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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

5. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz

verfasst von : Nicolas Steinmeister

Erschienen in: Die Mindestbesteuerung multinationaler Konzerne

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Implementiert Deutschland die GloBE-Regeln eigenständig, ist der Bund zur Gesetzgebung befugt. Das entsprechende Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Das Steueraufkommen aus den neuen Mindeststeuervorschriften steht in der Regel Bund und Ländern hälftig zu. Für die Verwaltung der Mindeststeuer wären grundsätzlich die Landesfinanzbehörden zuständig. Führt Deutschland die GloBE-Regeln den Modellregeln entsprechend ein, begründet die Anwendung von IIR, UTPR und SOR in jedem Falle eine Durchbrechung des Trennungsprinzips, welche grundsätzlich den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Steuergerechtigkeit verletzt und damit rechtfertigungsbedürftig ist. Sollte die UTPR als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung ausgestaltet werden, begründet dies zudem eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips und damit ebenfalls eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung. Soweit im Rahmen der oben genannten Durchbrechungen gegen das Folgerichtigkeitsgebot verstoßen wird, kann dem nicht die Begründung eines Systemwechsels entgegengehalten werden. Die unterschiedlichen Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch die GloBE-Regeln können nach Auffassung des Autors jedoch gerechtfertigt werden, wobei strengere Anforderungen an die Rechtfertigung zu stellen sind, die eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfordern. In diesem Rahmen führen die bislang vom BVerfG anerkannten Rechtfertigungsgründe – außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke, Vereinfachungs- und Typisierungszwecke und das Ziel der Missbrauchsabwehr – zwar nicht zur Rechtfertigung. Unter der nach Ansicht des Autors gebotenen Anerkennung der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses als legitimen Zweck ist eine Rechtfertigung der verschiedenen verfassungsrechtlichen Durchgriffe jedoch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich und vorliegend zu bejahen. Im Übrigen begründen etwaige mit der Einführung der GloBE-Regeln verbundene Treaty Overrides keine Verletzung des Grundgesetzes.

5.1 Verfassungsrechtlicher Prüfungsumfang

Im Rahmen der nachfolgenden verfassungsrechtlichen Prüfung wird zunächst auf die Zuständigkeit des deutschen (Bundes-)Gesetzgebers eingegangen und das neue Mindeststeuerregime in das steuerliche Kompetenzgefüge des Grundgesetzes eingeordnet. Anschließend werden die GloBE-Regeln auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG überprüft. Denn während das generelle Recht des deutschen Staats zur Besteuerung („Ob“) verfassungsrechtlich nicht in Frage gestellt wird,1 ist die gesetzgeberische Ausgestaltung dieses Rechts („Wie“) in jedem Falle am Grundgesetz zu messen.2

5.2 Einordnung der GloBE-Regeln in das steuerliche Kompetenzgefüge

5.2.1 Die deutsche Finanzverfassung (im engeren Sinne)

Die in den Art. 104a bis 115 GG niedergelegte Finanzverfassung ist „einer der tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes“.3 „Sie soll eine Finanzordnung sicherstellen, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft angemessen beteiligt.“4 Denn „Bund und Länder müssen im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, dass sie die Ausgaben leisten können, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind.“5 Zu diesem Zweck enthalten die Art. 104a bis 108 GG die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur deutschen Finanzhoheit (Finanzverfassung im engeren Sinne), welche für die staatliche Souveränität von herausgehobener Bedeutung ist.6 Den genannten Artikeln kommt eine notwendige staatsorganisatorische und volkswirtschaftliche Ordnungsfunktion zu.7 Durch sie wird die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und zwischen Parlament und Regierung für den Bereich des Finanzwesens konkretisiert.8 Voneinander zu unterscheiden sind für den Bereich der Steuern9 die Gesetzgebungs- (Art. 105 GG), Ertrags- (Art. 108 GG) und Verwaltungshoheit (Art. 106, 107 GG).10

5.2.2 Gesetzgebungszuständigkeit

Auch im Steuerrecht gilt der Vorbehalt des Gesetzes. Die Implementierung der GloBE-Regeln zur Herbeiführung einer global koordinierten Mindestbesteuerung multinational agierender Konzerne in deutsches Recht setzt daher zunächst voraus, dass hierfür eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz besteht. Art. 105 GG ist die zentrale Norm zur materiellen Steuergesetzgebungshoheit im Bundesstaat.11 Sie legt fest, welche föderale Einheit eine Steuer einführen, abschaffen oder ausgestalten darf12 und setzt die Besteuerungshoheit des vom Grundgesetz verfassten Staates stillschweigend voraus.13 Art. 105 GG ist insofern lex specialis zu den Art. 70 ff. GG.14 Der Schwerpunkt der Steuergesetzgebung liegt beim Bund.15

5.2.2.1 Keine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Für die einzuführende Mindeststeuer steht dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 1 GG nicht zu. Der Anwendungsbereich von Art. 105 Abs. 1 GG ist nämlich sehr eng gefasst16 und beschränkt sich auf Zölle und Finanzmonopole. Als Zölle sind hierbei rein formal solche Abgaben zu verstehen, „die nach Maßgabe des Zolltarifs von der Warenbewegung über die Zollgrenze erhoben werden“.17 Finanzmonopol meint das Recht des Staates, bestimmte Wirtschaftsgüter unter Ausschluss privatwirtschaftlicher Konkurrenz herzustellen, zu beziehen oder zu vertreiben und durch Monopolaufschläge öffentliche Einnahmen zu generieren.18 Die GloBE-Mindeststeuer als Form der Ertragsteuer kann in keine dieser Kategorien eingeordnet werden und schließt eine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes daher aus.

5.2.2.2 Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Da das Mindeststeuerregime auch nicht als Grundsteuer zu qualifizieren ist, kommt eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nur über Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG in Betracht, was im Übrigen dem Regelfall in der Steuergesetzgebung entspricht19. Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG verlangt hierfür, dass dem Bund das Aufkommen der Mindeststeuer ganz oder zum Teil zusteht oder aber die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. In erster Linie kommt es also auf die Ertragsverteilung in Art. 106 Abs. 1 und 3 GG an.20 Die dortige Aufteilung orientiert sich an den traditionellen Steuern und Steuerarten, wie sie bereits bei Einführung des Grundgesetzes vorgefunden wurden.21 Insofern ist für die Einordnung der Mindeststeuermaßnahmen auf die Abgrenzungsmerkmale des traditionellen deutschen Steuerrechts (das BVerfG spricht hierbei von „Typusbegriffen“22) zurückzugreifen.23 Dabei müssen nicht sämtliche Merkmale eines Typus gegeben sein, sondern es kommt auf „das durch eine wertende Betrachtung gewonnene Gesamtbild“ an.24

5.2.2.3 Einordnung der GloBE-Regeln in die durch Typusbegriffe bestimmten Steuerarten des Art. 106 GG

Die Annahme einer ausschließlichen Ertragszuweisung an den Bund nach Art. 106 Abs. 1 GG lässt sich nicht begründen. Insbesondere die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Nr. 6)25 und die Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften (Nr. 7)26 sind nicht einschlägig. Naheliegender ist dagegen die Qualifikation der Mindeststeuer als Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer i. S. d. Art. 106 Abs. 3 GG. Die Einkommensteuer wie auch die Körperschaftsteuer folgen nach Art. 106 Abs. 3 GG dem Verbundsystem27 und stehen somit als Gemeinschaftsteuern grundsätzlich dem Bund und den Ländern jeweils zur Hälfte zu, wobei im Rahmen der Einkommensteuer den Gemeinden ein Anteil nach Art. 106 Abs. 5 GG zukommt.28 Die Einkommensteuer i. S. v. Art. 106 Abs. 3 GG zielt auf die individuelle Besteuerung natürlicher Personen nach ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit ab.29 Sie belastet das am allgemeinen Markt erzielte Einkommen natürlicher Personen.30 Die gesetzgeberische Einbeziehung von Personenhandelsgesellschaften in Form einer transparenten Einkommensbesteuerung ihrer Gesellschafter ist zulässig.31 Als Einkommen gilt hiernach der Bruttoertrag aus gesetzlich zu definierenden Erwerbsquellen (Einkünftearten) abzüglich erwerbs- und existenzsichernder Aufwendungen.32 Die Körperschaftsteuer bezeichnet die von juristischen Personen geschuldete Einkommensteuer.33
Die Income Inclusion Rule und die Undertaxed Payments Rule sind der bereits in den §§ 7 ff. AStG enthaltenen Hinzurechnungsbesteuerung bzw. der Lizenzschranke nach § 4j EStG und Zinsschranke nach § 4h EStG nicht ganz unähnlich, sodass sich damit schon argumentieren ließe, dass diese als Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer nach Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG einzuordnen sind. Auch für das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG), welches mit den Abwehrmaßnahmen in den §§ 7 ff. StAbwG (Betriebsausgabenabzugsverbot, verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung und Quellenbesteuerung) ebenfalls ähnliche Maßnahmen enthält, ist die Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 GG abgeleitet worden.34 Während die Einkommensteuer den Vermögenszuwachs natürlicher Personen durch ihr erfolgreiches Wirtschaften am Markt besteuert, wird die Körperschaftsteuer auf die am Markt erwirtschafteten Einkünfte von Körperschaften (insb. GmbH und AG) erhoben.35 Durch die Mindeststeuer wird das Einkommen von Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften bzw. ihren Gesellschaftern besteuert. Die zu besteuernde Bemessungsgrundlage wird zwar nicht nach den herkömmlichen Vorschriften aus EStG und KStG bestimmt, sondern unterliegt eigenständigen Gewinnermittlungsvorschriften. Dennoch werden bei ihr am Markt erwirtschaftete Einkünfte (vorwiegend aus Gewerbebetrieb) unter Abzug bestimmter erwerbsbezogener Aufwendungen besteuert. Folglich wird die bisherige Einkommen- und Körperschaftbesteuerung lediglich modifiziert. Die Mindeststeuer ist damit als Körperschaftsteuer bzw. Einkommensteuer und folglich als Gemeinschaftsteuer i. S. d. Art. 106 Abs. 3 GG einzuordnen. Dem Bund steht demnach im Regelfall das Aufkommen der Mindeststeuer zur Hälfte zu, sodass ihm auch die konkurrierende Gesetzgebung nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 GG zufällt.36 Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG (Erforderlichkeitsklausel) kommt es insofern nicht mehr an. Nach Art. 105 Abs. 3 GG bedarf die bundesgesetzliche Einführung der GloBE-Regeln der Zustimmung des Bundesrates.

5.2.3 Ertragszuständigkeit

Wie bereits dargestellt, steht das Aufkommen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und damit auch der Mindeststeuer nach Art. 106 Abs. 3 GG dem Bund und den Ländern zu. Dies gilt für die Mindeststeuer als Einkommensteuer aber nur insoweit, als diese nicht bereits den Gemeinden nach Art. 106 Abs. 5 GG zugewiesen wird. Konkretisiert wird diese Zuweisung im Gemeindefinanzreformgesetz (GFRG). Nach § 1 GFRG erhalten die Gemeinden 15 % des Aufkommens an Lohnsteuer und an veranlagter Einkommensteuer sowie 12 % des Aufkommens an Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bis 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 EStG. Die Mindeststeuer wird daher, soweit sie bei den Gesellschaftern von Personengesellschaften erhoben werden sollte, als veranlagte Einkommensteuer zu 15 % den Gemeinden zugewiesen werden.

5.2.4 Verwaltungszuständigkeit

Zu verwalten wäre die neue Mindeststeuer als „übrige Steuer“ nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich durch die Landesfinanzbehörden, und zwar gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 1 GG im Auftrag des Bundes. Der Bund könnte sich jedoch auch nach Art. 108 Abs. 4 GG für eine Mischverwaltung oder die Übertragung der Verwaltungskompetenz auf Bundesfinanzbehörden entschließen, sollte er dies für den Vollzug der Steuer als wesentlich geeigneter beurteilen.37

5.2.5 Zwischenergebnis

Der Bund ist im Falle einer rein nationalen Umsetzung der GloBE-Regeln nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 i. V. m. Art. 106 Abs. 3 GG zur Gesetzgebung befugt. Nach Art. 105 Abs. 3 GG bedarf das entsprechende Gesetz der Zustimmung des Bundesrates. Das aus der Mindeststeuer hervorgehende Steueraufkommen steht in der Regel Bund und Ländern hälftig zu, im Falle der Top-up Tax-Erhebung bei Personengesellschaften bzw. deren Gesellschaftern auch den Gemeinden. Für die Verwaltung der Mindeststeuer wären grundsätzlich die Landesfinanzbehörden zuständig.

5.3 Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG

Steuerrecht ist Eingriffsrecht.38 Vor diesem Hintergrund hat sich in den vergangenen Jahrzehnten der Gleichheitssatz als unangefochtene Leitnorm für die verfassungsrechtliche Beurteilung des Steuerrechts herausgebildet.39 Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hat der Gesetzgeber wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.40 Der Gleichheitssatz schützt nach Art. 19 Abs. 3 GG neben natürlichen Personen auch inländische juristische Personen.41 Auch wenn es grundsätzlich dem Gesetzgeber obliegt, die Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er somit als rechtlich gleich qualifiziert, muss er diese Auswahl sachgerecht treffen.42 Da die genauen Maßstäbe und Kriterien für eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch den Gesetzgeber nicht abstrakt und allgemein formuliert werden können, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsgebiete,43 ist der allgemeine Gleichheitssatz im Steuerrecht bereichsspezifisch zu konkretisieren und unterliegt dort einer besonderen Dogmatik.44 Hiernach bindet Art. 3 Abs. 1 GG den Steuergesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit.45 Nach diesem wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Ertragsteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt, nämlich durch das Leistungsfähigkeitsprinzip und das Folgerichtigkeitsgebot.46 Zwar werden diese vom BVerfG aufgestellten Leitlinien und die damit einhergehende Konstitutionalisierung des Steuerrechts47 in der Literatur teils recht kritisch bewertet.48 Diese Kritik birgt allerdings das Risiko in sich, einem Rechtsgebiet die rechtsstaatliche Basis zu entziehen.49 Der Steuerstaat ist jedoch „keine Oase verfassungsrechtlicher Ungebundenheit.“50 Insofern hat auch das BVerfG festgestellt, dass „die Gewährleistung einklagbarer, auch den Gesetzgeber bindender Grundrechte“ es verbietet, „speziell für das Steuerrecht die Kontrolle verfassungsrechtlicher Mäßigungsverbote dem Bundesverfassungsgericht gänzlich zu entziehen.“51 Dem BVerfG als Hüter des Grundgesetzes muss es daher zustehen, einen prinzipienlos handelnden Gesetzgeber auch im Steuerrecht zur Verwirklichung des Rechtsstaats anzuhalten.52

5.3.1 Leitlinien steuerlicher Gerechtigkeit

5.3.1.1 Das Leistungsfähigkeitsprinzip

Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist der dominierende Maßstab für Steuergerechtigkeit.53 „Der Grundsatz der Steuergleichheit fordert zumindest für die direkten Steuern eine Belastung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit“.54 Das BVerfG hebt immer wieder hervor, dass das Einkommensteuerrecht auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin angelegt ist55 und die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit als Ausfluss des Gleichheitssatzes ein Gebot der Steuergerechtigkeit sei.56 Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip soll jeder nach Maßgabe seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben beitragen.57 Zu den Grundannahmen dieses Prinzips zählt die Unterscheidung zwischen horizontaler und vertikaler Steuergerechtigkeit.58 Aus der horizontalen Steuergerechtigkeit folgt das Gebot der gleichen Steuerbelastung für Steuerpflichtige mit gleicher Leistungsfähigkeit.59 In vertikaler Hinsicht muss dagegen bei der Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich zu niedrigeren Einkommen ein angemessener Unterschied in der Steuerlast entstehen.60 Wird vom Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit abgewichen, bedarf diese Abweichung nach Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtfertigung.61

5.3.1.2 Das Folgerichtigkeitsgebot

Dem Gesetzgeber wird vom BVerfG ein weitreichender Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes eingeräumt.62 Aus dem Gebot der möglichst gleichmäßigen Belastung aller Steuerpflichtigen folgt jedoch, dass der Gesetzgeber sodann bei der weiteren Ausgestaltung dieses Ausgangstatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen hat.63 Er muss also das sachgerechte Prinzip, für welches er sich entschieden hat, konsequent umsetzen und die zuvor getroffene Wertentscheidung folgerichtig weiterführen.64 Insofern ist der Gesetzgeber in gewissem Ausmaß „Gefangener der eigenen Entscheidung“.65 Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes „bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag“.66 Hierbei gilt jedoch auch, dass sich der Gesetzgeber (bei späteren Entscheidungen) umso weniger am Folgerichtigkeitsgebot festhalten lassen muss, je stärker die Strukturen eines Gesetzes zuvor schon durchbrochen worden sind.67 Denn dem Gesetzgeber bleibt es unbenommen, einen System- oder Prinzipienwechsel vorzunehmen, ohne durch das Folgerichtigkeitsgebot an vorherige Grundentscheidungen gebunden zu sein.68

5.3.2 Relevante gesetzgeberische Grundentscheidungen

Demnach sind zunächst die gesetzgeberischen Grundentscheidungen zum objektiven Nettoprinzip und zum Trennungsprinzip in der Körperschaftsbesteuerung zu beleuchten, aus denen in Bezug auf die GloBE-Regeln möglicherweise Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitet werden können.

5.3.2.1 Das objektive Nettoprinzip

5.3.2.1.1 Inhalt
Das objektive Nettoprinzip kann als eines der konkretisierenden Unterprinzipien des Leistungsfähigkeitsprinzips angesehen werden.69 Die Grundaussage des objektiven Nettoprinzips besteht darin, dass im Rahmen der steuerlichen Einkünfteermittlung von den Erwerbseinnahmen die damit zusammenhängenden Erwerbsaufwendungen abzuziehen sind,70 da nur das Nettoeinkommen für die Ertragsbesteuerung disponibel ist.71 Es gebietet daher auch die uneingeschränkte Berücksichtigung von Verlusten.72 Das objektive Nettoprinzip findet seinen einfachgesetzlichen Ausdruck in § 2 Abs. 2 EStG73 und gilt über § 8 Abs. 1 KStG auch für die Körperschaftsteuer.74 Die Körperschaftsteuer bemisst sich demnach nach dem Einkommen der Körperschaft und somit nach der Ertragskraft des Unternehmens, sodass im Bereich der Unternehmensbesteuerung grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, also der Saldo aus den Einnahmen und den Betriebsausgaben (vgl. § 4 Abs. 4 EStG) der Besteuerung unterliegt.75 Betriebsausgaben sind deshalb grundsätzlich steuerlich abziehbar.76
5.3.2.1.2 Verfassungsrechtliche Anknüpfung
Nicht abschließend geklärt ist bislang, ob das objektive Nettoprinzip auch verfassungsrechtlich geboten ist und ihm insoweit Verfassungsrang zukommt oder es sich bei ihm lediglich um eine einfachgesetzliche Systemwahl handelt.77 Diese Frage hat das BVerfG bis heute ausdrücklich offengelassen.78 Es stellt allerdings den einfachgesetzlichen Rang des objektiven Nettoprinzips nicht mehr in Frage und spricht ihm als gesetzgeberische Grundentscheidung zumindest eine mittelbare verfassungsrechtliche Relevanz über das Folgerichtigkeitsgebot zu.79 Der Gesetzgeber müsse nämlich seine einmal getroffene Belastungsentscheidung, zu der auch das objektive Nettoprinzip zähle, folgerichtig umsetzen und benötige besondere, sachliche Rechtfertigungsgründe, um von dieser abzuweichen.80 In der steuerrechtlichen Literatur überwiegt dagegen die Einordnung als Prinzip von Verfassungsrang, wobei diese vor allem mit der Finanzverfassung81, der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG)82 oder dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)83 begründet wird.84 Eine Gegenansicht versteht das objektive Nettoprinzip als einfachgesetzliches Strukturprinzip, welches das grundgesetzlich in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Leistungsfähigkeitsprinzip zwar näher ausgestalte, ihm aber nicht angehöre und damit selbst auch nicht von Verfassungsrang sei, sondern erst im Zusammenhang mit dem Folgerichtigkeitsgebot verfassungsrechtliche Bedeutung entfalte.85 Unabhängig davon, welcher Ansicht gefolgt wird, erlangt das obj. Nettoprinzip zumindest über das Folgerichtigkeitsgebot verfassungsrechtliches Gewicht, sodass bei Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung erforderlich ist.

5.3.2.2 Das Trennungsprinzip

Während Einkünfte aus einer unternehmerischen Tätigkeit in Gestalt einer Personengesellschaft nach deutschem Einkommensteuerrecht den Gesellschaftern zugerechnet werden (Transparenzprinzip), hat der deutsche Steuergesetzgeber für die Körperschaftsteuer das Trennungsprinzip gewählt.86 Danach sind eine Körperschaft und ihre Anteilseigner jeweils eigenständige Steuersubjekte, d. h. es findet in der Regel keine wechselseitige Zurechnung von Einkünften bzw. sonstigen steuerlich relevanten Merkmalen statt.87 Vielmehr ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihres Anteilseigners zu beurteilen.88 Eine Besteuerung des Anteilseigners soll erst erfolgen, wenn der auf Ebene der Kapitalgesellschaft erzielte und versteuerte Gewinn an diesen ausgeschüttet wird, während im Falle der Gewinnthesaurierung eigene Einkünfte des Anteilseigners abzulehnen sind.89 Die Besteuerung der Körperschaft muss unabhängig von der Besteuerung ihrer Eigentümer sein und umgekehrt.90 Auch die zu einem Konzern verbundenen Gesellschaften werden somit grundsätzlich als voneinander unabhängige Steuersubjekte betrachtet.91 Zudem werden die Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter steuerlich berücksichtigt.92 Damit hat sich der Gesetzgeber „gegen ein steuersubjektübersteigendes Konzern- oder Gruppenbesteuerungsrecht entschieden.“93 Wird das Trennungsprinzip durch den Gesetzgeber durchbrochen, stellt dies einen Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsprinzip aus Art. 3 Abs. 1 GG dar, denn dieses gebietet die folgerichtige Umsetzung der Grundentscheidung des Gesetzgebers für das Trennungsprinzip im Bereich der Körperschaftsteuer.94 Insofern bedarf es dann einer sachlichen Rechtfertigung.95

5.3.3 Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch die GloBE-Regeln

Die Modellregeln der Säule 2 sind auf internationaler Ebene erarbeitet worden und dementsprechend sind viele unterschiedliche Interessen in das Design der GloBE-Regeln eingeflossen. Es verwundert daher nicht, dass die neuen Vorschriften in diverser Weise vom bisherigen deutschen Steuerecht abweichen und insofern verschiedene Möglichkeiten eröffnen, diese bei Anlegung eines strengeren Prüfungsmaßstabs zumindest im Ansatz als verfassungsrechtlich fragwürdig einzuordnen. Nachfolgend soll nur eine Auswahl erörtert werden, die sich auf das Grunddesign der einzelnen Regelungen beschränkt, welche nach Auffassung des Verfassers einige signifikante Abweichungen von den soeben vorgestellten gesetzgeberischen Grundentscheidungen aufweisen und daher eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ernsthaft in Betracht kommen lassen.96

5.3.3.1 Durchbrechung des Trennungsprinzips durch Income Inclusion Rule

Der IIR ist bereits in ihrer Entwurfsfassung der Vorwurf gemacht worden, „verfassungsrechtlich praktisch nicht beherrschbare“ Systembrüche innerhalb der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu schaffen, die mit deutschem Verfassungsrecht kaum zu vereinbaren seien.97 In der Tat durchbricht die IIR im Falle von Kapitalgesellschaften oder anderen Körperschaften in der Rolle der niedrig besteuerten ausländischen Konzerneinheit das Trennungsprinzip.98 Durch die IIR kann die Konzernobergesellschaft bzw. eine in der Beteiligungskette höherrangige Konzerngesellschaft (IIR-Konzerneinheit) mit der Top-up Tax auf die niedrig besteuerten Einkünfte einer anderen ausländischen Kapitalgesellschaft des Konzerns, an der sie unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, belastet werden. Die Niedrigbesteuerung dieser ausländischen Konzerneinheit wirkt sich damit unmittelbar auf die Steuerlast der jeweiligen Muttergesellschaft aus, obwohl sich ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bis zu einer möglichen Gewinnausschüttung durch die niedrig besteuerte Konzerneinheit oder einer Veräußerung ihrer Anteile noch gar nicht erhöht hat.99 Dies bewirkt eine Durchbrechung des Trennungsprinzips100 und folglich auch des Folgerichtigkeitsgebots. Die IIR-Konzerneinheit wird durch die Erhebung der Top-up Tax gegenüber vergleichbaren Gesellschaften benachteiligt, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht nach den neuen Mindeststeuerregelungen zusätzlich belastet werden, etwa weil sie aus dem persönlichen Anwendungsbereich fallen oder weil ihre Tochtergesellschaften keiner Niedrigbesteuerung unterliegen (oder im Inland ansässig sind). Dieses Ergebnis bedarf der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung.

