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26.04.2024 | Investitionsfinanzierung | Interview | Online-Artikel

"Banken müssen in EE-Kompetenzen investieren"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Projekte zum Ausbau Erneuerbarer Energien (EE) scheitern immer wieder an Banken und Sparkassen, die Kredite nicht oder nur zögerlich vergeben. Dort fehlt oft das nötige Know-how, erläutert Finanzierungsexperte Jonas Klose im Gespräch mit springerprofessional.de. 

springerprofessional.de: Zahlen aus dem Klimabarometer der Förderbank KfW von November 2023 zeigen, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ihre Klimainvestitionen vor allem über eine Förderung oder durch klassische Bankdarlehen realisieren. Gleiches gilt für die Umsetzung von Projekten zur Energiewende. Sie haben in einer Analyse berechnet, wie hoch die von den Instituten vergebenen Kredite sein müssten, um die von der Politik gesteckten Klimaziele zu erfüllen. Können Sie uns das Ergebnis kurz erläutern? 

Jonas Klose: Gerne. Wir haben uns zunächst einmal angeschaut, welcher Zubau im Solar- und Windenergiebereich nötig ist, damit bis 2030 in Deutschland 80 Prozent der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien möglich werden. Nach aktuellen Marktpreisen müssten hierzulande bis zum Ende der Dekade pro Jahr etwa 42 Milliarden Euro in den EE-Ausbau investiert werden. Geht man von einer durchschnittlichen Fremdkapitalquote von 80 Prozent in den Projekten aus, müssten die deutschen Kreditinstitute jährlich rund 34 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die gesamte Kreditsumme der Finanzhäuser liegt hierzulande laut Bundesbank jährlich bei 2,74 Billionen Euro. Würden die Banken nur 1,2 Prozent dieser Summe in den Ausbau von Erneuerbaren Energien investieren, könnte Deutschland seine Klimaziele locker erreichen. 

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Kreditinstitute sind die Geldgeber der grünen Transformation. In dieser Aufgabe sind sie ebenso rechenschaftspflichtig wie ihre Unternehmenskunden. Ein neues Tool zeigt Geldhäusern nun die Klimawirkung ihrer Kreditportfolios in Grad Celsius.

Sie haben deshalb das Segment der Erneuerbaren Energien in einer jüngst veröffentlichten Untersuchung unter die Lupe genommen. Worauf wurde dabei der Fokus gelegt?

Wir haben uns bei unserer Analyse auf Solar- und Windkraftanlagen an Land und auf See fokussiert. Andere erneuerbare Energieträger, wie beispielsweise Biomasse und Wasserkraft, spielen in den gängigen Zukunftsszenarien renommierter Institute keine signifikante Rolle, deshalb haben auch wir darauf verzichtet. 

Haben Sie ein praktisches Beispiel, für eine gelungene Finanzierung? 

Unser Haus ist auf Finanzierungslösungen im Solarbereich spezialisiert. Wir haben gerade in Sachsen die Finanzierung eines großen Solarportfolios mit einer Leistung von mehr als zwölf Megawattpeak begleitet. Bei diesem speziellen Projekt mussten Partner für die Refinanzierung das Bestandsdarlehen sowie für die Finanzierung eines Repowerings und den Zubau von Neuanlagen gefunden werden. Unsere Aufgabe bei der Umsetzung der Projekte ist es, passende Finanzierungspartner zu identifizieren und die häufig sehr komplexen Unterlagen so aufzubereiten, dass sie von den Mitarbeitern in den Finanzhäusern auch verstanden werden. Das klingt zwar trivial, ist aber ein ganz entscheidender Punkt.

Nun sagen etwa die Sparkassen und Genossenschaftsbanken häufig, dass nachhaltige Finanzierungen bereits Teil ihrer Unternehmens-DNA sind. Hinzu kommen Spezialinstitute, die bereits aufgrund ihrer Ausrichtung eine größere Rolle bei der grünen Transformation spielen. Haben auch Sie Unterschiede zwischen den Institutsgruppen festgestellt, was die Bereitstellung von Mitteln und Zugangshürden betrifft? Wie äußern sich diese?

