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18.10.2023 | Automatisierung | Interview | Online-Artikel

"RPA ist in diversen Bereichen des Bankwesens Standard"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

8 Min. Lesedauer

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Dank Innovation, Digitalisierung und Kundenfokus sind Banken und Sparkassen dynamischen Marktentwicklungen nicht mehr ausgeliefert. Welche Technologien ihnen dabei helfen und wie sie IT-Projekte in der Praxis umsetzen, verrät Springer-Autor Mario Smeets im Gespräch.

Die Banken agieren in einem Umfeld, das von sich stetig ändernden wirtschaftlichen Bedingungen, regulatorischen Veränderungen und immer neuen Krisen beeinflusst wird. Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Herausforderungen im Bankenwettbewerb?    

Aktuell stehen Banken vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die sie im Wettbewerb navigieren müssen. Einer der seit Jahren bekannten, aber dennoch herausforderndsten Punkte ist die fortwährende Digitalisierung und die damit verbundene Veränderung der Kundenerwartungen - insbesondere hinsichtlich von Kommunikationskanälen, Antwortzeiten und vieles mehr. Die Implementierung von Automatisierungstechnologien wie Robotic Process Automation (RPA) ist für Banken essenziell, um mit Marktteilnehmern wie Fintechs und Bigtechs in Bereichen wie Cost-per-customer und Time-to-market konkurrieren zu können. 

Parallel dazu drängt die regulatorische Seite mit ständigen Anpassungen und Verschärfungen - insbesondere im Bereich des Kunden- und Datenschutzes sowie im Risikomanagement - die Banken dazu, ihre Geschäftsmodelle und -prozesse kontinuierlich zu überprüfen und zu aktualisieren. 

Empfehlung der Redaktion

2023 | Buch

Robotic Process Automation (RPA) in der Finanzwirtschaft

Technologie – Implementierung – Erfolgsfaktoren für Entscheider und Anwender

Das Buch gibt einen Überblick über die Technologie und deren Potenziale und hilft bei der Einordnung von RPA in den Kontext des Prozessmanagements. Die Leser erhalten eine konkrete Anleitung zur Implementierung mit allen erforderlichen Schritten - etwa eine adäquate Prozessauswahl und die Prozessvorbereitung. Die Beispiele, meist aus dem Bankensektor, sind aber auch auf andere Branchen übertragbar. Sie vermitteln wertvolle Erfahrungen und bieten Unterstützung bei der erfolgreichen Einführung und Anwendung der RPA-Technologie.

Was ist mit der Zinswende?

Auch nach einer grundsätzlichen Entspannung im Zinsumfeld aus Banken- und Ertragssicht bleibt die Lage am Zinsmarkt volatil und erfordert innovative Ansätze zur Ertragssteigerung, während gleichzeitig die geopolitische Lage und pandemiebedingte Unsicherheiten die Kostenseite und essenzielle Bereiche wie das Kreditrisikomanagement unter Druck setzen. Die Synthese aus digitaler Transformation, Anpassung an regulatorische Rahmenbedingungen und das Bewältigen wirtschaftlicher Unwägbarkeiten bildet somit die zentrale Herausforderung im aktuellen Bankenwettbewerb.

Sehen Sie dabei Unterschiede zwischen den großen Häusern und regional aufgestellten Instituten?

Definitiv. Große Banken haben oft umfassendere Ressourcen, um fortschrittliche Technologien in geschützter Umgebung auszuprobieren, beispielsweise in innovativen Labs. Zusätzlich können sie oft erhebliche Investitionen in Technologie und Innovationen tätigen. Dabei sind sie häufig global aufgestellt und müssen entsprechend komplexere regulatorische Anforderungen in verschiedenen Jurisdiktionen berücksichtigen. Ihre Größe ermöglicht Skaleneffekte, bringt aber auch mehr Komplexität und Steuerungsanforderungen mit sich. 

Regional aufgestellte Institute wie etwa Sparkassen und Genossenschaftsbanken stehen hingegen vor anderen Herausforderungen und Möglichkeiten. Ihr Fokus liegt oft auf einer anderen Kundengruppe, der lokalen Bevölkerung und den regional aktiven Mittelständlern. Sie sind tief in den lokalen Märkten verwurzelt, aber auch anfälliger für regional begrenzte wirtschaftliche Entwicklungen. Ihre Größe kann eine zügigere Anpassung an Änderungen erlauben, aber oft fehlen die Ressourcen für großangelegte technologische Investitionen. 

Welche strategischen Ansätze sind aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Beide Arten von Instituten müssen ihre jeweiligen Stärken und Schwächen im aktuellen Umfeld intelligent steuern beziehungsweise meiden, um im Wettbewerb bestehen zu können. Während große Banken ihre Technologie und globalen Reichweiten nutzen können, um innovative Lösungen zu entwickeln und neue Märkte zu erschließen, können regionale Institute ihre lokale Expertise und Kundennähe nutzen, um maßgeschneiderte Dienstleistungen und Produkte anzubieten, die eng auf die Bedürfnisse ihrer Kunden abgestimmt sind.

