tals zu erlangen, gewann insbesondere der Pādshāh der Gurkaniya als Bezugspunkt und externe Legitimationsquelle kontinuierlich an Bedeutung.
Dies lässt bereits anhand der Namensgebung der Herrscherdynastie aufzeigen. Schon in seinen Edikten bezeichnet sich der Kleinkönig des Gorkhā Rājya selbst als „Śāha“.82 Und auch in den Gorkhāvaṃśāvalī aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde wiederholt behauptet, der Name „Śāha“ sei ein Herrschaftstitel, den die Familie bereits im frühen 16. Jahrhundert, spätestens aber zu Beginn des 17. Jahrhunderts vom Mogul in Delhi zuerkannt worden sei.83 Dabei stellten die Kleinkönige des Gorkhā Rājya keine Ausnahme dar. Im Verlauf der Expansion des Reiches der Gurkaniya in Südasien gewann der Pādshāh als externe Legitimationsquelle zunehmend an Relevanz und zahlreiche Herrscherdynastien im zentralen Himalaya begannen daraufhin zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert den Titel „Śāha“ oder einen der zahlreichen Variationen (z. B. Sāi, Śāi, Sāhi, Śāhi, Sāhā oder Śāh) für sich zu beanspruchen.84 Und offensichtlich handelt es sich dabei um Derivate einer Herrschaftstitulierung der Pādshāh mit etymologischen Wurzeln im persischen Wort šāh für „König“ oder „Herrscher“. Allerdings belegen administrative Dokumente aus dem Reich der Gurkaniya, dass in der Korrespondenz mit den Gorkhālī sogar noch Pṛthvīnārāyaṇa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht mit dem Titel Śāha, sondern stets als Mahārāja adressiert wurde.85 Daher ist davon auszugehen, dass es sich bei der Verwendung des Śāha-Titels in den Edikten um eine eigeninitiierte Aneignung und bei den Ausführungen der Chroniken zur Erlangung des Titels um eine Erfindung der Autoren handelt. Es ließe sich daher interpretieren, dass mittels der durch die Namensgebung implizierten Bezugnahme auf die übergeordnete Herrschaftsinstanz des Pādshāh vermutlich die Legitimität des Herrschaftsanspruchs der Śāha-Dynastie erhöht werden sollte.
Noch deutlicher lässt sich diese Legitimationsstrategie und die zunehmende Bedeutung externer Legitimationsquellen im Verlauf der Expansion erkennen, wenn man die praśasti in königlichen Erlassen und Korrespondenzen über einen Zeitraum hinweg auf Veränderungen untersucht. Die poetischen Eulogie des Herrschertitels der Könige des Gorkhā Rājya blieb zwischen dem frühen 17. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts weitestgehend unverändert.86 Doch nach der Eroberung des Kathmandu-Tals soll Pṛthvīnārāyaṇa Pādshāh Shah Alam II ca. 1770 um einen offiziellen Titel ersucht haben.87 Zwar verwehrte der Pādshāh dem diesem auch weiterhin die Titulierung als „Śāha“, aber er kam seinem Ersuch dennoch entgegen und verlieh Pṛthvīnārāyaṇa als Ausdruck der Anerkennung seines Herrschaftsanspruchs stattdessen den Titel bahādurasamserajaṅ („Mutiger Schwertkämpfer“). Anschließend wurde dieser Titel als Suffix der praśasti hinzugefügt und so lautete die Herrschaftstitulierung ohne Präfixe: pṛthvinārāyaṇasāhabahādurasamserajaṅdevānāmsadāsamaravījayinām.88 Wie aus königlichen Erlassen und offiziellen Verwaltungsdokumenten aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert hervorgeht, behielten auch Pṛthvīnārāyaṇas Nachfolger die erweiterte Titulierung bei.89
In Folge der gescheiterten Expansionsversuche nach Norden und darauffolgenden Niederlage gegen das Qing-Kaiserreich, waren die Könige des entstehenden Gorkhā Rāj nicht mehr nur an der Anerkennung ihres Herrschaftsanspruchs durch den Pādshāh, sondern ebenso durch den Qing-Kaiser in Beijing bemüht. Im Anschluss an ihre erste erfolgreiche Militärkampagne gegen Tibet, entsandten die Gorkhālī umgehend eine eigene Mission nach Beijing, um sich die Ergebnisse des Abkommens mit Tibet von 1789 auch vom Qing-Kaiser bestätigen zu lassen. Diese Reise fand noch vor der späteren Niederlage gegen die kaiserlichen Armeen und in Anerkennung des Herrschaftsanspruchs der Śāha-Familie verlieh Kaiser Qianlong 1790 dem noch minderjährigen König Rāṇabahādura den Titel wáng („tributpflichtiger König/Prinz“) und dessen als Regenten eingesetzten Onkel Bahādura Śāha (r. 1785–1794) den Titel gōng („tributpflichtiger Fürst“).90
Nach ihrer Niederlage waren die Gorkhālī ab 1792 durch die Amban und das lifanyuan in die administrativen Strukturen des Kaiserreichs als auch in das kaiserliche Tributsystem eingebunden. Und auf dem Höhepunkt der territorialen Expansion und Machtentfaltung des Qing-Kaiserreichs am Ende des 18. Jahrhunderts scheuten die Herrschenden des Gorkhā Rāj keine Mühen und Kosten, um sich die Gunst des Kaisers zu sichern. Schon auf ihrer ersten Mission 1792 brachten die Gesandten zahllose Kostbarkeiten, Pferde, Elefanten und sogar ein kleines Orchester mit nach Beijing und formalisierten ihr Loyalitätsverhältnis zum Kaiser Qianlong durch ihre Teilnahme am koutou. Die zweite Mission der Gorkhālī wurde schon 1795, also zwei Jahre früher als erforderlich entsandt, um sich nach der Abdankung Qianlongs, durch ihre Teilnahme an den Krönungsfeierlichkeiten auch das Wohlwollen des neuen Kaisers Jiaqing sichern zu können.
