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25.04.2019 | Unternehmensorganisation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mit Vier-Tage-Woche zu höherer Produktivität?

verfasst von: Annette Speck

3:30 Min. Lesedauer

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Vier statt fünf Tage pro Woche arbeiten, bei gleichem Gehalt: Eine neuseeländische Firma erhöhte so die Produktivität. Veränderte Arbeitsformen liegen im Trend – mit verschiedenen Zielen und unterschiedlichem Erfolg.

Klassische Arbeits(zeit)modelle werden zunehmend in Frage stellt. Meist geht es um mehr Flexibilität. Arbeitnehmer wünschen sich etwa eine bessere Work-Life-Balance, Arbeitgeber erhoffen sich mehr Spielräume für Auftragsflauten und -spitzen. Auch die Mitarbeiterzufriedenheit und Gesundheitsaspekte spielen eine Rolle. Viele Fimen kommen dem entgegen, schließlich könne Zeit "als eine der wichtigsten Anreizwährungen der heutigen Zeit bezeichnet werden", betont Enrico Sass in dem Buchkapitel "Arbeitszeit" (Seite 75). Angeboten werden daher Teilzeitarbeit, Gleitzeit- und Home-Office-Regelungen sowie Lebensarbeitszeitkonten oder Sabbaticals. 

Empfehlung der Redaktion

2019 | Buch

Arbeitszeitpolitik

Zielkonflikte in der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung lösen

Dieses Buch beschäftigt sich umfassend mit der Frage, worin zentrale Arbeitszeitkonflikte liegen, bei denen die Bedürfnisse des Arbeitgebers und des Arbeitnehmenden auf den ersten Blick nur schwer vereinbar erscheinen.


Während die beiden letztgenannten Varianten eher in größeren Firmen, in der öffentlichen Verwaltung und bei langfristigen Anstellungen umgesetzt werden (können), ist Teilzeitarbeit heute in fast allen Unternehmensgrößen und Branchen üblich. Für die Mitarbeiter bedeuten weniger Arbeitsstunden jedoch ein geringeres Einkommen, schlechtere Karrierechancen und die Gefahr, im Teilzeitjob steckenzubleiben. Mit der seit 2019 geltenden Brückenteilzeitregelung versucht die Bundesregierung derweil, ungewollter Dauerteilzeitarbeit entgegenzuwirken.

Mehr Überstunden im Home-Office

Das Home-Office hat ebenfalls seine Schattenseiten. Ein aktueller Report des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung stellt fest, dass Heimarbeit sich oft als Überstundenfalle erweist. Zweifellos können flexible Arbeitsarrangements die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit mit außerberuflichen Tätigkeiten erleichtern, doch die Auswertung von Daten des Sozioökonomischen Panels ergab: Mütter im Home-Office investieren gegenüber denen im Büro drei Stunden mehr in die Kinderbetreuung und eine zusätzliche Überstunde in den Job. Home-Office-Väter hingegen kommen auf zwei Überstunden mehr (ausschließlich für den Job) als die in der Firma arbeitenden Väter.

Effizienter, engagierter und weniger gestresst 

Ein Arbeitsmodell, das einer gleichberechtigten Aufteilung der Familienarbeit womöglich dienlicher ist, hat der neuseeländische Finanzdienstleister Perpetual Guardian eingeführt. Das Unternehmen bietet seinen 240 Mitarbeitern seit Herbst letzten Jahres optional eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich an. Die Entscheidung fiel nach einem im Frühjahr 2018 durchgeführten zweimonatigen Testlauf, der von der University of Auckland wissenschaftlich begleitet wurde und durchweg positive Entwicklungen für alle Bewertungsfaktoren aufzeigte. So stieg die Produktivität um 20 Prozent, da die Mitarbeiter ihre Arbeit stärker fokussieren und so in vier Tagen die gleiche Leistung erbringen wie vorher in fünf. Trotzdem sank das Stresslevel von 45 auf 38 Prozent. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbesserte sich von 54 auf 78 Prozent. Und das Engagement stieg um 18 bis 20 Prozent.

Dem Test war ein intensiver Austausch mit den Mitarbeitern vorausgegangen. Dabei ging es insbesondere darum, wie der vorherige Output auch weiterhin sichergestellt werden kann. Das White Paper zum Versuch bei Perpetual Guardian nennt folgende Aspekte erfolgsentscheidend für eine Vier-Tage-Woche:

  • Klare Richtlinien für die Unternehmensproduktivität
  • Flexible Unternehmenskultur
  • Zustimmung von Management und Mitarbeitern
  • Regelmäßige Überprüfung des Outputs

Projekt 25-Stunden-Woche

Auch der Unternehmer Lasse Rheingans zog ein Jahr nach der Einführung der 25-Stunden-Woche bei Rheingans Digital Enabler eine positive Bilanz, trotz allerlei Hürden. Für die Bielefelder Agentur, in der seit Oktober 2017 bei vollem Gehalt nur noch von acht bis 13 Uhr gearbeitet wird, mussten unter anderem für arbeitsrechtliche Vorgaben sowie den Umgang mit "40-Stunden-Kunden" Lösungen gefunden werden. Wenngleich der Chef zugibt, dass der Fünf-Stunden-Tag nicht immer umsetzbar ist, bleibt das Unternehmen grundsätzlich dabei und wurde vom Businessportal Xing kürzlich mit dem New Work Award 2019 ausgezeichnet.

Trotz solcher Erfolgsbeispiele, darf bezweifelt werden, dass kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich nun rasant um sich greifen. Viele Unternehmen nutzen hingegen Instrumente wie Gleitzeit für eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung. Springer-Autor Harmut Seifert verneint jedoch, dass Beschäftigte allein "mit Arbeitszeitkonten zu mehr Zeitsouveränität" kommen. Denn Vorrang hätten dabei in der Regel die betrieblichen Ziele. "Zeitautonomie ist möglich, aber nicht gesichert", erklärt er auf Seite 105. In punkto Arbeitszeit gibt es also noch einiges auszuhandeln.

Fach- und Führungskräfte von morgen äußern eine sehr deutliche Priorität hinsichtlich eines angemessenen zeitlichen Arbeitsengagements. Wenige Überstunden, die Möglichkeit des Freizeitausgleiches und viele Urlaubstage sind wichtige Rahmenbedingungen eines präferierten Arbeitgebers. Enrico Sass, Arbeitszeit, Seite 75

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