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24.01.2024 | Unternehmenskultur | Im Fokus | Online-Artikel

Im Mittelstand hat der Patriarch das Sagen

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3 Min. Lesedauer

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Wer sich durch die hochgelobte Serie "Succession" gebingt hat, ist von dem gewaltigen Porträt eines Firmenpatriarchen vielleicht noch benommen. Das Bild ist überzogen? Sicher. Und längst modernisiert? Mitnichten.

Führungskräfte in deutschen Unternehmen sind wechselwillig. Jeder zweite (54,6 Prozent) kann sich vorstellen, auf dem Arbeitsmarkt Ausschau nach besseren Bedingungen zu halten. In Familienunternehmen halten einen Wechsel in den kommenden Monaten sogar 58,3 Prozent für "wahrscheinlich" bis "sehr wahrscheinlich". Als Hauptgrund lässt sich die klimatische Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität interpretieren, die latent auf die Stimmung bei der Arbeit drückt. Culture eats innovation heißt es im Manager Barometer 2023–2024 von Odgers Berndtson. Dafür wurden zwischen August und September 1.300 Führungskräfte aus Großunternehmen, Familienunternehmen und dem Mittelstand befragt. 

Traditionelle Strukturen bremsen Führungskräfte aus

Top-Argument für einen Arbeitgeberwechsel ist für 82,2 Prozent aller Befragten, der Wunsch nach einer Unternehmenskultur, die zu ihnen passt. Die Innovationsfähigkeit des potenziellen Arbeitgebers rangiert an zweiter Stelle (47,6 Prozent), gefolgt vom Unternehmenspurpose und der Identifizierbarkeit (44,7Prozent). Kurzum, Beschäftige im Mittelstand wollen auch Spaß bei der Arbeit verspüren.

Das geht vor allem aus den freien Antworten der Befragten hervor. Stattdessen erleben sie täglich, traditionelle Strukturen und eine gewisse Innovationsträgheit. Eine "sehr innovative" Unternehmenskultur bescheinigte weniger als ein Drittel (26,6 Prozent) der Befragten ihren aktuellen Arbeitgebern. Dagegen herrscht in mehr als einem Drittel (36,2 Prozent) der Gesamtunternehmen und in 43,4 Prozent aller Familienunternehmen ein Führungsstil, der als patriarchal wahrgenommen wird. 

Moderne Unternehmenskultur fehlt

Vermisst wird in patriarchal geführten Unternehmen eine Kultur, die sich auf der Höhe der Zeit bewegt, mit einem höheren Frauenanteil, transparenter Führung, einer gelebten Fehler- und Lernkultur, wertschätzender Kommunikation, Partizipation und flexiblen Arbeitszeitregelungen. Doch gerade Familienunternehmen tun sich schwer darin, ihre Unternehmensstrategien zu modernisieren. 

Zwar sind sie stark im Bewahren von traditionellen Werten wie Zuverlässigkeit und Qualitätsbewusstsein. Auch kennen sie ihre Kunden sehr gut. Dennoch agieren sie nach Ansicht von Studienexpertin Nadine Kammerlander "risikoavers statt experimentell" und "förmlich und starr statt flexibel". Eine Anpassung der Unternehmenskultur haben viele Eigentümerfamilien und patriarchal geführte Unternehmen in den vergangenen Jahren verpasst. 

Die Begriffe 'offene Feedbackkultur' und 'flache Hierarchien' bleiben leider häufig Phrasen für Stellenausschreibungen und die Firmenwebsite. Insbesondere Unternehmen, die viele Jahre lang von der Übermacht eines Patriarchen geprägt worden sind, tun sich häufig schwer damit, sie nachträglich zu implementieren. ( Kati Najipoor-Smith & Thorsten Gerhard in: An der Spitze, Seite 8)

Was den Patriarchen ausmacht

Über den Führungsstil der Familienpatriarchen geben die Studienergebnisse und freien Antworten der Befragten Auskunft: Der Patriarch versteht sich als Lenker, nicht als Coach. Er erwartet weitgehende Anwesenheit vor Ort, will sein Management nicht im Homeoffice erreichen müssen. Und, er akzeptiert Führung ausschließlich als Vollzeitjob. Besonders Familienunternehmen hinken laut Studie auf gleich mehreren Ebenen der Entwicklung hinterher.

Nur 22,5 Prozent haben sich modernen Führungskonzepten wie "Führen in Teilzeit" oder "Führen im Tandem" geöffnet. Auch kommuniziert wird traditionell durch die Hierarchieebenen von oben nach unten. Wobei Kaskadenkommunikation insgesamt im Mittelstand überwiegt und noch in 57,1 Prozent aller Unternehmen praktiziert wird. Familienunternehmen halten ihre Angelegenheiten allerdings besonders wachsam unter Verschluss. Sie kommunizieren weniger offen und transparent als der Durchschnitt. Ihr Motto zum Schutz der Privatsphäre lautet: Was in der Familie passiert, bleibt in der Familie. 

Und wo bleibt die Matriarchin?

An der Spitze von eigentümergeführten Unternehmen hat noch immer der Mann das Sagen. Der Frauenanteil unter den Führungskräften ist in Familienunternehmen mit zwölf Prozent besonders niedrig. In den übrigen Unternehmen erreicht er 17 Prozent. Das ist der Spitzenwert seit Beginn der Befragungen im Jahr 2011. Tendenz immerhin steigend, denn die Generation Y lässt bereits 23 Prozent weibliche Führung zu und erweckt damit die Hoffnung auf mehr Geschlechtergerechtigkeit nach Generationswechseln in den Führungsetagen.

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