Doch als das Gorkhā Rāj im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts den Zenit der territorialen Ausdehnung erreicht hatte und die internen Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Fraktionen der herrschenden Eliten eskalierten, verlor der Qing-Kaiser als externe Quelle der Herrschaftslegitimation an Bedeutung. Unter dem Vorwand der Minderjährigkeit des neu eingesetzten Königs Girvāṇayuddhavikrama, wurde die Tributmission zunächst um ein Jahr verschoben und überbrachte dann die merklich weniger kostbaren Geschenke an den Kaiser nur noch bis zu dessen Amban nach Lhasa. Aufgrund dieser Umstände nahmen die Gorkhālī während dieser Zeit nicht am koutou teil und erneuerten so auch nicht ihr Loyalitätsverhältnis zum Qing-Kaiserreich. Erst nachdem sie vom Amban in Lhasa dazu angehalten wurden, ihre Expansion aufgrund der Niederlage gegen die Sikhs ins Stocken geriet und sich auch der Konflikt mit der EIC weiter zuspitzte, entsandten die Gorkhālī 1812 erstmals wieder eine Tributmission bis nach Beijing und nahmen auch wieder am koutou teil. Und obwohl ihnen die dadurch erhoffte Unterstützung des Kaisers gegen die EIC nicht gewährt wurde, bemühten sich die herrschenden Eliten der Gorkhālī, insbesondere nach ihrer Niederlage gegen die Briten, wieder mehr um die Anerkennung des Qing-Kaisers. Diese Bemühungen wurden aber erst Jahre später und auch nur marginal anerkannt, als General Bhīmasena Thāpā im Zuge der Tributmission von 1822 vom Qing-Kaiser ein weit weniger prestigevoller Fürstentitel verliehen wurde.91
Allerdings beschränkte sich die Bezugnahme der herrschenden Eliten der Gorkhālī nicht nur auf Symbole der Macht von Pādshāh und Qing-Kaisers. Sie eigneten sich auch bestimmte Aspekte der Herrschaftsideologie und -funktionsweisen beider Regionalmächte an, um ihre eigene Legitimität zu erhöhen. Besonders veranschaulichend lässt sich das anhand der Landbesitzverhältnisse aufzeigen. Wie aus den Edikten Rāma Śāhas hervorgeht, definierten die herrschenden Eliten schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts das gesamte Land des Kleinkönigtums als Besitz des Königs und verwendeten dafür den Begriff raikar.92 Auch der Pādshāh verstand sich als alleiniger Eigentümer des von ihm beherrschten Landes. Diese Parallele könnte als eine implizite Bezugnahme auf den Pādshāh als externe Legitimationsquelle in der formativen Phase der Staatsbildung gedeutet werden.
Anhand von administrativen Dokumenten aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lässt sich darüber hinaus zeigen, dass sich diese Landbesitzverhältnisse und das damit verknüpfte Selbstverständnis des Herrschenden als alleiniger Landeigentümer auch während der Expansion des Gorkhā Rājya fortsetzte und weiter ausdifferenziert wurde. Im Verlauf der Expansion besetzten die Gorkhālī sukzessive zuvor vom Pādshāh kontrollierte Territorien und begannen auch die dort bestehenden Landbesitzverhältnisse und Verwaltungsstrukturen in ihr eigenes System zu integrierten. Und mit der Zeit intensivierte sich auf diese Weise auch die Orientierung am Beispiel der Gurkaniya-Administration. Beispielsweise verwendeten die Verwaltungsbeamten des Gorkhā Rāj zur Bezeichnung ihrer territorialen Besitzansprüche häufig die Formulierung hāmrā muluk‌abhar („unser ganzes Land“).93 Sie übernahmen also den Begriff muluka aus dem Arabischen muˈluːk, der sich wiederum aus dem arabischen Terminus malik für „Herrscher“ ableitet und ebenfalls von den Gorkhālī adaptiert wurde.94 Auch der britische Offizier Kirkpatrick bemerkte während seiner Reise nach Kathmandu um 1793:
The Sovereign is deemed to be originally the absolute proprietor of all lands, nor is there any tenure under which they can be enjoyed permanently, or considered as hereditary possessions, […].
(Kirkpatrick 1811: 86).
