Geistiges Eigentum ist schützenswert. Und dennoch scheint vielen KMU die Patentanmeldung ihrer Erfindungen ein Übel, um das sie sich vorzugsweise drücken. Ein Fehler, der dann schmerzt, wenn sich der Wettbewerb an den eigenen Errungenschaften bedient und damit Lizenzen kassiert.
Deutschland ist das Land der Tüftler und Erfinder. Im vergangenen Jahr wurden beim Europäischen Patentamt (EPA) 188.600 Patentanmeldungen eingereicht. Der Jahresbericht Patent-Index 2021 verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 4,5 Prozent und damit ein neues Rekordniveau. Mit knapp 26.000 Patentanmeldungen ist Deutschland europäischer Spitzenreiter. Im weltweiten Ranking bedeutet das Platz zwei hinter den USA und vor Japan, China und Frankreich.
Patente von Erfindern mit ausländischen Wurzeln
Für die Innovationskraft des Landes werden Erfinder mit ausländischen Wurzeln immer wichtiger. Ihnen sind dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW Kurzbericht Nr. 88) zufolge 12,2 Prozent der 2019 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Innovationen zur verdanken. Angesichts zurückgehender Studierendenzahlen in den Ingenieurswissenschaften und dem Renteneintritt erfahrener Erfinder verhindern sie den Rückgang der deutschen Patentaktivität.
So würde der Softwarekonzern SAP laut Studie ohne die Erfindungen seiner Mitarbeitenden mit ausländischen Wurzeln mehr als die Hälfte (54,5 Prozent) seiner Patentleistung einbüßen. Die Untersuchung bemerkt auch, dass in kleinen Unternehmen häufig die einzige Patentanmeldung auf Mitarbeitende zurückzuführen ist, die einen nichtdeutschen Background haben. Doch gerade dort fehlt oft die Einsicht, dass Innovationen und geistiges Eigentum geschützt werden müssen.
Wann eine Erfindung Patentwert hat
Ein Patent ist ein wirtschaftliches Monopolrecht, es schiebt Nachahmern, die von fremdem geistigen Eigentum profitieren wollen, einen Riegel vor. Um ein Patent zu erhalten, muss die eingereichte Erfindung allerdings neu und nützlich sein. Sie muss auch nicht offensichtlich sein, was bedeutet, dass sie nicht einfach durch eine Kombination bekannter Techniken hergestellt werden kann. Geprüft werden: die Technizität, die Neuheit, die erfinderische Tätigkeit und die gewerbliche Anwendbarkeit. Patente schützen geistiges Eigentum und ermöglichen es ihren Erfindern, die Nutzungs- und Verwertungsrechte zu verkaufen oder zu lizenzieren, wodurch sie wertvolle Mittel für weitere Forschung und Entwicklung generieren können.
Wie Unternehmen von Patenten profitieren
Innerhalb der EU ist allen Vorteilen zum Trotz nur eines von zehn KMU Inhaber von eingetragenen Schutzrechten für Marken, Geschmacksmuster oder Patente. Das ist dem KMU-Barometer 2022, herausgegeben vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), zu entnehmen. Die im Report gelisteten positiven Effekten einer Eintragung werden von 93 Prozent der Unternehmen, die ihre geistigen Vermögenswerte geschützt haben, bestätigt:
- verbessertes Image (60 Prozent)
- besseren Schutz geistigen Eigentums (58 Prozent)
- bessere langfristige Geschäftsaussichten (48 Prozent)
- finanzielle Gewinne (36 Prozent)
Warum also versäumen viele kleine und mittlere Unternehmen die Anmeldung ihres geistigen Eigentums? Hauptsächlich erkennen die Unternehmen die Vorteile nicht, die mit der Eintragung von Rechten des geistigen Eigentums einhergehen (35 Prozent). Ein Fünftel (20 Prozent) hält das geistige Eigentum nicht für innovativ oder marktfähig genug, 19 Prozent wissen schlichtweg nicht über ihre Schutzrechte Bescheid und weitere 19 Prozent erfüllen die notwendigen Voraussetzungen für eine Eintragung nicht. Oft fehlen kleineren Unternehmen außerdem die finanziellen Mittel für eine teure Eintragung.