5.3.3.2 Das Problem der „Sippenhaft“ aufgrund des Jurisdictional Blending

Besonders herausgehoben werden soll in diesem Zusammenhang eine Situation, die bereits im Blueprint zu Säule 2 als Beispiel für die Wirkung der IIR dargestellt worden ist.101 Danach ist es möglich, dass von einer in Deutschland ansässigen Konzerngesellschaft A, die nicht selbst Konzernobergesellschaft ist, aber mangels IIR im Land der Konzernobergesellschaft der deutschen IIR unterliegt (Top-down-approach), über die IIR Top-up Tax für eine von ihr gehaltene Konzerneinheit B1 erhoben wird, welche selbst gar nicht niedrig besteuert ist, sondern lediglich aufgrund des Jurisdictional Blending und der effektiven Niedrigbesteuerung von anderen Konzerngesellschaften im selben Staat (Niedrigsteuerstaat) als niedrig besteuert gilt. Die Konzerngesellschaft A würde also weder aufgrund der eigenen Leistungsfähigkeit noch aufgrund der Leistungsfähigkeit der von ihr gehaltenen Gesellschaft B1 besteuert, sondern sie würde Steuern zahlen auf die niedrig besteuerten Gewinne einer „Dritten“, die ggf. nur über die gemeinsame Konzernobergesellschaft mit A und B1 in Verbindung steht. Die deutsche Konzerngesellschaft würde folglich in „Sippenhaft“ genommen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem multinationalen Konzern, der weitere, aber tatsächlich niedrig besteuerte Konzerneinheiten in demselben Land hält wie die deutsche Konzerngesellschaft. Ein solches Vorgehen ist dem deutschen Körperschaftsteuersystem, das eine allgemeine Gruppenbesteuerung nicht kennt, fremd. Es widerspricht grundsätzlich dem Leistungsfähigkeitsprinzip und Folgerichtigkeitsgebot (Trennungsprinzip), die Besteuerung eines Steuerpflichtigen von der steuerlichen Behandlung eines Dritten abhängig zu machen102 und bedarf daher der Rechtfertigung.
Da die UTPR auf Tatbestandsebene ebenso an die Niedrigbesteuerung anderer Konzerneinheiten anknüpft, ist sie den gleichen rechtlichen Bedenken hinsichtlich des Trennungsprinzips ausgesetzt wie die IIR.103 Denn der UTPR-Steuerpflichtige wird trotz der gesetzgeberischen Grundentscheidung gegen eine allgemeine Gruppenbesteuerung aufgrund von Merkmalen anderer Konzerneinheiten (Niedrigbesteuerung, aber etwa auch die Größe des Konzerns) besteuert, auf die er selbst in der Regel keinen Einfluss hat.104 Dies gilt sowohl für die UTPR als Abzugsverbot als auch für die UTPR als Quellensteuer, denn bei beiden Erhebungsformen wird aufgrund des Jurisdictional Blending auf die steuerlichen Merkmale anderer Konzerneinheiten abgestellt. Hinzu kommt, dass rechtsfolgenseitig die Höhe der Steuerbelastung des UTPR-Steuerpflichtigen zum einen von der bereits im Rahmen der IIR bei einer anderen Konzerneinheit erhobenen Top-up Tax (Art. 2.5.2 und 2.5.3 der Modellregeln) und zum anderen von der Anzahl an Arbeitnehmern und dem Buchwert der Sachanlagen bei anderen Konzerneinheiten in UTPR-Staaten (Art. 2.6 der Modellregeln) abhängt.105 Dies widerspricht der dem UTPR-Steuerpflichtigen zugesprochenen eigenständigen Leistungsfähigkeit und benachteiligt ihn in rechtfertigungsbedürftiger Weise gegenüber vergleichbaren, aber nicht durch die UTPR belasteten Unternehmen.106

5.3.3.3 Ungleichbehandlung durch Switch-over Rule

Auch die SOR erweist sich nach Auffassung des Autors als verfassungsrechtlich problematisch. Das BVerfG hat in dem Fall des technisch vergleichbaren § 50d Abs. 8 EStG bereits 2015 festgestellt, dass die Versagung der Freistellung in bestimmten Fällen eine Ungleichbehandlung begründen kann.107 Nach dem Verständnis des Autors bewirkt die SOR, dass Deutschland die IIR auch auf Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte einer inländischen Konzerneinheit anwenden kann, wenn ein DBA die steuerliche Freistellung anordnet.108 Die SOR führt dazu, dass die Einkünfte einer niedrig besteuerten ausländischen Betriebsstätte insoweit nicht von der inländischen Besteuerung freizustellen sind, wie es die IIR zu Erhebung der Top-up Tax erfordert. Zwar werden inländische Konzerneinheiten mit solchen Betriebsstätten im Ausland dadurch nicht schlechter behandelt als inländische Konzerneinheiten mit in Deutschland ansässigen Betriebsstätten, da die dank der SOR über die IIR erhobene Top-up Tax i. H. v. maximal 15 % grundsätzlich keine höhere Besteuerung ermöglicht als in einem vergleichbaren rein deutschen Sachverhalt. Allerdings kommt es zu einer Schlechterstellung gegenüber inländischen Konzerneinheiten mit ausländischen Betriebsstätten, die entsprechend den GloBE-Regeln nicht als niedrig besteuert eingeordnet werden, sodass diese Stammhaus-Konzerneinheiten weiterhin von der steuerlichen Vergünstigung der Freistellung profitieren.109 Auch vor dem Hintergrund einer transparenten Besteuerung der ausländischen Betriebsstätten und der steuerlichen Gesamtbelastung von Stammhaus und Betriebsstätte sind beide Konstellationen durchaus miteinander vergleichbar, da Besteuerungsunterschiede bei den ausländischen Betriebsstätten nur marginal oder sogar gar nicht vorhanden sein können110 und die Leistungsfähigkeit dann in gleichem Maße gegeben ist.

5.3.3.4 Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip durch Undertaxed Payments Rule als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung

Bei Umsetzung der UTPR als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung (Abzugsbeschränkung) liegt aufgrund der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips111 ein rechtfertigungsbedürftiger Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Dem objektiven Nettoprinzip wird im Falle einer Abzugsbeschränkung nämlich insofern nicht mehr gefolgt, als die UTPR-steuerpflichtige Konzerneinheit eigentlich abzugsfähige Zahlungen an andere Konzerneinheiten (oder Dritte) bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der UTPR nicht mehr in Abzug bringen darf, obwohl ihre Leistungsfähigkeit objektiv gemindert ist. Die der UTPR unterliegende Konzerneinheit wird damit gegenüber anderen Unternehmen benachteiligt, deren individuelle Leistungsfähigkeit aufgrund vergleichbarer Zahlungen im selben Maße vermindert ist, die diese Zahlungen aber als Betriebsausgaben von ihrer steuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen dürfen und insofern einer niedrigeren Steuerlast unterliegen. Dies widerspricht der von Art. 3 Abs. 1 GG geforderten horizontalen Steuergerechtigkeit, nach der Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern sind.

5.3.3.5 Zwischenergebnis

Die GloBE-Regeln nehmen eine dem deutschen Steuerrecht generell widersprechende Konzernbetrachtung vor. Ein Konzern soll an einer für den deutschen Fiskus greifbaren Stelle gepackt und für die in einem anderen Land erfahrene Niedrigbesteuerung durch Erhebung der Top-up Tax zur Verantwortung gezogen werden. Die hierfür genutzten Instrumente der GloBE-Regeln gehen dabei insofern über bisherige Anti-BEPS-Eingriffe (z. B. durch Hinzurechnungsbesteuerung und Lizenzschranke) des deutschen Gesetzgebers (weit) hinaus, als sie sich – offenbar vorwiegend aus praktischen Gründen – vom Verhalten und den Merkmalen des Steuerpflichtigen weitgehend lösen und insbesondere im Rahmen der UTPR nur noch aufgrund der Zugehörigkeit zu einem länderbezogen niedrig besteuerten Konzern eine Besteuerung auslösen. So setzt die UTPR anders als noch unter dem ersten Allokationsschüssel im Blueprint nun nicht einmal mehr direkte Zahlungen an die niedrig besteuerte Konzerneinheit voraus. Dies führt im Rahmen der IIR und UTPR sowohl auf Tatbestandsebene als auch auf Rechtsfolgenseite zu rechtfertigungsbedürftigen Durchbrechungen des Trennungsprinzips. Auch die SOR kann Durchbrechungen des Trennungsprinzips und eine Schlechterstellung gegenüber inländischen Konzerneinheiten mit ausländischen Betriebsstätten, die entsprechend den GloBE-Regeln nicht als niedrig besteuert eingeordnet werden, begründen. Sofern die UTPR als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung ausgestaltet werden sollte, durchbricht sie zudem das objektive Nettoprinzip.

5.3.4 Rechtfertigung der Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz

„Die Norm, die das Prinzip durchbricht, muß selbst von einem Prinzip getragen sein.“112 Ganz in diesem Sinne sind die aufgeworfenen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nur zulässig, wenn sie gerechtfertigt sind.113

5.3.4.1 Kein Systemwechsel

Wie bereits oben zum Folgerichtigkeitsprinzip ausgeführt, stehen bisherige gesetzgeberische Grundentscheidungen dem Steuergesetzgeber im Falle eines System- oder Prinzipienwechsels nicht entgegen. Vor dem Hintergrund der teils ausgerufenen „neuen Weltsteuerordnung“114 darf durchaus gefragt werden, ob der Gesetzgeber bei Umsetzung der Mindeststeuerregeln einen Systemwechsel herbeiführen will und sich damit von vorherigen Grundentscheidungen lösen kann. Ein solcher Wechsel setzt nach der Rechtsprechung des BVerfG die tatsächliche Schaffung eines neuen Regelwerks voraus, da ansonsten „jedwede Ausnahmeregelung als (Anfang einer) Neukonzeption“ deklariert werden könnte.115 Hierzu hat das BVerfG in seiner Entscheidung zur Pendlerpauschale weiter ausgeführt: „Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte – etwa die Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept –, die die resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können.“116
Auch wenn die GloBE-Regeln aufgrund ihres in einem komplexen, internationalen Verständigungsprozess erarbeiteten Designs eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen (etwa die vom bisherigen deutschen Steuerrecht abweichende Ermittlung der steuerlich zu berücksichtigenden Gewinne) und somit wahrscheinlich in einem eigenen Gesetz (wie zuvor etwa schon das StAbwG) implementiert werden, wird allein dies noch keinen Systemwechsel begründen, der eine Durchbrechung des Folgerichtigkeitsgebots ausschließt. Denn die neuen Regelungen haben nach wie vor die Ertragsbesteuerung, insbesondere von Körperschaften, zum Gegenstand und werden sicherlich auch Verweise in EStG und KStG aufweisen, sodass die Grundsatzentscheidungen zum objektiven Nettoprinzip und zum Trennungsprinzip auch für die neuen Regelungen Geltung entfalten. Zumindest beim objektiven Nettoprinzip ist ein Systemwechsel ausgeschlossen, da es kein anderes sachgerechtes Prinzip zur Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Erwerbsaufwand gibt.117 Hinsichtlich des Trennungsprinzips ist dagegen nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Umsetzung der GloBE-Regeln einen grundsätzlichen Systemwechsel hin zu einem anderen Prinzip wie etwa einem steuersubjektübersteigenden Konzern- oder Gruppenbesteuerungsrecht vollziehen möchte. Denn auch im Konzernkontext wird es absehbar bei der grundsätzlichen Anwendung des Trennungsprinzips im Körperschaftsteuerrecht bleiben, was sich beispielsweise an der gerade erst neu eingeführten Option für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften zur Körperschaftsbesteuerung (§ 1a KStG) zeigt. Auch ist nicht ersichtlich, dass beispielsweise die Regelungen zur ertragsteuerlichen Organschaft (§§ 14 ff. KStG) ausgeweitet werden sollen, um eine grundsätzliche Abkehr vom Trennungsprinzip in der Konzernbesteuerung herbeizuführen. Hierfür spricht schon der enge Anwendungsbereich der Regeln unter Säule 2, der sich auf Konzerne mit einem Mindestjahresumsatz von 750 Mio. Euro beschränkt und dementsprechend Gruppen unterhalb dieser Schwelle weiterhin den allgemeinen Vorschriften unterwirft. Insofern kann eine Durchbrechung des Folgerichtigkeitsgebots nicht schon aufgrund eines grundsätzlichen Systemwechsels abgelehnt werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob die einzelnen Durchbrechungen gerechtfertigt werden können.

5.3.4.2 Anforderungen an die Rechtfertigung

Nach Auffassung des BVerfG bedürfen „Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung (folgerichtigen Umsetzung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes) […] eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag“.118
5.3.4.2.1 Willkürverbot oder Neue Formel?
Fraglich ist dabei, ob irgendein sachlicher Grund zur Rechtfertigung der Durchbrechungen ausreicht oder nicht eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen ist. Die Rechtsprechung des BVerfG zu den Anforderungen an die Rechtfertigung steuerlicher Ungleichbehandlungen ist nach allgemeiner Auffassung als dreistufig zu beschreiben. Während bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes (1. Stufe) dem Gesetzgeber ein weitreichender Gestaltungsspielraum zugestanden wird und seine Entscheidungen daher einer bloßen Willkürkontrolle unterliegen,119 ist die Ausgestaltung einzelner Steuern (2. Stufe) – wie sie auch durch die neuen GloBE-Regeln vorgenommen wird – grundsätzlich am Verhältnismäßigkeitsmaßstab zu überprüfen.120 Dieser bindet „die Ausübung der gesetzgeberischen Freiheit an ein hinreichendes Maß an Rationalität und Abgewogenheit.“121 Die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund steigen mit Umfang und Ausmaß der Abweichung.122 Die 3. Stufe, welche die Lösung „komplexer dogmatischer Streitfragen“ bei der Ausgestaltung des Steuertatbestands betrifft, soll dagegen wieder nur auf evidente Ungerechtigkeiten i. S. d. Willkür überprüft werden.123 Dies setzt nach Auffassung der BVerfG die Notwendigkeit voraus, überzeugende dogmatische Strukturen durch eine systematisch konsequente und praktikable Tatbestandsausgestaltung entwickeln zu müssen.124 Allerdings wird in der Literatur zu Recht eingewendet, dass die Abgrenzung zwischen einer folgerichtigkeitsgebundenen einfachgesetzlichen Belastungsentscheidung und einer nur willkürbegrenzten, dogmatisch komplexen Einzelfrage vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG kaum nachvollziehbar und daher nicht widerspruchsfrei möglich ist.125 Nach Tipke bedarf ein Systembruch im oben festgestellten Sinne der Rechtfertigung durch ein anderes sachgerechtes Prinzip von mindestens gleichem Rang und Gewicht und muss zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.126 Auch Hey und Englisch verlangen etwa für Ausnahmen vom objektiven Nettoprinzip nicht nur einen besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrund, sondern fordern, dass die Ausnahmen ihrerseits folgerichtig ausgestaltet sind und einer Verhältnismäßigkeitskontrolle standhalten.127 Neben diesen allgemeinen Erwägungen spricht zudem für eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung, dass es durch die Anwendung von IIR und UTPR auch zur Einschränkung der Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG (i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) kommen kann, wenn die Top-up Tax die Gewinne der steuerpflichtigen Konzerneinheit übersteigt und somit eine Substanzbesteuerung begründet. Denn die Anforderung an die Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Ungleichbehandlungen steigen allgemein in dem Maß, in dem sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann.128 Dies gilt ebenso für juristische Personen.129 Dem BVerfG zufolge darf ein Steuergesetz keine erdrosselnde Wirkung haben, sodass dem Grundrechtsträger ein „Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich in Gestalt […] der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis über die geschaffenen vermögenswerten Rechtspositionen erhalten bleibt.“130 Dementsprechend wird nachfolgend eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt. In diesem Rahmen verschärfen sich die Rechtfertigungsanforderungen zudem, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Ungleichbehandlung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind.131 Andererseits ist dem Eingriff eine geringere Intensität zuzuschreiben, wenn der Steuerpflichtige über „belastungsmindernde“ Ausweichmöglichkeiten verfügt, z. B. über gesellschaftsrechtliche Gestaltungen.132 Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Ausweichoption zweifelsfrei legal ist, keinen unzumutbaren Aufwand für den Steuerpflichtigen bedeutet und ihn auch sonst keinem nennenswerten finanziellen oder rechtlichen Risiko aussetzt.133 Zumindest die letzten beiden Kriterien werden regelmäßig nicht erfüllt sein. Denn um die Besteuerung nach der IIR oder UTPR zu vermeiden, wäre es im Regelfall notwendig, dass ein Konzern seinen Umsatz reduziert (etwa durch Spaltung des Konzerns) oder er sich aus Niedrigsteuerländern oder Staaten, die die IIR oder UTPR eingeführt haben, zum Großteil oder sogar vollständig zurückzieht. Die erste Option der Umsatzsenkung dürfte sich wohl kaum in irgendeinem Fall als wirtschaftlich sinnvoll, geschweige denn zumutbar herausstellen. Sofern nicht allein aus steuerlichen Gründen Konzerneinheiten in Niedrigsteuerstaaten angesiedelt sind, sondern auch wirtschaftliche Gründe dahinterstehen (z. B. weil sich dort ein Absatzmarkt befindet), wird auch ein Rückzug von diesen Standorten mit nicht unerheblichen finanziellen Einbußen verbunden sein. Eine Flucht aus den die IIR oder UTPR anwendenden Staaten dürfte im Übrigen sehr schwierig, wenn nicht unmöglich werden und wäre ggf. mit erheblichen Umstrukturierungskosten verbunden, da insbesondere die Industriestaaten, aber auch ein Großteil der zahlreichen IF-Mitgliedstaaten die GloBE-Regeln einführen werden und somit kaum Möglichkeiten verbleiben sollten, ohne Konzerneinheiten in zumindest einem Teil dieser Länder auszukommen. Hinzuzufügen ist ferner, dass eine Konzerneinheit, die nicht die Konzernobergesellschaft ist, regelmäßig wenig bis gar keinen Einfluss auf die Konzernstrukturen haben wird. Dementsprechend sind nachfolgend eher strengere Anforderungen an die Rechtfertigung zu stellen.
5.3.4.2.2 Bislang anerkannte besondere sachliche Gründe
Dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber kommt bei der Setzung und Verfolgung legitimer Ziele zunächst eine gewisse Entscheidungsprärogative zu.134 Bereits vielfach anerkannt hat das BVerfG hierbei außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Vereinfachungs- bzw. Typisierungszwecke und das Ziel der Missbrauchsabwehr.135 Ausdrücklich nicht als besonderer sachlicher Grund akzeptiert wird dagegen der rein fiskalische Zweck der Erhöhung der staatlichen Steuereinnahmen, da dieser Zweck durch jedes – auch sprunghaftes und willkürliches – Besteuern erreicht würde.136 Eine Berufung allein auf eine angespannte Haushaltslage (z. B. aufgrund der COVID-19-Pandemie) wird daher nicht möglich sein und entspricht auch nicht der Zielsetzung der GloBE-Regeln.
5.3.4.2.2.1 Außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke
Dem Steuergesetzgeber steht es nach Auffassung der BVerfG allerdings grundsätzlich frei, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen.137 So darf er „nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen.“138 Dadurch kann der Gesetzgeber den Bürger auch durch Sonderbelastung eines unerwünschten Verhaltens oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen drängen.139 Hierfür ist jedoch erforderlich, dass der Förderungs- und Lenkungszweck zum einen von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen wird und andererseits auch gleichheitsgerecht ausgestaltet ist.140 Das BVerfG verlangt, dass „der Lenkungszweck mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet ist“141, weswegen auch die Umdeutung einer Fiskalzwecknorm in eine Lenkungsnorm nicht möglich ist.142 Der Förder- oder Lenkungszweck muss erkennbar im Gesetzgebungsverfahren – Gesetzestext oder Gesetzesmaterialien – zum Ausdruck kommen.143
5.3.4.2.2.2 Vereinfachungs- und Typisierungszwecke
Der Gesetzgeber darf unabhängig davon, ob mit einer Steuernorm allein Fiskalzwecke oder auch außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele verfolgt werden, vereinfachen und typisieren.144 Vereinfachungen sollen die Steuerrechtsanwendung erleichtern, praktikabler und wirtschaftlicher gestalten sowie Überkompliziertheit und Undurchführbarkeit der Gesetze verhindern.145 „Die wesentliche Funktion der Typisierung im Steuerrecht ist die Entlastung des Rechtsanwenders im Massenfallrecht.“146 Der Gesetzgeber ist daher bei der Ordnung von Massenerscheinungen grundsätzlich befugt, „die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt“147, und auf dieser Grundlage generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.148 Hierbei muss er allerdings realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde legen, darf also keinen atypischen Fall als Leitbild wählen.149 Im Übrigen muss die Typisierung zur Vereinfachung geeignet, erforderlich und angemessen sein.150 Der Gewinn an Praktikabilität darf nicht durch einen beträchtlichen Verlust an Einzelfallgerechtigkeit erkauft werden.151 Eine zulässige Typisierung setzt voraus, dass mit ihr verbundene „Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären“ und dass diese „lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist.“152 Zudem ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei bevorzugender Typisierung weiter gespannt als bei benachteiligender Typisierung.153
5.3.4.2.2.3 Zwecke der Missbrauchsabwehr
Durch Missbrauchsvermeidung soll schließlich die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sichergestellt werden, die durch Steuermissbrauch, also die Inanspruchnahme von Steuervorteilen entgegen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der vom Gesetzgeber in zulässiger Weise verfolgten Regelungsziele, gefährdet ist.154 Dementsprechend kann das Ziel der Bekämpfung von legalen, aber unerwünschten Steuergestaltungen ein legitimer Zweck zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG sein.155 Systematisch handelt es sich bei spezialgesetzlichen Missbrauchsbekämpfungsvorschriften um Vereinfachungszwecknormen zur Durchsetzung des Fiskalzwecks.156 Daher müssen typisierende Missbrauchsvorschriften in der Körperschaftbesteuerung die allgemeinen Voraussetzungen an steuergesetzliche Vereinfachungszwecknormen einhalten.157 Dazu gehört, dass aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine zielgenaue Typisierung des zu erfassenden Missbrauchs vorgenommen werden muss.158 Insbesondere muss sich eine gesetzliche Typisierung „realitätsgerecht am typischen Fall orientieren“ und darf „keinen atypischen Fall als Leitbild wählen“.159 Die Vorteile der Typisierung dürfen nicht außer Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendigerweise verbundenen Ungleichbehandlung stehen, wobei die gleichzeitige Erfassung von Fällen, die keinen Missbrauch darstellen, als unvermeidbare, verfassungsrechtlich hinzunehmende Folge des Einsatzes von Vereinfachungszwecknormen zu betrachten ist, soweit es sich dabei nur um Einzelfälle handelt.160 Zudem darf rechtsfolgenseitig keine höhere Belastung ausgelöst werden als bei nichtmissbräuchlichem Verhalten.161 Im Übrigen gilt, dass dem Steuerpflichtigen eine Möglichkeit zur Widerlegung der Missbrauchsvermutung umso eher eingeräumt werden muss, je gröber der Gesetzgeber den Missbrauchstatbestand fasst.162
5.3.4.2.2.4 Qualifizierter Fiskalzweck
Im Übrigen wird vereinzelt vertreten, dass fiskalische Zwecke, die über das bloße Erzielen von Einnahmen i. S. d. § 3 Abs. 1 AO hinausgehen163, als sog. qualifizierte Fiskalzwecke eine Rechtfertigung begründen könnten.164 Denn das Steuersystem müsse auch dafür Sorge tragen, das Wohlstandsgrundlagen überhaupt in Deutschland vorhanden seien und hier auch vorhanden blieben.165 Dieser Zweck sei dem einfachen Fiskalzweck der Erzielung von Einnahmen vorgelagert.166 Durchbrechungen des Art. 3 Abs. 1 GG ermöglichten es nämlich, „steuerlichen Trittbrettfahrern entgegen zu treten, die zwar die Infrastruktur eines Landes ausnutzen, aber nicht bereit sind, sich an den damit verbundenen finanziellen Lasten zu beteiligen“.167 Eine gleichheitsgerechte Besteuerung sei nur zu gewährleisten, wenn möglichst viele Personen die Lasten und Kosten dafür übernähmen.168
In Rechtsprechung und Literatur hat eine Rechtfertigung über qualifizierte Fiskalzwecke bereits in der Debatte um die Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 EStG 2002 und der darin geregelten interperiodischen Verlustabzugsbeschränkung Anklang gefunden.169 Desens hat die Anwendbarkeit qualifizierter Fiskalzwecke („Verstetigung der Staatseinnahmen“, „bessere Kalkulierbarkeit der Haushalte“) in diesem Zusammenhang jedoch selbst dahingehend eingegrenzt, als dass dieser Rechtfertigungsgrund beim endgültigen Untergang von Verlustvorträgen und der damit einhergehenden Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips allein nicht mehr greifen könne, da der Verlust der Verlustvortrages nicht nur eine Verstetigung der Staatseinnahmen, sondern eine Erhöhung dieser bewirke.170 Ganz in diesem Sinne hat sich dann auch der BFH in seinem Beschluss zur Zinsschranke zwar erneut mit dem qualifizierten Fiskalzweck (Sicherung des inländischen Steuersubstrats) als Rechtfertigungsgrund auseinandergesetzt, einen solchen Zweck jedoch wieder nur als allgemeinen Fiskalzweck qualifiziert und festgestellt, dass Gewinnverlagerungen im Konzern (mittels Fremdfinanzierung) nach steuerrechtlichen Maßstäben grundsätzlich nicht zu sanktionieren seien, „wenn die Grenze des Rechtsmissbrauchs nicht überschritten wird.“171 Diese Einschätzung entspricht auch der herrschenden Meinung in der Literatur172 und wurde von weiteren Literaturstimmen bereits sowohl in Hinblick auf die Lizenzschranke173 als auch die Entwürfe der GloBE-Regeln174 geteilt. Auch wenn die höchstrichterliche Beurteilung der Zinsschranke durch das BVerfG noch aussteht,175 wird vorliegend der allgemeinen Einordnung qualifizierter Fiskalzwecke in ihrer bisherigen Form als untaugliche Rechtfertigungsgründe gefolgt. Auch die Sicherung des Steuersubstrats ist stets ein inhärentes Ziel der Steuererhebung.176 Bei nicht intendierten Abweichungen in der Besteuerung ist der Gesetzgeber daher richtigerweise darauf zu verweisen, diesen Abweichungen systemkonform im Rahmen von hinreichend zielgenauen Missbrauchsbekämpfungsvorschriften oder aber durch eine Nachjustierung der bestehenden Steuervorschriften Einhalt zu gebieten.