Die Menschen innerhalb des vom König beanspruchten Herrschaftsgebietes konnten demzufolge das Land zwar bewohnen und bewirtschaften, aber keinesfalls besitzen. Sie mussten für die Nutzung und Bewirtschaftung Abgaben an den Eigentümer entrichten. Der König war wiederum, aufgrund sehr begrenzter monetärer Ressourcen, auf die Verpachtung seiner Ländereien angewiesen, um kooperierende Kleinkönigtümer im zentralen Himalaya, aber auch die eigenen Soldaten und Offiziere, Beamten und Berater sowie Brahmanen und Asketen für ihre Dienste entlohnen zu können. Daher wurden in Abhängigkeit von der Nutzung des zu pachtenden Landes sowie der Person des Pachtenden verschiedene Pachtkategorien eingeführt. Dabei orientierte man sich dabei sowohl an lokalen Kategorien als auch an denen der Gurkaniya-Administration und unterschied neben den abgabenbefreiten birtā-Ländereien für Brahmanen, Asketen oder Witwen zwischen Pachten von tributpflichtigen Rājyas, jāgira für Soldaten und Offiziere des Militärs, nānkār für Verwaltungsbeamte, rakam für Bedienstete oder Handwerker des Hofes sowie guṭhī für religiöse Organisationen und Institutionen.95
Gleichzeitig waren sich die herrschenden Eliten der Gorkhālī bewusst, dass sie die entstehende Struktur ihrer Landbesitzverhältnisse nicht in allen Teilen ihres Territoriums gleichermaßen einführen konnten. Um ihre übergeordneten Expansionsbestrebungen weiter vorantreiben zu können und nicht aufgrund von lokalen Widerstandsbewegungen zu gefährden, gestatteten sie den Menschen in einige Teilen des Landes, die bestehenden Landbesitzstrukturen, wie beispielsweise das kommunale kipaṭa-System in den östlich vom Kathmandu-Tal gelegenen Gebieten, beizubehalten und integrierten diese in die eigene Ordnung.96
Neben dem Selbstverständnis des Herrschenden als alleiniger Landeigentümer finden sich noch weitere Parallelen zum Herrschaftsverständnis der asiatischen Regionalmächte. Im Unterschied zu den Malla-Königen des Kathmandu-Tals beschränkte sich die Macht des Königs im Gorkhā Rāj nicht nur auf Symbole und rituelle Funktionen. Auch war seine gesetzgebende und rechtsprechende Funktion nicht auf einige wenige Entscheidungskompetenzen reduziert, wie im Falle des Marāṭhā Sāmrājya. In Anlehnung an die klassische Rechtsliteratur Südasiens, war beispielsweise die rechtsprechende Funktionen der Marathen-Könige auf die Verhängung der rājadaṇḍa („Strafe des Königs“) im Falle krimineller Vergehen begrenzt. Bei Vergehen gegen die Konventionen der sozialen Ordnung des varṇa-Systems oder gegen die orthodoxe Auslegung des Hindu Dharma ahndeten hingehen andere Institutionen wie die jātisabhā („Versammlung der jāti“) oder die brāhmanasabhā („Versammlung der brāhmana“) mittels jātidaṇḍa („Strafe der jāti“) oder brāhmanadaṇḍa („Strafe der brāhmana“) und führten die Strafzahlungen dem Amt des dharmadhīkāri („Verwalter des Dharma“) zu.97
Diese ausdifferenzierte Unterscheidung justiziabler Kompetenzen gab es im Gorkhā Rāj in dieser Form nicht. Stattdessen schufen dessen Eliten im Verlauf der expansiven Phase der Staatsbildung als höchste gesetzgebende und rechtsprechende Institution die bhārādāri sabhā („Versammlung der bhāradāra“). Und in der Rolle als Vorsitzender dieser Versammlung sowie als Oberbefehlshaber des Militärs war der König die höchste Autorität einer stark zentralisierten Administration mit umfassenden legislativen, judikativen und exekutiven Kompetenzen.98 In dieser Machtkonzentration lassen sich nicht nur zahlreiche Parallelen zur pyramidenartig-hierarchischen Herrschaft der Gurkaniya-Administration, sondern auch zur Machtfülle des Qing-Kaiser erkennen, die Sabine Dabringhaus (2011) zusammenfassend wie folgt beschreibt:
The emperor’s purview was comprehensive: he was the final author of the state’s political decisions, its supreme legislator, the commander of its military forces, the highest patron of religious institutions and the foremost sponsor of arts and letters.
(Dabringhaus 2011: 265)
Doch nicht nur in der Bezugnahme der herrschenden Eliten des Gorkhā Rāj auf die Machtsymbolik und Elemente der Herrschaftsideologie und -funktionsweisen beider Regionalmächte finden sich Hinweise auf die Bedeutung des Qing-Kaisers und des Pādshāh als externe Legitimationsquellen. Auch in einigen Gorkhāvaṃśāvalī aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird dies deutlich. Insbesondere im Zusammenhang mit den Erzählungen über die Gesandten Rāma Śāhas, die im Mevāṛ Rājya nach Beweisen für die Rājput-Abstammung finden und die Frage der Schutzgottheit der Śāha-Dynastie klären sollten, wird auch von ihrem Auftrag berichtet, Informationen über das Zeremoniell am Hof des Pādshāh zu sammeln. Nach der Rückkehr der Botschafter, so heißt es weiter in den vaṃśāvalī, seien zahlreiche Aspekte der höfischen Kultur der Gurkaniya am darbār im Gorkhā Rājya übernommen worden. Ebenso wird in einem der vaṃśāvalī behauptet, die Rājput-Könige des Mevāṛ Rājya hätten zwar die Abstammung der Śāhas bestätigt. Sie verwiesen die Gesandten aber anschließend an den Pādshāh, der ihnen zur offiziellen Anerkennung den Titel girirājacakracūḍāmaṇi verliehen haben soll.99 Auch wenn aufgrund unzureichender Quellen aus dem 17. Jahrhundert diese Behauptungen bislang nicht bestätigt werden können, so lassen diese Aspekte der Chroniken dennoch als Indizien für die Darstellung des Pādshāh als Legitimationsquelle für die Herrschenden des Gorkhā Rājya interpretieren.100
