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26.06.2019 | Risikomanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Klimawandel birgt ein Milliarden-Risiko für Unternehmen

verfasst von: Annette Speck

4 Min. Lesedauer

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Mit knapp einer Billion Dollar beziffert die Wirtschaft ihre Geschäftsrisiken durch den Klimawandel. Doch ihre im Klimaschutz liegenden Chancen bewerten die Unternehmen doppelt so hoch. Eine Frage von Risikomanagement und Strategie?

Klimawandel und -schutz bestimmen zunehmend die politische Diskussion. Dass die Energienachfrage 2018 um 2,9 Prozent und damit auch der CO2-Ausstoß um zwei Prozent stieg, wie die jährliche Energieanalyse "Statistical Review of World Energy" von BP feststellt, ist Wasser auf die Mühlen der Fridays-for-Future-Bewegung. Erst recht, da die Analysten extreme Temperaturschwankungen als Grund nennen. Es wurde mehr gekühlt und geheizt, was die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen erhöhte. Eine Entwicklung, die sich in der Zukunft wohl noch verschärfen wird und mit steigenden Kosten für Wirtschaft und Gesellschaft einhergeht.

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Eingeschränktes Risikoverständnis beim Klima

Laut dem "Climate Change Report 2019" der Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) kalkulieren allein 215 der 500 weltgrößten Konzerne ihre aus extremem Wetter, höheren Temperaturen und Treibhausgasemmissionen resultierenden Geschäftsrisiken auf 970 Milliarden Dollar. Etwa 250 Milliarden Dollar davon beziehen sich auf Wertminderungen oder Abschreibungen, die sowohl auf Übergangs- als auch auf physische Risiken zurückzuführen sind. Schärfere Umweltregulierungen könnten die Unternehmen zudem 500 Milliarden Dollar kosten. Von den insgesamt 6.937 dem CDP berichtenden Unternehmen identifizieren 53 Prozent klimabedingte Risiken mit potenziell erheblichen finanziellen oder strategischen Auswirkungen.

Risikofokus Lieferketten

Der Report stellt auch fest, dass die meisten Firmen nur potenzielle physische und Übergangsrisiken melden, die sich auf ihren direkten Betrieb auswirken, aber keine Risiken, die sich auf ihre Lieferketten und Kunden auswirken. Dies bedeute einen sehr engen Risikofokus, obwohl angesichts der globalen Komplexität der Lieferketten eine Störung in einem Teil der Welt erhebliche Auswirkungen auf andere Regionen haben könne. Die Autoren raten Investoren und Unternehmen, diese Dynamik zu berücksichtigen und ihre Praktiken zur Bewertung des Klimarisikos zu erweitern, wenn sie in Zukunft profitabel bleiben wollen.

Die komplexen Zusammenhänge in hoch vernetzten Systemen zeigen sich an verschiedenen Risikofeldern in Brennpunkten des Klimawandels. Hierzu gehören Wirtschafts- und Finanzkrisen, verwundbare Infrastrukturen und Netzwerke, Destabilisierung sozialer und politischer Strukturen, Migration und Flucht betroffener Menschen sowie Sicherheitsrisiken und Gewaltkonflikte. Jürgen Scheffran, Klimawandel als Risikoverstärker in komplexen Systemen, Seite 292

Chancen überwiegen die Risiken

Aller Dramatik zum Trotz bewerten viele Konzerne ihre aus dem Klimawandel resultierenden Chancen höher als die Risiken. 225 der 500 größten Unternehmen der Welt erwarten, dass diese Chancen potenzielle finanzielle Auswirkungen von insgesamt über 2,1 Billionen US-Dollar haben werden. Der Großteil dieser Auswirkungen werde durch den Anstieg der Einnahmen aufgrund der Nachfrage nach emissionsarmen Produkten und Dienstleistungen verursacht sowie durch eine bessere Wettbewerbsposition bei sich ändernden Verbraucherpräferenzen. Demgegenüber rechnen die Unternehmen insgesamt "nur" mit Kosten von 312 Milliarden US-Dollar für die Realisierung der Chancen. Die größten klimawandelbedingten Chancen erwarten der Finanzsektor, die Bereiche Fertigung, Dienstleistungen und fossile Brennstoffe sowie die Nahrungsmittel-, Getränke- und Agrarindustrie.

Lehren des Energiesektors

Generell empfehlen die CDP-Autoren der Wirtschaft, Lehren aus der Situation der Energiebranche zu ziehen: Die Branche habe bis dato die größten Veränderungen durch den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Industrie erlebt. Jene Energieunternehmen, die die damit verbundenen Risiken nicht frühzeitig in ihren Strategien berücksichtigt haben, seien nun höheren Risiken ausgesetzt als ursprünglich geplant. Bezeichnenderweise sind Unternehmen dieses Sektors die einzigen, die dem CDP höhere Kosten für das Risikomanagement und die Realisierung von Chancen gemeldet haben als für die Auswirkungen der Risiken und Chancen selbst.

Risikomanagement aktiv betreiben 

Der Global Risk Report 2019 des World Economic Forums unterstreicht die zunehmende Bedeutung des Risikomanagements im Zusammenhang mit dem Klimawandel: Erstmals stuften die 1.000 befragten Entscheider nämlich Wetterextreme, das Scheitern des Klimaschutzes und Naturkatastrophen als die drei globalen Top-Risiken (in Bezug auf Eintrittswahrscheinlichkeit) ein. Die Frage ist nur, wie gehen Firmen nun am besten vor?

"Ein nachhaltig handelndes Unternehmen benötigt eine risikoadjustierte Strategie für alle Unternehmensbereiche. Risikomanagement muss daher integraler Bestandteil einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmensstrategie sein", erklären Felix Walther et al. in dem Buchkapitel "Proaktives Risikomanagement als Unterstützung einer nachhaltigen Beschaffung" (Seite 279). Dabei gelte es, den Risikomanagementprozess kontinuierlich an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. "Potenzielle Risiken entlang der Supply Chain und innerhalb des eigenen Unternehmens müssen proaktiv identifiziert und aggregiert werden", schreiben die Springer-Autoren auf Seite 272. Ein transparentes Datenmanagement, das alle verfügbaren Daten zur Analyse verwendet, sei dafür unerlässlich.

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