5.3.4.3 Anwendung dieser Rechtfertigungsgründe auf die festgestellten Ungleichbehandlungen durch IIR und UTPR im konkreten Fall

IIR und UTPR unterscheiden sich als Bestandteile der GloBE-Regeln nicht in ihrer grundlegenden Mechanik, nämlich der Erhebung von Top-up Tax bei Vorliegen niedrig besteuerter Konzerneinheiten. Lediglich auf Rechtsfolgenseite weisen sie unterschiedliche Erhebungsformen für die Top-up Tax auf. Die damit einhergehenden Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch Durchbrechung des Trennungsprinzips (IIR wie auch UTPR) bzw. Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips (UTPR als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung) verfolgen daher dieselben Ziele und werden aus diesem Grunde gemeinsam auf ihre Rechtfertigung hin untersucht.
5.3.4.3.1 Außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke
Die GloBE-Vorschriften verfolgen Lenkungszwecke. IIR und UTPR sollen durch Erhebung der Top-up Tax bewirken, dass der internationale Steuerwettbewerb zwischen den Staaten begrenzt wird und multinationale Konzerne möglichst keine Anreize mehr zur (schädlichen) Verlagerung ihrer Gewinne in steuerlich günstigere Hoheitsgebiete haben (vgl. Kap. 3). Folglich soll auf das Verhalten anderer Staaten und multinationaler Konzerne eingewirkt werden. Allerdings sind die beiden genannten Lenkungsziele nicht außerfiskalischer, sondern fiskalischer Natur, denn sie schützen primär die Steuereinnahmen des die Regeln anwendenden Staates. Dass mit der Einführung der Mindeststeuer mittelbar auch außerfiskalische Ziele verfolgt werden, nämlich die Folgen eines unbegrenzten Steuerwettbewerbs und von Gewinnverlagerungen zu beseitigen, zu denen etwa Wettbewerbsverzerrungen und der soziale Unfrieden aufgrund eines als ungerecht empfundenen Steuersystems gehören, kann nach Auffassung des Autors als Argument nicht durchgreifen, weil diese mittelbaren Effekte der aktuellen Situation rein steuerlich bedingt sind.177 Im Übrigen kann aus der Rechtsprechung des BVerfG abgeleitet werden, dass sich eine Steuervorschrift mit Lenkungszweck nur gegen das Verhalten des jeweiligen Steuerpflichtigen richten darf und nicht gegen das Handeln eines anderen Staates.178 In vielen Fällen, insbesondere bei Anwendung der UTPR, ist der Steuerpflichtige aber überhaupt nicht an den Vorgängen beteiligt, die zu einer Niedrigbesteuerung einer anderen Konzerneinheit führen. So kann auch das Jurisdictional Blending dazu führen, dass eine IIR-steuerpflichtige Muttergesellschaft, die nicht Konzernobergesellschaft ist, Top-up Tax entrichten muss, obwohl ihre Tochtergesellschaft lediglich aufgrund der niedrigen Steuerlast anderer Konzerneinheiten, an denen die Steuerpflichtige nicht beteiligt ist, als niedrig besteuert behandelt wird.179 Außerfiskalische Förderungs- oder Lenkungszwecke können daher nicht zur Rechtfertigung angeführt werden.180 Vielmehr liegt es näher, IIR und UTPR als fiskalische Lenkungszwecknormen einzuordnen.181 Ob der fiskalische (Dritt-)Lenkungszweck jedoch geeignet ist, eine Durchbrechung des Folgerichtigkeitsprinzips zu rechtfertigen, ist soweit nicht ausgemacht, wird jedoch in der Literatur für den Zweck der Bekämpfung „unfairen“ Steuerwettbewerbs für möglich gehalten (siehe hierzu Abschn. 5.3.4.4).182
5.3.4.3.2 Vereinfachungs- und Typisierungszwecke
Im Schrifttum ist eine Rechtfertigung der Durchbrechungen von Art. 3 Abs. 1 GG durch IIR und UTPR anhand von Vereinfachungs- oder Typisierungszwecken bislang abgelehnt worden.183 Nach Auffassung des Autors besteht jedoch durchaus ein erörterungsbedürftiges Rechtfertigungspotenzial. Denn zum einen könnte vertreten werden, dass die Hinzurechnungsbesteuerung über die IIR bzw. die Betriebsausgabenabzugsbeschränkung über die UTPR die Erhebung der Top-up Tax vereinfache, da Deutschland auf anderem Wege nicht in derselben Weise in der Lage wäre, eine Besteuerung der Gewinne der niedrig besteuerten, ausländischen Konzerneinheiten vorzunehmen und bspw. von der Amtshilfe anderer Staaten abhängig wäre. Dem kann im Falle der UTPR-Abzugsbeschränkung entgegengehalten werden, dass zumindest bei Direktzahlungen an niedrig besteuerte Konzerneinheiten die Top-up Tax genauso effektiv als Quellensteuer mit Abzugsverfahren (wie z. B. aktuell bereits nach § 50a Abs. 1 EStG) erhoben werden könnte und es der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips auf Ebene der zahlenden Konzerneinheit nicht bedürfte, sieht man einmal von der aktuell teils entgegenstehenden Zins- und Lizenzrichtlinie184 ab. In Bezug auf die IIR und andere UTPR-Konstellationen ist dagegen festzustellen, dass die Erhebung der Top-up Tax direkt bei der niedrig besteuerten ausländischen Konzerneinheit mangels unbeschränkter bzw. beschränkter Steuerpflicht nach den allgemeinen Grundsätzen (insb. dem Territorialitätsprinzip) schon gar nicht zulässig wäre und es sich insofern gar nicht um eine Vereinfachung, sondern eine Ermöglichung der Besteuerung handelt, die eine Rechtfertigung in diesem Sinne nicht begründen kann.
Zum anderen könnte als Vereinfachungsgrund zur Rechtfertigung herangezogen werden, dass beide Regelungen als Bestandteile der GloBE-Regeln auch das Ziel verfolgen, einer komplexeren globalen Steuerlandschaft aufgrund der Zunahme unilateraler und unkoordinierter steuerlicher Maßnahmen entgegenzuwirken. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Vereinfachungszwecknormen grundsätzlich nur die Förderung der Anwendung des innerstaatlichen Rechts zum Gegenstand haben.
5.3.4.3.3 Zwecke der Missbrauchsabwehr
Das Ziel der GloBE-Regeln, auch nach Abschluss des BEPS-Projekts noch bestehende Gewinnverlagerungsmöglichkeiten multinationaler Konzerne zu bekämpfen, kann als Missbrauchsbekämpfungszweck interpretiert werden. Es soll verhindert werden, dass in Deutschland steuerpflichtige Unternehmen den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten für sich ausnutzen und durch verschiedene Gestaltungen ihre Gewinne ins Ausland verlagern, dort einer deutlich niedrigeren Besteuerung zuführen und insofern die deutsche Besteuerung dieser Gewinne vermeiden. Da die Regelungen jedoch nur ein „grobes Anti-BEPS-Instrument“185 darstellen, ist fraglich, ob der deutsche Gesetzgeber mit Umsetzung der Regeln in deutsches Recht eine hinreichende Typisierung vornehmen würde. Wie bereits ausgeführt, setzt eine zulässige Typisierung voraus, dass mit ihr verbundene Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, dass diese Härten lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Dies darf aus verschiedenen Gründen bezweifelt werden. Nach Ansicht des Autors greift der Missbrauchsbekämpfungszweck als Rechtfertigungsgrund mangels hinreichender Typisierung nicht.
5.3.4.3.3.1 Keine zulässige Missbrauchsvermutung allein aufgrund der Niedrigbesteuerung
Denn IIR und UTPR sind in dieser Hinsicht aus unterschiedlichen Gründen nicht zielgenau genug, sondern erfassen zwar auch, aber nicht weit überwiegend missbräuchliche Gestaltungen.186 IIR und UTPR machen die Erhebung der Top-up Tax im Wesentlichen davon abhängig, ob eine effektive Niedrigbesteuerung im Land einer direkt oder indirekt beherrschten Konzerneinheit (IIR) bzw. irgendeiner anderen (ausländischen) Konzerneinheit (UTPR) ermittelt wird. Daher besteht die Gefahr, dass der Gesetzgeber in nach Ansicht des BVerfG unzulässiger Weise „eine abstrakte Missbrauchsgefahr zum Anlass für eine vom typischen Missbrauchsfall losgelöste und über diese hinausgehende generelle“ Regelung nimmt.187 Allein die niedrige Steuerbelastung in einem anderen Land rechtfertigt noch nicht die Annahme eines missbräuchlichen Handelns des Steuerpflichtigen.188 Es hilft daher auch nicht weiter, dass für den typisierenden Ansatz des verfassungsrechtlich bedenklichen Jurisdictional Blending, welches gegenüber den beiden alternativen Methoden (Global Blending und Entity Approach)189 zur Ermittlung des effektiven Steuersatzes eines Konzerns den Vorzug erhalten hat,190 grundsätzliche gute Gründe bestehen.191 Denn auch bei Abstellen auf die Niedrigbesteuerung anderer Konzerneinheiten unter Nutzung des Entity-Approach wären die GloBE-Regeln aufgrund der weiterhin bestehenden Durchbrechung des Trennungsprinzips rechtfertigungsbedürftig. Folglich ist entscheidend, ob weitere Tatbestandsmerkmale der IIR und UTPR zu einer ausreichenden Missbrauchstypisierung führen.192
5.3.4.3.3.2 Gewisse Typisierung durch Eingrenzung des Anwendungsbereichs
Dafür spricht zunächst die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf multinationale Konzerne und die von diesen beherrschten Konzerneinheiten, die Befreiung der Excluded Entities sowie die De-minimis-Ausnahme. Denn nur in dem verbleibenden Rahmen sind grenzüberschreitende Steuergestaltungen zur Gewinnverlagerung überhaupt ernsthaft zu erwarten. Andererseits richten sich IIR und UTPR grundsätzlich193 nur gegen multinationale Konzerne mit einem konsolidierten Mindestumsatz von 750 Mio. Euro, was die Frage aufwirft, ob es an einer folgerichtigen Umsetzung fehlt, wenn vergleichbare Gestaltungen durch kleinere Konzerne nicht erfasst werden.194 Bei diesen sind missbräuchliche Gewinnverlagerungen nämlich bis zu einer bestimmten Konzerngröße ebenso denkbar. Vor dem Hintergrund, dass die Gesetzesbegründung zur Einführung der länderbezogenen Berichterstattung nach § 138a AO (Country-by-Country Reporting) im Jahr 2016, die eine ebenso hohe Konzernumsatzschwelle aufweist, von ca. 10.000 betroffenen Unternehmen ausging195 und daher auch die Anzahl der von den deutschen GloBE-Regeln betroffenen Unternehmen etwa in diesem Rahmen liegen könnte, kann dem Gesetzgeber jedoch ein gewisser Typisierungsspielraum zugestanden werden. Denn nicht nur die Anzahl der betroffenen Unternehmen, sondern auch die Komplexität der neuen Vorschriften wird der deutschen Finanzverwaltung wie auch den entsprechenden Konzernen einen erheblichen Verwaltungsaufwand aufbürden. Die OECD hat gute Gründe aufgeführt, weswegen die bereits für die länderbezogene Berichterstattung vorausgesetzte Umsatzhöhe auf die GloBE-Regeln übertragen werden soll.196 Demgegenüber würde der Einbezug auch rein inländischer Fälle in die deutschen GloBE-Regeln eine hinreichende Typisierung weiter in die Ferne rücken lassen, da bei diesen kaum von relevanten Gewinnverlagerungsrisiken ausgegangen werden kann, sondern eine im Hochsteuerland Deutschland ergebende Niedrigbesteuerung in der weit überwiegenden Anzahl aus anderen, nicht als missbräuchlich zu beurteilenden Gründen hervorgehen würde.
5.3.4.3.3.3 Keine trennscharfe Differenzierung aufgrund der Substanzausnahme
Von herausgehobener Bedeutung für die Beurteilung der Missbrauchstypisierung ist aber die (formelhafte) Substanzausnahme („Substance-based Income Exclusion“). Nachdem eine solche Ausnahme zu Beginn der Initiative noch nicht konkret diskutiert wurde, da die BEPS-Risiken allgemein durch die Unterbindung von solchen steuerlichen Anreizen beseitigt werden sollten, die zur Unterschreitung des Mindeststeuersatzes führten (Begrenzung des Steuerwettbewerbs), führt die Substanzausnahme nunmehr zu einer nicht unwesentlichen Begrenzung des Anwendungsbereichs bzw. der steuerpflichtigen (Über-)Gewinne.197 Die Regelung sieht vor, dass zunächst 8 % des Buchwerts der Sachanlagen und 10 % der Lohnkosten pauschal von den zuvor ermittelten staatenbezogenen Netto-GloBE-Einkünften abgezogen werden, um das Ergebnis daraus (staatenbezogener Übergewinn) sodann mit dem Top-up-Tax-Prozentsatz zu multiplizieren.198 Innerhalb von 10 Jahren sollen diese abzuziehenden Beträge schrittweise auf das finale Niveau von jeweils 5 % abgesenkt werden.199 Folglich sollen die Auswirkungen der GloBE-Regeln auf weniger BEPS-relevante Gewinne aus arbeits- und/oder sachanlagenintensiven Tätigkeiten (teils als Routinegewinne bezeichnet) und auf Unternehmen mit nur geringen Gewinnmargen reduziert werden. Doch begrenzt dies den Anwendungsbereich typischerweise auf missbräuchliche Gestaltungen? Nach Ansicht des Autors dürften Gewinnmargen von über 5–10 % in nicht unerheblicher Anzahl auch ohne missbräuchliche Gewinnverlagerungsgestaltungen erzielt werden können. So werden aufgrund der Substanzausnahme in den ersten 10 Jahren bis zu 37 % der Gewinne von Tochterunternehmen relevanter multinationaler Konzerne in der EU nicht der Mindeststeuer unterliegen.200 Anschließend wird sich dieser Anteil aufgrund der dann niedrigeren Prozentsätze auf schätzungsweise nur noch 22 % belaufen.201 Dass demnach ca. 64 bis 78 % der erfassten Unternehmensgewinne auf missbräuchliche Gestaltungen zurückzuführen wären, erscheint weit hergeholt. Der im Rahmen der formelhaften Substanzausnahme herangezogene Maßstab ist nach Auffassung des Autors daher zu pauschal und ungeeignet, hinreichend sicher für jede einzelne Branche eine trennscharfe Differenzierung zwischen auf eigener wirtschaftlicher Tätigkeit beruhenden Gewinnen und auf missbräuchlichen Steuergestaltungen beruhenden Einkünften vorzunehmen.202 Eine (zusätzliche) Differenzierung nach der Art der konkreten Einkünfte sowie die Möglichkeit für den Steuerpflichtigen, nachzuweisen, dass von GloBE erfasste Einkünfte auf einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im niedrig besteuernden Land beruhen (vgl. zu dieser Herangehensweise § 8 Abs. 1 und 2 AStG),203 käme dem Ideal einer Missbrauchsbekämpfungszwecknorm wesentlich näher.204 IIR und UTPR weisen daher eine überschießende Regelungswirkung auf, indem eine Sanktionierung auch dann erfolgt, wenn die entsprechende Niederlassung in oder Geschäftsbeziehung zu einem Niedrigsteuerstaat nicht per se der missbräuchlichen Gewinnverlagerung dient. Die Substanzausnahme mutet in diesem Zusammenhang auch deshalb widersprüchlich an, da sie die rechtsfolgenseitig bei der Ermittlung der Top-up Tax auszunehmenden substanzbasierten Einkünfte und die darauf entrichteten Steuern auf Tatbestandsebene dennoch in die Ermittlung der Niedrigbesteuerung einbezieht. Es ist daher beispielsweise denkbar, dass diese Einkünfte, sollten sie effektiv mit weniger als 15 % besteuert sein, eine Niedrigbesteuerung und die Erhebung von Top-up Tax begründen, obwohl der Übergewinn selbst höher besteuert wird. Folgerichtig wirkt dies nicht.
Das Ergebnis einer nicht hinreichenden Ausrichtung der GloBE-Regeln auf missbräuchliche Gestaltungen verwundert allerdings auch nicht. Denn mit dem Ziel der allgemeinen Eingrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs wird ein weiterer Zweck verfolgt, der gewissermaßen als gegenläufig beurteilt werden muss, da die Erreichung dieses Ziels einen wesentlich breiteren Anwendungsbereich voraussetzt. Dies mündet in einen Kompromiss, der keines der beiden Ziele vollständig verwirklichen kann. Folge dessen ist die Feststellung, dass die Regelungen in Hinblick auf die Missbrauchsvermeidung als überschießend205 beurteilt werden müssen, weil sie nicht nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen.
5.3.4.3.3.4 Auch rechtsfolgenseitig erhebliche Defizite in der Missbrauchstypisierung
Auf Rechtsfolgenseite ist anzumerken, dass sich IIR und UTPR selbst im Falle einer missbräuchlichen Gestaltung häufig nicht gegen die für diese Gestaltung verantwortliche Konzerneinheit richten werden. In der Regel müssten sich IIR und UTPR gegen die die missbräuchliche Steuergestaltung herbeiführende Konzerneinheit richten,206 welche regelmäßig die Konzernobergesellschaft sein dürfte, die im Zweifel die Gestaltungen in den unteren Konzernebenen lenkt und dadurch eine Optimierung der steuerlichen Verhältnisse des Konzerns herbeiführen kann. Die IIR ist als primär anzuwendende Regel und aufgrund des Top-down-Ansatzes zwar im Grundsatz zunächst auf die Konzernobergesellschaft anzuwenden. Ob in der Praxis damit allerdings eine hinreichende Typisierung vorgenommen ist, hängt davon ab, ob lediglich in Einzelfällen tatsächlich andere Konzerneinheiten nach IIR und UTPR mit Top-up Tax belastet werden. Der Autor ist demgegenüber skeptisch. Denn es gibt viele denkbare Fälle, in denen andere Konzerneinheiten als die Entscheidungsträger zur Sicherung der Mindeststeuer herangezogen werden können. Zum einen können niedrigere Konzernebenen den neuen Vorschriften unterfallen, wenn der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft eines in Deutschland tätigen Konzerns keine IIR einführt. Auch im Falle der Split-Ownership Rule findet die IIR im Ansässigkeitsstaat einer anderen, möglicherweise nicht an der Gestaltung der Konzernverhältnisse beteiligten Konzerneinheit Anwendung. Dies gilt ebenso für die UTPR, bei der regelmäßig keine Einflussmöglichkeit auf die niedrig besteuerte Konzerneinheit und deren Besteuerung besteht.207 Den insofern zur Steuer herangezogenen Konzerneinheiten ist eine Vermeidung der mit der Ungleichbehandlung verbundenen Härten demnach teils kaum möglich.208
Darüber hinaus droht Unternehmen, die im Verhältnis zu den niedrig besteuerten Konzerneinheiten relativ geringe Gewinne erzielen, bei der Anwendung von IIR und UTPR die Substanzbesteuerung,209 die eine besonders intensive Beeinträchtigung der betroffenen Konzerneinheiten begründet. Es ist daher auch möglich, dass zukünftige Niederlassungen in Niedrigsteuerländern oder Geschäftsbeziehungen zu dort ansässigen Konzerneinheiten in solchen Fällen aufgrund der Mindeststeuer trotz wirtschaftlicher, außersteuerlicher Interessen nicht durchgeführt werden können. Zudem sind an eine hinreichende Typisierung im Falle der UTPR auch deshalb so hohe Anforderungen zu stellen, weil eine Vor- bzw. Rücktragsmöglichkeit für die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben nicht zur Verfügung steht.210 Die hierdurch geminderte Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen bleibt folglich dauerhaft unberücksichtigt und verschärft den Eingriff in Art. 3 Abs. 1 GG noch einmal besonders.
Zuletzt ist festzustellen, dass eine folgerichtige Missbrauchsbekämpfung auch dadurch in Frage gestellt wird, dass sich die Maßnahmen auf Sachverhalte begrenzen, in denen der effektive Steuersatz unter 15 % liegt und die Top-up Tax auch nur eine Anhebung der Steuerlast auf das Mindeststeuersatzniveau bewirkt.211 Würde der Gesetzgeber missbräuchliche Umgehungsgestaltungen umfassend und konsequent verhindern wollen, wäre das deutsche Steuerniveau als Maßstab zu erwarten, um das Prinzip der horizontalen Steuergerechtigkeit zu wahren.212 Andernfalls kann es aufgrund der hohen Besteuerung in Deutschland immer noch attraktiv sein, Gewinne (künstlich) ins Ausland zu verlagern.213 Nur vor dem Hintergrund einer Ersatzbesteuerung ausländischen Steuersubstrats dürfte in der Besteuerung i. H. v. maximal 15 % mangels Vergleichbarkeit keine Ungleichbehandlung vorliegen, da die danach besteuerten Einkünfte nach den allgemeinen Regeln überhaupt nicht der deutschen Besteuerung unterliegen würden.214 Eine Besteuerung aufgrund einer Missbrauchsbekämpfungszwecknorm unterstellt aber die Besteuerung eigentlich inländischen Steuersubstrats.
5.3.4.3.3.5 Zwischenergebnis: Keine Rechtfertigung durch Missbrauchsabwehr
Im Ergebnis sind IIR und UTPR zwar geeignet, missbräuchliche Gewinnverlagerungen in gewissem Umfang zu verhindern. Der Preis dafür ist nach Auffassung des Autors jedoch – insbesondere aufgrund des aus oben genannten Gründen strenger anzulegenden Prüfungsmaßstabs – zu hoch, da eine hinreichende Typisierung nicht gewährleistet wird, sodass Zwecke der Missbrauchsbekämpfung die hervorgerufenen Ungleichbehandlungen i. R. v. Art. 3 Abs. 1 GG mangels Verhältnismäßigkeit nicht rechtfertigen können.
5.3.4.3.4 Zwischenergebnis nach Berücksichtigung der herkömmlichen Rechtfertigungsgründe des BVerfG
Es zeigt sich demnach, dass anhand der bislang vom BVerfG anerkannten Rechtfertigungsgründe keine Rechtfertigung der aufgezeigten Durchbrechungen von Art. 3 Abs. 1 GG gelingt. Weder außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke noch Vereinfachungs- und Typisierungszwecke oder das Ziel der Missbrauchsabwehr vermögen eine Rechtfertigung zu begründen.