Ebenso ist in der upadeś eine Passage zu finden, die diese Lesart unterstützt. In einer uprānta erläutert Pṛthvīnārāyaṇa seine Sichtweise auf das Verhältnis zwischen dem expandierenden Gorkhā Rājya und den benachbarten Regionalmächten folgendermaßen:
Yo rāj duī ḍhuṅgāko tarul jasto rahecha. Cīn bādśāha sit ṭhulo ghāhā rāṣnu. Dakṣinko samundrakā bādśāha sit ghāhā tā rāṣnu.
(upadeś: 5)
Der erste Satz ließe sich mit: „Dieses Rāj befindet sich wie eine Yamswurzel (tarul) zwischen zwei Felsen (ḍhuṅgā)“ übersetzen. Es folgen zwei Imperativsätze „Pflegt ein gutes Verhältnis zum Qing-Herrscher. Und pflegt ebenfalls ein gutes Verhältnis mit dem Pādshāh des südlichen Meeres.“ Die Interpretation dieser Aussagen ist in der bisherigen Forschungsliteratur umstritten. Doch unabhängig davon, ob dieser Auszug der upadeś von Vertretern der Rāṣṭrīya Itihās, oder deren Kritikern gedeutet wurde, sie alle eint, der fast exklusive Fokus auf die Idee des ḍhuṅgo und die Vernachlässigung des zweiten zentralen Begriffs tarul. Bernardo A. Michael (2012) zufolge seien aber beide Begriffe als zusammengehöriges Kategorienpaar zu verstehen und weise auf eine kategorische Unterscheidung der Gorkhālī zwischen „starken Staaten“ (ḍhuṅgo) und „schwachen Staaten“ (tarul) hin.101
Doch die Wortwahl der Autoren der upadeś lässt allerdings auch eine weitere Lesart zu, die weniger abstrakt und in der bisherigen Forschungsliteratur noch nicht diskutiert worden ist. Ebenso wie die gewählten Termini nicht wortwörtlich zu verstehen sind, sollte auch die Interpretation sich gleichermaßen nicht völlig von den eigentlichen Begriffen lösen. Insofern könnte das Verhältnis des Kategorienpaares auch als aus dem Wissen über lokale Flora entlehnte Analogie zur Beschreibung der Selbstwahrnehmung als eigenständige politische Entität verstanden werden. Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae) sind weltweit sehr weit verbreitet und gehören auch im zentralen Himalaya zu bekannten Nahrungs- und Heilpflanzen. So erwähnt beispielsweise Kirkpatrick (1811) in seiner Beschreibung der landwirtschaftlichen Aktivitäten Ende des 18. Jahrhunderts sogar eben diese spezifische Yamswurzel: „There are also […] several edible roots and herbs, as the Tooral, a species of yam, […]. (Kirkpatrick 1811: 182). Zu den grundlegenden Eigenschaften dieser Pflanzenfamilie gehört, dass der Großteil der Nährstoffe in den Wurzeln enthalten sind, weshalb diese sehr anfällig für Staunässe sind. Im sehr regen- und wasserreichen Hügelland des Himalayas wachsen Yamswurzeln daher optimal im felsigen und wasserdurchlässigen Untergrund. Die Wurzeln wiederum stabilisieren den Boden und die Pflanze kann überirdisch ihre Ranken ausbringen. Zieht man zur Interpretation also diese zentralen Eigenschaften der Yamswurzel heran, erscheint diese Versinnbildlichung des eigenen Selbstverständnisses durchaus nachvollziehbar. Wie für die Yamswurzel der felsige Untergrund, so bot auch die politische Ausgangssituation im zentralen Himalaya Mitte des 18. Jahrhunderts, um in der botanisch inspirierten Sprache zu bleiben, optimale Wachstumsbedingungen für die politische Entität der Gorkhālī vom Gorkhā Rājya zum Gorkhā Rāj.
Diese Deutung wird zusätzlich durch die darauffolgenden Imperativsätze weiter untermauert. Während in der Historiografie der vaṃśāvalī aus der Zeit zu Beginn der Expansion Gorkhā Rājya noch ausschließlich auf den Pādshāh als übergeordnete Herrschaftsinstanz Bezug genommen wird, erwähnt die upadeś explizit auch die zweite große Regionalmacht Asiens, das Qing-Kaiserreich. Dies kann als weiteres Indiz verstanden werden, dass im Verlauf der territorialen Ausdehnung und der Entstehung des Gorkhā Rāj in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Bedeutung des Qing-Kaisers als Legitimationsquelle kontinuierlich zunahm. Diese Interpretation wird auch durch die Analogie zur lokalen Pflanzenwelt weiter gestützt. Insofern sahen sich die herrschenden Eliten der Gorkhālī selbst nicht in einem asymmetrischen Abhängigkeitsverhältnis zu den asiatischen Regionalmächten oder als „schwacher Staat“ zwischen zwei „starken Staaten“, sondern viel eher als Teil symbiotischer Beziehungen, die letztlich eine stabilisierende Wirkung auf die geopolitische Ordnung Asiens im 18. Jahrhundert hatte.

