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15.01.2024 | Vergütung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gute Gehälter sind 2024 nicht alles

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

5 Min. Lesedauer

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Nicht mehr ganz auf Rekordniveau, aber noch immer gut dabei: So sollen sich die Gehälter im kommenden Jahr entwickeln. Der Kampf um die begehrten Fachkräfte wird allerdings über nicht-monetäre Anreize entschieden.

Rekordlöhne gegen wachsende Kosten - das Jahr 2023 brachte Arbeitgeber und Beschäftigte ans Limit. Hier der wachsende Fachkräftemangel und die Erwartungshaltung der Mitarbeitenden, dort die Inflation. Hier der Druck, wettbewerbsfähige Vergütung zahlen zu müssen, dort höhere Belastungen auf der Arbeit und bei der Lebenshaltung. Die Inflation zehre das Lohnwachstum für Beschäftigte auf, stellte im vergangenen Mai das Statistische Bundesamt (Destatis) fest. 

Die Anfang Dezember vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung vorgelegte Jahresbilanz bestätigte die Prognose. Nach vorläufiger Auswertung des WSI-Tarifarchivs sind die tariflich vereinbarten Löhne zwar durchschnittlich um 5,6 Prozent gestiegen. Das ist die höchste Wachstumsrate seit dem Jahr 2008 und eine Verdopplung gegenüber 2022 (2,7 Prozent). Doch übrig blieb weniger als nichts.

Der Druck auf die Vergütung bleibt

Denn auf der anderen Seite drückte die hohe Inflationsrate von 6,0 Prozent auf die Kaufkraft von Beschäftigen und führte zu einem Reallohnverlust von 0,4 Prozent. Steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien konnten das annähernd abfangen. Doch was wird das eben begonnene Jahr bringen? Bleiben die hohen Kosten bestehen? Müssen Unternehmen bei den Löhnen zulegen, nicht nur als Reaktion auf die hohen Lebenshaltungskosten ihrer Beschäftigten, sondern auch, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern, neue Fachkräfte anzuziehen und bestehende Teams zu entlasten? Neun von zehn Unternehmen (92 Prozent) rechnen jedenfalls damit, dass der Druck auf die Vergütung nicht abnimmt. Das geht aus der Gehaltsstudie 2024 von Kienbaum hervor. 

Für die Untersuchung gaben 800 Unternehmen aus 46 Ländern Auskunft. Von deutschen Unternehmen werden Gehaltssteigerungen über 4,5 Prozent für das Topmanagement und 5,4 Prozent für Spezialisten und Fachkräfte erwartet. Mit einer durchschnittlichen Gehaltsentwicklung von 4,7 Prozent liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld. Die prognostizierte Inflation wird mit 3,0 Prozent beziffert. Bleibt eine reale Einkommensentwicklung von 1,7 Prozent über alle Hierarchieebenen hinweg. Haupttreiber für die Gehaltsentwicklung, darin sind sich die Befragten einig, sind die gestiegenen Preise (66 Prozent). Kompensiert werden sollen die hohen Löhne durch Produktivitätssteigerungen (69 Prozent) und Wachstum (62 Prozent)

Fachkräftemangel plagt Unternehmen mehr als Gehaltsfragen

An Dynamik wird die Gehaltsentwicklung also auch im kommenden Jahr kaum einbüßen. Wie Unternehmen die Herausforderungen einschätzen und annehmen, darüber gibt die Gehaltsübersicht 2024 von Robert Half Auskunft. Als Vergütungsstrategie wollen 31 Prozent der befragten Arbeitgeber die Gehälter pauschal erhöhen, 21 Prozent leistungsabhängig und 20 Prozent in Übereinstimmung mit der Inflation. Die Auswertung der Daten von Personalvermittlungen und einer Onlinebefragung unter 1.500 Arbeitgebern und Beschäftigten zeigt aber auch, dass Personalfragen im Vergleich zur wirtschaftlichen Bewertung als dringlicher eingestuft werden. Auf den Arbeitsmarkt blicken 70 Prozent der Arbeitgeber und 65 Prozent der Beschäftigten nämlich "besorgt" bis "sehr besorgt". Neben den Gehältern werden Maßnahmen zur Fachkräftebindung und -gewinnung diskutiert.