5.3.4.4 Zur Möglichkeit eines neuen Rechtfertigungsgrundes

Es stellt sich daher die Frage, ob das BVerfG nicht einen neuen Rechtfertigungsgrund heranziehen könnte, um eine verfassungsgemäße Umsetzung der GloBE-Regeln in deutsches Recht zu ermöglichen. Denn das herausgearbeitete Ergebnis der Verfassungswidrigkeit der über drei Jahre mühsam auf internationaler Ebene erarbeiteten GloBE-Regeln stellt für Befürworter der Initiative und insbesondere für Deutschland als Miturheber des Mindeststeuervorschlags ein höchst unbefriedigendes Ergebnis dar. Nach Auffassung des Autors können die Primärziele und Hintergründe der GloBE-Regeln im Rahmen der bisher vom BVerfG anerkannten Rechtfertigungsgründe nicht hinreichend gewürdigt werden. Anders als etwa die Lizenzschranke in § 4j EStG beruht das neue Regelgeflecht nämlich nicht auf einer unilateralen, aus rein nationalem (Fiskal-)Interesse verfolgten Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, sondern auf einem wertenden Konsens von 137 Staaten weltweit. Diese haben gemeinsam beschlossen, dass eine effektive Besteuerung großer, multinationaler Konzerne unterhalb von 15 % grundsätzlich einen unfairen, volkswirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Zustand begründet, dem – mangels einer globalen Einigung aller Staaten auf nationale Sicherstellung eines hinreichenden Besteuerungsniveaus – nur mit Sanktions- bzw. Ersatzbesteuerungsmaßnahmen begegnet werden kann. Das Ziel ist aus diesem Grunde gewissermaßen überstaatlicher Natur. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend untersucht, ob die „Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Maß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses“ einen legitimen neuen Rechtfertigungsgrund darstellen kann und bejahendenfalls auch die gleichheitsrechtlichen Durchbrechungen durch die GloBE-Regeln im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu rechtfertigen vermag.
5.3.4.4.1 Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses als legitimer Zweck
Die Frage ist zunächst, ob ein solcher neuer Rechtfertigungsgrund grundsätzlich als tauglicher bzw. legitimer Gesetzeszweck bezeichnet werden kann.215 Nach Auffassung des Autors gibt es sehr gute Gründe dafür, das Ziel der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses als legitimes Ziel anzuerkennen. Die Probleme und Risiken, die mit dem internationalen Steuerwettbewerb zwischen den Staaten zur Attraktion von Unternehmen und Direktinvestitionen einhergehen, sind bereits in Kap. 3 aufgezeigt worden. Hierzu gehören nicht nur übermäßige Belastungen der Staatshaushalte und die damit einhergehende Verschlechterung staatlicher Leistungsmöglichkeiten, sondern auch soziale Ungleichheit durch kompensierende Belastungen weniger mobiler Faktoren wie Konsum und Löhnen, eine verminderte Steuermoral und -ehrlichkeit der Steuerpflichtigen und politische Verwerfungen zwischen den Staaten. Die mit BEPS einhergehenden Probleme, welche die OECD-Länder und viele weitere Staaten schon seit über einem Jahrzehnt beschäftigen, haben ihren Ursprung ebenfalls zu großen Teilen in den im Rahmen des Steuerwettbewerbs geschaffenen Steueranreizen und haben zur Einführung einer Vielzahl komplexer Anti-BEPS-Maßnahmen geführt, deren wirtschaftsschädigende Ausweitung ohne ein international koordiniertes Vorgehen auch nach Abschluss des BEPS-Projekts zu erwarten ist.216 Deutschland gehört Studien zufolge zu den Hauptverlierern durch BEPS217 und wird daher akut durch den aktuellen Steuerwettbewerb beeinträchtigt. Weltweit und insbesondere auf Ebene des IF ist nach wie vor ein enormer politscher Handlungsdruck wahrzunehmen. Zwar sind mit dem internationalen Steuerwettbewerb auch Chancen verbunden, wobei in erster Linie die Formung eines effizienten Staates anzuführen ist. Nach Auffassung des Autors gibt es jedoch bei jedem Staat eine Untergrenze, ab der dieser nicht mehr in der Lage ist, seine staatlichen Aufgaben effektiv wahrzunehmen und damit die Erfüllung der materiellen und immateriellen Ansprüche seiner Bürger an ihn zu gewährleisten. Bei der Frage, ab welchem Stadium des Steuerwettbewerbs die hiervon ausgehenden Nachteile die Vorteile in dem Maße überwiegen, dass ein schädlicher Steuerwettbewerb i. R. e. „race to the bottom“ anzunehmen ist, handelt es sich um eine fiskalische Wertungsfrage, die politisch bislang unbeantwortet war.
Würde ihre Beantwortung dem einzelnen Staat zugestanden, wäre den Problemen des internationalen Steuerwettbewerbs allerdings nicht beizukommen. Denn die Antworten und entsprechenden Maßnahmen würden höchst unterschiedlich ausfallen. Diese unilateralen und unabgestimmten Maßnahmen wären einerseits nicht in der Lage, die jeweilige Auffassung eines gerechten, nicht schädlichen Steuerwettbewerbs international effektiv durchzusetzen, andererseits würden sie das bisherige Katz- und Mausspiel zwischen den Staaten mit der Setzung von Steueranreizen und der Einführung von Gegen- bzw. Anti-BEPS-Maßnahmen weiter verschärfen und die internationale Steuerlandschaft in ihrer Komplexität weiter anwachsen lassen. Würde Deutschland ein den GloBE-Regeln entsprechendes Steuergesetz im Alleingang einführen und sich dabei auf die Bekämpfung schädlichen Steuerwettbewerbs berufen, könnte es dem Gesetzgeber zudem schwerfallen, sich dem Vorwurf der Verfolgung eines unzulässigen, weil rein fiskalischen Ziels zur Erhöhung der staatlichen Steuereinnahmen zu entziehen. Da die Beurteilung der aktuellen Entwicklung des Steuerwettbewerbs als schädlich oder unschädlich eine fiskalische Wertungsfrage ist, wäre der deutsche Steuergesetzgeber in der Lage, zur Erhöhung seines Steueraufkommens bestimmte Steueranreize anderer Staaten in beliebiger Weise als schädlich einzuordnen.
Diesem Vorwurf ist der deutsche Gesetzgeber allerdings nicht mehr ausgesetzt, wenn er lediglich umsetzt, was unter einem breiten internationalen Konsens erarbeitet und zur Implementierung empfohlen worden ist. Während im Rahmen des BEPS-Projekts und unilateraler Vorstöße lediglich einzelne konkrete Steuermodelle aufgegriffen wurden, gibt das GloBE-Projekt nun eine grundsätzliche, im Wortsinn radikale Antwort auf die Frage, unter welchen Umständen ein schädlicher Steuerwettbewerb geführt wird. Große multinationale Konzerne, die nach Ansicht des IF als Hauptadressaten im Steuerwettbewerb anzusehen sind, sollen hinsichtlich ihrer „Übergewinne“ in jedem Land effektiv mit nicht weniger als 15 % an Ertragsteuern besteuert werden. Diese Grenzziehung durch die IF-Staaten stellt einen ausgleichenden Kompromiss218 zwischen den Befürwortern und Gegnern des Steuerwettbewerbs her und darf als „stellvertretend für die billig und gerecht denkenden Steuerzahler“219 angesehen werden. Dass nicht alle Staaten an dieser Initiative beteiligt sind, bedeutet – abgesehen von den vier IF-Mitgliedern, die sich der Einigung vom 8. Oktober 2021 bislang nicht angeschlossen haben220 – keinesfalls, dass der Rest der Welt dies anders sieht.221 Über die Gründe im Einzelnen kann hier nur gemutmaßt werden.222 Bestünden diese in inhaltlichen Differenzen, wäre allerdings zu erwarten, dass sich diese Länder – wie schon die klassischen Steueroasenstaaten – ebenfalls an dem Projekt beteiligt hätten. Im Übrigen ist für die grundsätzliche Anerkennung eines fiskalischen Drittlenkungszwecks223 wie dem vorliegenden nach Auffassung des Autors nur zu verlangen, dass eine gewichtige Anzahl an Staaten sich dieser Wertung anschließt, um sicherzustellen, dass der deutsche Gesetzgeber nicht beliebig auf diesen Rechtfertigungsgrund zur Erhöhung seines Steueraufkommens zurückgreifen kann. Die von 137 Staaten inklusive Deutschland getroffene Wertentscheidung begründet damit den Unterschied zu den rein fiskalischen Gründen, die vom BVerfG richtigerweise nicht als Rechtfertigungsgründe akzeptiert werden. Schließt sich der deutsche Gesetzgeber der auf IF-Ebene getroffenen Wertentscheidung an, verfolgt er mit Umsetzung der GloBE-Regeln nicht das schlichte Ziel der staatlichen Einnahmeerhöhung. Die Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs führt idealerweise nämlich auch gar nicht unmittelbar zu weiteren Steuereinnahmen in Deutschland über die GloBE-Regeln, sondern zu einer Anhebung der effektiven Besteuerung in bisherigen Niedrigsteuerländern. Die GloBE-Regeln stellen lediglich das Mittel dazu dar, andere Staaten und multinationale Konzerne vom Führen bzw. Ausnutzen eines schädlichen, dem billig und gerecht denkenden Steuerzahler widerstrebenden Steuerwettbewerbs abzuhalten. Die Verwirklichung dieses neuen Ziels der internationalen Besteuerung – der konsensbasierten Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs durch Sicherstellung einer fairen, effektiven Mindestbesteuerung multinationaler Konzerne – zu gewährleisten, stellt nach Auffassung des Autors daher ein legitimes Ziel dar, dass zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz grundsätzlich herangezogen werden darf.
5.3.4.4.2 Verhältnismäßigkeit
Hieran anschließend wird nun im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung untersucht, ob der soeben erarbeitete Rechtfertigungsgrund die Durchbrechungen des Trennungsprinzips und des objektiven Nettoprinzips zu rechtfertigen vermag.
5.3.4.4.2.1 Geeignetheit
Erforderlich ist zunächst, dass die Implementierung der GloBE-Regeln in Deutschland und die damit einhergehenden Prinzipiendurchbrechungen geeignet sind, das oben genannte Ziel der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß zu erreichen. Das verfassungsrechtliche Geeignetheitsgebot verlangt hierbei nicht, dass dieses Ziel durch die Einführung der GloBE-Regeln vollständig erreicht wird, sondern es reicht aus, dass das Ziel hierdurch gefördert werden kann.224 Die internationale Einigung auf die GloBE-Regeln zeigt bereits jetzt Wirkung. So haben die Vereinigten Arabischen Emirate bereits einen Monat nach Veröffentlichung der Modellregeln angekündigt, ihre Unternehmensteuersätze generell von 0 % auf 9 % und für multinationale Konzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mind. 750 Mio. Euro sogar auf 15 % anzuheben.225 Eine dauerhafte Wirkung werden die GloBE-Regeln allerdings nur erzielen, wenn sie von möglichst vielen Staaten implementiert werden. Insofern ist die Einführung der GloBE-Regeln in Deutschland geeignet, einen Beitrag zur Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß zu leisten.
5.3.4.4.2.2 Erforderlichkeit
Des Weiteren muss es erforderlich sein, die GloBE-Regeln entsprechend den Modellregeln in Deutschland einzuführen. Es dürfen keine Mittel zur Verfügung stehen, mit denen der Gesetzgeber den Steuerwettbewerb in der vorgesehenen Form unter Bewirkung geringerer Ungleichheiten gleichermaßen wirksam begrenzen kann.226 Dem deutschen Steuergesetzgeber kommt dabei ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, „der vom Bundesverfassungsgericht je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann.“227 Ein die Ungleichbehandlungen vermeidender und somit milderer Weg wäre offensichtlich, die GloBE-Regeln einfach nicht in deutsches Recht umzusetzen. Möglicherweise könnte dies tatsächlich keinen negativen Einfluss auf die Erreichung des Ziels haben, da IIR und UTPR so vielschichtig ausgestaltet sind, dass sie bei hinreichender Einführung in anderen Ländern den Ausfall Deutschlands kompensieren würden. Allerdings ist es keinesfalls sicher, dass diese kritische Masse an Staaten, die die GloBE-Regeln einführen, erreicht wird, um etwaige Lücken schließen zu können. Der deutsche Gesetzgeber darf berechtigterweise davon ausgehen, dass sein Beitrag notwendig ist, kommt Deutschland als Mitglied der G7 und G20 sowie als Urheber der Mindeststeuerinitiative doch eine Vorbildfunktion zu. Eine Einigung aller Staaten auf die unilaterale Sicherstellung einer Mindestbesteuerung i. S. v. GloBE im eigenen Hoheitsgebiet wäre zwar der wünschenswertere Weg gewesen, da sie zunächst die Einführung und Anwendung von IIR und UTPR entbehrlich gemacht hätte. Es liegt allerdings auf der Hand, dass eine solche Einigung nicht allein durch Deutschland herbeizuführen wäre. Zudem wäre sie nicht gleichermaßen geeignet, sicherzustellen, dass das verabredete Steuerniveau in den einzelnen Staaten auf Dauer gewährleistet wird. Ein Ausweichen auf die UTPR in Form der Quellenbesteuerung von bei isolierter Betrachtung tatsächlich niedrig besteuerten Konzerneinheiten unter Abstandnahme von den kritischen Erhebungsformen der IIR und des UTPR-Abzugsverbots wäre zwar milder, aber keinesfalls gleich geeignet, da insbesondere die ansonsten über die IIR erhobene Top-up Tax nicht vollständig kompensiert werden könnte. Andere mildere und dennoch gleich geeignete Maßnahmen sind nicht ersichtlich, sodass die Erforderlichkeit zu bejahen ist.
5.3.4.4.2.3 Angemessenheit
Im Übrigen muss die Einführung der GloBE-Regeln angemessen sein. Die Ungleichbehandlung ist verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn das Maß der Ungleichbehandlung und Schlechterstellung (aufgrund der Durchbrechungen des Trennungsprinzips und des objektiven Nettoprinzips durch Anwendung von IIR und UTPR) „in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des mit der Differenzierung verfolgten Ziels und zu dem Ausmaß und Grad der Zielerreichung steht.“228
Die Höhe der zu erhebenden Top-up Tax ist losgelöst von der Leistungsfähigkeit, also den tatsächlichen Gewinnen der IIR- oder UTPR-steuerpflichtigen Gesellschaften. Dies kann zu einer erheblichen Belastung einzelner Konzerneinheiten führen, die in ihrem Ausmaß bis hin zur Substanzbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) reichen kann. Ausnahmeregelungen für besondere Härtefälle sind in den Modellregeln nicht vorgesehen und daher bislang kein Bestandteil der GloBE-Regeln. Für diese Fälle kann auch nicht auf die Billigkeitsmaßnahmen der §§ 163, 227 AO verwiesen werden, da die bewusst durch den Gesetzgeber angeordnete oder zumindest in Kauf genommene Rechtsfolge die Anwendung von Billigkeitsmaßnahmen, welche lediglich im Einzelfall unbillige Härten ausgleichen sollen, nicht rechtfertigen kann.229 In Deutschland GloBE-steuerpflichtige Konzerneinheiten sind damit grundsätzlich einem recht hohen Belastungsrisiko ausgesetzt. Auch nach aktuellen Schätzungen sind die Belastungen in Deutschland ansässiger Konzerneinheiten unter Durchbrechung des Trennungsprinzips – und bei Anwendung einer UTPR-Abzugsbeschränkung auch unter Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips – beachtlich. So sind Berechnungen des EU Tax Observatory zufolge230 für Deutschland bei Umsetzung der GloBE-Regeln bis zu 13 Mrd. Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen pro Jahr denkbar, sollte die Niedrigbesteuerung in anderen Ländern nicht zurückgehen.231 Dies entspräche etwa 18 % der derzeit bei Körperschaften erhobenen Unternehmensteuern (inkl. Gewerbesteuer).232 Allerdings ist dies zu relativieren. Denn es ist davon auszugehen, dass die weltweit koordinierte Einführung der GloBE-Regeln kurz- bis mittelfristig in erheblichem Maße zur staatlichen Rücknahme solcher Steuervergünstigungen führen wird, die bei multinationalen Konzernen regelmäßig eine länderbezogene ETR unterhalb des Mindeststeuersatzes bedingen. Denn die Aufrechterhaltung niedriger Steuersätze, großzügiger Bemessungsgrundlagen und anderer Vergünstigungen wird in dem Maße keine Wirkung mehr erzielen können, in dem diese durch die Erhebung der Top-up Tax ausgeglichen werden. Staaten, die sich diese Steueranreize bislang zu eigen gemacht haben, werden daher ihr Steuerniveau anheben, um selbst von dem durch die Mindeststeuer begrenzten Steuerwettbewerb zu profitieren, da mit der Anhebung auf das Mindestniveau ein Steueraufkommensgewinn ohne das Risiko eines Wettbewerbsnachteils einhergeht. Zugleich ist zu erwarten, dass Konzerne sich in Teilen umstrukturieren werden. Einerseits, weil ein Standort aufgrund der Einführung der GloBE-Regeln und Neutralisierung der steuerlichen Vorteile möglicherweise nicht mehr wirtschaftlich ist bzw. andere Standorte für die Zwecke des Konzerns nun attraktiver sind – dies dürfte insbesondere für BEPS-Gestaltungen gelten, bei denen steuerliche Kriterien den wesentlichen Hauptgrund für die Standortwahl gebildet haben. Andererseits, weil mit den GloBE-Regeln erhebliche Befolgungskosten einhergehen,233 die beispielsweise über die Nutzung der noch auszuarbeitenden Safe Harbour-Regeln gesenkt oder gänzlich umgangen werden könnten. Da bis zum anvisierten Inkrafttreten der GloBE-Regeln ab Anfang 2023 sowohl für die bisherigen Niedrigsteuerstaaten als auch die betroffenen multinationalen Konzerne einige Zeit für entsprechende Anpassungen verbleibt, wird das Maß der Schlechterstellung aufgrund der Durchbrechungen des Trennungsprinzips und des objektiven Nettoprinzips nach Überzeugung des Autors noch einiges an Intensität verlieren. So könnten die deutschen Steuereinnahmen aus der Mindeststeuer nach den Berechnungen von Fuest et al. auf 1,7 Mrd. Euro pro Jahr reduziert werden.234 Zudem darf auch nicht ignoriert werden, dass die Top-up Tax in Deutschland in dem wohl überwiegenden Teil der Anwendungsfälle – entsprechend dem Regeldesign (Top-down Approach und Vorrangstellung der IIR) – über die IIR auf Ebene der Konzernobergesellschaft erhoben werden wird. Dieser kann als Leitungsorgan des Konzerns zumindest im begrenzten Ausmaß die Verantwortung dafür zugewiesen werden, dass der Konzern entgegen der Wertentscheidung des IF mit effektiven Steuerquoten von weniger als 15 % unfaire bzw. schädliche Steuervorteile bezieht, wobei die Konzernobergesellschaft mittelbar von den höheren Nachsteuergewinnen der niedrig besteuerten Konzerneinheiten profitiert. Auch insofern ist das Maß der Schlechterstellung geringer zu gewichten. In den anderen Fällen, also der Belastung untergeordneter Konzerneinheiten durch IIR und UTPR sind zum einen eher geringere Belastungen zu erwarten, da die zu erhebende Top-up Tax tendenziell auf mehrere Konzerneinheiten verteilt wird. Zudem sind die belasteten Gesellschaften aufgrund der Beteiligungsvoraussetzungen der GloBE-Regeln eng in ihre jeweiligen Konzerne eingebunden. Bei diesen Konzernen handelt es sich ausschließlich um äußerst umsatzstarke Gruppen, bei denen grundsätzlich erwartet werden kann, dass die zusätzliche Steuerlast der betroffenen Konzerneinheit im Rahmen einer konzerninternen Verantwortungsübernahme wirtschaftlich ausgeglichen wird, gerade weil die Ursache der Besteuerung nicht in der Konzerneinheit selbst, sondern der Struktur des Konzerns liegt. Dagegen kann die Intensität der Ungleichbehandlung nicht durch einen Hinweis auf den alternativen Kausalverlauf gesenkt werden, wonach ein multinationaler Konzern, der nun in Deutschland durch die Erhebung von Top-up Tax belastet wird, anderenfalls regelmäßig in einem anderen Staat im selben Maße besteuert würde. Denn diese Perspektive lässt sich nicht auf die isoliert zu betrachtende, in Deutschland ansässige Konzerneinheit übertragen, welche nur dann mit der Top-up Tax belastet wird, wenn IIR und UTPR in Deutschland angewendet werden.
Demgegenüber ist die allgemeine Bedeutung des verfolgten Ziels bereits in den obigen Ausführungen zur Geltung gekommen. Die GloBE-Regeln führen in vielerlei Hinsicht weltweit zu positiven Effekten von einigem Gewicht. Die Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses wird nicht nur die verbleibenden BEPS-Risiken reduzieren, bei denen Deutschland Studien zufolge zu den Hauptverlierern gehört.235 Ineffiziente, weil aus steuerlichen Gründen getroffene Standort- und Investmententscheidungen werden seltener getroffen werden, was grundsätzlich der Weltwirtschaft und auch Deutschland und den darin tätigen multinationalen Konzernen zugute kommt. Letztere profitieren zugleich davon, dass das internationale Steuerrecht an Stabilität und Rechtssicherheit gewinnt, da trotz der mit GloBE einhergehenden Komplexität eine Fülle verschiedener inländischer wie ausländischer, gegen bestimmte Steuerwettbewerbsformen und BEPS gerichtete Vorschriften und Maßnahmen verhindert wird, die anderenfalls in unilateraler und unkoordinierter Weise eingeführt und im Übrigen das Risiko der Doppelbesteuerung erhöhen würden.236 Zugleich wird der Standort Deutschland gestärkt, indem die steuerlichen Differenzen zu ausländischen Steuerregimen verkürzt werden. Der steuerliche Nachteil kleinerer und mittlerer Unternehmen wird gegenüber multinational agierenden Konzernen verringert.237 Die Aushöhlung inländischer Besteuerungsgrundlagen wird durch das gemeinsame Vorgehen der IF-Staaten in beachtlichem Umfang unterbunden. Sozialer Ungleichheit durch kompensierende Belastungen weniger mobiler Faktoren wie Konsum und Löhnen und eine verminderte Steuermoral und -ehrlichkeit der Steuerpflichtigen wird vor dem Hintergrund des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) entgegengewirkt.
Nach Auffassung des Autors wird der internationale Steuerwettbewerb bei breiter Umsetzung in den am IF teilnehmenden Staaten auch wirksam begrenzt werden. Für Staaten wird es nicht mehr attraktiv sein, Steuervergünstigungen für multinationale Konzerne im Anwendungsbereich der GloBE-Regeln zu gewähren, die eine ETR unterhalb des Mindeststeuersatzes bedingen. Es ist zwar auch nicht abzustreiten, dass die mittelbar mit der Begrenzung des Steuerwettbewerbs einhergehenden Effekte für Deutschland als Hochsteuerland teils geringer ausfallen werden. So wird von einer Steuerbelastungsdifferenz von ca. 15 Prozentpunkten nach wie vor eine Anziehungswirkung ausgehen.238 Auch deuten die für Deutschland geschätzten GloBE-Steuereinnahmen i. H. v. bis zu 13 Mrd. Euro pro Jahr vor dem Hintergrund des Steueraufkommens von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne Gemeindesteuern) i. H. v. 761 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2021239 wenigstens an, dass sich die Auswirkungen schädlichen Steuerwettbewerbs auf Deutschland zumindest bislang in Grenzen halten.
Nichtsdestotrotz ist der Autor der Meinung, dass die Umsetzung der GloBE-Regeln in Deutschland trotz der damit verbundenen Durchbrechungen des Trennungsprinzips und des objektiven Nettoprinzips angemessen ist. Das vom IF und von Deutschland angestrebte legitime Ziel der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß kann ausschließlich dadurch erreicht und dauerhaft sichergestellt werden, dass auch auf in Deutschland ansässige Konzerneinheiten zugegriffen wird bzw. ein solcher Zugriff zumindest droht. Nur so kann hinreichend Einfluss auf die steuerlichen Entscheidungen anderer Staaten und multinationaler Konzerne ausgeübt werden. Ein Sonderopfer einzelner Konzerneinheiten unter Durchbrechung des Trennungsprinzips und des objektiven Nettoprinzips ist vor diesem Hintergrund zur wirksamen Verfolgung des Ziels unumgänglich.240 Dieses Sonderopfer wird jedoch dadurch ausgeglichen, dass die betroffenen Konzerneinheiten multinationalen Konzernen angehören, die zeitgleich von der Niedrigbesteuerung in anderen Ländern profitieren und für einen konzerninternen wirtschaftlichen Ausgleich sorgen können. Die Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses ist höher zu gewichten als die mit der Verfolgung dieses Ziels einhergehenden Ungleichbehandlungen. Im Übrigen kann den in deutsches Recht umzusetzenden GloBE-Regeln nicht der Vorwurf fehlender Folgerichtigkeit gemacht werden mit der Begründung, die Eingrenzung des Anwendungsbereichs etwa über die Umsatzschwelle oder Begrenzung der steuerpflichtigen Gewinne durch die Substanzausnahme verhindere den Steuerwettbewerb nicht hinreichend. Denn das Ziel der GloBE-Regeln ist lediglich die Begrenzung des Steuerwettbewerbs in dem Maße, wie er auf IF-Ebene als schädlich eingestuft wurde.241 Demzufolge ist die Einführung der GloBE-Regeln angemessen und insgesamt verhältnismäßig.