4.5 Ein dynamisches Kontinuum lokaler und regionaler Legitimationsstrategien

In der zusammenfassenden Betrachtung lassen sich die Legitimationsstrategien der herrschenden Eliten der Gorkhālī, während der formativen und expansiven Phase der Staatsbildung als ein dynamisches Kontinuum aus lokal und regional beeinflussten Diskursen und Praktiken beschreiben. Sie nehmen Bezug auf lokal und regional bereits etablierte Strategien anderer Herrscherdynastien, eignen sich bestimmte Elemente gezielt an, kombinieren sie miteinander und passen sie ihren Bedürfnissen flexibel und kontextspezifisch an. Die Erfindung ihres eigenen Rājput-Herkunftsmythos mittels der Konstruktion von Genealogien in Herrscherchroniken sowie die die Inanspruchnahme der Dienste von Brahmanen und Asketen legitimierte ihre Herrschaftsansprüche nicht nur religiös, sondern auch herkunftsbasiert auf vertikaler Ebene gegenüber der eigenen Bevölkerung und konkurrierenden Fraktionen innerhalb der eigenen Eliten sowie auf horizontaler Ebene gegenüber anderen Herrscherdynastien in der Region.
Aufgrund der Heterogenität der Menschen in den von ihnen kontrollierten Gebieten untermauerten diese Strategien ihre Legitimität nur gegenüber jenen Teilen der Bevölkerung, die sich tendenziell eher einer hinduistisch geprägten Gesellschaftsordnung nach brahmanischer Auslegung zugehörig fühlten. Doch mit Hilfe der Etablierung des varṇa-jāt-thara-Nexus und den daraus abgeleiteten multiplen Herrscheridentitäten vermochten es die herrschenden Eliten ihre Legitimität auch gegenüber den anderen, nicht-hinduistisch geprägten soziokulturellen Gruppen zu erhöhen, während sie insbesondere die lokale Identitätskategorie thara zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung eines Familiennetzwerkes für sich einzusetzen wussten, die als loyale politisch-administrative Elite funktionierte. Diese Legitimationsstrategien spielten schon in der formativen Phase der Staatsbildung ab dem frühen 17. Jahrhundert eine Rolle und gewinnen im Laufe der Expansion ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kontinuierlich an Bedeutung.
Im Unterschied dazu scheint die Aneignung des Hindu-Gottkönigtums sowie die Bezugnahme auf die Regionalmächte Asiens als externe Legitimationsquelle erst im Verlauf der territorialen Expansion und der Entstehung des Gorkhā Rāj zum Ende des 18. Jahrhunderts an Bedeutung zu gewinnen. Das Konzept des Hindu-Gottkönigtums spielte zuvor vor allem in den stark hinduistisch geprägten Kleinkönigtümer im zentralen Himalaya eine wichtige Rolle. Die herrschenden Eliten des Gorkhā Rājya begannen sich jedoch erst im Zuge erster territorialer Zugewinne im 17. Jahrhundert einige Aspekte dieser Legitimationsdiskurse und -praktiken sukzessiv anzueignen. Sie identifizierten die dynastische Schutzgottheit, konstruierten durch die vaṃśāvalī mit Hilfe von Brahmanen und Asketen einen göttlichen Ursprungsmythos und übernahmen hinduistische Symbole, Rituale, Feste und begannen die Śāha-Könige als Reinkarnation Viṣṇus zu verehren. Die aktuelle Quellenlage legt die Vermutung nahe, dass diese Strategien vor allem auf jene Teile ihrer Bevölkerung abzielten, die sich auch dem Weltbild des Hindu Dharma zugehörig fühlten. Vor der Expansionsphase scheinen diese Strategien noch primär darauf angelegt, die Legitimität der Śāha-Familie gegenüber rivalisierende Fraktionen der Elite und viel mehr noch gegenüber unmittelbar benachbarten Herrscherdynastien im zentralen Himalaya zu erhöhen. Diese These lässt sich auch auf die Bedeutung der Regionalmächte als externe Legitimationsquelle erweitern. In der formativen Phase der Staatsbildung gibt es nur wenige Bezugnahmen auf übergeordnete Herrschaftsinstanzen. Doch mit den ersten Gebietseroberungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts versuchen die herrschenden Eliten des Gorkhā Rājya ihre Legitimationsgrundlage zunächst durch die Bezugnahme und die Anverwandlung von Legitimationsdiskursen und -praktiken des Pādshāh der Gurkaniya und später auch des Qing-Kaisers, beispielsweise durch die Aneignung von offiziellen Titulierungen kontinuierlich zu erweitern.
Selbstverständlich konnten im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen nicht alle, sondern nur ausgewählte Legitimationsstrategien berücksichtigt werden. Daher sollte zukünftige Forschungsvorhaben nicht nur die bereits vorgestellten Themenbereiche vertiefen, sondern auch weitere, hier bislang nicht berücksichtigte Strategien, wie beispielsweise das sogenannte panjani genauer analysieren. Dabei handelt es sich um das alljährliches Zusammenkommen aller Titel-, Würden- und Amtsträger am darbār, bei dem der Monarch über die Vergabe von Titeln, Ämtern und Ländereien entscheidet und das Loyalitätsverhältnis zu seiner politisch-administrativen Elite erneuert. Dieses Zusammenkommen weist deutliche Parallelen zum koutou der Qing-Dynastie auf, aber die Quellenlage ist bisher unzureichend und so steht die Erforschung dieses hoch interessanten Themenkomplexes noch ganz am Anfang.
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Fußnoten
1
Die Debatte um das Königtum in Südasien wurde maßgeblich geprägt von Dumont (1970 [1966]), Kulke (1979), Stein (1980) und Dirks (1987).
 
2
Vgl. van den Hoek (1990), Michaels 2008 [1997], Whelpton (2005a: 35–60), Lecomte-Tilouine (2005, 2009).
 
3
Vgl. Cubelic (2018).
 
4
Vgl. Moran (2019).
 
5
Vgl. Mishra (2010: 18).
 
6
Einen sehr aktuellen und gewichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Forschungsdesiderate liefern Bajracharya, Gutschow und Michaels (2016). Aber sie haben die Dissertationen von Baral (1964) und Rupakheti (2012) bei ihrer Kritik am aktuellen Forschungstand nicht berücksichtigt.
 
7
In Quellen belegt ist beispielsweise der Fall Rāma Śāhas, dem nicht gestattet wurde eine Tochter des Rājas vom benachbarten Kleinkönigtums Parvat zu ehelichen. Ebenso erging es Pṛthvīnārāyaṇa Śāha, dem die Hochzeit mit einer Tochter des Rājas von Palpa verweigert wurde. Vgl. Rupakheti (2012: 54–55).
 
8
Vgl. Yogī Naraharināth (1966 [2023 V.S.]: 572–573) und Baral (1964: 84–85).
 
9
Obwohl nicht explizit benannt, wird hier womöglich auf die Eroberung Cittoṛgaṛhs durch Sultan Alaud-Dīn Khaljī zur Zeit der Expansion des Sultanats von Delhi Anfang des 14. Jahrhunderts hingewiesen. Vgl. Naraharināth (1952 [2009 V.S.]:137–145) und Baral (1964: 85–86).
 
10
Vgl. Yogī Naraharināth (1952 [2009 V.S.]: 121–122; 1966 [2023 V.S.]: 419–425).
 
11
Baral (1964: 89) übersetzt diese Titulierung ins Englische mit “The crest jewel amongst the cycle of the kings of the Hills”.
 
12
Es bis heute keine Belege in den Quellen aus der Zeit des Mevāṛ Rājya für diese Darstellung. Ein erstmals dokumentierter Kontakt zwischen den Herrscherdynastien Gorkhās und Udayapurs liegt aus der Regierungszeit Javān Siṃhas (r. 1828–1838) vor. Und auch die praśasti ist damals nicht neu oder außergewöhnlich, sondern wurde nachweislich bereits seit dem 10. Jahrhundert von den Kleinkönigen im Hügelland des zentralen Himalayas verwendet. Vgl. Baral (1964: 89–90).
 