Es gibt auf jeden Fall Unterschiede zwischen den verschiedenen Finanzinstituten. Sparkassen tun sich beispielsweise in komplexen Strukturen vergleichsweise schwer. Hier sind Genossenschaftsbanken und auch Spezialinstitute häufig deutlich pragmatischer. Das liegt unserer Meinung nach vor allem am Aufbau der jeweiligen Institute. 

Was sind die Gründe hierfür?

Eine Genossenschaftsbank handelt oft deutlich autarker als es eine Sparkasse vor Ort tut. Wir sehen beispielsweise bei Solaranlagen im Bereich von einem bis zehn Megawattpeak einen großen Finanzierungsbedarf. Diese Projekte sind in Teilen schon sehr vielschichtig, womit die Genossenschaftsbanken deutlich besser zurechtkommen als Sparkassen. In diesem Leistungsbereich sind die Genossenschaftsbanken daher viel aktiver.

Woran scheitert die Bankfinanzierung vieler Energiewende-Projekte in der Praxis am häufigsten? Vielleicht können Sie uns das an einem praktischen Beispiel erläutern.

Häufig scheitern Projektfinanzierungen, weil den Banken noch immer Personal mit dem entsprechenden Know-how fehlt - obwohl in Deutschland schon seit mehr als 30 Jahren EE-Projekte umgesetzt werden. Darüber hinaus mangelt es an standardisierten Prüfprozessen, die eine effiziente Abwicklung von Neugeschäftsanfragen im EE-Bereich ermöglichen würden. Zwischen Kreditanfrage und Auszahlung liegen oft mehr als sechs Monate. 

Können Sie das an einem aktuellen Beispiel konkretisieren?

Wir haben für einen Projektentwickler im Solarbereich im vierten Quartal 2023 Unterlagen für die Finanzierung eines EE-Projekts aufbereitet und an eine interessierte Bank weitergeleitet, mit der wir regelmäßig eng zusammenarbeiten. Zwei Monate haben wir gar nichts gehört. Wir haben dann noch mal nachgehakt und haben jetzt, nochmal drei Monate später, eine Absage erhalten. Die Prozesse in den Banken sind aktuell noch zu zäh. Die Beurteilung von deren Seiten müsste nach einer Woche möglich sein.

Wo können Banken und Sparkassen den Hebel ansetzen, um die Finanzierungsleistung für solche Projekte zu verbessern? Welche Rolle spielen hierbei die Größe oder die Säulenzugehörigkeit der Bank? 

Der Schlüssel liegt unserer Meinung nach im Aufbau von Kompetenzen - unabhängig davon, ob es sich um eine Privatbank, eine Genossenschaftsbank oder eine Sparkasse handelt. Dadurch können mehr Projekte in kürzerer Zeit umgesetzt werden, was der Energiewende und damit auch beim Erreichen der Klimaziele hilft. Die Banken müssen in diesem Bereich dringend investieren, um für den flächendeckenden Ausbau der Erneuerbaren Energien gerüstet zu sein. Die Chancen für die Banken sind hier riesengroß.

Grundsätzlich wünschen sich Bankmanager laut einer Untersuchung zweier Springer-Autorinnen, "der Gesetzgeber möge die Katalysatorrolle, die Banken im Transitionsprozess einnehmen sollen, der Realwirtschaft gegenüber offener kommunizieren, um Widerstände gegen mögliche Auflagen bspw. im Rahmen der Kreditvergabe zu reduzieren". Sehen auch Sie bei der gesamten Problematik die Politik in der Pflicht? 

Natürlich muss die Politik entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien und eine zügige Umsetzung von Projekten zu gewährleisten. Beim "Solarpaket 1" merkt man ja gerade, dass eine zögerliche Umsetzung der Politik im Markt für Verunsicherung sorgt und damit Projekte verschoben oder schlimmstenfalls gar nicht umgesetzt werden. Dennoch sehen wir auch die Banken selbst in der Pflicht. 

Wir wissen schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten aus unzähligen Studien, welche Bedeutung der Ausbau der Erneuerbaren Energien für uns und unsere Gesellschaft hat - und dass die Investitionen zur Umsetzung der Projekte eine spannende Asset-Klasse für die Finanzinstitute sein kann. Die Banken hätten in diesem Bereich viel früher in Personal und den Aufbau interner Kompetenzen investieren müssen.

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