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22.02.2024 | Verbundwerkstoffe | Im Fokus | Online-Artikel

So entwickelt sich der Weltmarkt für Graphen

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Graphen hat Eigenschaften wie kein anderes Material – und großes wirtschaftliches Potenzial. Wie entwickeln sich der Weltmarkt und die Anwendungsfelder in den nächsten Jahren? Ein Überblick. 

Seit seiner Entdeckung im Jahr 2004 hat Graphen enorme Erwartungen geweckt. Das Material verspricht ein großes Anwendungspotenzial in zahlreichen Branchen. Aktuell bildet sich ein Graphen-Markt mit aufstrebenden Anbietern heraus, wie eine Meta-Marktanalyse des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) darlegt. Sein Wachstum hänge entscheidend vom Zusammenspiel zwischen der Weiterentwicklung von Technologien und ersten Anwendungen ab, die die Nachfrage ankurbeln sollen, heißt es vom Fraunhofer ISI. Die Analyse legt ihren Fokus dabei auf die drei Anwendungsbereiche Verbundwerkstoffe, Batterien und Elektronik. Diese könnten die Gesamtentwicklung des Graphen-Marktes maßgeblich in Richtung Massenproduktion vorantreiben.

Graphen ist "eine dünne, zwei-dimensionale Kohlenstoffschicht, die aus nur einer Lage (Monolage), hexagonal miteinander verbundener Atome besteht", wie Springer-Autor Peter Wellmann im Buchkapitel Graphen und weitere Kohlenstoffallotrope erläutert. Die Kohlenstoffatome sind in einem Bienenwabengitter angeordnet. Laut Wellmann weist Graphen einige besondere physikalische Eigenschaften auf: eine extrem große Ladungsträgermobilität, eine hohe optische Transparenz, ein chemisch inertes Verhalten, eine große mechanische Stabilität und eine verschwindend kleine Gaspermeabilität. Eine ideale, unendlich ausgedehnte Graphen-Schicht zeige metallisches Verhalten. Unter besonderen Randbedingungen bilde sich eine elektronische Bandlücke mit halbleitenden Materialeigenschaften aus. Graphen gelte, so Wellmann, als eines der vielversprechendsten neuen elektronischen Materialien mit zahlreichen Anwendungen in der (Mikro-) Elektronik, Optoelektronik oder Batterie- und Brennstoffzellentechnologie. 

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Marktgröße von 1,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2027

Die Meta-Marktanalyse des Fraunhofer ISI unterstützt diese Einschätzung. Alleine die Anzahl der Graphen-Marktberichte habe deutlich zugenommen, insbesondere zwischen 2020 und 2022. Dieser Anstieg unterstreiche bereits das steigende Interesse an der industriellen Nutzung von Graphen. "Es scheint, dass immer mehr Kunden bereit sind, für solche Marktberichte zu bezahlen, um das notwendige Wissen über den globalen Graphen-Markt zu bekommen", erklärt das Fraunhofer ISI.

Weitere Analysen würden zeigen, dass der globale Graphen-Markt in den letzten Jahren kontinuierlich wuchs und 2022 einen geschätzten durchschnittlichen Jahresumsatz von 380 Millionen US-Dollar erreichte (Prognosespanne zwischen 50 Millionen und 1,1 Milliarden US-Dollar). Das sei zwar immer noch deutlich weniger als zum Beispiel der Graphit-Markt (22,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2022) oder der Industrieruß-Markt erzielt hätten (17 Mrd. US-Dollar im Jahr 2021), aber hier sei die kurze Zeitspanne zur Entwicklung praktischer Anwendungen seit der Entdeckung von Graphen zu berücksichtigen, so die Fraunhofer-Forscher. Ein deutliches Marktwachstum in den nächsten Jahren soll zu einer prognostizierten Marktgröße von 1,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2027 führen (Prognosespanne zwischen 0,34 und 5,5 Mrd. US-Dollar).