5.3.4.5 Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch die SOR

Die Aufhebung der Freistellungsverpflichtung durch die SOR ermöglicht die Besteuerung über die IIR. Aus diesem Grund muss auf die durch die SOR herbeigeführte Ungleichbehandlung derselbe Maßstab angewendet werden. Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung zu § 50d Abs. 8 EStG vertreten, dass die Aufhebung der Freistellungsmethode im behandelten Fall nur eine geringe Eingriffsintensität aufweise und daher lediglich anhand des Willkürverbots auf ihre Rechtfertigung hin zu überprüfen sei.242 Dort führte die Aufhebung der Freistellungsmethode allerdings zur regulären Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, welche ihrerseits verfassungsrechtlich nicht beanstandet wurde.243 Im Übrigen richtet sich § 50d Abs. 8 EStG konkret gegen das besondere Missbrauchsrisiko, das bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in diesem Kontext aufgrund mangelnder Transparenz besteht.244 Dies ist beides im Falle der SOR nicht gegeben.
Zunächst ist es zwar so, dass die IIR im Anwendungsbereich der SOR insofern keine Durchbrechung des Trennungsprinzips bedingt, als die ausländische Betriebsstätte einer inländischen Gesellschaft in Deutschland transparent besteuert wird. Die Erhebung von Top-up Tax könnte in diesem Rahmen zwar eine inländische Gesellschaft, die zuvor über die Freistellungsmethode begünstigt war, zusätzlich belasten, sie würde damit aber regelmäßig immer noch günstiger behandelt als in ihrer Leistungsfähigkeit vergleichbare Gesellschaften mit Betriebsstätten, die der regulären deutschen Besteuerung unterliegen, etwa weil sie sich beide im Inland befinden oder kein DBA besteht, welches die Freistellungsmethode vorsieht. Insofern bestünde tatsächlich kein tiefgreifender Eingriff, der zur Rechtfertigung mehr als nur eines sachlichen Grundes bedürfte. Es darf aber nicht vergessen werden, dass auch die SOR in Verbindung mit der IIR zugleich die durch das Jurisdictional Blending hervorgerufene „Sippenhaft“ ermöglicht, die eine Konzerneinheit mit ihrer Betriebstätte nicht unter alleiniger Beachtung der eigenen Leistungsfähigkeit, sondern aufgrund der Niedrigbesteuerung einer anderer Konzerngesellschaft zusätzlich belasteten kann. Wie bereits zu IIR und UTPR ausgeführt, greift eine Orientierung am Willkürverbot damit nach Auffassung des Autors zu kurz. Vielmehr folgt die SOR dem Schicksal der IIR. Die durch sie hervorgerufene Ungleichbehandlung ist daher zwar unter ausschließlicher Berücksichtigung der herkömmlichen Rechtfertigungsgründe des BVerfG als nicht rechtfertigungsfähig einzustufen, kann aber über den nach Auffassung des Autors neu anzuerkennenden Rechtfertigungsgrund der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses gerechtfertigt werden.

5.3.4.6 Zwischenergebnis

Die unterschiedlichen Durchbrechungen von Art. 3 Abs. 1 GG durch die GloBE-Regeln können nach Auffassung des Autors gerechtfertigt werden. Es ist zunächst festzustellen, dass die Einführung der GloBE-Regeln vor dem Hintergrund des Folgerichtigkeitsgebots keinen Systemwechsel darstellt. Zudem sind an die Rechtfertigung strengere Anforderungen zu stellen, die eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfordern. In diesem Rahmen führen die bislang vom BVerfG anerkannten Rechtfertigungsgründe, also außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke, Vereinfachungs- und Typisierungszwecke und das Ziel der Missbrauchsabwehr zwar nicht zur Rechtfertigung. Unter der nach Ansicht des Autors gebotenen Anerkennung der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses als legitimen Zweck ist eine Rechtfertigung der verschiedenen verfassungsrechtlichen Durchgriffe jedoch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich und vorliegend gegeben.

5.4 Möglicher Treaty Override nicht verfassungswidrig

Bei einem Treaty Override handelt es sich um „die innerstaatliche Änderung oder Aufhebung einzelner Vorschriften eines [Doppelbesteuerungs-]Abkommens durch zeitlich nachfolgende unilaterale Steuergesetzgebung.“245 Ohne auf die noch nachfolgende Prüfung zur Vereinbarkeit der neuen Regeln mit deutschen Doppelbesteuerungsabkommen (Kap. 7) vorgreifen zu wollen, könnten etwaige Kollisionen einen solchen Treaty Override begründen. Dieser würde dem völkerrechtlichen Grundsatz „pacta sunt servanda“ widersprechen und damit einen Völkerrechtsverstoß darstellen.246 Ob ein Treaty Override daher aber auch verfassungswidrig ist, ist schon seit langer Zeit umstritten.247 Das BVerfG hat jedoch die Verfassungswidrigkeit eines Treaty Override in Gestalt des § 50d Abs. 8 EStG deutlich abgelehnt.248 Diese Einordnung kann auf andere Treaty Overrides übertragen werden,249 sodass auch vorliegend ein möglicher Treaty Override keine verfassungsrechtlichen Bedenken auslösen soll.

5.5 Ergebnis der verfassungsrechtlichen Untersuchung

Implementiert Deutschland die GloBE-Regeln eigenständig, ist der Bund nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 i. V. m. Art. 106 Abs. 3 GG zur Gesetzgebung befugt. Das entsprechende Gesetz bedarf gemäß Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates. Das Steueraufkommen aus den neuen Mindeststeuervorschriften steht in der Regel Bund und Ländern hälftig zu, im Falle der Top-up Tax-Erhebung bei Personengesellschaften bzw. deren Gesellschaftern auch den Gemeinden. Für die Verwaltung der Mindeststeuer wären grundsätzlich die Landesfinanzbehörden zuständig.
Führt Deutschland die GloBE-Regeln den Modellregeln entsprechend ein, begründet die Anwendung von IIR, UTPR und SOR in jedem Falle eine Durchbrechung des Trennungsprinzips, welche grundsätzlich den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Steuergerechtigkeit verletzt und damit rechtfertigungsbedürftig ist. Sollte die UTPR als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung ausgestaltet werden, begründet dies zudem eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips und damit ebenfalls eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung. Soweit im Rahmen der oben genannten Durchbrechungen gegen das Folgerichtigkeitsgebot verstoßen wird, kann dem nicht die Begründung eines Systemwechsels entgegengehalten werden. Die unterschiedlichen Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch die GloBE-Regeln können nach Auffassung des Autors jedoch gerechtfertigt werden, wobei strengere Anforderungen an die Rechtfertigung zu stellen sind, die eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfordern. In diesem Rahmen führen die bislang vom BVerfG anerkannten Rechtfertigungsgründe – außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke, Vereinfachungs- und Typisierungszwecke und das Ziel der Missbrauchsabwehr – zwar nicht zur Rechtfertigung. Unter der nach Ansicht des Autors gebotenen Anerkennung der Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs auf ein faires Mindestmaß im Rahmen eines internationalen Konsensprozesses als legitimen Zweck ist eine Rechtfertigung der verschiedenen verfassungsrechtlichen Durchgriffe jedoch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich und vorliegend gegeben.
Im Übrigen begründen etwaige mit der Einführung der GloBE-Regeln verbundene Treaty Overrides keine Verletzung des Grundgesetzes.
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Fußnoten
1
Vgl. hierzu etwa BVerfG v. 17.7.1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, BVerfGE 67, 100 (143): „Das – auch strafrechtlich sanktionierte – Verlangen des Staates nach steuerlichen Angaben begründet sich aus dem Umstand, daß der Betroffene am staatlichen Leben teilnimmt, ihm insbesondere Schutz, Ordnung und Leistungen der staatlichen Gemeinschaft zugutekommen. Deshalb darf ihm ein Anteil an den finanziellen Lasten zur Aufrechterhaltung des staatlichen Lebens auferlegt werden.“
 
2
Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 94.
 
3
BVerfG v. 10.12.1980 – 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 (300); v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (190); siehe auch Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu Abschnitt X Rn. 44; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu den Art. 104a–115, Rn. 30.
 
4
BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (190 f.); v. 17.7.2003 – 2 BvL 1/99, 2 BvL 4/99, 2 BvL 6/99, 2 BvL 16/99, 2 BvL 18/99, 2 BvL 1/01, BVerfGE 108, 186 (214 f.).
 
5
BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (190 f.); vgl. z. B. auch BVerfG v. 17.7.2003 – 2 BvL 1/99, 2 BvL 4/99, 2 BvL 6/99, 2 BvL 16/99, 2 BvL 18/99, 2 BvL 1/01, BVerfGE 108, 186 (215); v. 10.12.1980 – 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 (300); v. 9.2.1972 – 1 BvL 16/69, BVerfGE 32, 333 (338).
 
6
Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu den Art. 104a–115, Rn. 1 f.
 
7
Vgl. Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu den Art. 104a–115, Rn. 8; Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu Abschnitt X Rn. 44.
 
8
Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu den Art. 104a–115, Rn. 29 m. w. N. Kritisch Heun/Thiele in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2018, Vor Art. 104a GG Rn. 26.
 
9
Die i. R. v. Säule 2 erhobene Top-up Tax fällt unter den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff i. S. d. Rechtsprechung des BVerfG, welches Steuern als „einmalige oder laufende Geldleistungen“ definiert, „die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinweisen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft“, vgl. BVerfG v. 24.6.1986 – 2 BvF 1/83, 2 BvF 5/83, 2 BvF 6/83, 2 BvF 1/84, 2 BvF 1/85, 2 BvF 2/85, BVerfGE 72, 330 (433); v. 12.10.1978 – 2 BvR 154/74, BVerfGE 49, 343 (353).
 
10
Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG, Rn. 41; Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu Abschnitt X Rn. 12: Nicht einschlägig sind daher die allgemeinen Regeln nach Art. 70 ff. und Art. 30 GG, vgl. auch BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (192, 199, 201).
 
11
Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 1. Die Befugnis zur Regelung des Steuerverfahrensrechts ergibt sich dagegen aus Art. 108 Abs. 5 GG, vgl. ders., Rn. 1a.
 
12
Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 1; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG, Rn. 39.
 
13
BVerfG v. 10.12.1980 – 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 (301); vgl. auch Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 1.
 
14
Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 4; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG, Rn. 41; Kment in Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, Art. 105 GG Rn. 1. Zu dem Problem, inwieweit der Gesetzgeber für Lenkungssteuern, die auch außerfiskalische Zwecke verfolgen, neben der Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG auch die entsprechende Sachkompetenz besitzen muss, siehe Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu Abschnitt X Rn. 14 ff. Die Regeln unter Säule 2 verfolgen jedoch hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich steuerliche Interessen der sie umsetzenden Staaten, sodass diese Frage ohnehin nicht von Bedeutung sein dürfte.
 
15
Vgl. BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (192) m. w. N. aus der Rspr.; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 7 ff.; Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 5 ff.
 
16
Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 42.
 
17
BVerfG v. 19.10.1958 – 2 BvL 19/56, BVerfGE 8, 260 (269); BFH v. 12.2.1970 – V B 33, 34, 48, 59, 68, 90, 120/69, BStBl. II 1970, 246 (250); zu Prohibitivzöllen Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 15.
 
18
Vgl. Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 44; Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 16.
 
19
Vgl. Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 105 GG Rn. 45.
 
20
Vgl. Kment in in Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, Art. 105 GG Rn. 36.
 
21
Vgl. Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 3c.
 
22
Vgl. BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (192 f.); v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96, NZA 1996, 1063.
 
23
Vgl. Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 3c. In diesem Zusammenhang soll kurz darauf hingewiesen werden, dass das BVerfG ein Steuerfindungsrecht des einfachen Gesetzgebers nicht anerkennt, vgl. BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (194 ff.) mit zahlreichen Nachweisen aus der Literatur. Dies ist jedoch nicht unumstritten, beachte etwa das Sondervotum von Huber und Müller ab S. 230 der vorgenannten Entscheidung oder Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 105 GG Rn. 33.
 
24
BVerfG v. 13.4.2017 – 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 (193).
 
25
Als Ergänzungsabgabe ist vor allem der Solidaritätszuschlag anzuführen, vgl. Kube in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50. Edition, Art. 106 GG Rn. 14; Kment in Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, Art. 106 GG Rn. 7; Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 7. Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG räumt dem Bund eine subsidiäre Ertragskompetenz für den Fall eines anderweitig nicht behebbaren, akuten Fehlbedarfs im Bundeshaushalt ein, Schwarz in von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 106 GG Rn. 49.
 
26
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften sind in der Praxis insbesondere die Abgaben aufgrund des EU-Marktordnungsrechts, die gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 7 GG erst dem Bund zufließen und anschließend an die EU weitergeleitet werden, vgl. Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 22; Schwarz in von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 106 GG Rn. 50; Kube in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50. Edition, Art. 106 GG Rn. 14.
 
27
Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 7; Schwarz in von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 106 GG Rn. 59.
 
28
Vgl. auch Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 13.
 
29
Vgl. dazu etwa BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (135 f.); v. 14.4.1959 – 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57, BVerfGE 9, 237 (243).
 
30
Seiler in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 95. EL 2021, Art. 106 GG Rn. 138.
 
31
Vgl. Seiler in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 95. EL 2021, Art. 106 GG Rn. 138.
 
32
Seiler in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 95. EL 2021, Art. 106 GG Rn. 138 m. w. N.; P. Kirchhof in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band V, § 118 Rn. 232 f.
 
33
Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 106 GG Rn. 18; Schwarz in von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 106 GG Rn. 61; Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 106 GG Rn. 12.
 
34
BR-Drs. 19/28901, S. 19.
 
35
Kube in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50. Edition, Art. 106 GG Rn. 18.
 
36
Im Übrigen hat der Bund bezüglich der Einkommen- und der Körperschaftsteuer bereits umfassend seine Kompetenz ausgeübt, sodass den Ländern keine Möglichkeit zur Umsetzung verbleibt, Kube in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50. Edition, Art. 106 GG Rn. 16.
 
37
Vgl. zur Dispositionsmöglichkeit des Bundes etwa Siekmann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 108 GG Rn. 11 f.
 
38
Musil in Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 129 (130).
 
39
Musil in Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 129 (130).
 
40
Vgl. zur ständigen Rechtsprechung: BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (141); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (230); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180). Der Steuergesetzgeber ist gemäß Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG an den Gleichheitssatz gebunden, vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 110.
 
41
Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 51, 110; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 6, 51. Ebenfalls geschützt sind nach der Rechtsprechung des BVerfG juristische Personen mit Sitz in der EU, vgl. BVerfG v. 19.7.2011 – 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78 (94 ff.).
 