Wie haben sich die Banken und Sparkassen hierzulande auf die unterschiedlichen Entwicklungen in ihren Geschäftsmodellen, Produkten und Services eingestellt? 

Banken und Sparkassen in Deutschland haben sich mit einer Kombination aus Innovation, Digitalisierung und Kundenfokus an die dynamischen Entwicklungen im Markt angepasst. Bemerkenswert ist der seit Jahren anhaltende und sogar zunehmende Vorstoß in digitale Angebote, wobei Online Banking, mobile Apps und digitale Serviceplattformen ausgebaut oder neu lanciert werden, um eine immer digitalere Kundenerfahrung zu gewährleisten. Viele Institute haben in innovative Produkte wie Robo Advisors und mobile Zahlungssysteme investiert, während parallel dazu ein wachsender Fokus auf nachhaltige Investitionen und Produkte zu beobachten ist.

Und immer häufiger sitzen Dritte mit im Boot.

Partnerschaften mit Fintechs haben an Bedeutung gewonnen, wodurch etablierte Banken agile, technologiegetriebene Lösungen schneller integrieren können. Regional agierende Banken, insbesondere Sparkassen und Volksbanken, betonen weiterhin ihre lokale Verankerung und unterstützen spezifisch die lokale Wirtschaft und Gemeinschaft. In allen Aktivitäten ist ein verstärkter Kundenfokus erkennbar, welcher die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die auf die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden zugeschnitten sind, in den Mittelpunkt stellt. Zudem bleibt die Anpassung an regulatorische Änderungen und die Stärkung von Risikomanagement-Strategien eine ständige Priorität, um sowohl Compliance als auch finanzielle Stabilität sicherzustellen.

In welchen Bereichen gehört dabei RPA bereits zum Standard?    

RPA hat sich in diversen Bereichen des Bankwesens als essenzieller Standard etabliert, um Effizienz zu steigern - also Kosten zu reduzieren und Prozessgeschwindigkeiten zu erhöhen - sowie Fehler zu minimieren. Insbesondere im Back-Office-Bereich, wo repetitive und datenintensive Aufgaben an der Tagesordnung sind, besitzt RPA mittlerweile einen festen Platz. Hier erleichtert die Technologie die Datenverarbeitung, -extraktion und -übertragung zwischen unterschiedlichen Systemen.

Im Kundenservice ermöglichen Chatbots und virtuelle Assistenten eine konstante, gute und schnelle Interaktion und unterstützen Kundenanfragen rund um die Uhr. Insbesondere hier sind vermehrt Kombinationen aus klassischer Automatisierung mit RPA und künstlicher Intelligenz, etwa Generative AI, zu finden. Darüber hinaus ist RPA in der Compliance und im Risikomanagement fest verankert, um Transaktionen automatisiert und in Echtzeit zu überwachen, Betrugsfälle zu erkennen und Reports zu erstellen. 

Auch im Bereich der Kreditprozessierung spielt Automatisierung eine größer werdende Rolle, indem sie die Erfassung und Prüfung von Kundendaten und die Verwaltung von Kreditportfolios effizienter gestaltet. Kurzum, RPA ist in zahlreichen Domänen der Bankenbranche zum Standard geworden, um agile, akkurate und kundenzentrierte Dienstleistungen zu gewährleisten - und dabei Prozesskosten minimal zu halten.

Wie sehen die automatisierten Prozesse im Detail aus und welches sind die zentralen Effekte, die sich Banken davon erhoffen?    

Ein Beispiel für automatisierte Prozesse ist die bereits erwähnte Kreditprozessierung. Eine automatisierte Kreditantragsprüfung könnte wie folgt aussehen: Software-Roboter extrahieren relevante Daten aus den Antragsformularen, prüfen sie auf Vollständigkeit und Konformität mit den Kreditvergabekriterien und übermitteln sie zur weiteren Bearbeitung oder Genehmigung durch menschliche Entscheider. 

Im Bereich des Kundenservice können Chatbots Anfragen entgegennehmen und automatisiert Antworten auf standardisierte Fragen liefern oder bei einfachen Transaktionen wie Überweisungen assistieren. Wird es komplexer, lässt sich mit künstlicher Intelligenz auf individuelle Kundenanfragen eingehen.
Banken verfolgen mit RPA im Wesentlichen drei zentrale Ziele: 

  • Erstens, die Effizienzsteigerung durch die Beschleunigung von Prozessabläufen und die Freisetzung menschlicher Arbeitskräfte für komplexere, wertschöpfende Aufgaben. Hierdurch lässt sich entsprechend auch eine - zumindest rechnerische - Kosteneinsparung generieren.
  • Zweitens, die Fehlerreduktion, da automatisierte Prozesse weniger anfällig für menschliche Fehler sind und eine konstant hohe Verarbeitungsqualität sichern. 
  • Drittens, die Verbesserung der Kundenerfahrung durch schnellere, zuverlässigere Dienstleistungen und die Verfügbarkeit von Self-Service-Optionen, die den Kunden mehr Kontrolle und Flexibilität bieten. In der Summe verspricht RPA für Banken eine Kombination aus verbesserter Operational Excellence und verbessertem Kundenservice.