13
Vgl. Whelpton und Hutt (2005).
 
14
Vgl. Genealogical Account of Gorkha Kings (Gorkhāvaṃśāvalī), Vol. 51 fol(s) 5–107, HC.
 
15
Vgl. Malla (1985).
 
16
Vgl. Yogī Naraharināth (1952 [2009 V.S.]:121–128) und Baral (1964: 92–93).
 
17
Vgl. Genealogy of Gorkha Kings (Gorkhāvaṃśāvali), Vol. 52, fol(s) 7–52; 57–65, HC.
Nepālī Rājāko Vaṃśāvalī. Manuskript der Sylvain Lévi Sammlung im Institut d’études indiennes, Centre de documentation des Instituts d’Orient des Collège de Frances, Signatur: MS.SL.08 (B.7) und Lévi (1905: 254–256).
 
18
Vgl. Gorkhāvaṃśāvali, Vol. 17, fol(s) 1–167; 173–219, HC.
 
19
Vgl. Wright (1877).
 
20
Vgl. Bajracharya, Gutschow und Michaels (2016: 1–149).
 
21
Vgl. Hasrat (1970: 1–98).
 
22
Eine komparative Auflistung aller Herrscherdynastien in den bereits erschlossenen und zum Teil übersetzten vaṃśāvalï findet sich bei Bajracharya, Gutschow und Michaels (2016: 150–163).
 
23
Vgl. Hasrat (1970: 99–167).
 
24
Vgl. General Mathbarsingh Thapa's Account of the Gorkha Kings and Nepal, Vol. 45, HC.
 
25
Vgl. Vajrācārya und Malla (1985).
 
26
Vgl. Hasrat (1970: xviii; li; lxiii), Bajracharya und Michaels (2012: 85).
 
27
Vgl. Hasrat (1970: xix).
 
28
Vgl. Bajracharya und Michaels (2012: 85).
 
29
Schon 1924 listete Hermann Goetz 19 Herrscherchroniken aus verschiedenen Regionen Südasien in Sanskrit, 5 in Pali und 11 in Sinhala aus Sri Lanka, 26 in Hindi und Rajasthani, 5 in Bengali und 4 in Tamil. Vgl. Goetz (1924: 4–7) sowie Bajracharya und Michaels (2012: 84).
 
30
Kursive Hervorhebung im Originaltext von Sinha (1962).
 
31
Ibid.: 42.
 
32
Alternativ wäre auch die wörtliche und weniger sinngemäße Übersetzung „groß ob klein“ denkbar.
 
33
Aufgrund fehlenden Zugangs zu den Originaldokumenten beziehe ich mich bei der Übersetzung auf die Transkription und Übersetzung von Riccardi (1977). Der Originaltext dieses Abschnitts in Transkription lautet: „Śrī chah mahārāja rāmsāhabāṭa maile bādhyākā thitimā choṭā baḍā prajā prāṇi cār varṇa chattis jāt jo laṃbhan garlā taslāi ma merā saṃtān mā jo rājā holā usle ḍhuṅgā chuvāi khat anusārko rājāle daṇḍa garnu bhanyā thiti bādhi baksanu bhyo. […]“ (Riccardi 1977: 64).
 
34
Damit sind hier in erster Linie die Schriftsammlungen Dharmaśāstra und Arthaśāstra und deren inhärente Ideen und Wertvorstellungen einer brahmanischen Auslegung des Hindu Dharma gemeint, die unter anderem eine idealtypische soziale Ordnung definieren. Vgl. Michaels (2012 [1998]: S. 68–70).
 
35
Ein bekannter Beleg dafür ist die Episode von Rāvāṇa im Rāmāyaṇa. Der Herrscher Lankas, obwohl als kṣatriya geboren, wechselt durch eine tugendhafte Lebensführung in das varṇa des brāhmana. Vgl. Schmölders und Metken (2004).
 
36
In der anthropologischen Forschung wurde der Begriff lange Zeit mit „Stamm“ oder „Kaste“ übersetzt. Vgl. beispielsweise Riccardi (1977), Sharma, P. R. (1978) und Höfer (1979). Seit den 1990er Jahren wurde der Begriff zu ādivāsī janajātī erweitert und vor allem politisch konnotiert in der anthropologischen Forschung und von AktivistInnen als Bezeichnung für „ethnische“ oder „indigene“ Gruppen“ verwendet. Vgl. Lüder (2013).
 
37
Vgl. Riccardi (1977: 52–53).
 
38
Ibid.: 57–59.
 
39
Besonders deutlich im 15. Edikt. Ibid.: 53.
 
40
Der dadā ist mit der Erziehung des königlichen Nachwuchses betraut und kapardār wird üblicherweise mit „Kammerdiener“ übersetzt. Der dharmādhikār ist die höchste rechtsprechende Instanz der Verwaltung. Der Sardār ist ein hoher militärischer Offiziersgrad und bhānsyā der königliche Koch. Vgl. Riccardi (1977: 60) und Rupakheti (2012: 55–56).
 
41
Vgl. Riccardi (1977: 62).
 
42
In der neueren nationalen Historiografie wird dieses Dokument häufig als divya upadeś bzw. dibya upadeś bezeichnet. Die hier vorliegende Transliteration und Übersetzung beruht auf der Version, die online über die Nepal Law Commission zugänglich ist: http://​www.​lawcommission.​gov.​np/​np/​ [letzter Zugriff: 11.01.2024].
 
43
Vgl. Stiller (1968: 37). Dieser bezieht sich dabei auf Acharya (1965).
 
44
Vgl. Naraharināth und Acharya, B. (1953), Naraharināth (1959), Panta, N.R. et. al. [nicht datiert].
 
45
Vgl. Stiller (1968).
 
46
Vgl. Regmi, D. R. (1961, 1975).
 
47
Vgl. Pradhan 2009 [1991]: 227.
 
48
Eine detaillierte Analyse der Ursprünge und Diskussion der problematischen Quellenlage finden sich bei Bhandari (2018).
 