42
Vgl. etwa BVerfG v. 08.04.1987 – 2 BvR 909/82, 2 BvR 934/82, 2 BvR 935/82, 2 BvR 936/82, 2 BvR 938/82, 2 BvR 941/82, 2 BvR 942/82, 2 BvR 947/82, 2 BvR 64/83, 2 BvR 142/84, BVerfGE 75, 108 (157); v. 23.5.2006 – 1 BvR 1484/99, BVerfGE 115, 381 (389); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 121 ff.
 
43
Vgl. zur ständigen Rechtsprechung: BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (111); v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 (45 f.); v. 16.3.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (279); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142).
 
44
Vgl. auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 121.
 
45
BVerfG v. 17.1.1957 – 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55 (70); v. 3.12.1958 – 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3 (9); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142); Burghart in Leibholz/Rinck, 85. Lief. 2022, Art. 3 GG Rn. 496 m. w. N.
 
46
BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (125); v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27 (46); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180); v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE, 117, 1 (30); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 121. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG findet sich in Desens, StuW 2016, 240 ff. Zudem sind nach dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit bestehende Ungleichheiten auszugleichen, vgl. Link, DB 2017, 2372 (2376): „Eine solche ungleiche, den Gesetzgeber zum Handeln auffordernde Begünstigung liegt dabei nicht schon deshalb vor, weil ein multinationales Unternehmen aufgrund des abweichenden ausländischen Steuerrechts anders als ein rein inländisches Unternehmen besteuert wird.“
 
47
Zu diesem Begriff siehe Waldhoff in Schön/Beck, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 125 (151 ff.).
 
48
Siehe etwa Droege, StuW 2011, 105 ff.; Droege, RW 2013, 374 (385 ff.; 394 ff.); Kempny, StuW 2014, 185 (198 f.): Folgewidrigkeit lediglich als Indiz für Gleichheitswidrigkeit; Lepsius, JZ 2009, 260 (262 f.); Kischel, AöR 1999, 174 ff.; Kischel in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50. Edition, Art. 3 GG Rn. 143.1; Wernsmann in Schön/Beck, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 161 (165 ff.); Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, 267. Lief. 2022, § 4 AO Rn. 517 ff.; Wieland, DStJG 24 (2001), 29 (44 ff.). Siehe auch Schön, JöR 2016, 515 (527 ff.); Peine, Systemgerechtigkeit, S. 232, 238; zwischen Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit differenzierend Drüen in FS Spindler, 2011, S. 29 (38 ff.); Eckhoff in FS Kirchhof, Bd. II, 2013, S. 1601 (1606); zurückhaltend auch Musil in Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 129 (136 ff.) vor dem Hintergrund einer möglichen Sonderdogmatik im Steuerrecht.
 
49
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 101.
 
50
Di Fabio, JZ 2007, 749 (752).
 
51
BVerfG v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (116).
 
52
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 101. Siehe hierzu auch Desens, StuW 2016, 240 (242 f.); Birk, StuW 2000, 328 ff.
 
53
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 48.
 
54
BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (247); vgl. auch BVerfG v. 10.11.1998 – 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216 (232) m. w. N. Zu dem Streit, inwieweit das Leistungsfähigkeitsprinzip auch für die Besteuerung juristischer Personen gilt, vgl. Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 6. Für eine nicht ganz unkritische Auseinandersetzung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vgl. Kempny, StuW 2021, 85 ff. mit 32 zusammenfassenden Leitsätzen.
 
55
BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (126).
 
56
BVerfG v. 3.11.1982 – 1 BvR 620/78, BVerfGE 61, 319 (343 f.); v. 22.2.1984 – 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214 (223); v. 28.11.1984 – 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287 (310).
 
57
Vgl. BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91; BVerfGE 93, 121 (135).
 
58
Birk, DStJG 34 (2011), 11 (17).
 
59
Vgl. BVerfG v. 29.5.1990 – 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60 (89); v. 10.11.1998 – 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246 (260); v. 16.3.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (279); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142 f.).
 
60
Vgl. BVerfG v. 29.5.1990 – 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60 (89); v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (125 f.); v. 16.3.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (279); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (142 f.).
 
61
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (143).
 
62
Vgl. zur ständigen Rechtsprechung BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (143 f.); v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11, BVerfGE 139, 285 (309); v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1 (27); v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (271).
 
63
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (144); v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (95); v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (136); v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (271); siehe auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 118.
 
64
Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 2. Aufl. 2000, S. 327. Das Folgerichtigkeitsgebot gilt nicht nur im Steuerrecht, sondern in allen Rechtsgebieten, P. Kirchhof in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 95. EL 2021, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 417; Drüen, StuW 2019, 205 (207).
 
65
Di Fabio, JZ 2007, 749 (754).
 
66
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (144). Vgl. zur ständigen Rechtsprechung etwa auch BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11, BVerfGE 139, 285 (310); v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1 (28); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (231).
 
67
Birk, DStJG 34 (2011), 11 (23).
 
68
BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (242); Drüen, Ubg 2009, 23 (27).
 
69
Vgl. Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (62); Desens, StuW 2016, 240 (246 ff.). So auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10), nach denen sowohl die Einkommen- als auch die Körperschaftsteuer auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip beruhen, weswegen als Bemessungsgrundlage nur der Gewinn eines Unternehmens – als Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – herangezogen werden darf.
 
70
Vgl. Birk, DStJG 34 (2011), 11 (16); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 8 Rn. 54; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 175, 608 ff.; Heil/Pupeter, BB 2017, 795 (800).
 
71
Vgl. Schneider, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 87. Kritisch dagegen Kempny, StuW 2021, 85 (100 f.).
 
72
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 8 Rn. 54, 60 ff.; Birk, DStJG 34 (2011), 11 (27), denn andernfalls beraube man den Einkommensbegriff seiner Eigenschaft als Maßgröße der individuellen Leistungsfähigkeit und greife damit auch das Gerechtigkeitspostulat an.
 
73
Vgl. BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (234); v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (121); Schneider, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 87 (88).
 
74
Vgl. BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (248); BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, DStR 2014, 941; Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92; Heger, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 117 (118); Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (110); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125.
 
75
BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (248).
 
76
Vgl. BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (248); v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 (47); Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (110); Schneider, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 87 (88, 90); Hey/Kirchhof/Ismer in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum EStG Rn. 301.
 
77
Vgl. hierzu etwa Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (63).
 
78
BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/15, DStR 2016, 862 (866); v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (279); v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (121); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (234); v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 (48); v. 23.1.1990 – 1 BvL 4/87, 1 BvL 5/87, 1 BvL 6/87, 1 BvL 7/87, BVerfGE 81, 228 (237); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 8 Rn. 55 m. w. N. Anders der BFH v. 10.11.1999 – X R 60–95, DStR 2000, 233 (240), der in seinem Vorlagebeschluss zum Verbot von Jubiläumsrückstellungen die Verletzung des objektiven Nettoprinzips auch als einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip erachtete.
 
79
BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (280); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210 (234). Siehe auch Breinersdorfer, DStR 2010, 2492 (2494); Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (63); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 8 Rn. 55.
 
80
BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (280); v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (121); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (234); v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 (48); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (144).
 
81
So z. B. Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 f.
 
82
Lehner, DStR 2009, 185 (189 ff.); Kischel in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50. Edition, Art. 3 GG Rn. 151. Allgemein zur Verankerung der Ertragsbesteuerung und ihrer Dogmatik im Eigentumsschutz vgl. P. Kirchhof, AöR 2003, 1 (12 ff.). Siehe ebenfalls Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 (94), der daneben auch noch weitere Freiheitsrechte anführt.
 
83
Siehe insbesondere Lang, StuW 2007, 3 (4); Hey/Kirchhof/Ismer in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum EStG Rn. 44.
 
84
Vgl. Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (65); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 14; Hey in Schön/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, S. 1 (2 f.). Unter Bezug zur Mindestbesteuerung nach § 10d EStG, § 10a GewStG siehe Drüen, FR 2013, 392 ff.
 
85
Vgl. Schneider, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 87 (89); Burghart in Leibholz/Rinck, 85. Lief. 2022, Art. 3 GG Rn. 601. Nach Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (67) beschränkt sich das Grundgesetz auf die „Negativaussage, dass eine dem Grunde nach vom Kerngedanken des objektiven Nettoprinzips abweichende Belastungsentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers nicht mehr gerechtfertigt wäre.“ Ebenfalls kritisch: Kischel in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 50.Edition, Art. 3 GG Rn. 149.
 
86
Vgl. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (147 f.); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 11 Rn. 2 f.; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 6; Drüen, Ad Legendum 2015, 284 (288). Diese Entscheidung ist als solche verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, vgl. BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (250); Burghart in Leibholz/Rinck, 85. Lief. 2022, Art. 3 GG Rn. 759. Denn die zivilrechtliche Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern (§ 1 AktG, § 13 Abs. 1 und 2 GmbHG) begründet einen hinreichend sachlichen Grund für die unterschiedliche steuerliche Behandlung unternehmerischer Tätigkeiten in der Rechtsform der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft, BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (148); v. 21.06.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (198 ff.). Aus dieser abgeschirmten Vermögenssphäre resultiert eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft, die getrennt von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der Anteilseigner der Kapitalgesellschaft besteuert werden darf, BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (148 f.); v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (250); v. 21.06.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (198 f.); zustimmend und mit Nachweisen zu etwaiger Kritik auf diese Rechtsprechung Drüen, GmbHR 2008, 393 (398).
 
87
Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 11 Rn. 2; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 1219; Teufel in Lüdicke/Sistermann, Unternehmensteuerrecht, 2. Aufl. 2018, § 2 Rn. 1; Böhmer, StuW 2012, 33 (34); Intemann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rn. 13 f. Siehe auch BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (147 f.) und BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, DStR 2010, 858 (860).
 
88
Vgl. FG Hamburg v. 4.4.2011 – 2 K 33/10, DStR 2011, 1172 (1176); Böhmer, StuW 2012, 33 (35); Rengers in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 8 KStG Rn. 22; Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (113); Heger, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 117 f.; Münch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, 105. EL 2022, § 1 KStG Rn. 2; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, 2. Aufl. 2018, § 1 KStG Rn. 7; a. A. Möhlenbrock, DStJG 33 (2010), 339 (348 f.); FG Hessen v. 5.6.2020 – 4 K 90/15, Juris, Rn. 65.
 
89
Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 1219, 1314; Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 10 Rn. 10. Durch die steuerliche Eigenständigkeit von Kapitalgesellschaften besteht die Möglichkeit, die Gewinne einer Gesellschaft zu thesaurieren, also nicht auszuschütten, und damit eine Besteuerung beim Anteilseigner zu verhindern. Diese Abschirmwirkung kann dazu genutzt werden, durch Errichtung einer Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerland sowie Gewinnthesaurierung und Hinausschieben der Ausschüttung eine Besteuerung von Gewinnen als Dividendenerträgen der in einem Hochsteuerland ansässigen Anteilseigner zu verhindern, vgl. Achter in Papperitz/Keller, Lexikon des Steuerrechts, 137. Lief. 2022, Hinzurechnungsbesteuerung, Rn. 1.
 
90
Böhmer, StuW 2012, 33 (34); FG Hamburg v. 4.4.2011 – 2 K 33/10, DStR 2011, 1172 (1177); Hey in Schön/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, S. 1 (17); Marquart, IStR 2011, 445 (448); Carlé, KÖSDI 2009, 16769 (16775 ff.); Schönfeld, Hinzurechnungsbesteuerung und Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 148 f.; Drüen in Frotscher/Drüen, Stand: 31,3.2022, Vor § 1 KStG Rn. 15.
 
91
Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 12; Glaser, DStR 2011, 2317; BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, DStR 2010, 858 (860). Siehe auch Witt, der diese Trennung allerdings nicht für sachgerecht hält, da das gesamte Vermögen in einem Konzern der wirtschaftlichen Disposition der Konzernspitze unterstehe, Witt, Die Konzernbesteuerung, S. 4. Das Steuerrecht sieht im Interesse der Vermeidung von Doppelbelastungen auch Ausnahmeregelungen zur Durchbrechung des Trennungsprinzips vor, sodass es sich der Existenz wirtschaftlich verbundener Unternehmen zumindest nicht vollständig verschließt, vgl. Prinz, DStR 2010, Beihefter zu Heft 30, 67 (68); Witt, Die Konzernbesteuerung, S. 6. Ansätze einer solchen Durchbrechung bieten etwa das Institut der Organschaft (Krumm in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 14 KStG Rn. 2; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 1238, zur Rechtfertigung siehe Rn. 1246; Schober in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, § 14 KStG Rn. 2, wobei dieser vom Subjektsteuerprinzip spricht) und die Begünstigung von Beteiligungs- und Veräußerungserträgen (Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 1253, 1262; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 11 Rn. 13 f., 40).
 
92
Teufel in Lüdicke/Sistermann, Unternehmensteuerrecht, 2. Aufl. 2018, § 2 Rn. 1; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum KStG Rn. 12; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 1274. Das Einkommen und Vermögen einzelner Konzerngesellschaften wird dabei prinzipiell so ermittelt und besteuert, als wäre jede Gesellschaft rechtlich und wirtschaftlich unabhängig, Kessler in Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, § 1 Rn. 2. Dies steht in gewisser Weise im Widerspruch zur ökonomischen Realität des Konzerns als betriebswirtschaftlicher Einheit (Lüdicke, FR 2009, 1025).
 
93
BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, DStR 2010, 858 (860); siehe auch Schneider/Junior, DStR 2017, 417 (424 f.).
 
94
FG Hamburg v. 4.4.2011 – 2 K 33/10, DStR 2011, 1172 (1176); Roth, Ubg 2011, 527 (531); Benz/Böhmer, DB 2017, 206 (211); vgl. auch Drüen, Ubg 2009, 23 (28). Auch das BVerfG spricht vom „das Körperschaftsteuerrecht beherrschenden Trennungsprinzip“, BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (250). Zur Einordnung des Trennungsprinzips als Grundsatzentscheidung siehe auch BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, DStR 2010, 858 (860). Dabei hat der BFH sich dahingehend geäußert, dass es dem Gesetzgeber offenstehen müsse, „besondere tatbestandliche Anforderungen zu formulieren, um das ausnahmsweise Absehen von dem ansonsten strikten Steuersubjektprinzip im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses zu konturieren“, wobei diese Anforderungen aufgrund des Ausnahmecharakters im Zweifel eher eng als weit aufzufassen seien.
 
95
Vgl. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (165); Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (113) und Böhmer, StuW 2012, 33 (39 f., 42).
 
96
Weitere mögliche Gleichheitsverstöße könnten beispielsweise in einem strukturellen Vollzugsdefizit der Normen (etwa aufgrund unzumutbarer Mitwirkungspflichten) und damit einem Verstoß gegen die Rechtsanwendungsgleichheit (vgl. etwa zur Diskussion bei der Hinzurechnungsbesteuerung Haarmann, IStR 2011, 565 (572); FG Hessen v. 5.6.2020 – 4 K 90/15, Juris, Rn. 58 ff.; siehe auch BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (271 ff.); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 113 ff.), der Ausnahme bestimmter Konzernobergesellschaften und Holdings, der grundsätzlichen Begrenzung auf multinationale Konzerne und hierin wiederum auf beherrschte Konzerneinheiten oder dem Heranziehen einer eigenständigen, von den deutschen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften abweichenden Bemessungsgrundlage erblickt werden.
 
97
Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (1, 11).
 
98
Im Falle von Personengesellschaften als niedrig besteuerten Konzerneinheiten ist dagegen das Transparenzprinzip einschlägig, weswegen ein Verstoß gegen das Trennungsprinzip grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Denn bei Personengesellschaft ist aufgrund der zivilrechtlichen Zuordnung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter als gemeinschaftliches Vermögen nach § 718 Abs. 1 BGB i. V. m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB und der persönlichen Haftung der Gesellschafter nach §§ 128, 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB keine so starke Abschirmung der Vermögenssphäre wie bei Kapitalgesellschaften gegeben, vgl. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (148).
 
99
Vgl. Hey in Schön/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, S. 1 (13); Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, 289 ff.; Englisch, Dividendenbesteuerung, S. 116. Es ist zwar so, dass die Niedrigbesteuerung der ausländischen Tochtergesellschaft eine reale Wertsteigerung der jeweiligen Einheit zur Folge hat. Nach handels- bzw. steuerbilanziellen Maßstäben führt der nachsteuerlich höhere Gewinn aber eben nicht zu einer Werterhöhung der Beteiligung. Vielmehr ist gerade Ausdruck des Trennungsprinzips, dass der entsprechend höhere Gewinn der niedrig besteuerten Kapitalgesellschaft erst bei Gewinnausschüttung oder Veräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft berücksichtigt werden darf. Bis dahin ist nach der steuergesetzgeberischen Grundentscheidung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Anteilseigners nicht erhöht; a. A. FG Hessen v. 5.6.2020 – 4 K 90/15, Juris, Rn. 65.
 
100
So auch Altenburg/Geberth/Gebhardt/Holle/Oertel, DStR 2019, 2451 (2452); Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10); Gebhardt, IWB 2020, 958 (965). In diesem Kontext soll auch auf die verfassungsrechtliche Einordnung der bisherigen deutschen Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG hingewiesen werden, bei welcher eine Durchbrechung des Trennungsprinzips ebenfalls vertreten wird, selbst wenn sie über ihr Ziel der Bekämpfung unerwünschter Steuergestaltungen gerechtfertigt sein kann – so zumindest zur Hinzurechnungsbesteuerung in ihren älteren Fassungen Haarmann, IStR 2011, 565 (566). Maciejewski, IStR 2013, 449 ff. lehnt eine Rechtfertigung in diesem Zusammenhang ab. Auch Dorenkamp, DStJG 33 (2010), 301 (317) sieht eine Durchbrechung des Trennungsprinzips, ohne dabei auf die Rechtfertigung einzugehen. Hemmerich, IStR 2019, 294 (295) sieht ebenfalls eine Durchbrechung der Abschirmwirkung. Der BFH ist von einem Verstoß der Hinzurechnungsbesteuerung gegen Art. 3 Abs. 1 GG dagegen bislang nicht überzeugt, vgl. BFH v. 30.9.2020 – I R 12/19 (I R 78/14), DStR 2021, 709 (714) und v. 18.12.2019 – I R 59/17, DStR 2020, 2182 (2186), der dort insoweit die Auseinandersetzung mit der Frage vermisst, „ob außersteuerliche Regelungen, wie z. B. die Hinzurechnungsbesteuerung, nicht im Grundsatz zur leistungsfähigen Besteuerung der inländischen Steuerpflichtigen erforderlich sind.“ Vgl. hierzu im Übrigen auch Ditz/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff u. a., Außensteuerrecht, 99. Lief. 2021, Vor §§ 7–14 AStG Rn. 61.
 
101
Vgl. Example 6.1B. in OECD (2020), Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar Two Blueprint, S. 199. Zur Verdeutlichung soll folgendes abgewandeltes (Extrem-)Beispiel dienen: Die Konzernobergesellschaft Z mit Sitz in Land Z (keine IIR) ist direkt beteiligt an der deutschen Konzerngesellschaft A und einer weiteren Konzerneinheit B2 in Land B. Konzerngesellschaft A hält ebenfalls eine Beteiligung in Land B, allerdings an Konzerneinheit B1. B1 und B2 erzielen jeweils Gewinne i. H. v. 1000. B1 wird effektiv mit 15 % besteuert, während B2 aufgrund einer Nexus-konformen Patentbox eine effektive Steuerquote von 0 % erzielt. Aufgrund des länderbezogenen Ansatzes (Jurisdictional Blending) ergibt sich für Land B damit ein effektiver Steuersatz von 7,5 %. Dies bewirkt nicht nur für die tatsächlich niedrig besteuerte B2, sondern auch für B1 eine Top-up Tax i. H. v. 75. Diese für B1 ermittelte Top-up Tax von 75 ist über die deutsche IIR von Konzerngesellschaft A zu entrichten.
 
102
Vgl. so etwa auch für das in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG integrierte materielle Korrespondenzprinzip Pohl in Micker/Pohl, BeckOK KStG, 12. Edition, § 8b KStG Rn. 74 unter Verweis auf Kohlhepp, DStR 2007, 1502 (1505 f.); Gosch in Gosch, 4. Aufl. 2020, § 8b KStG Rn. 148b; Seer, GmbHR 2014, 505 (509); Wiese in FS Gosch, 2016, S. 463 (468, 472 f.); Becker/Loose, IStR 2012, 758 (761).
 
103
Ein Verstoß gegen das Trennungsprinzip wird in der Literatur auch für die durchaus ähnliche Lizenzschranke nach § 4j EStG vertreten, welche ebenfalls an die Niedrigbesteuerung einer anderen Person anknüpft, vgl. Benz/Böhmer, DB 2017, 206 (211); Loose, RIW 2017, 655 (659); Schneider/Junior, DStR 2017, 417 (424 f.); van Lück, IStR 2017, 388 (390); Kußmaul/Ditzler, StB 2018, 126 (127); Jochimsen/Zinowsky/Schraud, IStR 2017, 593 (599 f.); Geurts/Staccioli, IStR 2017, 514 (516); Heidecke/Holst, IWB 2017, 128 (134); Reddig in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 323. Lief. 2022, § 4j EStG Rn. A 54.
 
104
Vgl. in diese Richtung auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (12); Gebhardt, IWB 2020, 958 (966).
 
105
Schon bei der UTPR in der Fassung des Blueprints griff diese Argumentation, da die Höhe der Steuerbelastung des UTPR-Steuerpflichtigen von dem Ausmaß fremder konzerninterner Direktzahlungen an die niedrig besteuerte Einheit (1. Allokationsschlüssel) oder von dem konzerninternen Nettoaufwand anderer Konzerneinheiten (2. Allokationsschlüssel) abhängig war.
 
106
Im Falle einer UTPR-Quellensteuer hätten die zuletzt genannten Faktoren zwar keinen Einfluss auf die Gesamtsteuerbelastung der i. R. v. GloBE beschränkt steuerpflichtigen, weil niedrig besteuerten Konzerneinheit, sondern lediglich auf die Verteilung dieser Steuerlast über mehrere Länder hinweg. Allerdings kann der gewählte Allokationsschlüssel eine beschränkte Steuerpflicht einer niedrig besteuerten Konzerneinheit in einem Land auslösen, in dem diese Einheit selbst gar nicht tätig ist und daher auch keine Einkünfte generiert, was dem Territorialitätsprinzip widerspricht.
 
107
BVerfG v. 15.12.15 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (41 f.). Nach § 50d Abs. 8 EStG wird im Falle von Einkünften eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.
 
108
Vgl. auch OECD (2022), Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – Commentary to the Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two), S. 24.
 
109
Vgl. parallel hierzu auch die Bewertung ähnlicher Vorschriften (z. B. § 50d EStG) durch Wagner in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 50d EStG Rn. 18h; Frotscher, IStR 2016, 561 (566 ff.).
 
110
Dies gilt insbesondere dann, wenn andere Konzerneinheiten als die Betriebsstätte im Quellenstaat niedrig besteuert werden und nur deshalb die Erhebung von Top-up Tax für die Betriebsstätte erfolgen soll (Jurisdictional Blending).
 