Was Patente kosten
Die Anmeldung eines Patentes ist ein komplexer und zeitaufwändiger Prozess. Die Suche nach ähnlichen Erfindungen ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die angeforderte Erfindung wirklich neu und anders ist als alles, was bereits existiert. Diese Kosten setzten sich aus den Gebühren (Deutsches Patent- und Markenamt, DPMA) für das Prüfverfahren und die Recherchen von vorhandenem Wissen zusammen.
Der Inhalt des Antrags und die Gebühren hängen weitgehend vom gewünschten Schutzumfang – national oder international – ab. Hinzu kommt häufig die Arbeit eines Anwaltes oder Patentagenten, der das Unternehmen bei der Anmeldung berät und vertritt. Zudem werden ab dem dritten Schutzjahr jährliche Gebühren fällig. Ein Patent ist im Allgemeinen 20 Jahre ab dem Datum der ersten Antragstellung gültig.
Wie Patente den Fortschritt sichern
Das erteilte Patent bietet Schutz und finanzielle Absicherung, weil es das exklusive Recht, Produkte und Dienstleistungen anzubieten und Umsatz daraus zu erwirtschaften, sichert. Auch die Öffentlichkeit profitiert von den Patentanmeldungen. Die Dualität des gewerblichen Rechtsschutzes ist eines der Grundprinzipien im Patentwesen. Es wird Schutz gewährt und als Ausgleich dafür die Offenlegung technischen Wissen für die Öffentlichkeit gefordert.
"An keiner anderen Stelle ist technisches Wissen so umfangreich und so geordnet dokumentiert wie in der Patentliteratur. Es wird sogar angenommen, dass zwei Drittel des technischen Wissens ausschließlich in technischen Schutzrechtsschriften veröffentlicht ist", schreibt Springer-Autor Stefan Basler über technische Schutzrechte (Seite1).
Was Patente für Unternehmen und Öffentlichkeit so wichtig macht (Basler, Seite 2 ff.)
Chancen, die sich aus dem Schutz-/Monopolrecht für das Unternehmen ergeben | Vorteile, die sich aus der Pflicht zur Offenlegung ergeben |
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Fördermöglichkeiten für Patente kleiner Unternehmen
Welche Anreize oder Fördermöglichkeiten gibt es, um kleinen und mittleren ein Unternehmen die Patentanmeldung schmackhaft zu machen? Grundsätzlich geht es den meisten KMU weniger um den Aufbau eines Patentportfolios, schreibt Springer-Autor Thomas Heinz Meitinger, als um die Absicherung ihres Heimatmarktes und einigen wichtigen ausländischen Märkten (Seite 78). Budgets, Personal und Arbeitszeit, werden also seltener in teure und zeitaufwändige Prüfverfahren investiert.
Im Vergleich zu einem Patent, ist das Gebrauchsmuster mit einer Laufzeit von zehn Jahren für KMU das vorteilhaftere Schutzrecht. "Der Aufwand einer jährlichen Prüfung der wirtschaftlichen Bedeutung des Schutzrechts zur Klärung der Frage, ob die Zahlung von Aufrechterhaltungsgebühren gerechtfertigt ist, entfällt" (Seite 78). Ebenso entfallen die Jahresgebühren für die weiteren zehn Jahre, die erhebliche Beträge annehmen.
Gut zu wissen: Die EU-Kommission fördert mit dem Finanzhilfeprogramm "Ideas Powered for business SME Fund" Marken-, Patent- und Designanmeldung von KMU mit einem Zuschuss von bis zu 2.250 Euro. Anträge können noch bis zum 16. Dezember beim EUIPO eingereicht werden. Über dieses Programm und weitere Fördermöglichkeiten informiert auch das DPMA auf seinen Serviceseiten.