Lange haben sich die Geldhäuser mit der Einführung neuer IT schwergetan. Wie läuft die konkrete Umsetzung solcher Projekte mittlerweile in der Finanzindustrie? 

In der Finanzindustrie hat die Erkenntnis, dass eine zukunftsfähige, skalierbare und sichere IT-Infrastruktur notwendig ist, zu einer - zumindest subjektiv wahrgenommenen - Forcierung von Einführungsprojekten neuer IT geführt. Der konkrete Umsetzungsprozess solcher Projekte involviert heute mehrere Phasen, beginnend mit einer gründlichen Bedarfsanalyse, gefolgt von einer Auswahl relevanter Technologien und Partner. Viele Banken optieren für eine schrittweise oder modulare Implementierung komplexer IT-Systeme, um Risiken zu minimieren und dabei gleichzeitig den laufenden Betrieb nicht zu gefährden. 
Agile Projektmanagement-Methoden wie Scrum oder Kanban sind mittlerweile Standard, um Flexibilität und Geschwindigkeit während des Implementierungsprozesses zu gewährleisten und auf plötzliche Veränderungen oder Herausforderungen adäquat reagieren zu können.

Ebenso wird dem Change-Management und der Mitarbeiterfortbildung eine entscheidende Rolle zugeschrieben, um die Akzeptanz und den kompetenten Umgang mit neuen Systemen zu fördern. Kooperationen mit FinTechs und Technologieanbietern werden häufig genutzt, um externe Expertise und innovative Lösungen einzubinden. 

Das stellt die konkrete Einführung neuer Technologien vor enorme Herausforderungen?

Die Komplexität von IT-Einführungen nimmt nicht ab, bringen doch insbesondere die regulatorischen Rahmenbedingungen wie die Anforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) mit seinen Vorgaben hinsichtlich des Auslagerungsmanagements viele Herausforderungen mit sich. Letztlich steht bei der IT-Einführung das Ziel im Vordergrund, eine solide technologische Basis zu schaffen, die es den Geldhäusern ermöglicht, sich auf wechselnde Marktbedingungen vorzubereiten, regulatorische Anforderungen abbilden zu können und ein modernes Kundenerlebnis zu bieten. 

Wie gehen Banken und Sparkassen mit den steigenden Anforderungen an die IT-Sicherheit, an die Compliance und in Sachen Nachhaltigkeit um? Wie hilfreich ist RPA bei diesen Herausforderungen?

Banken und Sparkassen begegnen den wachsenden Anforderungen an IT-Sicherheit, Compliance und Nachhaltigkeit mit einem Dreiklang aus strategischer Planung, sinnvollem Technologieeinsatz und kulturellem Wandel. IT-Sicherheit hat höchste Priorität, wobei Institute vermehrt in fortschrittliche Sicherheitstechnologien investieren, um Daten und Finanztransaktionen zu schützen. Auch hier spielen immer wieder regulatorische Rahmenbedingungen eine Rolle, so bspw. der Digital Operational Resilience Act (DORA).

Die Compliance wird durch den Einsatz spezialisierter Software und kontinuierlicher Schulung der Mitarbeitenden sichergestellt, die dazu beitragen, regulatorische Änderungen zu verstehen und umzusetzen. Im Bereich der Nachhaltigkeit fokussieren sich Banken sowohl auf interne Prozesse, beispielsweise zur Reduktion ihres CO2-Fußabdrucks, als auch auf externe Produkte und Dienstleistungen, indem sie beispielsweise nachhaltige Investitionsprodukte anbieten. 

Wie kann hier RPA helfen?

RPA spielt bei all diesen Herausforderungen eine wesentliche Rolle. Im Bereich der IT-Sicherheit kann RPA dazu beitragen, sicherheitsrelevante Überwachungsaufgaben zu automatisieren und Anomalien schneller zu erkennen. In puncto Compliance ermöglicht RPA, regulatorische Berichte automatisch zu generieren und Überprüfungen mit größerer Genauigkeit durchzuführen. Und im Kontext der Nachhaltigkeit kann RPA dazu genutzt werden, Prozesse effizienter und ressourcenschonender zu gestalten, indem manuelle Aufgaben eliminiert werden, was operative Kosten reduziert. 

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