111
So auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (11); Gebhardt, IWB 2020, 958 (965); Mammen, Ubg 2019, 394 (401). Die Versagung der Abzugsfähigkeit für bestimmte Betriebsausgaben ist im deutschen Steuerrecht ein bereits bekanntes Instrument des Gesetzgebers, siehe insbesondere die Zinsschranke in § 4h EStG i. V. m. 8a KStG und die Lizenzschranke in § 4j EStG. Auch für diese Vorschriften wird eine rechtfertigungsbedürftige Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips angenommen. Vgl. etwa zur Lizenzschranke: Benz/Böhmer, DB 2017, 206 (210 f.); van Lück, IStR 2017, 388 (389 f.); Schneider/Junior, DStR 2017, 417 (424 f.); Heil/Pupeter, BB 2017, 795 (800); Heil/Pupeter, BB 2017, 1947 (1950 f.); Jochimsen/Zinowsky/Schraud, IStR 2017, 593 (599); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125; Pötsch, DStR 2018, 761 (762); Kußmaul/Ditzler, StB 2018, 126; Max/Thiede, StB 2017, 175 (181); Ditz/Pinkernell/Quilitzsch, IStR 2014, 45 (47); Ditz/Quilitzsch, DStR 2017, 1561 (1566); Ritzer/Stangl/Karnath, DK 2017, 68 (78); Loschelder in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 4j EStG Rn. 4; Quilitzsch in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, BeckOK EStG, 12. Edition, § 4j Rn. 23; Pohl in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 4j EStG Rn. 12; Gosch in Kirchhof/Seer, 21. Aufl. 2022, § 4j EStG Rn. 2. Zur Zinsschranke siehe beispielsweise: BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301 (Vorlage beim BVerfG, dort unter Az. 2 BvL 1/16 anhängig); Schenke in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 323. Lief. 2022, § 4h EStG Rn. A 161 ff.; Seiler in Kirchhof/Seer, 21. Aufl. 2022, § 4h EStG Rn. 3; Loschelder in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 4h EStG Rn. 4.
 
112
Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 2. Aufl. 2000, S. 329.
 
113
Siehe bspw. Waldhoff in Schön/Beck, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 125 (129).
 
114
Wünnemann, IStR 2021, 73.
 
115
BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (242).
 
116
BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (242). Siehe hierzu auch BFH v. 18.12.2019 – I R 29/17, DStR 2020, 1910 (1913); Drüen, Ubg 2009, 23 (26 f.) und Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 120 m. w. N.
 
117
Siehe Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 (96).
 
118
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (144) m. w. N.; vgl. zur ständigen Rechtsprechung etwa auch BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180 f.); v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 (47); v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (126).
 
119
Vgl. zur ständigen Rechtsprechung BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (143 f.) m. w. N.; v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (120).
 
120
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (145); v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (123); vgl. auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 125; Nußberger in Sachs, 9. Aufl.2021, Art. 3 GG Rn. 142 f.; Kempny, JöR 2016, 477 (484 f.); Schön, JöR 2016, 515 (535 f.).
 
121
BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (123).
 
122
BVerfG v. 23.06.2015 – 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11, BVerfGE 139, 285 (310); v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (181).
 
123
BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (123) zu den Jubiläumsrückstellungen; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 125.
 
124
BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (123).
 
125
So Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 125.
 
126
Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 2. Aufl. 2000, S. 328 ff., der damit ausdrücklich der Leibholzschen Willkürtheorie (Leibholz, Die Gleichheit vor dem Gesetz, 2. Aufl. 1959) widerspricht, da diese den Gleichheitssatz weitgehend leerlaufen ließe.
 
127
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 8 Rn. 55; Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 (97). Nach letzterem ist dies insbesondere angezeigt, wenn man dem objektiven Nettoprinzip unmittelbaren Verfassungsrang einräumt, sodass dieses mit kollidierenden Zielsetzungen in praktische Konkordanz gebracht werden muss.
 
128
Zur ständigen Rspr. vgl. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (145); v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268; v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (230); v. 2.3.1999 – 1 BvL 2/91, BVerfGE 99, 367 (388) jeweils m. w. N.
 
129
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (145); v. 2.3.1999 – 1 BvL 2/91, BVerfGE 99, 367 (388 f.).
 
130
BVerfG v. 25.9.1992 – 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153 (169); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 184; siehe auch BVerfG v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (113) und Musil in Schön/Röder, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, S. 129 (140).
 
131
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (145); v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (181); v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49 (69); v. 26.1.1993 – 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87 (96).
 
132
BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (33 f.); v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (51 f.). Siehe auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 127 mit kritischen Anmerkungen.
 
133
BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (33 ff.); v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (53).
 
134
Vgl. Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 (97), siehe aber auch einschränkend BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (45).
 
135
Siehe bspw. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (151 ff.); v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245); v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (278); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210 (231); v. 24.1.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331 (344 f.). Vgl. etwa auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 129; Desens, StuW 2016, 240 (244 ff.); Quilitzsch in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, BeckOK EStG, 12. Edition, § 4j Rn. 24.
 
136
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (144 f., 165); v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (40); v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (278); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (233, 236 f.); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); v. 5.2.2002 – 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17 (45).
 
137
Zur ständigen Rechtsprechung vgl. BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (231); v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31 f.); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); v. 20.4.2004 – 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (292); v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (112); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296); v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (147).
 
138
BVerfG v. 5.11.2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (367); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (231); v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31).
 
139
BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (231 f.); v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31 f.); v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106 (117).
 
140
BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (232); v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (32); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); v. 20.4.2004 – 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296); v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148). Denn nur bei hinreichender Erkennbarkeit sind diese Ziele auch geeignet, rechtfertigende Gründe für steuerliche Belastungen oder Entlastungen zu liefern, vgl. auch BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (112 f.).
 
141
BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148).
 
142
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 21.
 
143
Vgl. BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (238); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 21.
 
144
BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (232); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182), vgl. auch Jarass in Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, Art. 3 GG Rn. 53, 36 ff.). Denn jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern, vgl. auch BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (127); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); v. 10.4.1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 (6). „Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen.“, BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (279).
 
145
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 23. Siehe auch Hey/Kirchhof/Ismer in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum EStG Rn. 330.
 
146
BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (254). Denn Gesetze, die nicht praktikabel sind, können nicht gleichmäßig durchgeführt werden, Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 145. Siehe auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 2. Aufl. 2000, S. VIII: Da nur relativ einfaches Recht einigermaßen gleichmäßig angewendet werden kann, sind Vereinfachungszwecknormen geboten, wenn mit ihnen und dem damit einhergehenden verhältnismäßigen Befolgungsaufwand mehr Gleichbelastung erreicht wird als ohne sie.
 
147
BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (127); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); vgl. auch BVerfG v. 10.4.1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 (6); v. 30.5.1990 – 1 BvL 2/83, 1 BvL 9/84, 1 BvL 10/84, 1 BvL 3/85, 1 BvL 11/89, 1 BvL 12/89, 1 BvL 13/89, 1 BvL 4/90, 1 BvR 764/86, BVerfGE 82, 126 (151 f.); v. 31.5.1988 – 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214 (226 f.).
 
148
BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (279); v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (232, 234); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182 f.); v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (127); v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); v. 8.10.1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 (359 f.) m. w. N.
 
149
BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (279); v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182 f.); v. 16.3.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (280 f.); v. 11.1.2005 – 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164 (181 f.); v. 7.10.1969 – 2 BvR 555/67, BVerfGE 27, 142 (150).
 
150
Vgl. Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 209; BVerfG v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310 (319).
 
151
Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 145.
 
152
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (146 f.); v. 6.7.2010 – 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08, BVerfGE 126, 233 (263 f.); v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310 (319); v. 28.4.1999 – 1 BvL 11/94, 1 BvL 33/95, 1 BvR 1560/97, BVerfGE 100, 138 (174); v. 17.11.1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234 (255 f.); v. 8.10.1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 (360); Jarass in Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, Art. 3 GG Rn. 37, 53. Hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Bedeutung, BVerfG v. 8.2.1983 – 1 BvL 28/79, BVerfGE 63, 119 (128). Vgl. auch Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 (97 f.) m. w. N.
 
153
BVerfG v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310 (319); v. 24.7.1963 – 1 BvL 30/57, 1 BvL 11/61, BVerfGE 17, 1 (24). Nach Klein, DStZ 1995, 630 sind an eine Typisierung und die damit einhergehende Vernachlässigung von Einzelfallgerechtigkeit umso strengere gleichheitsrechtliche Maßstäbe anzulegen, je höher die Steuerlast ist und je höher die daraus resultierende Be- oder Entlastungswirkung von Abweichungen des realen vom typisierten Sachverhalt ausfällt.
 
154
Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 129. Zu den Irrungen und Wirrungen steuerlicher Missbrauchsvorschriften auf deutscher und internationaler Ebene siehe Haarmann, IStR 2018, 561 ff.
 
155
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (153). Grundsätzlich – also ohne eine entsprechende Missbrauchsbekämpfungsvorschrift wie bspw. § 42 AO – ist es jedoch hinzunehmen, dass der Steuerpflichtige die eigenen Rechtsverhältnisse im Rahmen der Privatautonomie so ausgestaltet, dass Steuererleichterungen durch entsprechende Gestaltung der relevanten Tatbestandsmerkmale nach Möglichkeit in Anspruch genommen, oder in entsprechender Weise Steuerbelastungen vermieden werden, siehe BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (236). Nach einer Auffassung in der Literatur ist die Durchbrechung des Trennungsprinzips durch die bisherige Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG aufgrund des Zwecks der Missbrauchsabwehr gerechtfertigt, Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10) unter Verweis auf BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049; ISR 2015, 276 (Quilitzsch); FR 2015, 719 m. Anm. Klein. Siehe auch Haarmann, IStR 2011, 565 (566 f.).
 
156
Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 44 ff. Spezialgesetzliche Missbrauchsnormen konkretisieren und verdrängen den Tatbestand des § 42 AO, vgl. Drüen in Tipke/Kruse, 169. Lief. 2022, § 42 AO Rn. 10 ff.; BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605 (606).
 
157
Vgl. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (153); Englisch, Dividendenbesteuerung, S. 140; Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (112). Die Missbrauchsvermeidung selbst bedarf dagegen keiner speziellen Rechtfertigung, da sie dem Zweck gleichmäßiger Erfassung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit unabhängig von der gewählten rechtlichen Gestaltung folgt, vgl. Hey/Kirchhof/Ismer in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, Einführung zum EStG Rn. 64.
 
158
Vgl. BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301 (308 f.); v. 18.12.2013 – I B 85/13, DStR 2014, 788 (790 f.); v. 13.3.2012 – I B 111/11, DStR 2012, 955 (959); Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (112); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 (1126); Hey, StuW 2008, 167 (176).
 
159
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (153). Sollen beispielsweise Steuergestaltungen verhindert werden, die der Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung von Gewinnausschüttungen dienen, muss der gesetzliche Missbrauchstatbestand etwa durch Mindestbeteiligungserfordernisse die Möglichkeit gesellschaftsrechtlicher Einflussnahme voraussetzen, Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (112).
 
160
Hey, DStJG 33 (2010), 139 (168).
 
161
Hey, DStJG 33 (2010), 139 (168); Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (112).
 
162
Hey, StuW 2008, 167 (176), Hey, DStJG 33 (2010), 139 (168 f.): Dies gilt insbesondere für spezialgesetzliche Regelungen im Unternehmensteuerrecht, bei denen eher kein Massenfallrecht anzunehmen ist und daher die Überprüfbarkeit der zur Entlastung vorgebrachten Fakten regelmäßig gewährleistet sein sollte.
 
163
Hierzu werden bislang die Verstetigung des Steueraufkommens, die Kalkulierbarkeit öffentlicher Haushalte, die Vermeidung unkalkulierbarer Steuerausfälle sowie die Sicherung des Steuersubstrats gezählt, vgl. BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301 (307 f.); v. 18.12.2013 – I B 85/13, DStR 2014, 788 (790); Desens, FR 2011, 745 (749); Heil/Pupeter, BB 2017, 795 (800).
 
164
Heuermann, DStR 2013, 1(3).
 
165
Schmehl in Schön/Beck, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, S. 99 (116); Heuermann, DStR 2013, 1(3).
 
166
Heuermann, DStR 2013, 1(3).
 
167
Schenke in FS Wahl, 2011, S. 803 (817); Schenke in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 323. Lief. 2022, § 4h EStG Rn. A 178 ff.
 
168
Heuermann, DStR 2013, 1(3).
 
169
Vgl. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, DStR 2014, 1761 (1766): Vorlage beim BVerfG, dort unter Az. 2 BvL 19/14 anhängig); v. 22.8.2012 – I R 9/11, DStR 2012, 2435 (2438); Desens, FR 2011, 745 (749); Kube, DStR 2011, 1781 (1789 f.); Heuermann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 323. Lief. 2022, § 10d EStG Rn. A 85; a. A. Hey, StuW 2011, 131 (141 f.); Röder, StuW 2012, 18 (25 f.); Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DB 2012, 1704 (1707).
 
170
Desens, FR 2011, 745 (749 f.); ähnlich auch Kube, DStR 2011, 1781 (1789 f.).
 
171
BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301 (307 f.). Zumindest mit grundsätzlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke zuvor schon BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, DStR 2014, 788 (790); v. 13.3.2012 – I B 111/11, DStR 2012, 955 (958 f.).
 
172
Vgl. München/Mückl, DStR 2014, 1469 (1472 f.); Jehlin, Die Zinsschranke als Instrument zur Missbrauchsvermeidung und Steigerung der Eigenkapitalausstattung, 2013, S. 162 f.; Prinz, DB 2013, 1571 (1572); München, Die Zinsschranke – eine verfassungs-, europa- und abkommensrechtliche Würdigung, S. 66 f.; Musil/Volmering, DB 2008, 12 (14 f.).
 
173
Vgl. etwa Hagemann/Kahlenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, § 4j EStG Rn. 4; Ditz/Pinkernell/Quilitzsch, IStR 2014, 45 (47); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 (1126); Müllmann, Die Lizenzschranke als Abwehrmaßnahme im Steuerwettbewerb, 2021, S. 188 f.; Quilitzsch in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, BeckOK EStG, 12. Edition, § 4j Rn. 25, nach dem die abschöpfende Ersatzbesteuerung ausländischen Steuersubstrats lediglich einen rein fiskalischen Zweck darstelle. Auch van Lück, IStR 2017, 388 (390) ist nicht überzeugt davon, eine Ersatzbesteuerung ausländischen Steuersubstrats damit zu begründen, es handele sich eigentlich um eine Ersatzbesteuerung inländischen Steuersubstrats, welches lediglich aufgrund der Anwendung der bestehenden rechtlichen Regelungen nicht inländisches Substrat sei.
 
174
Vgl. Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (11 f.) zu den Entwürfen im Jahr 2019. Die Motive „Sicherung des Steuersubstrats“, „Stärkung der Eigenkapitalbasis“ und „Lenkung des Konzernverhaltens“ stellten lediglich Varianten des allgemeinen Fiskalzwecks dar, der eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht tragen könne. Im Hinblick auf die UTPR haben die Autoren zudem darauf hingewiesen, dass für eine folgerichtige Belastungsentscheidung auch Zahlungen an ausreichend besteuerte Konzerngesellschaften und fremde Dritte nicht zum Abzug zugelassen werden dürften, da auch diese das inländische Steuersubstrat schmälern würden. Zugleich fragen die Autoren, ob bzgl. der IIR die Herstellung einer Vorbelastung in Zusammenhang mit der Begünstigung von Gewinnausschüttungen durch das körperschaftsteuerliche Schachtelprivileg, das Teileinkünfteverfahren und die Abgeltungsteuer als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden könne. Dafür wäre ihrer Ansicht nach allerdings eine umfassende Reform der Besteuerung von Beteiligungserträgen erforderlich, bei der neben der Vorbelastung der Ausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften auch der Routineertrag der ausländischen „Zwischengesellschaft“ zu betrachten wäre.
 
175
Die Vorlage beim BVerfG durch BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301 ist dort unter Az. 2 BvL 1/16 anhängig.
 
176
München/Mückl, DStR 2014, 1469 (1472).
 
177
Vgl. hierzu auch Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 21. Eine folgerichtige Umsetzung der Regelungen zur Behebung von Wettbewerbsverzerrungen wäre darüber hinaus schon aufgrund der Umsatzschwelle und des damit einhergehenden Ausschlusses kleinerer multinationaler Konzerne, die weiterhin von niedrigeren Steuerbelastungen profitieren würden, abzulehnen. Entsprechend wäre der Lenkungszweck auch nicht hinreichend tatbestandlich vorgezeichnet.
 
178
Vgl. BVerfG v. 5.11.2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (367); Heil/Pupeter, BB 2017, 1947 (1950); Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 3 Rn. 183. Aus diesem Grund kommen Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10) für den Aspekt des Steuerwettbewerbs zu dem Ergebnis, dass die Regelungen insofern nicht geeignet seien. Dem könnte allerdings entgegengehalten werden, dass mittelbar sehr wohl Einfluss auf das Verhalten anderer Staaten in der Unternehmensbesteuerung genommen werden kann, wenn die von Staaten etablierten Steueranreize nicht mehr die erwünschte Wirkung auf Unternehmen entfalten. Hinsichtlich des Ziels der Vermeidung unternehmerischer Gewinnverlagerungen (Investitionsverhalten) ordnen Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10 ff.) die Regeln zwar als zur Lenkung geeignet ein, sprechen ihnen aber aufgrund des nur partiellen Systemwechsels zur Kapitalexportneutralität die folgerichtige Umsetzung ab.
 
179
Siehe zu diesem Beispiel schon oben unter Abschn. 5.3.3.2.
 
180
A. A. Gebhardt, IWB 2020, 958 (966), welcher allerdings nicht zwischen außerfiskalischen und fiskalischen Lenkungszwecken unterscheidet. Auch bei § 4j EStG wurden keine Lenkungszwecke verfolgt, vgl. Max/Thiede, StB 2017, 175 (181); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 f.
 
181
Siehe hierzu auch Woitok, IStR 2021, 777 (783), der in dem Abzugsverbot des § 8 Satz 1 StAbwG eine solche fiskalische (Dritt-)Lenkungszwecknorm erkennt.
 
182
Vgl. Woitok, IStR 2021, 777 (783) in Bezug auf die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips durch § 8 Satz 1 StAbwG. Generell eine Rechtfertigung hinsichtlich dieses Verstoßes ablehnend Werthebach, IStR 2021, 338 (341). Vgl. insoweit auch die Diskussion zur Lizenzschranke in § 4j EStG: z. B. Reddig in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 323. Lief. 2022, § 4j EStG Rn. A 53, welcher in der Abzugsbeschränkung eine „nicht zu rechtfertigende steuerpolitische Geiselhaft“ des Lizenzschuldners erblickt, und Heil/Pupeter, BB 2017, 1947 (1950).
 
183
Vgl. Gebhardt, IWB 2020, 958 (965 f.); Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10 f.). Nach Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10), welche sich noch auf das Programme of Work beziehen, gebe es zwar bei der IIR Vereinfachungsfunktionen (pauschalierende Unterscheidung zwischen Routineerträgen und Überrenditen, Ermittlung der „Zwischeneinkünfte“ nach inländischem Steuer- und Handelsrecht), diese bezögen sich jedoch lediglich auf die Mechanik der Hinzurechnung. Auch bei § 4j EStG wurden Vereinfachungszwecke zur Rechtfertigung der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips abgelehnt, vgl. Max/Thiede, StB 2017, 175 (181); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 f.
 
184
Siehe hierzu Abschn. 6.​5.​2.
 
185
Englisch, FR 2021, 1 (3).
 
186
So auch bspw. Hagemann/Kahlenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, § 4j EStG Rn. 4; van Lück/Niemeyer, IWB 2017, 440 (443 f.); van Lück, IStR 2017, 388 (390); Ditz/Quilitzsch, DStR 2017, 1561 (1566); Benz/Böhmer, DB 2017, 206 (211); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 (1126); Heil/Pupeter, BB 2017, 795 (800) und Lüdicke, DB 2017, 1482 (1483) zur Lizenzschranke in § 4j EStG, welche ebenfalls die Bekämpfung schädlicher Gestaltungen zur Gewinnverlagerung verfolgt (BT-Drs. 18/11233, 1) und auf die Niedrigbesteuerung im Empfängerstaat abstellt, jedoch in der Hinsicht enger gefasst ist, als sie nur Lizenzgebühren erfasst und lediglich bei nicht Nexus-konformen Präferenzregelungen greift; a. A. Max/Thiede, StB 2017, 175 (181); Brandt, DB 2017, 1483. Auch für die Zinsschranke aus § 8a KStG i. V. m. § 4h EStG und das hälftige Abzugsverbot für Aufsichtsratsvergütungen aus § 10 Nr. 4 KStG wird eine Rechtfertigung der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips mangels Verhältnismäßigkeit abgelehnt, da die Maßnahmen tatbestandlich nicht hinreichend auf Missbrauchstatbestände zugeschnitten und in ihrer Rechtsfolge überschießend seien, vgl. etwa Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109 (112); Kessler/Dietrich, DB 2010, 240; Kessler/Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418 (419). Zur Zinsschranke siehe auch BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, DStR 2014, 788 (790 f.) und v. 14.12.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301: Die ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit haben den BFH dazu bewogen, die Zinsschranke dem BVerfG vorzulegen (Az. 2 BvL 1/16 beim BVerfG).
 
187
BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (154). Vgl. auch Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 (1126) und Lüdicke, DB 2017, 1482 zu § 4j EStG.
 
188
Die Erreichung einer effektiven Steuerquote von unter 15 % in einzelnen Ländern kann nämlich nicht stets allein auf steuerliche Überlegungen der den Konzern führenden Organe zurückgeführt werden. So werden regelmäßig auch außersteuerliche (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO), operative Überlegungen zur Niederlassung in bestimmten Niedrigsteuerländern und zu Geschäftsbeziehungen mit dort ansässigen Konzerneinheiten führen. In diesem Rahmen ist auch festzuhalten, dass das Jurisdictional Blending dazu führt, dass nur näherungsweise ein missbräuchliches Verhalten unterstellt werden würde. Denn aufgrund des länderbezogenen Ansatzes ist es möglich, dass im konkreten Anwendungsfall der IIR oder UTPR die als niedrig besteuert eingeordnete Konzerneinheit selbst gar nicht effektiv mit weniger als 15 % besteuert sein muss, sondern ggf. sogar das inländische Steuerniveau erreicht oder übersteigt.
 