Weltweiter Graphen-Markt könnte um 20 bis 30 % wachsen

Was das durchschnittliche jährliche Wachstum des globalen Graphen-Marktes anbelangt, hätten mehr als 85 % der ausgewerteten Marktberichte Wachstumsraten von über 20 % prognostiziert, so die Analyse. 70 % der Berichte würden kurz- bis mittelfristig ein Wachstum von über 30 % voraussagen. Dabei seien auch Informationen über die Entwicklung des Graphen-Preises und der Produktionsmengen sehr relevant: Die Meta-Marktanalyse leitet aus den prognostizierten Nachfragen und den Umsatzprognosen für Graphen bis 2028 eine erwartete jährliche Preissenkungsrate von 12 % ab. Der Studie zufolge könnte die weltweite Graphen-Nachfrage bis 2028 auf eine Spanne von 9.000 bis 170.000 t pro Jahr ansteigen, mit einem Medianwert von 30.000 t. 

Das Fraunhofer ISI weist jedoch darauf hin, dass die Zahlen eine grobe Schätzung darstellen, die typisch für Märkte mit unsicherer Entwicklung seien. Die Performance der Graphen-Materialien in Anwendungsfällen, die tatsächlichen Preisentwicklung, Unternehmensentscheidungen und die daraus resultierende Marktakzeptanz würden die tatsächliche Nachfrageentwicklung ausmachen.

Elektronik-Bereich, Verbundwerkstoffe und Batteriemarkt

Die Studie hat auch drei vielversprechende Graphen-Anwendungssektoren analysiert: Den Elektronik-Bereich, Verbundwerkstoffe und den Batteriemarkt. 

  • Graphen-Batteriemarkt: Der Marktumsatz des Graphen-Batteriemarktes betrug 2022 circa 100 Millionen US-Dollar. Es werden durchschnittliche Wachstumsraten zwischen 20 und 30 % erwartet. Hierzu bestehe in den ausgewerteten Marktberichten relativ große Übereinstimmung, so das Fraunhofer ISI.
  • Graphen-Elektronikmarkt: Für den Graphen-Elektronikmarkt reichen die Umsatzvorhersagen von unter 100 Millionen bis zu über einer Milliarde US-Dollar. Die prognostizierten Wachstumsraten reichen von unter 20 bis fast 40 %. 
  • Graphen-Verbundwerkstoffmarkt: Die Umsatzwerte reichen von unter 20 Mio. US-Dollar bis zu fast 12 Mrd. US-Dollar im Jahr 2022, als Wachstumsraten werden zwischen 3,5 und 40 % ausgegeben. 

Die großen Spannen ließen sich, so das Fraunhofer ISI, neben unterschiedlichen Erwartungen auch durch abweichende Definitionen der Anbieter von Graphen-Marktberichten, wie etwa der Einbeziehung oder Ausschluss von Sekundärprodukten, erklären.

Nischenanbieter dominieren bislang die Graphen-Herstellung

Die Fraunhofer-Analyse hat zudem die globale Verteilung der länderübergreifenden Patentierungsaktivitäten für Elektronik-, Verbundwerkstoff- und Batterieanwendungen nach der nationalen Herkunft untersucht. Die Ergebnisse würden zeigen, dass die drei Weltregionen Nordamerika, Ostasien und Europa die weltweite Schaffung geistigen Eigentums mit Bezug zu Graphen zu nahezu gleichen Anteilen dominieren, so das Fraunhofer ISI. Doch es seien auch regionale Trends zu beobachten, wie etwa eine besondere Konzentration bei batteriebezogenen Graphen-Anwendungen in Ostasien. Dies hänge mit der aktuellen industriellen Vormachtstellung der Region in der Batterietechnik zusammen.

Dr. Henning Döscher, wissenschaftlicher Projektleiter am Fraunhofer ISI und einer der vier Autoren der Meta-Analyse, erklärt: "Aufstrebende Nischenanbieter dominieren bisher weitgehend die Herstellung von Graphen. Sie arbeiten auch bereits an vielfältigen Anwendungen, da die Marktführer bislang oft noch untätig bleiben. Unsere Daten deuten aber auch auf erste Anzeichen eines Umdenkens hin. Einzelne Markführer, wie etwa Samsung im Elektroniksektor, bauen bereits systematisch geschütztes Anwendungswissen auf."

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