49
Der Originaltext dieses Abschnitts in Transkription lautet: „Yo phulbāriko choṭā baḍā cārai varṇa chattisai jāt le.“ (upadeś: 6).
 
50
Transkription des Originals: „Yo asila hindusthānā ho.“ (upadeś: 6).
 
51
Transkription des Originals: „Hajūrle gau brahmān atit phakir deudevatāko mānitā rāṣanu bhayāko cha. […]. Hajūrlāī nepālko rāja a vasya hunecha.“ (upadeś: 2).
 
52
Transkription des Originals: „Merā sāthmā cār jātkā sipāhi chan. […] bāhun, khas, magar ṭhakuri […].“ (upadeś: 2).
 
53
Transkription des Originals: „Guruṅ magar khas jyāda bhaiyād. […] sipāhi pani khas magar guruṅ ṭhakuri inai cār jāt mātrai hun […]. Puruva pachimka khas bāhun lāī darbārmā paiṭh huna nadinu. Kyān bhanaulā bāhiṛā mānchyāle darbārmā vithini garāuchan.“ (upadeś: 7–8).
 
54
Vgl. Stiller (1968: 67).
 
55
Vgl. Riccardi (1977: 46–47).
 
56
Die kursiv hervorgehobenen Transkriptionen wurden wie im Original übernommen. Das Zitat kann wie folgt ins Deutsche übersetzt werden: „Aufgrund von Traditionen haben die sechsunddreißig Klan-Chefs, die sogenannten tharaghara (Bewohnern der Nester) ein Recht der Zurechtweisung; einige dieser Klans behaupten kṣatriyas zu sein und andere Brahmanen, deren Lehen sich im Herrschaftsgebiet Pṛthvīnārāyaṇas befinden. Sie sind es, an die die wichtigsten Ämter der Administration vergeben werden, aber nicht alle haben die gleichen Rechte; sie formen eine Hierarchie mit drei Abstufungen; die Gruppe mit der höchsten Würde besteht aus sechs Familien, die aufgrund ihrer Anzahl cha thara genannt werden.“ (Lévi 1905: 286; Die Transkriptionen Lévis wurden in dieser Übersetzung ins Deutsche durch eigene, ebenfalls kursiv hervorgehoben Transkriptionen ersetzt, da diese sich näher an den Originaldokumenten orientieren).
 
57
Vgl. Stiller (1968: 44; 61).
 
58
Vgl. Naraharināth (1952 [2009 V.S.]: 121–122; 1966 [2023 V.S.]: 419–425).
Genealogical account of Gorkha Kings (Gorkhāvaṃśāvalī), Vol. 51 fol(s) 5–107, HC.
 
59
Vgl. Michaels (2018: 72–75).
 
60
Roy, B. (1995 [1961]).
 
61
Pṛthvīnārāyaṇa Śāha (1769 [1826 V.S.]). “A Copy of a Lālamohara from Pṛthvīnārāyaṇa Śāha Regarding Land Donations for Yogīs' Cakrapūjās”. Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0440_0007. herausg. /übers. von Christof Zotter. Documenta Nepalica. https://​abhilekha.​adw.​uni-heidelberg.​de/​nepal/​editions/​show/​8637 [letzter Zugriff: 11.01.2024]. Unterstrichene Hervorhebung durch Autor.
 
62
Siehe beispielsweise: Pratāpasiṃha Śāha (1776 [1833 V.S.]). “A Lālamohara Reconfirming \(\text{Gos\={a}}\tilde{\text{\~{i}}} \text{ Bhagavantan\={a}tha}\) as Central Overseer of Jogīs”. Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: DNA_0014_0050. herausg. /übers. von Christof Zotter. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​30307 [letzter Zugriff: 11.01.2024].;
Raṇabahādura Śāha (1792 [1849 V.S.]). “A Lālamohara to Lakṣmīnārāyana Putuvāra Re the Reward for Building a Dasaĩghara”. Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0625_0039. herausg. /übers. von Astrid Zotter. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​34880 [letzter Zugriff: 11.01.2024];
Girvāṇayuddhavikrama Śāha (1802 [1858 V.S.]). “A Lālamohara Emancipating a Family of Patan from Slavery”. Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: DNA_0012_0065. herausg. /übers. von Manik Bajracharya mit Christof Zotter, Simon Cubelic und Rajan Khatiwoda. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​32500 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
 
63
Vgl. Michaels (2018: 234–235).
 
64
Vgl. Gögge (2007: 292–293).
 
65
Vgl. Bericht des Kapuzinermönches Ippolito Desideri in Regmi, D.R. (1966: 1011).
 
66
Vgl. Regmi, D.R. (1966: 478).
 
67
Ibid.: 538.
 
68
Vgl. Riccardi (1977: 50).
 
69
Vgl. Michaels (2018: 234).
 
70
Siehe Raṇabahādura Śāha (1798 [1855 V.S.]). “A lālamohara from King Raṇabahādura providing land as an endowment to feed the cows on the day of Gāijātrā”. Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0033_0040A. Documenta Nepalica. https://​nepalica.​hadw-bw.​de/​nepal/​catitems/​viewitem/​7286/​1 [letzter Zugriff: 11.01.2024]..
 
71
Vgl. Regmi Research Series 11.9 (1979c: 129–130) und Michaels (1997: 82–86).
 
72
Vgl. Michaels (2018: 235–236).
 
73
Zu den Ausnahmeregelungen des Verbots der Rindertötung für Teile der sehr heterogenen Bevölkerung und dem Verzehr von Rindfleisch siehe Regmi Research Series 11.8 (1979b: 126–128) und Michaels (1997; 2018: 236–238).
 