189
Beim sog. Global Blending wäre eine weltweite Betrachtung der ETR eines Konzerns vorzunehmen. Der sog. Entity Approach hätte die ETR dagegen für jede Konzerneinheit separat ermittelt. Vgl. hierzu OECD (2019), Public Consultation Document, Global Anti-Base Erosion Proposal (“GloBE”) – Pillar Two, 8 November 2019 – 2 December 2019, S. 17 ff. Zu den Stärken und Schwächen der einzelnen Methoden vgl. bspw. die Stellungnahmen von BDI (S. 23 f.) und Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (S. 5) zur öffentlichen Konsultation vom 12.10. – 14.12.2020 sowie die Stellungnahmen von IDW (S. 2), Deloitte UK (S. 9), EBIT (S. 2) und GDV (S. 5 f.) zur öffentlichen Konsultation vom 8.11. – 2.12.2019 sowie Dourado, Intertax 2020, 152 (156); Englisch, FR 2021, 1 (8); Chand/Lembo, 6 ITAXS 2020, 36; Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (6).
 
190
Dies entsprach etwa auch dem Wunsch der Bundessteuerberaterkammer, vgl. deren Stellungnahme zur öffentlichen Konsultation vom 8.11. – 2.12.2019, S. 6. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass deutsche Vorschriften bei der Beurteilung eines Tatbestandsmerkmals der Niedrigbesteuerung herkömmlicherweise zwar auf die einzelne Konzerneinheit abstellen (vgl. § 4j Abs. 2 EStG, § 8 Abs. 5 AStG), Protokoll Nr. XV Abs. 4 DBA Niederlande allerdings ebenfalls eine Art länderbezogene Betrachtung vorsieht. Danach werden verbundene Unternehmen bei der Anwendung des deutschen Steuerrechts auf eine niederländische Gesellschaft auf Grundlage des Art. 23 DBA Niederlande auf konsolidierter Basis behandelt. Bei der Anwendung deutscher Missbrauchsvorschriften wird also nicht nur auf die niederländische Gesellschaft abgestellt, sondern es werden auch verbundene niederländische Gesellschaften mit einbezogen, um festzustellen, ob ein Missbrauch vorliegt, vgl. Engers/Stevens in Wassermeyer, DBA, 156. EL 2022, Art. 23 DBA NL 2012 Rn. 19.
 
191
In der Regel wird die effektive Steuerquote der einzelnen Unternehmen in einem Land recht vergleichbar sein, soweit diese keine besonderen Privilegien genießen, die nicht schon im Rahmen der ETR-Berechnung Berücksichtigung finden. Im typischen Fall dürfte es daher nur zu geringen Abweichungen zwischen Jurisdictional Blending und Entity Approach kommen, weswegen eine Orientierung am typischen Fall wohl zu bejahen ist. Auch dient die Typisierung nicht nur der besseren Administrierbarkeit durch die Finanzverwaltung, sondern lässt auch die betroffenen Unternehmen von niedrigeren Compliance-Kosten profitieren, denn diese müssen die ETR nun nicht für jede Konzerneinheit separat berechnen. Zudem profitieren die Unternehmen davon, dass die länderbezogene Betrachtung die Niedrigbesteuerung einzelner Konzerneinheiten nivellieren kann. Umgekehrt kann diese Methodik allerdings auch im selben Maße zu einer Niedrigbesteuerung aller Konzerneinheiten eines Landes führen.
 
192
Gabel, StuW 2011, 3 (12) fordert hierbei die „positive Normierung des Missbrauchsfalles“ ein.
 
193
Ausweislich des IF-Statements vom 8.10.2021 sollen Länder die IIR auch unabhängig von dieser Umsatzschwelle auf bei ihnen ansässige Konzernobergesellschaften von multinationalen Konzernen anwenden dürfen, OECD (2021), Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy v. 8.10.2021, S. 4. Ob Deutschland von dieser Möglichkeit überhaupt Gebrauch machen würde, ist nicht abzusehen. Mit einer Ausweitung nur der IIR könnten in jedem Falle Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben, die bei größeren Konzernen durch die UTPR verhindert werden, sodass ein ungleicher Vollzug drohen könnte.
 
194
Die Umsatzschwelle begründet aus sich heraus eine Schlechterstellung bzw. Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG von Konzerneinheiten, die einem Konzern mit hinreichend großem Umsatz angehören, gegenüber solchen, die mangels Überschreitens der Umsatzschwelle in keinem Fall durch die GloBE-Regeln belastet werden. Dieser Ungleichbehandlung kommt im Rahmen der GloBE-Regeln allerdings keine eigenständige Bedeutung zu.
 
195
Vgl. BT-Drucks. 18/9536, S. 30.
 
196
Vgl. OECD (2020), Tax Challenges Arising from Digitalisation – Report on Pillar Two Blueprint, Rn. 12, 114 ff.: Zum einen sollen durch die Übernahme der CbCR-Komponenten Synergieeffekte erzeugt werden, die für betroffene Konzernunternehmen eine nicht unwesentliche Vereinfachung bedeuten und die Compliance-Kosten im Rahmen halten. Zum anderen knüpfen viele der GloBE-Voraussetzungen an die Daten des jeweiligen Konzernabschlusses nach IFRS oder vergleichbaren Rechnungslegungsstandards an, der von der wesentlichen Mehrheit der über der Umsatzschwelle liegenden Konzerne aufgrund ihrer Börsennotierung ohnehin schon erstellt wird. Drittens werden durch die Umsatzschwelle ca. 85 % bis 90 % der multinationalen Konzerne, insbesondere international tätige kleine und mittlere Unternehmen („KMU“), von den GloBE-Regeln ausgenommen, die nach Ansicht der IF-Staaten steuerlich privilegierungsfähig bleiben sollen und ansonsten über anderweitige Ausnahmen von der Mindestbesteuerung befreit werden müssten. Die Wirksamkeit der GloBE-Regeln soll dagegen trotz der Umsatzschwelle erhalten bleiben, da die von den Regeln erfassten Konzerne immerhin 90 % des globalen Umsatzes aller Unternehmen erwirtschaften. Siehe zudem Englisch, Implementation of the GloBE common approach on minimum taxation by individual EU Member States in compliance with EU fundamental freedoms, S. 20 f.
 
197
Nach Berechnungen des EU Tax Observatory führt die Substanzausnahme dazu, dass die Steuereinnahmen durch die GloBE-Regeln in den EU-Mitgliedstaaten statt 83 Mrd. Euro anfangs nur 64 Mrd. Euro betragen werden, also 19 Mrd. Euro (23 %) weniger. Nach 10 Jahren soll das Steueraufkommen auf etwa 71 Mrd. Euro ansteigen, sodass die Substanzausnahme nur noch einen „Verzicht“ auf ca. 12 Mrd. Euro (14 %) mit sich bringt. In Deutschland soll das Steueraufkommen diesen Schätzungen zufolge zunächst 7,9 Mrd. Euro statt 13,1 Mrd. Euro betragen und dann allmählich auf ca. 10 Mrd. Euro anwachsen, Baraké et al., Revenue Effects of the Global Minimum Tax: Country-by-Country Estimates, S. 12. Zum Einfluss der Substanzausnahme auf die Aufkommenseffekte siehe auch Fuest et al., ifo Schnelldienst 2022, 41 (46 f.).
 
198
OECD (2021), Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy v. 8.10.2021, S. 4.
 
199
In den ersten fünf Jahren sinkt der Prozentsatz jährlich um jeweils 0,2 Prozentpunkte. Anschließend soll der Prozentsatz hinsichtlich des Buchwerts der Sachanlagen um jährlich 0,4 Prozentpunkte sinken, der Prozentsatz für die Lohnkosten um jährlich 0,8 Prozentpunkte. Siehe hierzu OECD (2021), Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy v. 8.10.2021, S. 4.
 
200
Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 36.
 
201
Flamant/Godar/Richard, New Forms of Tax Competition in the European Union, S. 36.
 
202
Auch Gebhardt, IWB 2020, 958 (966) lässt eine Rechtfertigung über den Grund der Missbrauchsvermeidung nicht zu, da die fehlende Differenzierung zwischen steuerschädlichen Gewinnverlagerungen und reinen Zahlungen an verbundene Unternehmen, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, bedinge, dass Unternehmen ohne etwaige Gewinnverlagerungsabsicht für die Lage des Zahlungsempfängers und die dort durchgeführte Besteuerung „bestraft würden“, ohne dass sie darauf Einfluss hätten.
 
203
Siehe hierzu auch Gabel, StuW 2011, 3 (15).
 
204
Ähnlich auch Heil/Pupeter, BB 2017, 1947 (1950 f.) zur Lizenzschranke.
 
205
Zu den verschiedenen Erscheinungsformen überschießender Missbrauchsbekämpfungsnormen siehe Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 173 ff.
 
206
Siehe hierzu auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10).
 
207
Das Gewicht dieses Umstands hat sich vor dem Hintergrund des neuen Allokationsschlüssels, der nicht mehr an direkte Zahlungen an die niedrig besteuerten Konzerneinheiten anknüpft, nochmal gesteigert. Auch im Rahmen des § 4j EStG ist die Rechtfertigungsmöglichkeit aufgrund des fehlenden Einflusses des inländischen Steuerpflichtigen als Lizenznehmer auf den Lizenzgeber und dessen Besteuerung sowie der nicht vorhandenen Exkulpationsmöglichkeit bezweifelt worden, vgl. Heil/Pupeter, BB 2017, 1947 (1950 f.); Loschelder in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 4j EStG Rn. 4; Loose, RIW 2017, 655 (659 f.); Lüdicke, DB 2017, 1482 unter Verweis auf BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 7/11, BVerfGE 145, 106 (145); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 (1126); Reddig in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 323. Lief. 2022, § 4j EStG Rn. A 51 ff.; Benz/Böhmer, DB 2017, 206 (211); a. A. Link, DB 2017, 2372 (2376 f.).
 
208
So ist bereits bei § 4j EStG argumentiert worden, dass erschwerend hinzukäme, dass der betroffene deutsche Lizenznehmer die Abzugsbeschränkung (oft) nur verhindern könne, indem er den Lizenzvertrag beende, und anders als bei der Zinsschranke regelmäßig keine Ausweichmöglichkeit (andere Finanzierung) bestehe, vgl. Schneider/Junior, DStR 2017, 417 (424 f.).
 
209
Zur Substanzbesteuerung kommt es, wenn die beim IIR- oder UTPR-Steuerpflichtigen zu erhebende Top-up Tax die (steuerbilanziellen) Gewinne des Steuerpflichtigen übersteigt. Siehe hierzu auch Lenz/Dörfler, DB 2010, 18 (19) für die Zinsschranke nach § 4h EStG i. V. m. § 8a KStG.
 
210
Vgl. so bereits zur Lizenzschranke, die anders als die Zinsschranke ebenfalls keine Vor- bzw. Rücktragsoption bietet: Schneider/Junior, DStR 2017, 417 (425); Ritzer/Stangl/Karnath, DK 2017, 68 (78); Heil/Pupeter, BB 2017, 795 (800); Hagemann/Kahlenberg, FR 2017, 1125 (1126); Hagemann/Kahlenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, § 4j EStG Rn. 4.; a. A. Reimer, Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen, 2017, Rn. 7. Zur Abmilderung durch den Zinsvortrag siehe auch BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, DStR 2016, 301 (304).
 
211
Vgl. auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (11). Hierdurch wird zwar von der grundsätzlichen Kapitalimportneutralität abgewichen, aber auch nicht der Schritt zur Kapitalexportneutralität konsequent vollzogen, der eine Gesamtbesteuerung mit dem inländischen Steuerniveau vorsehen würde, vgl. Gebhardt, IWB 2020, 958 (964); Jacobs/Endres/Spengel in Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 19 ff. Immerhin werden durch den relativ niedrigen Mindeststeuersatz die durch § 8 Abs. 5 AStG (Abs. 3 a. F.) aufgeworfenen Probleme vermieden, vgl. dazu Wassermeyer/Schönfeld, IStR 2008, 496 ff.
 
212
Der Gesetzgeber ist dazu gehalten, die Rechtsfolgen einer unangemessenen Gestaltung zu eliminieren, Gabel, StuW 2011, 3 (13). Bei der aktuellen Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG wird nicht gegen die horizontale Steuergerechtigkeit verstoßen, da der Hinzurechnungsbetrag in derselben Höhe mit Steuern belastet wird wie gleich hohe inländische Einkünfte, Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (10).
 
213
Vgl. da Silva, Frontiers of Law in China 2020, 111 (121).
 
214
Vgl. auch Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (11), die die Maßnahmen als „übergriffig“ und „Okkupation fremden Steuersubstrats“ bezeichnen.
 
215
Es sei erwähnt, dass eine Erweiterung der Rechtfertigungsgründe in diese Richtung in der Literatur bereits im Zusammenhang mit der EU-rechtlichen Beurteilung der GloBE-Regeln ins Spiel gebracht worden ist, dort aber bislang nicht weiter konkretisiert wurde, vgl. die Andeutungen von Devereux et al., The OECD Global Anti-Base Erosion Proposal, Oxford University Centre for Business Taxation, S. 53; Englisch, EC Tax Review 2021, 136 (138); Englisch in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2. Aufl. 2020, Rn. 7.263 und 7.253 sowie etwas ausführlicher zur „Herstellung eines ‚level playing fields‘“ Schnitger in FS Kessler, 2021, S. 169 (186 ff.). In eine andere Richtung geht dagegen der nach Auffassung des Autors aufgrund des endgültigen Designs der GloBE-Regeln überholte Vorschlag der Sicherstellung einer Einmalbesteuerung von Nogueira, WTJ 2020, 465 (485 f.). Vgl. auch Woitok, IStR 2021, 777 (783), welcher im Kontext des Erwerbsaufwendungsabzugsverbots nach § 8 Satz 1 StAbwG der Bekämpfung unfairen Steuerwettbewerbs eine grundsätzliche Rechtfertigungseignung zuspricht. Weitere ähnliche Überlegungen finden sich zudem in Zusammenhang mit der verfassungs- und EU-rechtlichen Beurteilung der Lizenzschranke (§ 4j EStG), vgl. Müllmann, Die Lizenzschranke als Abwehrmaßnahme im Steuerwettbewerb, 2021, S. 189 ff., 306 ff.; Link, DB 2017, 2372 (2375 f.); Pötsch, IStR 2018, 417 (420); Pohl in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 4j EStG Rn. 18; kritisch: Schnitger, DB 2018, 147 (150).
 
216
Siehe Abschn. 3.​2.​3.
 
217
Vgl. Tørsløv/Wier/Zucman, The Missing Profits of Nations, NBER Working Paper 24701 (2018), S. 3, 32; Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, International Tax and Public Finance 2021, 1519 (1550).
 
218
Aus diesem Kompromiss resultiert auch, dass im Rahmen der GloBE-Regeln keine klare Entscheidung für die Kapitalimport- oder -exportneutralität getroffen wird. So wird zwar vom Grundsatz der Kapitalimportneutralität abgewichen, allerdings nicht vollständig zugunsten der Kapitalexportneutralität, vgl. Pinkernell/Ditz, ISR 2020, 1 (11). Die GloBE-Regeln erkennen nämlich auch die positiven Seiten des Steuerwettbewerbs zwischen den Staaten an und versuchen einen Ausgleich zu finden, indem sie den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten nun begrenzen und nicht vollständig neutralisieren.
 
219
So Link, DB 2017, 2372 (2376) zu der durch OECD und G20 vorgenommenen Einstufung von Präferenzregimen als steuerschädlich i. R. d. verfassungsrechtlichen Beurteilung des § 4j EStG.
 
220
Dies sind Kenia, Nigeria, Pakistan und Sri Lanka. Deren ausbleibende Zustimmung könnte allerdings auch auf Differenzen zu Säule 1 beruhen, welche ebenfalls Teil der Einigung war.
 
221
Zu den 69 der 193 UN-Mitgliedstaaten, die sich nicht an dem 2-Säulen-Projekt beteiligt haben, gehören: Afghanistan, Algerien, Äquatorialguinea, Aserbaidschan, Äthiopien, Bangladesch, Bhutan, Bolivien, Burundi, Ecuador, El Salvador, Eritrea, Fidschi, Gambia, Ghana, Guatemala, Guinea, Guinea-Bissau, Guyana, Irak, Iran, Jemen, Kambodscha, Kirgisistan, Kiribati, Komoren, Kuba, Kuwait, Laos, Lesotho, Libanon, Libyen, Madagaskar, Malawi, Mali, Marshallinseln, Mikronesien, Moldau, Mosambik, Myanmar, Nauru, Nepal, Nicaragua, Niger, Nordkorea, Osttimor, Palau, Philippinen, Ruanda, Salomonen, São Tomé und Príncipe, Simbabwe, Somalia, Sudan, Südsudan, Suriname, Syrien, Tadschikistan, Tansania, Tonga, Tschad, Turkmenistan, Tuvalu, Uganda, Usbekistan, Vanuatu, Venezuela, Zentralafrikanische Republik, Zypern.
 
222
So handelt es sich bei den nicht am IF teilnehmenden Staaten nahezu ausschließlich um Entwicklungsländer, vgl. die DAC-Liste der Entwicklungsländer und -gebiete (gültig für das Berichtsjahr 2021) des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Gründe für die Nichtteilnahme könnten daher beispielsweise in fehlenden Kapazitäten oder in dem Umstand liegen, dass multinationale Konzerne dort teils nicht oder nur in geringem Maß tätig sind. Einige der Staaten haben zudem derzeit mit schweren innerstaatlichen Konflikten zu kämpfen.
 
223
Siehe zu diesem Begriff bereits Woitok, IStR 2021, 777 (783).
 
224
Vgl. statt vieler BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (189).
 
225
Vgl. Chatar/Bahous, UAE announces 9 % corporate income tax rate, sets tone on regional corporate tax competition.
 
226
Vgl. BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (189 f.); v. 26.02.2008 – 2 BvR 392/07, BVerfGE 120, 224 (240); v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04, BVerfGE 117, 163 (189).
 
227
BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (190).
 
228
BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (189).
 
229
Vgl. BVerfG v. 28.2.2017 – 1 BvR 1103/15, NVwZ 2017, 954 f.; Gercke in Koenig, 4. Aufl. 2021, § 163 AO Rn. 14.
 
230
Unter Zugrundelegung der CbCR-Daten für die Jahre 2016 und 2017.
 
231
Baraké et al., Revenue Effects of the Global Minimum Tax: Country-by-Country Estimates, S. 7. Zum Vergleich: Die erwarteten Mehreinnahmen bei der Zinsschranke betragen 697,5 Mio. Euro pro Jahr bei ca. 300 belasteten Unternehmen (vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, DStR 2014, 788 (792)), die der Lizenzschranke sogar nur 30 Mio. Euro pro Jahr bei geschätzt 650 Fällen pro Jahr, vgl. BT-Drucksache 18/11233, S. 2; Mersmann, ReWir Nr. 46/2018, S 22.
 
232
Baraké et al., Revenue Effects of the Global Minimum Tax: Country-by-Country Estimates, S. 7.
 
233
Siehe hierzu auch Schön, IStR 2022, 181 (189).
 
234
Fuest et al., ifo Schnelldienst 2022, 41 (46).
 
235
Vgl. Tørsløv/Wier/Zucman, The Missing Profits of Nations, NBER Working Paper 24701 (2018), S. 3, 32; Garcia-Bernardo/Jansky/Tørsløv, International Tax and Public Finance 2021, 1519 (1550).
 
236
„In terms of the investment impacts, the Two-Pillar Solution will provide a more favourable environment for investment and growth than would likely be the case otherwise. The absence of an agreement would likely have led to a proliferation of uncoordinated and unilateral tax measures (e.g. Digital Services Taxes) and an increase in damaging tax and trade disputes, which would have undermined tax certainty and investment and resulted in additional compliance and administration costs. These disputes could reduce global GDP by more than 1 %.“, OECD (2021), Highlights brochure: Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – October 2021, S. 16. So stellt ein reduzierter Bürokratieaufwand ausweislich einer Studie aus dem Jahr 2018 das größte Anliegen der deutschen Unternehmen im Rahmen des internationalen Steuerwettbewerbs dar, vgl. Rathje/Wohlrabe, IStR 2019, 1 (3).
 
237
Der Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzschutz wird vom BVerfG dagegen für sich genommen nicht als zulässiger Gesetzeszweck anerkannt, vgl. BVerfG v. 8.6.2010 – 1 BvR 2011/07, 1 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112 (143); Manssen in von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rn. 128.
 
238
Vgl. auch Röder, StuW 2020, 35 (40 f.).
 
239
Vgl. BMF-Monatsbericht Januar 2022, S. 18.
 
240
Ausnahmeregelungen (z. B. Obergrenzen für die maximale Belastung einer deutschen Konzerneinheit mit Top-up Tax oder ein Verzicht auf die UTPR) würden die Zielerreichung gefährden, da diese eine einheitliche Umsetzung der Modellregeln in allen Staaten voraussetzt.
 
241
Zudem würde mit der Ausweitung der Regeln auch eine drastische Verschärfung der Ungleichbehandlungen einhergehen.
 
242
BVerfG v. 15.12.15 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (42 f.).
 
243
Vgl. Wagner in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 50d EStG Rn. 109.
 
244
Vgl. BVerfG v. 15.12.15 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (43). Kritisch Klein/Hagena in Herrmann/Heuer/Raupach, 310. Lief. 2022, § 50d EStG Rn. 6, 110, 112.
 
245
Schwenke in Wassermeyer, DBA, 156. EL 2022, Vor Art. 1 OECD-MA 2017 Rn. 12; Schwenke, FR 2012, 443. Zu den Anforderungen für eine abkommensdurchbrechende Wirkung eines Gesetzes siehe BFH v. 3.9.2020 – I R 80/16, DStR 2020, 2853 (2854); Schwenke in Wassermeyer, DBA, 156. EL 2022, Vor Art. 1 OECD-MA 2017 Rn. 18.
 
246
Schwenke in Wassermeyer, DBA, 156. EL 2022, Vor Art. 1 OECD-MA 2017 Rn. 14.
 
247
Vgl. für eine Verfassungswidrigkeit aufgrund Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip etwa Vogel, IStR 2005, 29 (30); Rust/Reimer, IStR 2005, 843 ff.; Gosch, IStR 2008, 413 (421). Für die a. A. siehe z. B. Schwenke, FR 2012, 443 (450); Musil, IStR 2014, 192 ff. Für eine detaillierte Darstellung der bisherigen Ansichten vgl. Schwenke in Wassermeyer, DBA, 156. EL 2022, Vor Art. 1 OECD-MA 2017 Rn. 14.
 
248
BVerfG v. 15.12.15 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 ff. Beachte dort jedoch das Sondervotum der Richterin König.
 
249
Vgl. BFH v. 30.9.2020 – I R 12/19 (I R 78/14), DStR 2021, 709 (714); Schwenke in Wassermeyer, DBA, 156. EL 2022, Vor Art. 1 OECD-MA 2017 Rn. 15; Frotscher, IStR 2016, 561 (566 f.); Mitschke, DStR 2016, 359 (376 f.); Pohl in Brandis/Heuermann, 160. EL 2021, § 4j EStG Rn. 14; a. A. Pohl, ISR 2014, 158 (162 f.) und Haarmann, BB 2016, 2775 ff., der einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG annimmt.
 
Metadaten
Titel
Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz
verfasst von
Nicolas Steinmeister
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44059-6_5