Arbeitserschöpfung schwächt Mitarbeiterbindung

Am stärksten, da sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmende einig, leidet die Mitarbeiterbindung, wenn die Arbeitsbelastung steigt und Beschäftigte sich von der Konkurrenz abwerben lassen. Arbeitgeber plagt außerdem der Druck, wettbewerbsfähige Gehälter auszahlen zu müssen, mit Work-Life-Balance nicht punkten und keine flexiblen Arbeitsbedingungen anbieten zu können. Unzufriedenheit mit dem Management, der Unternehmenskultur und der Vergütung wirken sich nach Ansicht der Mitarbeitenden negativ auf ihre Loyalität zum Arbeitgeber aus. 

Fachkräftesicherung steht ganz oben auf der Agenda der Unternehmen. Um ihre Einschätzung befragt, wie gut sie darauf vorbereitet sind, qualifizierte Kräfte anzuziehen, zeigten sich 78 Prozent der Arbeitgeber und 75 Prozent der Arbeitnehmenden "besorgt" bis "sehr besorgt". 

Die größten Bedenken im Hinblick auf Mitarbeiterbindung (Gehaltsübersicht 2024, Robert Half):

Arbeitgeber

Arbeitnehmende

  • Unrealistische Erwartungen der Mitarbeiter 
  • Mangel an Flexibilität (z. B. Remote Work / flexible Arbeitszeiten)
  • Schlechte Work-Life-Balance
  • Nicht in der Lage, wettbewerbsfähige Gehälter zahlen zu können 
  • Schnelligkeit des Einstellungsverfahrens
  • Nicht in der Lage, wettbewerbsfähige Gehälter zahlen zu können 
  • Schlechte Work-Life-Balance
  •  Mangel an Flexibilität (z. B. Remote Work / flexible Arbeitszeiten)
  • Limitierte Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung
  • Unrealistische Erwartungen der Unternehmen

Fachkräfte wollen mit nicht-monetären Anreizen gebunden werden

Wettbewerbsfähige Gehälter und Zusatzleistungen sind nur eine Seite der Medaille. Mehr als die Hälfte der von WTW für den aktuellen, branchenübergreifenden "Salary Budget Planning Report" befragten Unternehmen weltweit legt den Fokus auf eine flexiblere Arbeitsgestaltung (57 Prozent) sowie Diversität und Inklusion. (54 Prozent). Geplant sind zudem Gesundheitsbenefits (30 Prozent), der Ausbau von Fortbildungsprogrammen (27 Prozent) und bessere Kompensationsprogramme (24 Prozent). 

Deutsche Fachkräfte, das zeigt die Gehaltsstudie  2024 von Robert Walters wollen vor allem im Job vorangebracht werden, mit Programmen, die die Karriere boostern: 78 Prozent der Befragten wünschen sich Weiterbildungsmaßnahmen, 65 Prozent davon mit fachlichem Bezug. Der Hauptgrund für einen Jobwechsel ist folglich der erhoffte Karriereschub (29 Prozent). Mit Gehaltserhöhungen rechnet gut jeder zweite Befragte (53 Prozent). Hybride Arbeitsmodelle, die den Wechsel zwischen Büro und Homeoffice gestatten würden 68 Prozent bevorzugen.

Perspektivwechsel für Unternehmen und Fachkräfte am Limit

Der deutsche Mittelstand steckt in der Hochleistungsfalle und fehlinterpretiert die kollektive Erschöpfung seiner Belegschaft als mangelnde Arbeitsmotivation, kommentiert Silke Masurat die Ergebnisse ihrer jährlichen Trendstudie mit der Universität St. Gallen zum Staus quo im Mittelstand. Die Untersuchung vergleicht gesunde und produktive Unternehmen mit Unternehmen am Limit. Rund 15 Prozent der analysierten Unternehmen schaffen es demnach, Herausforderungen als Chance zu begreifen, mit dem Resultat, dass drei Viertel von ihnen als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden und nur zehn Prozent unter einem Arbeitskräftemangel leiden. 

Um die "unsägliche Situation" im Mittelstand verbessern zu können, müsse ein Perspektivwechsel vollzogen werden, schreibt die Autorin: "Welche Indikatoren führen zu gesunder Höchstleistung? Wer sich diese Frage stellt, anstatt die Erklärung im Scheitern zu suchen, erreicht schneller die Zielgerade." (Seite 356) So empfinden 75 Prozent der Mitarbeitenden aus sogenannten Hochleistungsunternehmen ihren Job als sinnstiftend, wertgeschätzt und mit dem Lebensstil kohärent. Führungsklima und Unternehmenskultur werden als modern beschrieben, beides auf soziale, ethnische und kulturelle Vielfalt ausgelegt. Die Unternehmen halten den Leistungsdruck gering, sie stärken das Miteinander ihrer Belegschaft durch emotionalisierende Maßnahmen und setzen auf gezielte Weiterentwicklung.

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