74
Vgl. Krauskopff und Lecomte-Tilouine (1996: 29) sowie Lecomte-Tilouine und Shrestha (1996: 153).
 
75
Vgl. Chaulagain (2013: 275–277).
 
76
Vgl. Zotter (2018: 506).
 
77
Zur Synchronisierung der sāita und dem Empfangen von prasāda vgl. Zotter (2018: 506–508).
 
78
Vgl. Zotter (2018: 510).
 
79
Vgl. Michaels et. al. (2016: 219).
 
80
Chaulagain (2013: 274–275) spezifiziert nicht genauer auf welches vaṃśāvalī er sich in seiner Argumentation bezieht, sondern nennt lediglich die Publikation von Śarmā Bhaṭṭarāī (1997).
 
81
Vgl. Zotter (2016: 240; 2018: 504).
 
82
Vgl. 26. Edikt in Riccardi (1977: 64).
 
83
Für die Behauptung, der Titel sei der Familie bereits im frühen 16. Jahrhundert verliehen worden vgl. Genealogy of Gorkha Kings (Gorkhāvaṃśāvali), Vol. 52, fol(s) 7–52; 57–65, HC.
Die Titelverleihung im frühen 16. Jahrhundert wird auch thematisiert im Genealogical Account of Gorkha Kings (Gorkhāvaṃśāvalī), Vol. 51 fol(s) 5–107, HC.
 
84
Vgl. Baral (1964: 82–83).
 
85
Vgl. Rupakheti (2012: 55).
 
86
Siehe beispielsweise Pṛthvīnārāyaṇa Śāha (1769 [1826 V.S.]).”A Lālamohara from King Pṛthvīnārāyaṇa Śāha Allowing the Newars of Patan the Right to Their Property.” Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: E_3456_0009. herausg. /übers. von Manik Bajracharya mit Rajan Khatiwoda. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​36994 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
Pṛthvīnārāyaṇa Śāha (1770 [1827 V.S.]). “A Copy of a Lālamohara Appointing \(\text{Gos\={a}}\tilde{\text{\~{i}}} \text{ Bhagavantan\={a}tha}\) as Central Overseer of Jogīs.” Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0469_0009. herausg. /übers. von Christof Zotter. Documenta Nepalica: https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​30313 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
 
87
Zu den Quellen in den Verwaltungsunterlagen der Gorkhālī und der Mogul-Administration siehe Regmi, D.R. (1975: 221–224); Pant und Pierce (1989: 13); Pradhan 2009 [1991]: 114.
 
88
Pṛthvīnārāyaṇa Śāha (1774 [1831 V.S.]). “A Letter from King Pṛthvīnārāyaṇa to Bhagavantanātha Regarding Personal and Foreign Affairs.” Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0469_0032. herausg. /übers. von Christof Zotter. Documenta Nepalica: https://​abhilekha.​adw.​uni-heidelberg.​de/​nepal/​editions/​show/​23499 [letzter Zugriff: 11.01.2024]. Hervorhebung durch Autor.
 
89
Siehe beispielsweise Pratāpasiṃha Śāha (1776 [1833 V.S.]). “A Lālamohara Reconfirming \(\text{Gos\={a}}\tilde{\text{\~{i}}} \text{ Bhagavantan\={a}tha}\) as Central Overseer of Jogīs.” Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: DNA_0014_0050. herausg. /übers. von Christof Zotter. Documenta Nepalica: https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​30307 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
Raṇabahādura Śāha (1792 [1849 V.S.]). “A Lālamohara to Lakṣmīnārāyana Putuvāra Re the Reward for Building a Dasaĩghara.” Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0625_0039. herausg. /übers. von Astrid Zotter. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​34880 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
Girvāṇayuddhavikrama Śāha (1802 [1858 V.S.]). “A Lālamohara Emancipating a Family of Patan from Slavery.” Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: DNA_0012_0065. herausg. /übers. von Manik Bajracharya mit Christof Zotter, Simon Cubelic und Rajan Khatiwoda. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​32500 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
 
90
Vgl. Manandhar, V. K. (2001: 3–5).
 
91
Vgl. Manandhar V. K. (2001: 51, 58).
 
92
Vgl. 9. Edikt in Riccardi (1977: 46–47).
 
93
Pṛthvīnārāyaṇa Śāha (1770 [1827 V.S.]). “A Copy of a Lālamohara Appointing \(\text{Gos\={a}}\tilde{\text{\~{i}}} \text{ Bhagavantan\={a}tha}\) as Central Overseer of Jogīs”. Rāṣṭriya Abhilekhālaya Nepal. Signatur: K_0469_0009. herausg. /übers. von Christof Zotter. Documenta Nepalica. https://​doi.​org/​10.​11588/​diglit.​30313 [letzter Zugriff: 11.01.2024].
 
94
Siehe Regmi, M. C. (1971: 209).
 
95
Für eine sehr detaillierte Untersuchung und Diskussion der Landbesitzverhältnisse und insbesondere des sogenannten Raikar-Systems siehe Regmi, M. C. (1963–68).
Für einen allgemeineren Überblick empfiehlt sich eher Regmi, M. C. (1971, 1976, 1984, 1988).
 
96
Vgl. Regmi, M. C. (1965: 81–135).
 
97
Vgl. Kotani (1999). Für eine detaillierte Diskussion des Rechtssystems im Marāṭhā Sāmrājya siehe Gune (1953).
 
98
Vgl. Rupakheti (2012: 24–25).
 
99
Vgl. Naraharināth (1952 [2009 V.S.]: 121–122; 1966 [2023 V.S.]: 419–425).
Genealogical account of Gorkha Kings (Gorkhāvaṃśāvalī), Vol. 51 fol(s) 5–107, HC.
 
100
Vgl. Rupakheti (2012: 54).
 
101
Vgl. Michael (2012: 110).
 
Metadaten
Titel
Legitimation in der formativen und expansiven Phase der Staatsbildung
verfasst von
Stefan Lüder
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44422-8_4